Artikel

Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 17. August 2022

Themen: Pressekonferenz des Bundeskanzlers mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Erhebung der Mehrwertsteuer auf die angekündigte Gasumlage, staatsanwaltschaftliche Durchsuchungen von E-Mail-Konten der heutigen Büroleiterin des Bundeskanzlers, Blockadeaktionen von Klimaschützern in Hamburg, Wasserverbrauch der Industrie, Rechtsverordnung hinsichtlich des Transports von Energieträgern, Medienberichte über die mutmaßliche Präsenz russischer uniformierter Kräfte auf dem Flughafen in Gao, Telefonat des Bundeskanzlers mit dem Kronprinzen von Saudi-Arabien, russischer Angriffskrieg auf die Ukraine, Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutzes in Bezug auf die Auswirkungen des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in Deutschland, Coronavirus-Einreiseverordnung, Weiterbetrieb von Atomkraftwerken, Strompreise, Übergewinnsteuer, mögliche deutsche Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele

Themen/ Fragen:
00:00 Beginn
00:16 Statement zu Abbas-Äußerungen
02:40 PK mit Abbas & Scholz
06:58 Hans zu Abbas & Scholz
13:58 Tilo zu Abbas & “Apartheid”
21:25 Mehrwertsteuer auf Gasumlage
27:38 Hans zu Mehrwertsteuer auf Gasumlage
28:47 CumEx/Scholz
30:22 Gefahr durch radikale Klimaschützer
32:25 Tilo zu Wasserspar-Verpflichtungen für Konzerne
35:39 Hans zu Kühlwassermangel bei AKW Isar 2
36:43 Tilo zu Wasserstrategie
37:13 Wasser im Rhein
39:14 Hans zu Wasser im Rhein
42:40 Bundeswehr in Mali/Russische Soldaten
47:10 Scholz-Telefonat mit saudischem Kronprinz
47:41 Tilo zu Scholz/MBS und Ermordung von Khashoggi
48:55 Ukraine-Krieg
53:28 Russische Propaganda & soziale Unruhen
55:44 Corona-Einreiseverordnung
56:25 AKW-Laufzeitverlängerung
58:13 Strompreise
1:00:57 Förderung von Solaranlagen
1:02:53 Tilo zu Rekordgewinnen von Ölkonzernen
1:05:33 European Championships

Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:
Konto: Jung & Naiv
IBAN: DE854 3060 967 104 779 2900
GLS Gemeinschaftsbank

PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv

Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 17. August 2022:

VORS. WEFERS eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS HEBESTREIT: Normalerweise beginnen wir mittwochs mit dem Bericht aus dem Kabinett. Das Kabinett hat heute getagt, aber keine Entscheidungen getroffen, die es hier mitzuteilen gibt. Dies sage ich für diejenigen, die vielleicht deswegen hier so zahlreich erschienen sind.

Trotzdem habe ich ein aktives Thema. Lassen Sie mich zu Beginn auf dieses Thema eingehen, das Sie und mich, das uns alle sehr beschäftigt. Ich meine natürlich die unsäglichen Äußerungen des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas gestern Nachmittag auf der Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzleramt.

Der Bundeskanzler ist empört und entsetzt über die Worte von Herrn Abbas. Eine Relativierung des Holocausts mit seinen mehr als sechs Millionen Toten ist völlig inakzeptabel. Dies auch noch auf deutschem Boden zu tun, ist unentschuldbar. Der Bundeskanzler verurteilt die Äußerungen von Herrn Abbas auf das Schärfste.

Das Kanzleramt hat heute Vormittag den Leiter der palästinensischen Vertretung in Berlin einbestellt. Dabei hat der außen- und sicherheitspolitische Berater des Bundeskanzlers diese Botschaft unmissverständlich übermittelt. Der Bundeskanzler erwartet, dass der Palästinenserpräsident die Singularität des Holocausts ohne jede Einschränkung anerkennt. Seine Entgleisung gestern wirft einen dunklen Schatten auf die Beziehungen Deutschlands zu der palästinensischen Autonomiebehörde.

Für morgen hat der Bundeskanzler ein Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Lapid vereinbart, um auch mit ihm über diesen Vorfall direkt sprechen zu können.

Der Bundeskanzler bedauert es, dass er auf der besagten Pressekonferenz gestern Nachmittag nicht ein zweites Mal intervenieren und direkt auf die Anwürfe Abbas reagieren konnte. Er hat dies dann sehr schnell im Nachgang zur Pressekonferenz getan.

Klar ist für uns, die Bundesregierung und den Bundeskanzler: Die Verfolgung und systematische Ermordung von sechs Millionen europäischer Juden ist ein einzigartiges Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist immerwährende Verantwortung jeder Bundesregierung, die Erinnerung an den Zivilisationsbruch der Schoah wachzuhalten und alles dafür zu tun, dass sich dieses niemals wiederholt. Der Kampf gegen Antisemitismus, aber auch gegen alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat für die Bundesregierung höchste Priorität.

Die Bundesregierung misst außerdem den engen und vertrauensvollen Beziehungen zu Israel höchste Bedeutung bei. Für diese Beziehungen braucht es Vertrauen, das wir intensiv pflegen. Ich erinnere an den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers im März, bei dem dies noch einmal ganz deutlich geworden ist.

FRAGE BLANK: Herr Hebestreit, war es ein Fehler, die Pressekonferenz gestern sehr schnell zu beenden, nachdem sich Herr Abbas geäußert hatte?

Gibt es, nachdem Sie und Herr Scholz sich sehr empört geäußert haben und nachdem Deutschland einer der stärksten Geldgeber für die Palästinenser ist, Anlass, diese Form der Unterstützung nun zu überdenken?

STS HEBESTREIT: Sie können sich vorstellen, Herr Blank, dass ich das natürlich als einen Fehler sehe, den ich sehr bedauere. Ich war nicht schnell und nicht aufmerksam genug, um darauf zu reagieren. Einige von Ihnen, die hier sitzen, waren auch gestern auf der Pressekonferenz. Sie haben gesehen, dass mich der Bundeskanzler beim Abgang von der Bühne schon kurz angeraunzt hat, dass ich das etwas schnell gemacht hätte und er gern noch etwas entgegnet hätte. Das haben einige von Ihnen mitbekommen, und denen habe ich das dann sofort mitgeteilt. Ich habe auch schon gelesen, das sei eine schöne Theorie, die gesponnen werde, aber so war es tatsächlich. Das war mein Fehler, und ich muss ihn auf meine Kappe nehmen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Unsere Beziehungen zur palästinensischen Autonomiebehörde und auch zu den palästinensischen Gebieten sind mannigfaltig. Sie sind wirtschaftlich, kulturell, touristisch. Daran wollen wir erst einmal festhalten. Sie stehen im Augenblick nicht infrage. Aber ich habe die klaren Forderungen, die wir an den palästinensischen Präsidenten haben, eben formuliert.

ZUSATZFRAGE BLANK: Gilt das auch für die finanzielle Unterstützung?

STS HEBESTREIT: Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter darauf eingehen als mit dem, was ich gesagt habe.

FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, Herr Abbas hat seine Bemerkung gestern als Antwort auf die Frage, ob er sich für das Attentat auf israelische Sportler 1972 in München entschuldigen würde, gemacht. Er hat keine Antwort auf diese Frage gegeben. Haben Sie die Erwartung an den Palästinenserpräsidenten, dass er die Entschuldigung für dieses Attentat übernimmt?

STS HEBESTREIT: Lassen Sie es mich so formulieren, Herr Rinke: Ich hätte mich sehr gefreut, wenn die Antwort von Herrn Abbas auf die Frage des Kollegen Jordans gestern anders ausgefallen wäre und er die Verantwortung für diesen Anschlag von vor 50 Jahren auf das israelische Olympiateam auf deutschem Boden übernommen hätte.

FRAGE TO ROXEL: Vor allem aus der Union kommt die Forderung, man hätte Herrn Abbas sofort des Hauses verweisen müssen. Geht das überhaupt?

STS HEBESTREIT: Es geht wahrscheinlich immer alles, wenn man keine Konsequenzen überdenken muss. In der aktuellen Situation war es so, dass Herr Abbas direkt im Anschluss an die Pressekonferenz das Haus verließ. Es war nämlich das Ende seines Besuches im Bundeskanzleramt. Insofern ist man gemeinsam von der Bühne gegangen, und er ist zu seinem Auto gegangen und hat das Kanzleramt verlassen.

FRAGE BRÖSSLER: Herr Hebestreit, Sie haben gesagt, der Bundeskanzler bedauere es, dass er nicht habe reagieren können. Ist es tatsächlich so, dass er nicht reagieren konnte? Hat der Bundeskanzler im eigenen Haus nicht die Möglichkeit, jederzeit auch nach dem offiziellen Ende der Pressekonferenz noch einmal das Wort zu ergreifen? Ich denke, wir alle haben schon einmal erlebt, dass so etwas vorkommt.

Hat der Bundeskanzler angesichts dieser Tatsache das Gefühl, seiner Vorbildfunktion gerecht geworden zu sein?

STS HEBESTREIT: Ich habe vom Bedauern des Bundeskanzlers gesprochen und auch die Verfahrenswege, die zu dieser Situation geführt haben, geschildert. Die Mikrofone waren zu diesem Zeitpunkt ausgeschaltet. Deswegen sah er sich nicht in der Situation man war schon beim Abmarschieren von der Bühne , alle noch einmal Ich hätte fast gesagt: zurückzupfeifen.

Ob man in einer vergleichbaren Situation künftig anders agiert, wird sich zeigen.

FRAGE JESSEN: Sie sagen, er habe nicht noch einmal Stellung nehmen können. Er stand am Mikrofon, am Rednerpult. Er hatte die Antwort Abbas gehört. Man konnte an seiner Miene erkennen, dass ihn das offenbar tief schockiert hat.

Warum hat er nicht die Möglichkeit dazu wäre da gewesen in dem Moment einfach signalisiert: „Ich will noch etwas sagen.“ Abgeschaltete Mikrofone kann man genauso schnell wieder anschalten.

Ein Zweites: Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, hat heute Morgen gesagt, was ihn über dieses Nicht-direkt-Reagieren hinaus schockiert habe, sei der Handschlag gewesen, der anschließend erfolgte. Er hätte sich gewünscht, der Kanzler hätte diesen protokollarischen Handschlag mit Mahmoud Abbas nicht gemacht.

STS HEBESTREIT: Herr Jessen, Sie haben sicherlich die ganze Pressekonferenz verfolgt. Sie werden gesehen haben, dass sich der Bundeskanzler an einer anderen Stelle sehr vehement gegen den Vorwurf verwehrt hat, dass es in Israel ein Apartheidregime gebe. Das war eine zweite Behauptung, die Herr Abbas dort getätigt hat. Er hat auch, denke ich, zumindest mimisch und gestisch seinen Unmut zum Ausdruck gebracht, den er über die sehr ausführlichen Äußerungen des Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde empfand.

Auf die Frage, ob er nicht anders gekonnt hätte, habe ich jetzt, denke ich, schon zweimal geantwortet. Ich könnte Ihnen die gleichlautende Antwort noch ein drittes Mal geben. Ich würde auch sagen, dass das in der Aktion, wenn der Regierungssprecher drei Sätze am Stück sagt und man so im Aufbruch befindlich ist, ein Zurückpfeifen der ganzen Angelegenheit gewesen wäre. Wenn man etwas bedauert, ist das immer ein Zeichen dafür, dass man es gern anders gemacht hätte. Insoweit würde ich das stehenlassen.

Jetzt habe ich einen Teil Ihrer Frage vergessen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Josef Schuster sagte

STS HEBESTREIT: Ah, der Handschlag! Das sind immer so Fragen. Es gibt unterschiedliche Arten eines Handschlags und des Händegebens. In diesem Fall diesen Eindruck habe ich hat sich der Bundeskanzler wenig vorzuwerfen. Viel grimmiger zu gucken als bei diesem Handschlag ist er gar nicht fähig. Insofern hat er seinem Unmut schon sehr stark Ausdruck verliehen und, so denke ich, auch in dem, was in der Pressekonferenz unabhängig davon gesagt worden ist, sehr unterschiedliche Positionen kenntlich gemacht.

ZUSATZ JESSEN: Josef Schuster hat heute Morgen außerdem gesagt, für einen Moment habe der Antisemitismus im Kanzleramt eine Bühne gehabt.

STS HEBESTREIT: Das habe ich zur Kenntnis genommen, ja.

FRAGE BLANK: Herr Hebestreit, Herr Abbas hat sich heute Morgen etwas relativierend geäußert und versucht, das Ganze zu dämpfen. Er hat gesagt, er habe nicht die Einzigartigkeit des Holocaust infrage stellen wollen.

Reicht das aus Sicht der Bundesregierung als Entschuldigung oder als Relativierung aus?

Kann Herr Abbas überhaupt damit rechnen, noch einmal ins Kanzleramt eingeladen zu werden?

STS HEBESTREIT: Wir haben diese Erklärung heute Vormittag zur Kenntnis genommen.

Die Frage, wie sich die Beziehungen zu Herrn Abbas und zur palästinensischen Autonomiebehörde unter Herrn Abbas gestalten werden, ist noch ein bisschen offen. Man muss sagen, dass dies das erste persönliche Treffen der beiden war. Es hat einen solchen Eklat gegeben, der natürlich auch das persönliche Verhältnis deutlich überschatten wird. Im Augenblick sind auch keine Reisen nach Ramallah und Ähnliches absehbar und geplant. Im Augenblick kann ich mir auch nur schwer vorstellen, dass das in absehbarer Zeit passiert.

Trotzdem auch das muss man noch einmal deutlich sagen bleiben wir natürlich weiterhin in Kontakt, auch mit den Palästinensern, und auch im Nahostkonflikt engagiert. Wir können ja aufgrund dieses furchtbaren Eklats jetzt nicht alle Brücken abbrechen.

FRAGE: Herr Hebestreit, Sie haben das jetzt halb auf Ihre Kappe genommen. Könnten Sie die Situation noch einmal aus Ihrer Sicht schildern? An welcher Stelle hätten Sie anders reagieren müssen?

STS HEBESTREIT: Ich denke, dass ich die Situation schon geschildert habe. Es war eine längliche Pressekonferenz. Wir machen üblicherweise zwei Fragen von jeder Seite am Ende der sehr ausführlichen Statements. Die vierte Frage stellte der Kollege Jordans von AP. Die Antwort war sehr länglich und sprach aus meiner Sicht für sich. Da war ich aber innerlich gefühlt schon am Abbinden, weil man bei einer solchen Pressekonferenz viel im Blick haben muss, natürlich auch den Abschluss, und hatte keinen Blickkontakt zum Bundeskanzler, sondern habe auf Ihre Kolleginnen und Kollegen geblickt. So ist das bei diesen Pressekonferenzen in der Regel. Dann habe ich, wie ich schon gesagt habe, den Fehler gemacht, nicht darauf zu reagieren bzw. nicht selbst eine Lücke zu lassen, sodass der Bundeskanzler hätte reagieren können.

Das ist etwas, was ich „Auf die Kappe nehmen“, das klingt so, als hätte man keinen Fehler gemacht. Ich finde, wenn Fehler passieren, dann muss man das auch klar aussprechen und sagen: Ja, das war meiner, und das sollte nach Möglichkeit nicht wieder vorkommen.

FRAGE BRÖSSLER: Herr Hebestreit, der Bundeskanzler hat in der Sommerpressekonferenz eine baldige Nahostreise angekündigt. Kann ich Sie so verstehen, dass die Palästinensergebiete nicht Teil dieser Reise sein werden, selbst wenn Israel noch einmal auf dem Programm stehen sollte?

STS HEBESTREIT: Jetzt kann ich die übliche Antwort geben, dass wir über Reisen des Bundeskanzlers zeitnah unterrichten. In diesem Fall kann ich sagen, dass weder ein Besuch in Israel noch ein Besuch in den Palästinensergebieten auf dieser Reise geplant gewesen ist. Insoweit muss das durch die aktuellen Ereignisse auch nicht umgeplant werden.

FRAGE ZIEDLER: Sie haben das jetzt auf Ihre Kappe genommen und von einem eigenen Fehler gesprochen. Der Kanzler hat sein Bedauern ausgedrückt. Inwiefern sieht es der Bundeskanzler als eigenen Fehler an, nicht nachträglich noch interveniert zu haben?

STS HEBESTREIT: Ehrlicherweise muss man sagen, dass er direkt nachträglich interveniert hat. Denn zum einen hat er der Empörung mir gegenüber Ausdruck verliehen, sodass ich sie Ihren Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort bei dieser Pressekonferenz waren, direkt zum Ausdruck bringen konnten, und zum anderen hat er auf eine Mediennachfrage auch noch einmal sehr schnell Klarheit in der Sache gebracht.

Ich könnte jetzt sagen: Das sind Sekundenentscheidungen in einer solchen Situation. Wenn ich etwas bedauere, und wenn in diesem Fall auch der Bundeskanzler bedauert, nicht mehr intervenieren gekonnt zu haben, kann man das schon auch als eine kritische Würdigung des eigenen Handelns sehen.

FRAGE JUNG: Sie haben gerade gesagt, dass Herr Abbas von einem Apartheidsystem in Israel gesprochen habe. Ich habe in das Protokoll geschaut. Das hat er nicht getan. Er hatte sich auf die Besatzung der Palästinenser bezogen und darauf, dass die Israelis dort ein Apartheidsystem installiert hätten. Das ist ja nichts Neues. Israelische NGO, die die Bundesregierung unterstützt, internationale Menschenrechtsorganisationen, sprechen auch davon.

Haben Sie sich jetzt nur versprochen?

STS HEBESTREIT: Ich habe mich überhaupt nicht versprochen, Herr Jung, und ich weiß auch, dass wir beide an dieser Stelle sehr unterschiedliche Haltungen haben. Die Bundesregierung und auch die Bundesregierung vor der jetzigen Bundesregierung halten den Vorwurf eines Apartheidregimes für absolut nicht gerechtfertigt.

Selbst wenn die Bundesregierung NGO unterstützt Sie sprachen ja von der Bundesregierung finanziell unterstützte NGO an , heißt das nicht gleichzeitig, dass alle Äußerungen dieser NGO das Gefallen oder die Würdigung der Bundesregierung erfahren. Das sage ich auch zum Schutz vieler NGO.

ZUSATZ JUNG: Dass Sie den Begriff Apartheid ablehnen, ist ja bekannt. Sie hatten aber Herrn Abbas in den Mund gelegt, dass er von Apartheid in Israel gesprochen habe. Das hat er nicht getan.

STS HEBESTREIT: Ich denke, dass das, was ich gesagt habe, klar verständlich war.

FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, Sie haben gerade gesagt, dass weder Israel noch die Palästinensergebiete auf der Agenda der geplanten Reise in die arabische Welt stünden. Können Sie uns sagen, ob das gestrige Telefonat des Kanzlers mit dem Kronprinzen von Saudi-Arabien möglicherweise im Zusammenhang mit dieser Reise steht?

VORS. WEFERS: Ich habe noch zahlreiche Fragen, die bis jetzt noch nicht

STS HEBESTREIT: Aber ich habe eine Standardantwort für Herrn Rinke, die er schon kennt. Sie hat etwas mit Topfschlagen zu tun. In dem Fall würde ich mich wieder auf die Topfschlagenantwort zurückziehen er weiß dann schon, was ich meine , und dann kehren wir zum eigentlichen Thema zurück.

FRAGE BLANK: Herr Hebestreit, der orthodoxe Rabbinerverband wirft dem Kanzleramt quasi vor, auf den Besuch und die Äußerungen von Herrn Abbas zu schlecht vorbereitet gewesen zu sein. Man habe ihm quasi stillschweigend eine Bühne des Hasses geboten. Ich kann natürlich die Frage stellen, ob Herr Abbas unterschätzt wurde. War die Vorbereitung auf den Besuch möglicherweise auch der Zeit geschuldet nicht ausreichend?

STS HEBESTREIT: Ich denke schon, dass die Vorbereitung gut war. Ich habe jetzt doch sehr ausführlich über eine Situation in einer Pressekonferenz berichtet. Der Bundeskanzler hat an einer Stelle sehr hart interveniert man muss sagen, dass das auf internationaler Ebene nicht gewöhnlich ist und sich gegen Vorwürfe der palästinensischen Seite gegenüber Israel lassen Sie es mich so formulieren, Herr Jung klar verwahrt. Insofern sehe ich keine mangelnde Vorbereitung darauf.

Was ich sehen muss, ist eine schlechte Performance des Regierungssprechers an der Stelle.

FRAGE BRÖSSLER: Herr Hebestreit, das Ganze hat sich an einer Frage im Zusammenhang mit dem Olympiaattentat 1972 entzündet. Ist aus Sicht des Bundeskanzlers durch diesen Eklat die Dringlichkeit gestiegen, einen neuen Eklat bei den Feierlichkeiten zu verhindern und sich um eine Einigung mit den Hinterbliebenen zu bemühen, also in der Frage der Entschädigungszahlungen den Hinterbliebenen noch einmal stärker entgegenzukommen?

STS HEBESTREIT: Herr Brössler, Sie kennen die Position, die ich ich meine, es war vergangenen Mittwoch hier in dieser Frage formuliert habe. Daran hat sich nichts geändert. Die Bundesregierung ist gesprächsbereit. Das ist eine komplizierte Sachlage. Das haben wir hier erörtert. Ich würde jetzt aber massiv davor warnen, die beiden Themen miteinander zu vermischen, auch wenn es eine gewisse zumindest regionale Verbindung geben mag.

FRAGE HAASE: Herr Hebestreit, Sie haben gerade noch einmal davon gesprochen, dass Deutschland sehr enge Beziehungen zu Israel natürlich für sehr wichtig hält. Inwiefern ist das Vertrauen von der israelischen Seite gegenüber Deutschland angeknackst? Wie will der Kanzler es angehen, das Vertrauen wiederherzustellen?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, die Zusammenarbeit mit der israelischen Regierung ist eng und vertrauensvoll und läuft sehr gut. Das war unter Naftali Bennett der Fall, und das ist auch unter seinem Nachfolger Herrn Lapid der Fall.

Ich habe darauf hingewiesen, dass es morgen ein Telefonat zwischen Herrn Scholz und Herrn Lapid geben wird. Danach kann ich sicherlich auch noch etwas intensiver auf Ihre Frage antworten.

Grundsätzlich ist es so, was wir hier ja auch erörtert haben: Je breiter man die Umstände des Eklats, den Herr Abbas im Bundeskanzleramt ausgelöst hat, darstellt, desto weniger kritische Fragen können sich aus internationaler Sicht vielleicht daran richten.

FRAGE WOLTER: Was wollen Sie nach dem, was gestern von Abbas gesagt wurde, der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland sagen?

STS HEBESTREIT: Ich habe, glaube ich, überall mein tiefes Bedauern über den Fehler, der mir unterlaufen ist, und das Bedauern des Bundeskanzlers darüber, dass er in dieser Situation nicht schneller hat intervenieren können, ausgedrückt. Das ist genau das, was ich mitteilen will. Ich ärgere mich selbst sehr über diesen Fehler, aber ich kann ihn nicht ungeschehen machen. Insofern muss ich die Kritik, die sich daran entzündet, aushalten.

ZUSATZFRAGE WOLTER: Die Angehörigen des Olympiaattentats äußerten uns gegenüber ihr Unverständnis darüber, dass Abbas so unmittelbar vor dem 50. Jahrestag nach Berlin kommt. Wie erklären Sie diese Entscheidung?

STS HEBESTREIT: Ich erkläre diese Entscheidung durch die unterschiedlichen Reisepläne und den Terminkalender sowohl von Herr Abbas als auch von Herrn Scholz. Das Treffen war eigentlich für Anfang März auf der Nahostreise des Bundeskanzlers geplant. Die Nahostreise musste aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine massiv verkürzt werden. Wir waren, glaube ich, knapp einen Tag in Israel und haben dort den israelischen Ministerpräsidenten getroffen, haben aber weitere Stationen dieser Reise nicht wahrgenommen. Das wäre ein Besuch in Ramallah gewesen und, wenn ich mich richtig erinnere, auch ein Besuch in Jordanien. Deswegen konnte dieser Besuch nicht stattfinden und wurde jetzt nachgeholt. Dass das in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Olympiaattentat vom 5. September ist, hat keinerlei Ausschlag gegeben.

FRAGE BLANK: Meine Frage geht an Herrn Hebestreit, hilfsweise auch an die betroffenen Ministerien. Wie weit ist man, nachdem die EU gesagt hat, dass ein Verzicht auf die Mehrwertsteuer bei der Gasumlage nicht infrage kommt, in den Überlegungen, wie diese Mehrwertsteuer an die Bevölkerung oder an besonders betroffene Gruppen zurückgegeben werden kann? Wie wäre das möglich? Können Sie das erläutern?

STS HEBESTREIT: Ich verstehe Ihr Interesse, insbesondere was Ihre letzte Frage anbelangt, zu erläutern wie eine solche Rückgabe möglich sein wird.

Erst einmal hat die EU-Kommission gestern unser grundsätzliches Ansinnen, die Gasumlage von der Mehrwertsteuer zu befreien, abgelehnt. Sie hat sich aber gesprächsbereit für andere Lösungen gezeigt. Über diese Lösung diskutieren wir jetzt. Wir werden sie auch mit Brüssel diskutieren und danach mit der dpa.

VORS. WEFERS: Ich denke, das Interesse reicht etwas über die dpa hinaus, wenn ich das für die Mitgliedschaft sagen darf.

STS HEBESTREIT: Dann nehme ich das zur Kenntnis und sage: und dann mit Ihnen allen.

ZUSATZFRAGE BLANK: Vielleicht kann dennoch das Finanzministerium versuchen zu klären, welche Möglichkeiten es grundsätzlich, allgemein abstrakt gibt und in welchem Zeitraum. Das alles muss ja relativ schnell gehen, bis Oktober. In welchem Zeitraum erwarten Sie eine Klärung?

HARTMANN: Vielen Dank für die Frage. Ich kann leider nicht sehr viel mehr beitragen als der Regierungssprecher. Unser Ziel ist es weiterhin, zusätzliche Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden. Wir sind weiterhin mit der EU-Kommission im Gespräch. Zu den einzelnen Optionen kann ich mich heute nicht äußern.

FRAGE BRÖSSLER: Was ist aus Sicht des BMF von einer generellen Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent zu halten?

HARTMANN: Das fällt leider unter meine erste Äußerung, dass ich um Verständnis dafür bitten muss, dass ich mich im Moment zu den einzelnen Optionen, die derzeit vorgeschlagen werden, nicht äußern kann.

FRAGE DR. RINKE: Der Kanzler hat gestern gesagt, dass man mit der EU-Kommission schnell darüber habe reden wollen, weil diese auf die Erhebung der Mehrwertsteuer insistiere, aber auch Wege suche, das Geld dann zurückzugeben.

Gehört es für die Bundesregierung zu den Optionen, die auf dem Tisch liegen, dass man sich dem Votum der EU-Kommission möglicherweise nicht anschließt und die Mehrwertsteuer einfach gar nicht erhebt? Es gibt ja Vertragsverletzungsverfahren, die gegen Deutschland laufen, auch in anderen Bereichen. Ist es Teil des Optionspaketes, die Einschätzung aus Brüssel einfach nicht zu beachten?

STS HEBESTREIT: Ich tue mich schwer damit, zu glauben, dass diese Bundesregierung in einer solchen Frage gegen klare Haltungen aus Brüssel vorgehen würde. Wir versuchen nach Kräften, vertragstreu zu handeln. Das erwarten wir auch von unseren Partnerinnen und Partnern in der Europäischen Union. Insofern ist das meines Erachtens kein gangbarer Weg.

FRAGE: Könnte man die Mehrwertsteuer ohne die EU auf sieben Prozent absenken? Wäre das möglich?

STS HEBESTREIT: Das müsste ich jetzt freihändig beantworten. Da es dabei um viel Geld geht, tue ich das besser nicht.

VORS. WEFERS: Wollen Sie ergänzen?

HARTMANN: Nein.

FRAGE LINDNER: Mich würden die Zeitmarken innerhalb des Diskussionsprozesses mit der Europäischen Kommission interessieren. Können Sie die nächste Wegmarke beschreiben? Bis wann will man sich dazu austauschen? Denn die Zeit drängt.

Meine zweite Frage will ich gleich hinterherschieben. Es gibt aus dem politischen Raum, aus der Opposition jetzt auch die Forderung, die Gasumlage im Gegenzug einfach direkt um 20 Prozent zu senken, um die Verbraucher nicht mit diesem Betrag der Mehrwertsteuer zu belasten.

STS HEBESTREIT: Ich kann Ihre zweite Frage vielleicht beantworten. Wir haben gesagt, dass unterschiedliche Überlegungen dazu vorhanden sind, wie man auf die Brüsseler Äußerung reagiert. Dazu will ich jetzt nicht in Details gehen. Der Bundeskanzler hat gestern auf einer Pressekonferenz ich glaube, es war in Stockholm gesagt, dass der Umgang mit der Gasumlage, auch was die Entlastung angeht, so rechtzeitig geklärt sein wird, dass alle bis zum 1. Oktober wissen, was auf sie zukommt.

FRAGE KOCH: Frau Hartmann, im Zuge dieser Debatte geht es auch um zusätzliche Zuschüsse für Privathaushalte, die wenig Geld haben. Die Bundesregierung hat vor geraumer Zeit vereinbart, dass ein Mechanismus ausgearbeitet werden solle, damit Zuschüsse gezielt an Menschen mit niedrigen Einkommen ausgezahlt werden können.

Wie steht es um diesen Mechanismus? Gibt es ihn? Wann kommt er?

HARTMANN: Dazu habe ich heute leider auch keine Neuigkeiten. Sie haben den aktuellen Stand dargestellt.

ZUSATZFRAGE KOCH: Können Sie vielleicht später im Laufe des Tages einen Zeithorizont dafür nennen?

HARTMANN: Mit Stand von jetzt nicht. Wenn es dazu etwas nachzureichen gibt, tue ich das gern. Aber ich kann es nicht zusagen.

FRAGE JESSEN: Herr Hebestreit, gibt die Bundesregierung den Zahlern der Umlage die Zusage, dass sie in der Bilanz mit der Summe, die die Mehrwertsteuer ausmacht, nicht belastet werden?

STS HEBESTREIT: Ich bin vorsichtig, das von dieser Stelle zu versprechen, weil ich ja gerade dargelegt habe, dass wir noch diskutieren, wie wir das hinkriegen. Wenn wir einen Weg wählen, der das nicht auf die Kommastelle hinter der Cent-Zahl schafft, dann werden Sie mir zu Recht sagen: „Aber, Herr Hebestreit, Sie haben das doch am 17. August in der Regierungspressekonferenz versprochen“, und dann stehe ich belämmert da. Das Ziel der Bundesregierung ist es schon, die Gasumlage so zu gestalten, dass der Mehrwertsteueranteil, der aufgrund der Bestimmungen draufkommt, nicht hart zu Buche schlägt.

ZUSATZ JESSEN: Das reicht mir fast aus. Dankeschön!

FRAGE KLISS: Zum Thema „Cum-Ex-Geschäfte“. Herr Hebestreit, es gibt heute Meldungen, dass die Staatsanwaltschaft Köln Unterlagen und E-Mails der Büroleiterin von Herrn Scholz beschlagnahmt hat. In einer E-Mail setzt Frau Schwamberger das Wort „einsortieren“ in Anführungszeichen. Im Zusammenhang mit anderen Indizien kommt die Staatsanwaltschaft in einem Vermerk zu der Schlussfolgerung, Mails und Kalendereinträge seien potenziell beweiserheblich, da sie auf „Überlegungen zum Löschen von Daten schließen lassen“. Was sagen Sie dazu?

STS HEBESTREIT: Dazu kann ich Ihnen gar nichts sagen. Ich kann Ihnen sagen, dass Jeanette Schwamberger – um die Kollegin geht es – damals nicht Büroleiterin des Bundeskanzlers war, sondern Leiterin der Unterabteilung L A im Bundesfinanzministerium. Ich kenne weder E-Mails noch kenne ich den staatsanwaltschaftlichen Bericht. Ich kann Sie aber in Ihrem Interesse auf einen Auftritt des Bundeskanzlers am Freitag ab 14 Uhr in Hamburg verweisen. Dort werden in einem Untersuchungsausschuss sicherlich all diesen Fragen beantwortet, dem im Übrigen offenbar auch all diese Unterlagen vorliegen. Dort werden alle Fragen gestellt werden, und dann wird der Bundeskanzler darauf antworten. Ich kann das mit meinem Wissen nicht tun.

FRAGE MÄURER: Herr Kall, bezugnehmend auf die Geschehnisse mit Klimaschützerinnen und Klimaschützern am Wochenende ist meine Frage: Wie groß schätzt die Bundesregierung, das Bundesinnenministerium die Gefahr von Blockaden, von Anschlägen und Sabotageakten auf Energieinfrastruktur durch Klimaschützerinnen und Klimaschützern ein?

KALL: Die Bundesinnenministerin hat sich am Wochenende in einem Interview dazu geäußert. Es ist so, dass bei den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern schon ein Grund zur Wachsamkeit besteht, deren Aufgabe es auch ist, kritische Infrastrukturen zu schützen, vor allem solche, die für die Gesellschaft und die Funktionsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft besonders wichtig sind. Dazu gehört gerade die Energieversorgung. Insofern sind die Sicherheitsbehörden sehr aufmerksam und wachsam und ergreifen Maßnahmen zum Schutz von kritischen Infrastrukturen immer dann, wenn das erforderlich ist. Konkrete Gefährdungshinweise gibt es zurzeit nicht, aber, wie gesagt, Anlass zu erhöhter Wachsamkeit.

ZUSATZFRAGE MÄURER: Dann gibt es auch sozusagen keine konkreten Vorbereitungen, was Schutzmaßnahmen angeht?

KALL: Es ist immer lageabhängig, welche Schutzmaßnahmen die Sicherheitsbehörden treffen. Es sind primär die Sicherheitsbehörden der Länder, die zum Beispiel Gefährdungsbewertungen anpassen und konkrete Schutzmaßnahmen treffen. Das lässt sich aber nicht abstrakt für verschiedenste Einrichtungen der kritischen Infrastruktur sagen.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zum Thema Wasser/Wasserverbrauch. Ich würde gerne wissen, was die Bundesregierung bisher getan hat, um Großkonsumenten wie RWE, BASF oder andere Industrieteilnehmer zum Wassersparen zu verpflichten und ihren Verbrauch einzuschränken. In Deutschland ist es so, dass viele Industrieteile wie Kohletagebau, Chemiefirmen und die Nahrungsmittelindustrie viermal so viel Fluss- und Trinkwasser verbrauchen wie alle Bürger in Deutschland zusammen. Angesichts der Wasserknappheit usw. ist das jetzt ja ein Thema.

SCHARF: Welche Maßnahmen wir als Bundesumweltministerium in Bezug auf die Wasserknappheit vorsehen und vorbereiten, haben wir bereits im Rahmen unserer Wasserstrategie angekündigt. Diese wird dann ja auch vorgestellt werden. Ich würde allerdings die Frage, die sich auf einzelne Unternehmen bezieht, gegebenenfalls an das Wirtschaftsministerium weitergeben.

HAUFE: Ich kann dazu ergänzen, dass der Umgang mit Wasser zum Beispiel die Einleitung von Kühlwasser, die Entnahme von Kühlwasser immer dem Landesrecht unterliegt. Das heißt, die Landesbehörden sind gefordert, zu beobachten, wie die Unternehmen Wasser entnehmen, ob das Probleme bereitet, ob sie sich entsprechend zurückhalten müssen. Es passiert ja regelmäßig, dass sich Energiekonzerne mit den Wasserständen auseinandersetzen müssen. Das ist ihr Job und Teil des Kraftwerksmanagements. Die Landesumweltbehörden müssen hier genau hinschauen und gegebenenfalls zum Beispiel die Entnahme von Wasser unterbinden oder vorschreiben, dass es eine Minimierung von Wasser gibt. Das ist eine ganz gängige Praxis.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt, die Bundesregierung sieht sich gar nicht in der Pflicht, die Großkonzerne, die massiv Wasser verbrauchen, zum Wassersparen zu verpflichten?

HAUFE: Die Bundesregierung sieht sich in der Pflicht, generell den Umgang mit Ressourcen zu reduzieren, kritisch zu betrachten und immer zu schauen, dass Ressourcen in unterschiedlichster Weise eingespart werden können. Ich denke, das ist unsere Verpflichtung, wenn wir uns anschauen, vor welchen ökologischen Herausforderungen wir stehen. Dafür haben wir unterschiedlichste Strategien. Meine Kollegin hat die Wasserstrategie gerade erwähnt. Das ist eine Grundsatzstrategie, mit der wir im Grunde genommen unsere Politik insgesamt über alle möglichen Handlungsfelder ausrichten. Natürlich ist in den Unternehmensspitzen, die Sie ansprechen, das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren sehr deutlich und sehr stark angekommen und wird dort auch verankert. Viele Unternehmen geben jedes Jahr Nachhaltigkeitsberichte heraus, in denen sie dokumentieren, wie sie mit Ressourcen umgehen. Dementsprechend kann man so etwas natürlich überprüfen. Wasser ist eine ganz zentrale Ressource, die einen sorgsamen Umgang erforderlich macht.

FRAGE JESSEN: Herr Haufe hat eben sozusagen die Kühlwasserstrategie angesprochen. Was bedeutet das für das AKW Isar 2? Das Kühlwasser wird aus einem Stausee entnommen, der offenbar fast ausgetrocknet ist. Bedeutet das, dass bei Isar 2 eher einen Notabschaltung denn eine Laufzeitverlängerung ins Haus schätzt? Wie schätzen Sie die Lage ein?

SCHARF: An der Stelle muss ich ganz offen sagen: Ich muss die Antwort nachreichen. Ohne unsere Fachexperten eingebunden zu haben, kann ich aus der Hand dazu gerade keine Antwort geben.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Herr Haufe, haben Sie dazu Erkenntnisse? Sie haben das Kühlwasser angesprochen.

HAUFE: Ich habe ja klar auf die Landesbehörden, die Landesaufsicht verwiesen. In dem Fall gibt es eine Landesatomaufsicht, die genau diese Frage jeden Tag im Blick haben muss.

FRAGE JUNG: Frau Scharf, was steht denn in Ihrer Wasserstrategie zu den Konzernen und diesen Megawasserverbrauchern? Müssen die sich einschränken? Müssen die Wasser sparen?

VORS. WEFERS: Ich wäre dafür, dass Sie das sehr kurz machen und alles andere nachlesbar ist.

SCHARF: Ich muss tatsächlich die Antwort zu dieser ganz konkreten Frage in Bezug auf die Wasserstrategie nachreichen.

FRAGE DR. RINKE: Herr Haufe, zum Thema Wasser allgemein: Nachdem es Meldungen gibt, dass in einigen Tagen wieder mit einer Zunahme des Pegelstandes gerechnet wird, was sind die Auswirkungen für die Verordnung, die Verkehrs- und Wirtschaftsministerium wegen des Schienenverkehrs und der Priorisierung von Energietransporten planen? Wird weiter daran gearbeitet? Wird die schon wieder ausgesetzt? Können Sie uns sagen, ob es Folgewirkungen eines wieder ansteigenden Pegelstandes gibt?

HAUFE: Sie sprechen die Transportverordnung an, bei der es darum geht, Transporte von Kohle oder anderen Energieträgern auf der Schiene zu priorisieren. Diese Verordnung befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Diese wird abgeschlossen und dann wird die Verordnung entsprechend im Bundeskabinett verabschiedet. An diesem Zeitplan, an diesem Vorgehen gibt es keine Änderung. Gut, wenn es auf dem Rhein Zeichen der Entspannung gibt.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Um das zu verstehen: Die würde dann verabschiedet werden, aber würde nicht automatisch in Kraft treten?

HAUFE: Zum Kontext: Sie verbinden jetzt das Niedrigwasser des Rheins automatisch mit dieser Transportverordnung. Diese erlässt das Bundeskabinett auch ohne die Niedrigwassersituation. Das ist unabhängig davon zu sehen. Es geht darum, die Ersatzkraftwerke in die Lage zu versetzen, wieder an Markt zurückzukehren, wenn das für die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit notwendig erscheint. Deswegen müssen die Energierohstoffe entsprechend dorthin kommen, die die Kraftwerke brauchen. Eine zentrale Vorsorgemaßnahme ist auch die mögliche Priorisierung solcher Transporte. Das ist eine wichtige Vorsorgemaßnahme, die wir treffen, um die Versorgungssicherheit in der nächsten Heizperiode ab Herbst zu gewährleisten.

FRAGE JESSEN: Gestern wurde in einer Fernsehdiskussion diese Priorisierung diskutiert. Dort war der Eindruck, dass Priorisierung tatsächlich heißt, dass im Zweifelsfall Kohletransport auf der Schiene Vorrang vor Menschentransport auf der Schiene hat. Ist das so richtig, oder ist das eine Priorisierung innerhalb des Güterverkehrs auf der Schiene?

HAUFE: Sie stellen eine Frage, während wir mitten in der Ressortabstimmung sind. Ich kann Ihnen heute keine Antwort darauf geben, wie die Verordnung aussieht. Die finale Verordnung gibt es noch gar nicht. Das ist eine Frage, die wir dann beantworten, wenn der fertige Verordnungstext vorliegt, wenn sich alle Ministerien zu dem Verordnungstext geäußert haben zum Beispiel auch das Verbraucherschutzministerium, da es eine Perspektive ist, die aus Verbraucherschutzsicht kommt –, ihre Kommentare und Hinweise gegeben haben und sich dazu geäußert haben. Wenn diese Verordnung steht und vom Bundeskabinett verabschiedet worden ist, äußern wir uns zu allen Punkten dieser Verordnung. Ich kann hier jetzt aber nicht über irgendwelche Texte spekulieren, die sich in der Abstimmung befinden.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich frage deswegen, weil Herr Müller das gestern Abend sehr deutlich so als Perspektive gesagt hat. Er hat gesagt, dass Priorisierung Vorrang Kohle auf der Schiene vor Menschen auf der Schiene hieße. Ich entnehme Ihrer Antwort, dass das noch nicht so entschieden ist.

HAUFE: Ich habe darauf verwiesen, dass wir uns einer Ressortabstimmung befinden. Sie kennen ja den Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, der nicht der Regierung angehört. Wir hören alle diese Punkte, diese wichtigen Abwägungsgründe – einen haben Sie gerade genannt , die jetzt Teil der Befassung im Kabinett sind.

ALEXANDRIN: Ich möchte einordnend ergänzen, dass diese Verordnung natürlich nur als „last-resort“-Option gezogen wird. Das heißt, wir ergreifen aktuell schon ganz viele Maßnahmen, mit denen Gütertransporte zur Sicherstellung der Energiereserven in Bezug auf die Kraftwerke auf nicht regulatorischer Ebene geregelt werden. Dazu zählt beispielsweise die Änderung der Netznutzungsbedingungen, sodass man bei der Vergabe von noch freien Trassenkapazitäten diese Verkehre vorzieht. Das heißt, erst dann, wenn wir einen erheblichen Bedarf haben. Die Rückmeldungen der Bahn ich glaube, das war auch in der Presse zu lesen sind noch nicht so, dass die Nachfrage aktuell so hoch ist, dass diese Verordnung zum Einsatz kommen müsste. Das kann sich aber sehr schnell ändern, und wir wollen auf alle Situationen gut vorbereitet sein. Deswegen wird diese Verordnung erarbeitet.

Was die Priorisierung angeht, wird man letztendlich gucken müssen. Man muss aber auch einmal sagen, dass es hierbei um die Stabilisierung des Stromnetzes und der Energiezufuhr geht. Auch der Personenverkehr wird ohne Strom nicht fahren können.

FRAGE DR. RINKE: Frage an Verteidigungsministerium und Auswärtiges Amt. Es hat gestern Berichte gegeben, dass auf dem Flughafen Gao vermeintliche russische Soldaten, Paramilitärs was auch immer gesichtet worden sein sollen. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob diese Entdeckung Einfluss darauf hat, dass der operative Einsatz der Bundeswehr weiter ausgesetzt wird, oder haben Sie Hoffnung, dass morgen ein Austausch der Soldaten stattfinden kann?

ROUTSI: Vielen Dank für die Frage. Wir haben Kenntnis davon, dass am 15. August auf dem malischen Flughafen Gao ein Trainings- und Erdkampfflugzeug vom Typ L39 der malischen Streitkräfte eingetroffen sein soll. Dabei kann es sich möglicherweise um ein Flugzeug handeln, das von der Russischen Föderation an Mali übergeben wurde. Uns erreichen Informationen, dass ca. 20 bis 30 Personen, die nicht den malischen Streitkräften zuzuordnen waren, bei Be- und Entladetätigkeiten an diesem Flugzeug in einem Hangar gesichtet wurden. Es ist so, dass wir durch unser Kontingent und gemeinsam mit unserem Partner diese Meldungen intensiv prüfen.

Ihre Frage in Bezug auf die Operationsführung kann ich gerne beantworten. Diese ist zurzeit davon nicht betroffen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Was heißt das für den morgen eigentlich angestrebten Termin, eine Rotation vorzunehmen, wenn ich das richtig sehe? Die UN behauptet, dass die Probleme, die mit der malischen Führung bestanden hätten, mittlerweile ausgeräumt worden seien. Sehen Sie das auch so?

ROUTSI: Das sind erst einmal zwei unterschiedliche Sachverhalte, Herr Rinke. Ich kann sagen, dass wir hier in den letzten Tagen und Wochen sehr intensiv über Mali gesprochen haben, auch über die Irritationen. Auch die Verteidigungsministerin hat sich sehr offensiv dazu eingelassen. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine neuen Informationen geben.

Ich kann Ihnen sagen, dass wir uns innerhalb der Regierung auch mit dem Parlament austauschen, dass wir uns mit unseren internationalen Partnern in Bezug auf MINUSMA austauschen. Der Fokus der Verteidigungsministerin ist folgender: Erstens geht es darum, dass unsere Frauen und Männer vor Ort vernünftig geschützt sind. Wenn das Parlament sie nach Mali entsendet, müssen wir natürlich auch dafür Sorge tragen, dass das passiert. Dem ist so.

Zweitens haben wir natürlich auch einen Auftrag, den uns das Parlament gegeben hat. Dafür ist unter anderem wichtig das ist, wie Sie schon sagen, dringlich , dass wir einen Personentransfer durchführen können. Diese koordinative Aufgabe hat die Mission MINUSMA inne. Wir gehen davon aus, dass sich das in den nächsten Tagen regeln wird. Es ist aber auch so, dass wir vor Ort natürlich nicht die einzige Nation sind und man schauen muss, welcher internationale Partner jetzt schon wie lange drin ist. Es gibt teilweise Nationen, die 13, 14 Monate drin sind. Das muss koordiniert werden. Wenn Sie dazu konkrete Fragen haben, müssten Sie sich bitte an MINUSMA wenden.

BURGER: Ich würde gerne kurz ergänzen. Ich möchte mich natürlich allem anschließen, was die Kollegin aus dem Verteidigungsministerium gesagt hat und möchte nur einige Details ergänzen und sagen, dass wir zu der mutmaßlichen Präsenz russischer uniformierter Kräfte in Gao gestern über unseren Botschafter in Bamako direkt Kontakt mit dem malischen Außenminister aufgenommen haben und auch in engem Kontakt mit den Vereinten Nationen sind, weil das eine Entwicklung ist, die das Missionsumfeld verändert.

Ergänzend zur Frage der Rotationsflüge möchte ich darauf hinweisen, dass wir gestern in New York gemeinsam einen Brief von 16 Truppenstellerstaaten an die Vereinten Nationen übergeben haben, in dem wir als Truppensteller die Vereinten Nationen dazu auffordern, sich jetzt noch stärker dafür einzusetzen, dass die Arbeitsbedingungen für MINUSMA in Mali wieder schnellstmöglich normalisiert werden. Das hat für uns höchste Priorität. Auswärtiges Amt und BMVg arbeiten gemeinsam mit Hochdruck daran, dass diese Flüge für unsere Soldatinnen und Soldaten realisiert werden können.

FRAGE AIASH: Der Bundeskanzler hat gestern mit dem Kronprinzen Saudi-Arabiens telefoniert. Kann man das Telefonat als das Ende der frostigen Beziehungen zwischen Riad und Berlin betrachten?

STS HEBESTREIT: Ich kann bestätigen, dass sie telefoniert haben. Dazu haben wir eine Pressemitteilung herausgegeben. Das ist das, was ich dazu sagen kann. Jeder weiteren Beurteilung kann ich mich von dieser Stelle nur entziehen.

FRAGE JUNG: Ich habe die Pressemitteilung gelesen und gesehen, dass der Bundeskanzler die Ermordung von Kashoggi, die „MBS“ in Auftrag gegeben hat, nicht angesprochen hat. Warum nicht? Das ist doch ein Thema, wenn ein Kronprinz

STS HEBESTREIT: Herr Jung, wir reden überhaupt nicht. Wir teilen nur mit, dass es ein solches Gespräch gegeben hat und teilen ganz grob die Themen mit. Einzelheiten eines Gesprächs werde ich hier ganz sicher nicht diskutieren. Insoweit wäre ich auch nicht willens, auf das Thema einzugehen, das Sie jetzt angesprochen haben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Hat er es jetzt angesprochen oder nicht? Welche Haltung hat der Bundeskanzler denn zu „MBS“ im Grundsätzlichen? Es ist für alle klar, dass er für die Ermordung von Herrn Kashoggi verantwortlich ist. Warum redet er überhaupt mit ihm?

STS HEBESTREIT: Herr Jung, ich würde mit Ihnen jetzt ungerne eine Grundsatzdebatte beginnen, warum man mit Staatschefs anderer Staaten sprechen muss.

FRAGE LINDNER: Herr Burger, eine Frage an das Auswärtige Amt grundsätzlicher Natur. Es geht um die Ukraine und die Frage, welche Arten von diplomatischen Verhandlungen im Moment für eine Beendigung des Kriegs gezogen werden.

Kurzer Hintergrund meiner Frage: Es gab gestern eine Diskussion unter anderem mit dem sächsischen Ministerpräsidenten, in der er gesagt hat, Deutschland müsse sehr viel stärker auf diplomatische Lösung setzen, müsse zum Beispiel sehr viel stärker auf China setzen und müsse sehr viel stärker mit der Türkei zusammenarbeiten, um der Diplomatie wieder stärker Vorrang vor militärischen Lösungen zu geben.

BURGER: Vielen Dank für diese Frage. Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich sage, dass wir natürlich jeden Schritt begrüßen, der zur Beendigung dieses seit fast einem halben Jahr andauernden völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine beiträgt. Klar ist aber auch: Die Ukraine ist das Opfer dieser Aggression und übt ihr Recht auf Selbstverteidigung aus. Deswegen ist es ganz klar, dass es die Entscheidung der Ukraine selbst ist, wann sie unter welchen Bedingungen und in welchen Formaten zu Verhandlungen bereit ist.

Sie können davon ausgehen, dass selbstverständlich in allen Gesprächen, die die Bundesregierung mit internationalen Partnern, mit anderen Partnern führt, wo man erwarten kann, dass sie Einfluss haben, immer wieder die Frage thematisiert wird, wie internationale Akteure gemeinsam helfen können, diesen Krieg zu stoppen. Das ist natürlich ein Thema beispielsweise der Gespräche der Außenministerin in der Türkei gewesen. Das ist natürlich ein Thema bei den Gesprächen der Außenministerin mit ihrem chinesischen Amtskollegen vergangenen Monat in Bali gewesen. Das ist in dieser Zeit das zentrale außenpolitische Thema für Deutschland. Deswegen sind wir natürlich überall auf der Suche nach Möglichkeiten, diplomatisch zu unterstützen, dass dieser Krieg beendet wird. Nur, wie gesagt, über Verhandlungen und die geeigneten Formate für Verhandlungen muss aus unserer Sicht die Ukraine entscheiden.

Sie wissen, dass ein Treffen in Lemberg geplant ist, an dem die Ukraine, die Türkei und der Generalsekretär der Vereinten Nationen beteiligt sein sollen. Sie wissen, dass es unter Beteiligung der Vereinten Nationen und der Türkei erste erfolgreiche Gespräche zu der Frage von Getreideexporten gegeben hat. Das ist natürlich ein sehr wichtiges, aber auch wieder ein sehr konkretes Thema. Aus unserer Sicht ist es notwendig, dass wir solche Bemühungen unterstützen. Das werden wir auch weiterhin dort tun, wo wir Ansatzpunkte dafür haben. Das ist aus unserer Sicht im Moment das Gebot der Stunde.

ZUSATZFRAGE LINDNER: Könnten Sie einen Satz sagen, wie die Bundesregierung im Moment die Rolle Chinas einschätzt? Ist das Ihrer Ansicht nach einer der wichtigsten Player in diesem Feld oder nur einer von vielen, wie Sie es gerade eingeordnet haben?

BURGER: Ich glaube, was diese Analyse angeht, gibt es viele kluge Beobachter, die auf dieser Abstraktionsebene eine Einschätzung abgeben können. Aus unserer Sicht ist China natürlich einer der wichtigsten Staaten auf der Welt, ein ständiges Mitglied im VN-Sicherheitsrat, eine Regierung, die in vielerlei Hinsicht eng mit der russischen Führung kooperiert und gleichzeitig als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Verantwortung für den Weltfrieden trägt. Deswegen ist China natürlich eines der Länder, mit denen man spricht, wenn man sich fragt: Wie kann Einfluss genommen werden, um diesen Krieg zu stoppen?

FRAGE BRÖSSLER: Herr Hebestreit, wie groß ist die Sorge des Bundeskanzlers, dass Russland im Herbst, den er ja schon als schwierig beschrieben hat, soziale Verwerfungen oder Probleme in Deutschland nutzen könnte, um im Wege der Propaganda und Desinformation Spaltungen zu vertiefen? Was kann aus seiner Sicht dagegen getan werden? Hintergrund der Frage ist, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz heute genau davor gewarnt hat.

STS HEBESTREIT: Solche Warnungen sind natürlich berechtigt, dass man darauf genau gucken kann und auch gucken muss. Darauf sind einerseits die Sicherheitsbehörden vorbereitet und auch wir alle, die wir in der Bundesregierung vertreten sind. Der Bundeskanzler hatte vergangene Woche hier im Rahmen der Sommerpressekonferenz seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass es nicht zu großen sozialen Unruhen kommen wird, eben weil die Bundesregierung und die Koalition klar die Belastungen im Blick haben, die einerseits auf uns alle zukommen werden, dass andererseits zu diesen Belastungen aber auch Entlastungen kommen sollen.

Ich erwähne noch einmal ganz kurz die zwei bereits beschlossenen Entlastungspakete in Höhe von 30 Milliarden Euro. Der Bundeskanzler hat in den vergangenen Tagen hier in diesem Raum noch einmal deutlich gemacht, dass ein drittes Paket geschnürt werden wird. Er hat das in die Formel „You’ll never walk alone“ gegossen, und das gilt.

Trotzdem ist es natürlich an uns allen, mit der Klarheit, die uns möglich ist, deutlich zu machen: Wenn es solche Narrative gibt, die man versucht, aus anderen Ländern in Deutschland zu verankern, wenn es Verhetzungen auch in unserem Land gibt, ist es natürlich an uns allen, dem mit Argumenten und einer klaren Haltung entgegenzutreten. Diese Bundesregierung ist sehr entschlossen, das auch zu tun.

ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Darf ich das so verstehen, dass der Bundeskanzler glaubt, je besser es gelingt, diese sozialen Verwerfungen einzudämmen, desto weniger Ansatzpunkte gibt es dann für solche russischen Versuche?

STS HEBESTREIT: Herr Brössler, ich hätte es besser so ausdrücken sollen, wie Sie es gerade getan haben, dann hätten Sie gar nicht nachfragen müssen. Genau das wollte ich mit meinen vielen Worten sagen.

FRAGE BLANK: Herr Kautz, die Coronavirus-Einreiseverordnung läuft am 31. August aus. Plant die Bundesregierung eine Anschlussregelung mit Blick auf den Herbst und möglicherweise wieder strengere Regeln wegen steigender Zahlen?

KAUTZ: Gehen Sie davon aus, dass die Einreiseverordnung verlängert werden wird. Die entsprechende Verordnung ist in Arbeit. Aber es werden sich keine großartigen Veränderungen im Vergleich zum Status quo ergeben.

FRAGE: Ich habe noch eine Frage an das BMWK. Es gab gestern einen Bericht des „Wall Street Journal“ darüber, dass innerhalb der Bundesregierung über den Weiterbetrieb der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke quasi schon entschieden sei. Sie hatten das gleich dementiert. Deswegen gehe ich auch nicht davon aus, dass es jetzt irgendeine Änderung im Vergleich zu den Äußerungen von gestern Abend gibt. Aber gibt es vielleicht jetzt konkretere Dinge dazu, wann das Ergebnis des Stresstests zu erwarten ist? Wir hören seit geraumer Zeit „in den nächsten Wochen“. Gibt es da etwas Konkreteres?

HAUFE: Ja, so ein Stresstest braucht Zeit. Dabei geht es um Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Den ersten Stresstest wir machen ja gerade die zweite Sonderanalyse haben wir im Frühjahr gemacht. Nur einmal für Sie zum Vergleich: Der hat acht Wochen gedauert. Deswegen verweisen wir darauf, dass eben auch dieser Stresstest einige Wochen dauern wird.

ZUSATZFRAGE: Wie muss man sich denn die Rolle des Ergebnisses dieses Stresstests bei der politischen Entscheidungsfindung vorstellen? Muss man sich die quasi als bindend oder als Empfehlung vorstellen? Welche Rolle wird der spielen?

HAUFE: Der Stresstest stellt für die Entscheidungen, die dann zu treffen sind, eine ganz wichtige Grundlage dar.

ZUSATZ: Aber ist nicht unbedingt bindend.

HAUFE: Es gibt jetzt keine Rechtsverordnung, die besagt, dass ein Stresstest gemacht werden muss, damit dann bestimmte Maßnahmen getroffen werden.

FRAGE DR. RINKE: Herr Haufe, vielleicht können Sie uns eine Einschätzung zu den Marktpreisen geben, die im Moment für Strom aufgerufen werden, mit sehr, sehr stark Anstiegen im nächsten Jahr und auch im Sommer. Wie besorgt ist das Wirtschaftsministerium, dass wir möglicherweise auch in einen großen Preisanstieg für Strom im nächsten Jahr hineinschlittern?

HAUFE: Wir beobachten natürlich diese Preisentwicklungen, keine Frage. Aber ich kann Ihnen heute keine bestimmte Maßnahme ankündigen. Wir haben generell darauf aufmerksam gemacht, dass es entscheidend ist, Energie einzusparen. Das betrifft vor allem Gas, aber das betrifft auch einen sorgsameren und sparsameren Umgang mit Strom. Wir versuchen ja heute bereits, mit verschiedenen Maßnahmenprogrammen für Unternehmen, die eben energieintensiv sind, zum Beispiel in der Chemiebranche oder im Metallbereich, da, wo das nötig ist, auch mit Hilfen zu unterstützen, weil diese Unternehmen ja zum Beispiel auch besonders betroffen sind. Generell hat der Minister für jeden Einzelnen von uns, für jede Bürgerin und jeden Bürger, ja immer deutlich gemacht, wie bitter die Gasumlage aufgrund der jetzt schon sehr hohen Preise im Energiebereich im Grunde genommen ist und wie wichtig es deswegen ist, dass es eine zusätzliche finanzielle Entlastung für untere und mittlere Einkommensschichten gibt.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ja, aber ich hatte jetzt nach Strom gefragt. Ist die Interpretation richtig, dass, wenn die Preise für Strom im nächsten Jahr sehr hoch gehandelt werden, also für mehrere Hundert Prozent mehr, das ein Misstrauen des Marktes widerspiegelt, dass im nächsten Jahr genügend Strom hier in Deutschland zur Verfügung stehen wird?

HAUFE: Sie laden mich jetzt dazu ein, bestimmte Einschätzungen für die Zukunft zu treffen. Das kann ich an dieser Stelle nicht tun. Wir beobachten das sehr genau, und wenn wir darauf entsprechend reagieren, dann machen wir das und teilen es mit.

FRAGE JESSEN: Denkt die Bundesregierung daran, die Förderung von Solaranlagen für den Eigenbedarf, also Dachpanels oder so etwas, noch zu steigern? Es wäre ja für den Bürgern sozusagen der beste Schutz vor einem weiteren Anstieg der Strompreise, wenn sie sich zu einem größeren Teil selbst versorgen könnten.

HAUFE: Sehr richtig, die erneuerbaren Energien und gerade auch Solaranlagen sorgen dafür, dass man sich als Haushalt eigenständiger und unabhängiger mit Strom versorgen kann. Deshalb bereitet das Bundeswirtschafts- und -klimaschutzministerium ja auch eine ein Konzept für eine Solardachpflicht vor, das wir demnächst auch mit der Öffentlichkeit und den Verbänden diskutieren werden.

Die Fördersätze für den Solarstrom sind seit dem ersten August deutlich angehoben worden. Wir kommen ja aus einer Stagnation des Ausbaus der erneuerbaren Energien und sehen jetzt, dass im letzten halben Jahr der Anteil der erneuerbaren Energien am Strom eine deutliche Zunahme erreicht hat, gerade auch im Bereich der Fotovoltaik.

Sie sprechen jetzt, glaube ich, die Förderung über die Gebäudeenergieeffizienzprogramme an. Die haben wir ja entsprechend so umgestrickt, dass sie eigentlich noch viel mehr Haushalte in Anspruch nehmen können. Wir haben das Niveau gehalten und haben gleichzeitig die Bedingungen entsprechend so geändert, dass noch mehr Haushalte und Personen, die hierin investieren wollen, profitieren können.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zum Energiesektor im Allgemeinen und den Gewinnen. Herr Hebestreit, hat sich der Kanzler in den letzten Tagen einmal die Quartalszahlen der Energiekonzerne, die jetzt für das zweite Quartal herausgekommen sind, angeschaut? Konnte er darin irgendwelche Übergewinne entdecken?

Auch an das Wirtschaftsministerium: Haben Sie sich einmal die Quartalszahlen der Energie- und Ölkonzerne angeschaut? Was haben Sie darin entdeckt?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, Herr Jung, da muss ich Sie auf die Worte des Bundeskanzlers von vergangenem Donnerstag verweisen. Da ist diese Frage hier gestellt und auch beantwortet worden. Da gibt es auch durch die von Ihnen aufgebrachten Quartalszahlen der Energieversorger keinen neuen Stand.

HAUFE: Ich kann Ihnen dazu mitteilen, dass der Minister diese Zahlen sehr genau beobachtet und er ja auch erst wieder zuletzt am Wochenende angemahnt hat, dass es hier einen Weg geben muss, mit dem wir eben mit diesen Übergewinnen bzw. leistungslosen Gewinnen, wie er es bezeichnet hat vielleicht auch Krisengewinnen, so hat es der Minister bezeichnet , umgehen, weil er sieht, dass dieses Geld dem Gemeinwohl zur Verfügung stehen müsste.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Hebestreit, es gibt ja eine neue Studie, die schätzt, dass im deutschen Energiesektor mittlerweile 113 Milliarden Euro an Übergewinnen aufgelaufen sind. Registriert der Kanzler das denn zumindest, auch wenn er gegen die Besteuerung dieser Übergewinne ist?

STS HEBESTREIT: Herr Jung, ich glaube, wir haben die Frage der Übergewinnsteuer hier ausgiebig

ZURUF JUNG: Ja, dass er dagegen

STS HEBESTREIT: Darf ich kurz ausreden?

ZURUF JUNG: Dass er dagegen ist, ist klar!

STS HEBESTREIT: Herr Jung!

ZURUF JUNG: Aber das Problem ist ja immer noch da!

STS HEBESTREIT: Herr Jung, ich bin nicht bereit, wenn Sie mir eine Frage stellen und ich in der Antwort bin, mich von Ihnen unterbrechen zu lassen. Wenn Sie das machen wollen, dann kann ich einfach nur mit Ja und Nein antworten, wenn das besser ist.

ZUSATZ JUNG: Ich würde mir wünschen, dass Sie auf meine Fragen antworten und nicht andere Fragen beantworten.

STS HEBESTREIT: Ich gehe darauf jetzt einmal anders ein. Herr Jung, die Frage der Übergewinnsteuer wird bereits breit innerhalb der Bundesregierung und der Öffentlichkeit diskutiert. Die Insinuierungen, die Sie in jeder Ihrer Fragen unterbringen, wer was wahrnehmen würde und ob es ihn zum Umdenken bringt, ist nicht meine Art, hier miteinander umzugehen. Der Bundeskanzler wie auch alle Ministerinnen und Minister und wie auch alle Beamtinnen und Beamten in den Ministerien haben einen relativ klaren Überblick über die Sachlagen, und im Zuge dieser Sachlagen die werden beleuchtet und miteinander diskutiert kommt man zu den Entscheidungen, die wir dann auch gemeinsam treffen und verkünden.

FRAGE MÄURER: Die Frage dreht sich um die European Championships in München. Herr Kall, wird vor dem Hintergrund des großen Erfolgs in der Bundesregierung sozusagen eine mögliche Unterstützung einer Olympiabewerbung diskutiert? Würde die Unterstützung finden?

KALL: Erst einmal gratulieren die Bundesregierung und das Sportministerium natürlich den deutschen Sportlerinnen und Sportlern bei den European Championships in München ganz, ganz herzlich zu diesem grandiosen Zwischenerfolg und den vielen Medaillengewinnen, auch den gestrigen. Das ist sicherlich ein großartiger Erfolg. Die European Championships sind ein tolles Turnier, ein tolles Fest des Sports.

Sie haben jetzt nach einer deutschen Olympiabewerbung gefragt. Die Bundesregierung unterstützt die Perspektive einer deutschen Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland. Welche Euphorie und welchen Rückhalt große Sportevents und Sportgroßveranstaltungen in Deutschland haben, sehen wir gerade in München bei den European Championships. Das werden wir auch im nächsten Jahr bei den Special Olympics sehen, die hier in Berlin stattfinden. Das werden wir 2024 bei der Fußball-Europameisterschaft sehen, die in Deutschland stattfinden wird. Uns als Bundesregierung ist es wichtig, dass bei solchen großen Sportevents die Bevölkerung frühzeitig eingebunden ist und dass ein transparenter und frühzeitiger Prozess eben mit einer Einbindung der Bevölkerung an den Spielorten stattfindet. Wir befinden uns mit dem Deutschen Olympischen Sportbund im Austausch hinsichtlich einer denkbaren künftigen Olympiabewerbung, aber weder ein Wann noch ein Wo sind bisher konkret Thema gewesen.

Zur Podcastversion

Podcast mit Interviewfolgen

Podcast mit Aufzeichnungen der BPK

Diskutiere und Kommentiere im Forum!
Werdet Unterstützer unserer Arbeit & verewigt euch im Abspann!
Wer mindestens 20€ gibt, wird im darauffolgenden Monat am Ende jeder Folge als Produzent gelistet.
Jung & Naiv
IBAN: DE85 4306 0967 1047 7929 00
BIC: GENODEM1GLS
BANK: GLS Gemeinschaftsbank