Artikel

Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 22. August 2022

Themen: Tag der offenen Tür der Bundesregierung, European Championships 2022, Besuch des Bundeskanzlers bei Siemens Gamesa in Cuxhaven, Fischsterben in der Oder, Dienstwagenbesteuerung, Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada (CETA), GKV-Reform, COVID-19-Pandemie, Gasumlage, Übergewinnsteuer, Waffenlieferungen an die Ukraine, Gesetzentwurf zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich, Beteiligung des chinesischen Staatsunternehmens Cosco am Hamburger Hafen, Auswirkungen der Hitzewelle in China auf die deutsche Wirtschaft, Bundesratsinitiative Niedersachsens zur Abschaffung des Vorkasseprinzips bei Flugreisen, 30. Jahrestag der Anschläge in Rostock-Lichtenhagen

Themen/Naive Fragen:
00:00 Beginn
00:16 Statement zum Tag der offenen Tür
02:05 Tilo zum BMG-Tag der offenen Tür
02:26 Statement zu European Championships
03:30 Tilo zu Sportförderung/Medaillen
04:20 Olympische Spiele in Deutschland
05:26 Tilo zu Volksentscheide zu Olympia
06:17 Terminankündigung Kanzler Scholz
07:46 “Fake News”-Vorwürfe aus Polen
13:03 Dienstwagenprivileg
14:49 Tilo zum Dienstwagenprivileg/UBA
17:30 CETA
19:51 GKV-Reform
20:57 Corona-Maßnahmen für Herbst
22:57 Tilo zu Gasumlage/Profite
28:28 Waffenlieferungen
34:29 Planungsbeschleunigung
38:20 Tilo zu Planungsbeschleunigung
39:50 Veto gegen chinesischen Investor
40:50 Hitzewelle in China
42:58 Vorkasseprinzip bei Flugreisen
45:34 Tilo zu 30 Jahre Rostock/Lichtenhagen

Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:
Konto: Jung & Naiv
IBAN: DE854 3060 967 104 779 2900
GLS Gemeinschaftsbank

PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv

Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 22. August 2022:

VORS. WEFERS eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS BÜCHNER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS BÜCHNER: Ich möchte heute mit einem Rückblick auf den Tag der offenen Tür der Bundesregierung beginnen. Erstmals seit Ausbruch der Coronapandemie waren wir beim Tag der offenen Tür am Wochenende wieder in Präsenz für Sie da. Ich gestehe, dass wir uns zwar sehr darauf gefreut hatten, uns aber nicht ganz sicher waren, wie der Zuspruch nach zwei Jahren der Pause sein würde. Umso mehr freuen wir uns über das große Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Circa 115 000 Besuche zählten die Ministerien, das Bundeskanzleramt und das Presse- und Informationsamt. Insbesondere die Gespräche zwischen der Politik und den Bürgerinnen und Bürgern fanden großen Anklang. Die überwiegend sehr sachlichen Diskussionen zeigen, dass anders als manchmal behauptet Politikerinnen, Politiker und die Menschen in diesem Land sehr wohl eine Gesprächsbasis haben. Wir sollten auch weiterhin in diesem Gespräch bleiben.

Auch im Bundeskanzleramt war der Andrang sehr groß, und zwar sowohl schon am Samstag, als Kanzleramtsminister Schmidt mit den Gästen sprach, als auch erst recht am Sonntag, als der Kanzler übernahm. Im Bundespresseamt haben wir Talks mit den Ministerinnen Baerbock, Lemke und Geywitz sowie mit Verkehrsminister Wissing angeboten. Dazu kam die Kinderpressekonferenz mit Regierungssprecher Hebestreit.

Von unserer Seite sage ich ein großes Dankeschön an unsere Gäste für ihr Interesse und die konstruktiven Diskussionen.

Alle Infos zum Tag der offenen Tür können Sie auf bundesregierung.de nachlesen. Die Talks im Kanzleramt und Presseamt sind in der Mediathek auf der Webseite auch nachzuhören.

FRAGE JUNG: Traditionell gab es am Tag der offenen Tür auch immer einen Tag der offenen Tür im Bundesgesundheitsministerium. Warum gab es ihn dort diesmal nicht?

GRÜNEBERG: Im Gesundheitsministerium finden zurzeit Bauarbeiten statt. Wir konnten keine Gäste empfangen.

SRS BÜCHNER: Dann komme ich zum zweiten kleinen Rückblick. Ich will für die gesamte Bundesregierung die deutschen Athletinnen und Athleten zu dem grandiosen Ergebnis bei den neun Europameisterschaften im Rahmen der European Championships 2022 in München beglückwünschen. 26-mal Gold, 20-mal Silber und 14-mal Bronze, das ist eine wirklich herausragende Bilanz von insgesamt 60 Medaillen bei diesen European Championships.

Die Stimmung in der Sportstadt München, die Bilder des vollen Olympiaparks und des Olympiastadions und die Begeisterung des Publikums wurden in die Welt getragen. Das verdient nicht nur Anerkennung, sondern aufgrund der Leistungen vom Team Deutschland hier eine ausdrückliche Würdigung. Wer die Wettkämpfe live vor Ort oder auch im Fernsehen verfolgt hat, den hat einfach die Sportbegeisterung gepackt.

Ein großes Dankeschön an alle Athletinnen und Athleten für diesen schönen Sportsommer und für die gute Ausrichtung dieser Spiele an die Stadt München!

FRAGE JUNG: Ist das Sportministerium angesichts der Sportförderung mit den Ergebnissen und Medaillen zufrieden, oder war das jetzt noch zu wenig?

LAWRENZ: Die Bundesinnenministerin war begeistert von den European Championships. Es waren wirklich herausragende Wochen, und es ist eine tolle Bilanz. Sie kann sich sicherlich sehen lassen.

ZUSATZFRAGE: Was bedeutet das für die Sportförderung? Muss da jetzt nachgelegt werden, kann das so bleiben, oder hat das die Vorstellung der Ministerin

LAWRENZ: Es wird sicherlich im Nachgang gemeinsam mit den Verbänden ausgewertet, ob es Nachbesserungsbedarf gibt.

FRAGE RATZ: Inwieweit ist das für die Bundesregierung und das Sportministerium auch eine Motivation, sich noch einmal aktiv dafür einzusetzen, die Olympischen Spiele nach Deutschland zu holen?

LAWRENZ: Vielen Dank für die Frage. Ich meine, wir hätten in der vergangenen Woche schon einmal kurz darüber gesprochen. Die jetzt zu Ende gegangenen European Championships zeigen, welche Begeisterung Sportgroßveranstaltungen in Deutschland auslösen können. Auch in den kommenden Jahren wird in Deutschland eine ganze Reihe von internationalen Sportgroßveranstaltungen stattfinden, etwa die Special Olympics World Games in Berlin im nächsten Jahr, die UEFA EURO 2024 und auch noch die Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games.

Wir unterstützen natürlich die Perspektive einer deutschen Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland. Die frühzeitige und transparente kontinuierliche Einbindung der Bevölkerung ist für einen klaren Prozess notwendig und wichtig. Wir befinden uns dazu in ersten Gesprächen mit dem DOSB.

FRAGE JUNG: Schon in den vergangenen Jahren gab es die Einbeziehung der Bevölkerung, 2013 und 2015 in München und Hamburg. Da hat die Bevölkerung das immer deutlich abgelehnt.

Erwarten Sie, dass es bei etwaigen neuen Volksentscheiden anders sein wird?

LAWRENZ: Das wird sich zeigen. Das kann von hier aus nicht beurteilt werden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist das BMI grundsätzlich auch für einen weiteren Volksentscheid?

LAWRENZ: Das BMI unterstützt die Perspektive einer deutschen Olympiabewerbung. Alles Weitere wird sich zeigen, wenn es ansteht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Was ist mit dem Volksentscheid?

LAWRENZ: Ich habe Ihnen erklärt, dass das BMI die Perspektive einer Olympiabewerbung unterstützt.

SRS BÜCHNER: Ich habe noch eine Terminankündigung. Donnerstag, den 25. August, besucht der Bundeskanzler Siemens Gamesa in Cuxhaven. In der One-Stop-Produktionsstätte für Offshore-Windenergieanlagen erfolgt die Montage von Generatoren und Naben sowie der Backendbereich für Offshore-Windturbinengondeln. Der Bundeskanzler informiert sich bei seinem Besuch insbesondere darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Windkraftanlagenhersteller verbessert und die nationalen Produktionskapazitäten hochskaliert werden können.

Anschließend wird er gegen 14.30 Uhr gemeinsam mit dem Siemens-CEO Dr. Jochen Eickholt ein Pressestatement abgeben. Der Termin ist presseöffentlich.

FRAGE BLANK: Herr Kübler, am Wochenende gab es Vorwürfe der polnischen Umweltministerin, dass es Fake News aus Deutschland gebe. Dabei ging es um den wohl erhöhten Wert von Herbiziden in der Oder als einen möglichen Grund für das Fischsterben.

Hat Ministerin Lemke schon mit ihrer polnischen Amtskollegin gesprochen, um die möglichen Missverständnisse auszuräumen?

KÜBLER: Nein, das hat sie noch nicht. Wir bedauern, dass es zu dieser Bewertung von polnischer Seite gekommen ist.

Die Suche nach den Ursachen für das Fischsterben in der Oder ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Mittlerweile gibt es mehrere organische und anorganische Substanzen, die dafür verantwortlich sein können. Es scheint sich wirklich um einen Chemiecocktail zu handeln. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen hat keine dieser Substanzen allein zum Fischsterben geführt. Es ist weiter davon auszugehen, dass es sich um ein multikausales Ereignis handeln könnte.

Von keiner Seite und zu keiner Zeit wurde in Deutschland aber behauptet, dass die Pestizide allein ursächlich für das Fischsterben gewesen seien. Dass entsprechende Laborergebnisse vom polnischen Umweltministerium jetzt als Schuldzuweisung verstanden wurden, ist bedauerlich. Aber wir werden die Werte, die vorliegen, heute offenlegen. In 20 Minuten tagt zum ersten Mal die Taskforce, die deutsch-polnische Expertengruppe, die vor einer Woche im jüngsten Gespräch von Umweltministerin Moskwa und Umweltministerin Lemke eingerichtet wurde. Von 12 Uhr bis 14 Uhr tagen die gemeinsamen Expertinnen und Experten und werden natürlich auch über das Thema der Pestizide sprechen. Wir hoffen, dass dann, wenn die Laborergebnisse dort vorgelegt und besprochen werden, auch mögliche Missstimmungen ausgeräumt werden.

ZUSATZFRAGE BLANK: Sie sagten, dass Sie es bedauerten, dass es zu der Einordnung als Fake News gekommen sei, weisen das aber zurück. Wie kommt es denn, dass eine so scharfe Reaktion aus Polen kommt? Hätte man nicht vielleicht vorher zum Telefonhörer greifen können, um das auszuräumen?

KÜBLER: Dazu müssten Sie, denke ich, die polnische Seite fragen. Ich beobachte auch in den Medien, wie das so eskaliert ist. Dabei geht es teilweise auch um einen Angriff auf die Opposition dort oder um Wahlkampf. Das möchte ich von hier aus nicht bewerten. Das weiß ich selbst nur aus den Medien.

Es hat auch uns gewundert und etwas traurig gestimmt. Aber wir hoffen wirklich, dass wir das ausräumen können. Denn es sind keine Fake News. Wir haben nicht gesagt, dass die polnische Seite so für einen Pestizideinsatz verantwortlich sei, dass daran die Fische gestorben seien. Wir haben das viel differenzierter dargestellt. Alles Nähere finden Sie übrigens in der Pressemitteilung des Landes Brandenburg auf dessen Homepage, in der die Pestizidauswertungen en détail dargestellt werden.

ZUSATZFRAGE BLANK: Was sagt die deutsche Seite zu der Möglichkeit, dass eine giftige Alge, deren Namen ich nicht aussprechen kann, möglicherweise eine größere Schuld trägt?

KÜBLER: Auch diese Untersuchung kennen wir selbstverständlich. Die neuesten Laborergebnisse des Leibnitz-Instituts und der Universität Wien erhärten in der Tat den Verdacht, dass es in der Oder eine Massenentwicklung von giftigen Brackwasseralgen gab, die für das Fischsterben mitverantwortlich sein könnte. Sie hören meine vorsichtige Formulierung. Ich rede nach wie vor von multikausalen Zusammenhängen. Die Algenbildung ist also eine weitere Ursache. Von einem rein natürlichen Phänomen bei der Algenbildung gehen die Forscherinnen und Forscher aber weiterhin nicht aus. Die Algenart ich kann sie auch nicht richtig aussprechen Prymnesium parvum kommt auf den betroffenen Abschnitten unter natürlichen Bedingungen nicht in diesem Ausmaß vor. Für ein solches Massenaufkommen ist die Algenart auf hohe Salzgehalte angewiesen, die es in der Oder im Normalfall nicht gibt. Sie können nur durch industrielle Einleitung entstehen. Aktuell fehlt aber noch die genetische Charakterisierung dieses Algenstamms. Es gibt über 50 Stämme von Prymnesium parvum.

FRAGE HASENKAMP: Von einem Dienstwagenprivileg darf man ja nicht mehr reden. Das Thema der Dienstwagenbesteuerung war am Wochenende noch einmal größer. Haben Sie eine Übersicht darüber, wie hoch das Steueraufkommen aus dieser Zwei- bzw. Einprozentbesteuerung ist?

Gibt es Modellrechnungen dazu, wie man das erhöhen oder vielleicht auch senken könnte?

DR. KALWEY: Vielen Dank für die Fragen. Der Minister hat sich zu dem Thema am Wochenende geäußert.

Zum Aufkommen: Grundsätzlich ist das nicht in dem Sinne eine Steuervergünstigung, sondern am Ende ist es eine Methode, um einen zu versteuernden geldwerten Vorteil zu berechnen. Nur insoweit von der Einprozentregelung für reine Elektrofahrzeuge und reine Plug-in-Hybride abgewichen wird ergibt sich eine Subventionswirkung und eine steuerliche Wirkung. Sie wird aktuell auf jährlich ungefähr 0,9 Milliarden Euro geschätzt.

ZUSATZFRAGE HASENKAMP: Das habe ich nicht genau verstanden. Nur die

DR. KALWEY: Genau. Nur bei den beiden Fahrzeugtypen, die ich Ihnen gerade genannt habe, gibt es, wenn man so sagen will, eine Subventionswirkung.

ZUSATZFRAGE HASENKAMP: Macht also die Drosselung auf ein Prozent für die genannten Fahrzeuge 0,9 Milliarden Euro aus?

DR. KALWEY: Jährlich, genau.

ZUSATZFRAGE: Gibt es eine Summe, wie viel durch das normale, reguläre, also zweiprozentige Aufkommen erzielt wird?

DR. KALWEY: Sie liegt mir jetzt nicht vor. Ich müsste nachschauen, ob ich sie Ihnen nachliefern kann.

FRAGE JUNG: Da das Dienstwagenprivileg eine klimaschädliche Subvention ist und an sich abgeschafft werden muss das ist auch die Haltung des Umweltbundesamtes : Wie ist denn die Haltung des Umweltministeriums?

KÜBLER: In diesem Fall ist das Umweltbundesamt ein nachgeordneter Bereich des Bundesklimaschutzministeriums, das dazu sicherlich eine Position entwickelt hat.

ZUSATZ JUNG: Mich würde trotzdem die Position des Umweltministeriums zusätzlich interessieren. Sie sind ja, glaube ich, gegen klimaschädliche Subventionen.

KÜBLER: Wir haben immer gesagt, dass es immer um eine Gesamtbetrachtung geht. Das Für und Wider muss abgewogen werden. Das sogenannte Dienstwagenprivileg hat dazu geführt, dass in der Vergangenheit mehr E-Mobile unterwegs waren. Inwiefern die Gesamtgemengelage nun unter dem Absatz, den es gibt, und unter den ganzen Klimaaspekten neu zu bewerten sein wird, wird innerhalb der Bundesregierung jetzt mit Sicherheit neu bewertet. Wir haben immer gesagt, dass es eine Gesamtschau ist und auch hier eine gesamte Reform der Fördermaßnahmen und Steuervergünstigungen betrachtet werden muss.

UNGRAD: Es tut mir leid, aber ich kann hier jetzt nichts dazu beitragen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie es nachreichen?

UNGRAD: Ich versuche, das nachzureichen, ja.

FRAGE HASENKAMP: Herr Büchner, ist man im Kanzleramt oder ist der Kanzler selbst der Meinung, dass das Thema der Dienstwagenbesteuerung eines der Themen ist, die im Rahmen dieses Herbstes jetzt besprochen werden müssen?

SRS BÜCHNER: Ich konnte darüber mit dem Bundeskanzler noch nicht sprechen. Deshalb kann ich Ihnen dazu nichts sagen.

FRAGE JUNG: Hat die Bundesregierung Zahlen darüber, wie viele Verbrennerdienstwagen und wie viele E-Autos jedes Jahr steuerrechtlich angemeldet werden? Denn Herr Kübler hat gerade von E-Autos gesprochen. Vielleicht können das Finanzministerium oder das Klimaministerium antworten.

UNGRAD: Ich habe gesagt, dass ich hier noch nichts dazu beitragen kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Haben Sie gar keine Zahlen mit?

UNGRAD: Ich bin auf dieses Thema jetzt nicht vorbereitet, was vielleicht auch verständlich ist. Man kann nicht auf alles vorbereitet sein. Ich habe Ihnen aber schon gesagt, dass wir nachliefern. Das ist ja ein Prozess, den wir oft machen.

FRAGE ECKSTEIN: An das Wirtschaftsministerium: Herr Habeck und Herr Scholz sind ja gerade in Kanada. Ich gehe davon aus, dass auch das Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA angesprochen wird. Können Sie mir sagen, wie der aktuelle Stand bezüglich der Ratifizierung in Deutschland ist?

UNGRAD: Der Handelsteil von CETA ist ja bereits in vorläufiger Anwendung. Nicht angewandt werden bislang die Vorschriften zum Investitionsschutz. Deutschland hat den Ratifizierungsprozess vor der Sommerpause angestoßen. Er läuft jetzt noch, er ist noch nicht abgeschlossen.

Im Kabinett haben wir schon einmal die Eckpunkte festgelegt. Unser Schwerpunkt dabei ist, das Thema Nachhaltigkeit zu stärken. Investitionsschutz soll kein Hindernis für staatliche Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz sein. Das bedeutet, dass ein sogenannter gemischter CETA-Ausschuss, ein Joint Committee, zwischen Kanada, der Kommission und den EU-Mitgliedstaaten eine verbindliche Auslegung von bestimmten Investitionsschutzstandards beschließen soll. Ein kooperativer Ansatz der Vertragsparteien soll also an die Stelle eines Schiedsgerichts bzw. Schiedsverfahrens treten. Das Joint Committee sichert so, dass Investitionsschutz sich auf direkte Enteignung und Diskriminierung beschränkt.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Ist dieses Joint Committee ein Plan der Bundesregierung oder ist das auch schon abgestimmt mit der EU und Kanada?

UNGRAD: Das ist etwas, was zwischen den Mitgliedstaaten ich glaube, ich habe Deutschland gesagt, Entschuldigung , der Kommission und Kanada erfolgt.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Das wird jetzt abgestimmt?

UNGRAD: Genau. Ich meinte nicht Deutschland, sondern die Mitgliedstaaten; da hatte ich mich versprochen.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Soll das noch im Laufe dieses Jahres passieren?

UNGRAD: Ich kann dem nicht vorgreifen, was den Zeitpunkt angeht, aber wir bemühen uns um einen zügigen Abschluss des Ratifizierungsverfahrens.

FRAGE KURZ: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium zur GKV-Reform: Es gibt jetzt ja immer mehr Stimmen, die eine breitere Finanzierungsbasis haben wollen. Was hält das Gesundheitsministerium von einem dynamischen Bundeszuschuss?

GRÜNEBERG: Die GKV-Reform ist jetzt ja vorgestellt worden. Das müssen wir jetzt erst einmal auf den Weg bringen. Weiter wollen wir uns dazu eigentlich noch nicht äußern.

ZUSATZFRAGE KURZ: Und zu den Diskussionen über den dynamischen Bundeszuschuss wollen Sie nichts sagen?

GRÜNEBERG: Nein.

ZUSATZFRAGE KURZ: In dem Entwurf steht ja auch nichts zu versicherungsfremden Leistungen. Dort wird also auch die Übernahme von Arbeitslosengeld-II-Empfängerkosten nicht erwähnt, obwohl das eigentlich im Koalitionsvertrag steht. Wie kommt es dazu?

GRÜNEBERG: Dazu kann ich gerade nichts sagen, das müsste ich Ihnen nachreichen.

ZUSATZ KURZ: Das wäre nett danke schön.

FRAGE BLANK: Auch an das Gesundheitsministerium: Soweit ich weiß, sollen am Mittwoch die Coronavorgaben für den Herbst im Kabinett behandelt werden. Sieht das Ministerium Anlass, vorher noch eine Gesundheitsministerrunde abzuhalten?

An Herrn Büchner: Sehen Sie Anlass, dass es noch eine Ministerpräsidentenkonferenz gibt, bevor oder kurz nachdem die Coronavorgaben für den Herbst im Kabinett behandelt worden sind?

BÜCHNER: Es gab ja eine Beratung der Chefs der Staatskanzleien mit dem Chef des Bundeskanzleramtes im Beisein der Bundesminister Lauterbach und Buschmann. Da wurden ja sozusagen alle Eckpunkte besprochen. Ich bin gerade, ehrlich gesagt, überfragt, ob noch eine weitere MPK in Planung ist. Meines Wissens ist das nicht so, weil das sozusagen auf der anderen Ebene schon intensiv diskutiert wurde. Falls es anders sein sollte, würde ich das aber gerne mitteilen.

ZUSATZFRAGE BLANK: Ist noch ein Gespräch auf der Ebene der Gesundheitsminister nötig? Denn es gibt ja durchaus unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema.

GRÜNEBERG: Meinen Sie nach dem Kabinett oder noch davor?

ZUSATZ BLANK: Danach für vorher wird es wahrscheinlich nicht mehr reichen.

GRÜNEBERG: Genau, am Mittwoch ist das ja im Kabinett. Mit den Gesundheitsministern ist schon gesprochen worden, soweit ich informiert bin. Auf jeden Fall gab es eine CdS-Schaltung. Jetzt warten wir erst einmal ab, was am Mittwoch beschlossen wird, und dann sehen wir weiter.

FRAGE JUNG: Zum Thema Gasumlage: Es gab jetzt Berichte, welche Unternehmen sich für die Gasumlage registriert haben. Wie werden Sie sicherstellen, dass lediglich solche Unternehmen die Gasumlage nutzen, die ansonsten insolvent gehen müssten, das ist ja Ihre Motivation, und wie verhindern Sie, dass nicht insolvenzbedrohte Unternehmen sich an der Gasumlage beteiligen? Bisher kursieren ja Namen von Unternehmen von Konzernen bzw. von Konzernen selbst, die immer noch Milliardengewinne machen.

UNGRAD: Es gibt ja Grenzen. Wir haben auch schon kommuniziert, wer für den Kostenausgleich antragsberechtigt ist, nämlich nur Importeure von russischem Erdgas nach Deutschland, die durch einen Ausfall von Gasimportverträgen mit entsprechenden Mengen unmittelbar betroffen sind. Die Verträge müssen eine direkte physische Lieferung in das deutsche Gasmarktgebiet vorsehen und es müssen Bestandsverträge, die vor dem 1. Mai geschlossen wurden, erfasst sein. Wichtig dabei ist, dass die Wirtschaftsprüfer die entstandenen Mehrbeschaffungskosten auf ihre Richtigkeit überprüfen. Man kann also nicht einfach so angeben „Wir haben mehr Kosten“, sondern das wird von Wirtschaftsprüfern auf seine Richtigkeit überprüft. Außerdem wird die Bundesnetzagentur den Gesamtprozess überwachen.

Es müssen also verschiedene Voraussetzungen gelten. Eine drohende Insolvenz zählt in der Tat nicht dazu. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass ein Unternehmen auch Gewinne machen muss, um sich breiter aufzustellen und sich letztlich auch unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu machen. Nach Auffassung von Minister Habeck müssen zufallsgetriebene Gewinne aber anders bewertet werden und wir sind ja, das wissen Sie, mit der Koalition in Gesprächen dazu, ob wir das händeln können. Dazu kann ich Ihnen keine Details und auch keinen Stand nennen, aber das ist uns schon bewusst und hierzu sind wir auch in Gesprächen.

Was ich Ihnen vielleicht noch als Neuigkeit sagen kann: Wir haben ja kommuniziert, dass Minister Habeck sich für Transparenz eingesetzt hat, was die Liste der Unternehmen angeht. Einige der zwölf Unternehmen sind ja schon bekannt; RWE hat sich dazu auch geäußert. Das hat jetzt Erfolg gehabt, die Unternehmen haben zugesagt und die Liste der Unternehmen wird jetzt auf der Seite von THE, also Trading Hub Europe, veröffentlicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Noch einmal zurück zu meiner Frage: Sie sagten, eine drohende Insolvenz gehöre nicht zu den Kriterien. Das würde ja bedeuten, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher mit der Gasumlage auch die Profite von vielen Unternehmen absichern, die sich jetzt für die Gasumlage registrieren. Halten Sie das für politisch klug?

UNGRAD: Ich habe Ihnen dazu ja etwas gesagt. Ein Unternehmen braucht eine gewisse Gewinnspanne, um weiter agieren zu können.

Zu den weiteren Punkten: Was zufallsgetriebene Gewinne angeht, sind wir in Gesprächen. Ich kann Ihnen noch keine Einzelheiten, keine Details nennen, aber wir sind hierzu in Gesprächen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber zum jetzigen Stand gibt es ja keine Übergewinnsteuer. Man muss ja mit dem Status quo leben und das bedeutet, dass die Bevölkerung die Profite absichern muss.

UNGRAD: Ich habe mich dazu geäußert.

FRAGE ECKSTEIN: Eine Nachfrage zu den zufallsgetriebenen Gewinnen: Sie haben gesagt, es gebe Gespräche. Können Sie sagen, welche Ministerien an diesen Gesprächen beteiligt sind?

UNGRAD: Gespräche innerhalb der Bundesregierung. Das ist aber bekannt, das haben wir schon immer so kommuniziert.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Dann noch einmal an Herrn Büchner: Das heißt, die Frage, ob eine Übergewinnsteuer gegebenenfalls eingeführt werden soll, ist weiterhin offen?

SRS BÜCHNER: Ich habe dem, was die Sprecherin des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums gesagt hat, nichts hinzuzufügen. Es gibt grundsätzlich Gespräche darüber, wie wir mit dieser gesamten Situation umgehen. Die Übergewinnsteuer ist aber nicht die einzige Möglichkeit, sich damit zu beschäftigen; es gibt verschiedene Möglichkeiten. Darüber wird in der Bundesregierung diskutiert.

FRAGE BLANK: Herr Büchner, wird die Bundesregierung eine Kabinettsklausur am 30. und 31. August nutzen, um über dieses und andere Themen zur Entlastung der Menschen zu reden? Das war ein bisschen über die Brust ins Auge gefragt: Gibt es eine Kabinettsklausur am 30. und 31. August in Meseberg?

SRS BÜCHNER: Gerade ist nicht der Platz für Terminankündigungen. Gehen Sie aber davon aus, dass die Bundesregierung zurzeit über fast nichts intensiver diskutiert als über die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger durch ein drittes Entlastungspaket entlastet werden können. Das beinhaltet eine ganze Vielzahl von Aspekten und da ist der erwähnte Aspekt eben einer.

ZUSATZFRAGE BLANK: Die Kabinettsklausur wollen Sie aber noch nicht bestätigen?

SRS BÜCHNER: Ich kündige Termine dann an, wenn wir das hier üblicherweise tun, nämlich rechtzeitig vorher.

FRAGE HAUCK: An den Regierungssprecher bzw. an Herrn Thiels zum Stichwort Waffenlieferungen: Am Wochenende gab es einen Gastbeitrag von drei Koalitionspolitikerinnen bei „SPIEGEL ONLINE“, was zum einen eine regelmäßige Unterstützung der Ukraine und zum anderen auch die Frage von Waffenlieferungen aus Bundeswehrbeständen angeht. In concreto wurde die bisherige Argumentation infrage gestellt, dass man Bündnisverpflichtungen habe und die Bundeswehr deswegen nicht mehr abgeben könne. Können Sie bestätigen, dass die Haltung weiterhin ist, dass man aus Bundeswehrbeständen nichts mehr liefern kann? Oder gibt es, so wie es die drei Autorinnen kundtun, durchaus das Potenzial entsprechend tätig zu werden und dadurch die Waffenlieferungen an die Ukraine zu beschleunigen?

SRS BÜCHNER: Wir haben die Aussagen aus dem parlamentarischen Raum zur Kenntnis genommen. Ich möchte hier vorweg aber noch einmal ganz klar sagen: Wir unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und werden das auch weiter tun. Dazu gehört die Lieferung von Waffen; das hat der Bundeskanzler mehrfach deutlich gemacht. Gerade auch in den vergangenen Tagen wurden wieder zahlreiche auch schwere Waffen an die Ukraine übergeben und hierüber informieren wir ja regelmäßig auf unserer Webseite.

Gerade gestern, am Tag der offenen Tür der Bundesregierung, hat sich der Bundeskanzler explizit dazu geäußert. Ich zitiere ihn hier gerne noch einmal: Deutschland liefert sehr viele Waffen und sei mittlerweile dabei, die modernsten und effizientesten Geräte zu liefern. Es gehe aber auch darum, sicherzustellen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt. Neben insgesamt zehn Panzerhaubitzen 2000 aus Deutschland sind auch die versprochenen drei Mehrfachraketenwerfern vom Typ MARS II aus Beständen der Bundeswehr in der Ukraine eingetroffen. Außerdem verfügt das Land nun auch über 15 der angekündigten Gepard-Flugabwehrkanonenpanzer. Deutschland hält seine Versprechen und liefert. Dennoch stehen auch die Einhaltung der Bündnisverpflichtungen und die Fähigkeit der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung außer Frage.

THIELS: Ich kann das gerne noch ergänzen. Herr Hauck, Sie wissen ja, dass der brutale völkerrechtswidrige Angriff Russlands gegen die Ukraine das sicherheitspolitische Gefüge Europas und der Welt massiv verändert hat. Die NATO hat mit ihrer konsequenten Unterstützung der Ukraine ihre Geschlossenheit und Einigkeit in beeindruckender Weise demonstriert.

Wie auch Deutschland die Ukraine unterstützt, hat der Regierungssprecher gerade noch einmal erläutert. Bei der Abgabe aus Beständen der Bundeswehr das haben wir immer gesagt und das ist auch nach wie vor so sind wir an die gerade noch vertretbaren Grenzen gegangen. Der Generalinspekteur hat das immer wieder deutlich gemacht. Er hat gesagt: Unsere Spielräume, Material aus eigenen Beständen abzugeben, sind sehr eng.

Die Verteidigungsministerin sagt dazu, auch da zitiere ich: Die Bundeswehr darf nicht weiter geschwächt werden. Wir sind der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verpflichtet. Wir stehen als verlässlicher Partner auch bei unseren Verbündeten im Wort. Unser Bekenntnis zur Landes und Bündnisverteidigung verträgt keine Abstriche, auch nicht temporär; denn Landes- und Bündnisverteidigung sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

Sie wissen ja, dass wir zum Beispiel bei EFP im Baltikum mit Flugabwehr und Infanterie und in der Slowakei beim Air Policing am Himmel unserer osteuropäischen Verbündeten als Deutschland immer wieder beweisen, dass die Sicherheit der Alliierten auch unsere eigene Sicherheit ist. Eine Schwächung dieses Engagements wäre in hohem Maße kontraproduktiv und würde die Verlässlichkeit der Bundesregierung innerhalb der NATO sicherlich infrage stellen. Deutschland hat sich in der Allianz verpflichtet, bestimmte Fähigkeiten einzubringen. Es trägt damit wesentlich zur Stärke der NATO bei. Eine Abkehr von dieser gemeinsam verabredeten Lastenteilung wäre eine Schwächung des Bündnisses insgesamt.

Ich zitiere noch einmal den Generalinspekteur, der gesagt hat: Unsere Bündniszusagen genießen Priorität, denn unsere Bündnispartner im Osten sehen sich einer eigenen konkreten Bedrohung gegenüber. Ihnen schulden wir unsere Unterstützung im Rahmen der Bündnisverpflichtungen.

Ich füge hinzu: Auch wir hätten im Kalten Krieg wohl wenig Verständnis dafür gehabt, wenn seinerzeit unsere Alliierten wegen akuter Kriegsschauplätze, und die gab es ja in der Welt überall, Abstriche an der kollektiven Verteidigung nach Artikel 5 des NATO-Vertrages gemacht hätten. Wir müssen nämlich darauf gefasst sein, dass Putin jede Schwäche und jede, wenn auch nur temporäre, Lücke in der Verteidigungsbereitschaft der NATO ausnutzen könnte.

FRAGE: Ich würde noch ergänzend das Wirtschaftsministerium fragen wollen: Die Initiatoren dieses Gastbeitrags aus den Ampelfraktionen sehen die Rüstungsindustrie in einer Schlüsselposition zur Gewährleistung der deutschen Verteidigungsfähigkeit, aber auch für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, und fordern einen nationalen Rüstungsgipfel. Ist das etwas, was in den Planungen Ihres Hauses eine Rolle spielt?

UNGRAD: In der Richtung sehe ich derzeit keine Planungen.

FRAGE LANDWEHR: Eine Frage an das Verkehrs- und Justizministerium. Herr Buschmann hatte letzte Woche ein weiteres Gesetz zur Planungsbeschleunigung vorgelegt. Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es dabei um verwaltungsgerichtliche Verfahren, zum Beispiel um Personal in den Gerichten und um erstinstanzliche Entscheidungen. Es gibt weitere Maßnahmengesetze mit konkreten Projekten zur Verkehrsinfrastruktur und das Investitionsbeschleunigungsgesetz. Nur das Investitionsbeschleunigungsgesetz ist in diesem neuen Entwurf erwähnt worden.

Herr Zimmermann, wie sind diese ganzen Planungsbeschleunigungen aufeinander abgestimmt? Welches Gesetz setzt jetzt wo an, um insgesamt Infrastrukturprojekte schneller voranzubringen?

DR. ZIMMERMANN: Vielen Dank für Ihr Interesse an dem Vorhaben. Der Minister hat auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hingewiesen, wo es heißt:

„Um Deutschland zügig zu modernisieren, sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung.“

Wie Sie schon richtig sagen, haben wir dazu in der vergangenen Woche einen Entwurf veröffentlicht, der allerdings nur einen Baustein des Komplexes darstellt. Dieser dient der Beschleunigung des gerichtlichen Teils des Verfahrens. Da sind verschiedene Vorschläge vorgesehen.

Ich denke, soweit andere Ressorts zu diesem Gesamtprozess mit ihren Vorhaben beitragen können, wäre es am besten, wenn diese sich zu ihren Vorhaben äußerten.

ALEXANDRIN: Ich kann im Prinzip nur ergänzen, dass es, glaube ich, klar ist, dass Planungsbeschleunigung auf ganz vielen Ebenen passieren muss. Deswegen wird das Kanzleramt in dieser Legislaturperiode eine koordinierende Rolle einnehmen.

Wie Sie richtig sagen, hat man in der letzten Legislaturperiode im Verkehrsbereich bereits mit den Planungsbeschleunigungsgesetzen, die erlauben, Infrastrukturplanungen per Bundestagsbeschluss statt mit einem wie bisher vorgesehenen Planfeststellungsverfahren durchzuführen, Maßnahmen getroffen. Diese werden natürlich permanent evaluiert. Es gibt insbesondere im Schienenbereich, wo wir ganz verstärkt auf den Ausbau setzen müssen der Minister hatte vor Kurzem seine Strategie vorgestellt , die Notwendigkeit, dass wir hier schnell vorankommen, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen. Dazu wurde eine Planungsbeschleunigungsgruppe unter Vorsitz von Staatssekretär Theurer gegründet, der sich insbesondere die kleinen Sachen anguckt, die man hier verbessern kann, und zwar insbesondere im Zusammenspiel zwischen dem Bund, den Ländern und den Vorhabenträgern.

ZUSATZFRAGE: Sind die Maßnahmen, die in diesem Maßnahmengesetz enthalten sind, in den letzten zwei Jahren vorangegangen?

ALEXANDRIN: Es gibt definitiv Projekte, bei denen man prüft, ob man nach bisherigen Planfeststellungsverfahren vorgeht. Soweit ich das präsent habe, gibt es auch Modellvorhaben, bei denen man überprüft, wie sich die Planungsvorhaben, die wir derzeit nach skandinavischem Vorbild umsetzen, in Deutschland umsetzen lassen.

FRAGE JUNG: Herr Zimmermann, würde denn Ihr Ministerium sagen, dass die ökologischen und umweltverträglichen Aspekte gestärkt werden oder geschwächt sind?

DR. ZIMMERMANN: Das Verfahren wird beschleunigt. Aber was die rechtlichen Vorgaben angeht, wird den Klägerinnen und Klägern in der Sache nichts genommen. So werden etwa Vorschriften des Arten- und Klimaschutzes, die bei solchen Bauvorhaben stets zu beachten sind, nicht angetastet.

ALEXANDRIN: Ich könnte ergänzen, dass wir beispielswiese ÖPNV-Projekte, die einer sogenannten standardisierten Bewertung unterliegen vorher lag ein ganz starker Schwerpunkt auf der Wirtschaftlichkeit des Projekts -, kürzlich überarbeitet und aktualisiert haben, sodass ökologische Faktoren eine sehr, sehr viel stärkere Gewichtung bei der Realisierung von ÖPNV-Ausbauvorhaben bekommen.

FRAGE ECKSTEIN: Frau Ungrad, es gab vergangene Woche und auch am Wochenende Berichte darüber, dass bezüglich des schon verkündeten Einstiegs des chinesischen Staatsunternehmens Cosco in einen Terminal im Hamburger Hafen vonseiten Ihres Ministeriums ein Veto eingelegt werden soll. Ist das noch der aktuelle Stand? Können Sie uns etwas zum aktuellen Stand mitteilen?

UNGRAD: Ich befürchte, meine Antwort wird Sie nicht so ganz zufriedenstellen. Es ist so, dass sich die Bundesregierung, auch das BMWK, zu laufenden Investitionsverfahren nicht äußert. Das Verfahren läuft noch.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Ich würde es trotzdem mit einer Nachfrage versuchen. Hat es denn im Vorfeld dieser Entscheidung, zu der Sie sich jetzt nicht äußern wollen, Gespräche, einen Austausch mit Vertretern der amerikanischen Administration über dieses Thema gegeben?

UNGRAD: Es würde ja das Investitionsverfahren beeinflussen, wenn ich Details nennen würde. Insofern – das tut mir leid – kann ich dazu auch nichts sagen.

FRAGE JORDANS: Das passt ganz gut. Meine Frage richtet sich auch an das BMWK und bezieht sich auf China. Dort gibt es seit mehreren Wochen eine starke Hitzewelle. Kraftwerke werden gedrosselt; Produktionsstätten schließen; die Binnenschifffahrt leidet stark. Können Sie mir sagen, ob das schon irgendwelche Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hat und ob Sie mit der deutschen Wirtschaft in Gesprächen sind, mögliche Konsequenzen abzufedern?

UNGRAD: Wir sind schon seit Längerem in Gesprächen mit der deutschen Wirtschaft, was Rohstofflieferungen und Ähnliches angeht und die Probleme, die damit verbunden sind. Das betrifft ja nicht nur China, sondern auch in anderen Bereichen – zum Beispiel in der Autoindustrie oder in anderen Industrien; der Bereich ist ja sehr groß – fehlt es an Rohstoffnachlieferungen.

Jetzt zu den Auswirkungen auf die Umwelt, die es gerade in China gibt: Das wird akut nicht noch einmal mit aufgenommen, weil wir diese Gespräche ja schon seit längerem führen. Das wird also nicht extra deswegen aufgenommen. Diese Gespräche laufen schon.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Okay. Aber können Sie denn irgendwie absehen, wie groß die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft sein könnten, wenn Zulieferer

FRAU UNGRAD: Da haben wir noch keine Erkenntnisse. Falls wir dazu in den nächsten Wochen Erkenntnisse haben, würden wir uns noch einmal melden. Derzeit liegen uns noch keine konkreten Erkenntnisse vor.

FRAGE BLANK: Herr Kübler, Niedersachsen plant eine Bundesratsinitiative, mit der das Land das Vorkasseprinzip bei Flugreisen abschaffen will. Wie sieht Ihr Ministerium das?

KÜBLER: Wir begrüßen die Initiative. Das BMUV steht ja seit längerem in Kontakt mit den Fluggesellschaften, Verbraucherschutzorganisationen und mehreren Fluggastrechteportalen, um diese Entwicklung zu beobachten und hier die Verbraucherrechte zu stärken.

Unter anderem fand vor einigen Wochen ein Austausch zwischen unserer Staatssekretärin Dr. Rohleder und Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Fluggesellschaften statt. Dort hat man insbesondere die Belastungen der Verbraucher durch die zahlreichen Flugausfälle sowie die Umsetzung der Fluggastrechte in dieser Situation besprochen.

Fluggesellschaften sind, das haben wir deutlich gemacht, in der Pflicht, bei berechtigten Ansprüchen Erstattungen, Ausgleichszahlungen und Entschädigungen schnell und unbürokratisch zu leisten. Der Anstieg der Beschwerden bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr könnte darauf hindeuten, dass dies derzeit nicht ganz reibungslos verläuft.

In den Gesprächen haben wir gegenüber den Fluggesellschaften deutlich gemacht, dass, wenn dies keine gute Entwicklung nimmt, wir noch einmal die Vorkassepraxis überprüfen werden. Das heißt, wir werden komplett diese Vorkasse auf den Prüfstand stellen, ob das in Zukunft noch so geregelt werden kann. Es handelt sich ja quasi um einen zinslosen Kredit der Kundinnen und Kunden an die Fluggesellschaften.

Das gilt nun zu überprüfen. Deswegen begrüßen wir, dass das jetzt in den parlamentarischen Raum eingebracht wird und durch die Bundesratsinitiative Niedersachsens offiziell wird.

ZUSATZFRAGE BLANK: Hat denn die Bundesregierung, Ihr Ministerium, den Unternehmen einen gewissen Zeitrahmen gegeben, bis zu dem das überprüft werden muss?

KÜBLER: Nein, das haben wir nicht. Wir haben ihnen nicht die Pistole auf die Brust gesetzt, sondern haben einfach gesagt: Wir beobachten jetzt die Situation. Wir haben eine akute Situation mit Tausenden von Flugausfällen und beobachten jetzt, wie in den nächsten Wochen die Rückzahlungen und Entschädigungen laufen. Sollte das nicht zufriedenstellend sein, werden wir handeln, auch bei der Vorkasseregelung. Aber das ist jetzt quasi auch durch den Vorschlag Niedersachsens überholt worden. Denn jetzt ist es im politischen Raum angekommen.

FRAGE JUNG: Zum Thema 30 Jahre Rostock-Lichtenhagen bräuchte ich das BMI. Vielleicht könnte uns Herr Büchner aber vorab schon einmal informieren, wie die Ministerin bzw. die Bundesregierung in diesen Tagen dieser rassistischen Ausschreitungen gedenken wird.

SRS BÜCHNER: Ministerin Faeser hat sich dazu ja heute schon geäußert. Ich nehme an, das wird hier gleich noch einmal vorgetragen. Auch Frau Alabali-Radovan hat sich geäußert.

Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat heute eine Pressemitteilung dazu veröffentlicht. Das kann ich hier gern wiedergeben. Das bildet die Einschätzung der Bundesregierung ab:

„Die rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen waren Auslöser einer ganzen Kette ausländerfeindlicher Gewaltexzesse in der wiedervereinigten Bundesrepublik. Die tödlichen Anschläge des NSU, die Attentate von Hanau und Halle, der Mord an Walter Lübcke: Die beispiellose Menschenfeindlichkeit hinter diesem rechtsextremistischen Terror ist Gift für unsere Demokratie. Das Leid der Opfer und ihrer Hinterbliebenen finden bis heute viel zu wenig öffentliche Beachtung. Das müssen wir ändern. Wir müssen und sollten die Erinnerung auch an dieses dunkle Kapitel deutscher Gegenwart wachhalten.“

Das ist ein Auszug aus der Pressemitteilung, den ich Ihnen hier vorgetragen habe.

Vielleicht möchte jetzt noch der Sprecher des Bundesinnenministeriums ergänzen.

LAWRENZ: Die Bundesinnenministerin hat sich dazu heute Morgen auch schon geäußert, auch auf Twitter. Ich kann das Zitat gern noch einmal wiedergeben.

„Die Angriffe auf die Bewohnerinnen und Bewohner einer Aufnahmestelle für Asylsuchende in #RostockLichtenhagen gehören zu den schlimmsten rassistischen Ausschreitungen der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Was mich bis heute erschüttert: Kaum einer schritt gegen den Mob ein. Viele Schaulustige applaudierten sogar und stachelten die Angreifer weiter an. Dass kein Mensch starb, ist reines Glück.

Der in Rostock-Lichtenhagen aufgeflammte rechtsextremistische Menschenhass wurde zum Fanal. Ebenso das zögerliche und halbherzige Verhalten der Sicherheitskräfte und die zu geringe Empathie in Politik und Gesellschaft. Menschen mussten mitten in Deutschland um ihr Leben fürchten.

Der Rechtsextremismus ist auch derzeit die größte extremistische Bedrohung unserer Demokratie. Die Gefahr von rechts darf niemand unterschätzen. Wir bekämpfen Rechtsextremismus mit aller Entschlossenheit!“

Sie wissen ja, dass die Bundesinnenministerin bereits im Frühjahr ihren Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorgelegt hat. Er enthält ein ganzes Bündel an Maßnahmen unter der Prämisse „Prävention und harte Hand“. Wir arbeiten momentan sehr eng daran, diese Maßnahmen umzusetzen und da Verbesserungen herbeizuführen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt, vom Kanzler wird es keine Äußerung zu diesem Gedenktag geben? Warum gibt es keine Gedenkveranstaltung seitens der Bundesregierung, wenn das auch für Sie ein so wichtiges Thema ist?

Herr Lawrenz, eine konkrete Frage: Gestern gab es beim Fußballspiel im Rostocker Ostseestadion rechtsextreme Plakate der Fans, die sich auf Rostock-Lichtenhagen bezogen haben. Wie bewertet das denn das Sportministerium?

SRS BÜCHNER: Was die Äußerung des Kanzlers angeht: Wie Sie wissen, ist er auf einer Reise. Er wird sich möglicherweise im Laufe des Tages dazu äußern.

Es gibt eine Gedenkveranstaltung, an der der Bundespräsident teilnimmt. Es ist völlig klar, dass es diesem Land und dieser Regierung ein wichtiges Anliegen ist, an diese fürchterlichen Taten von damals zu erinnern und vor allem den Opfern zu gedenken.

LAWRENZ: Ich kenne jetzt den Vorgang tatsächlich nicht. Aber klar ist, dass Rechtsextremismus im Sport nichts verloren hat. Die Werte des Sports sind antirassistisch und stehen für Menschlichkeit und Menschenrechte. Wir haben natürlich die Erwartung, dass die Vorfälle dort aufgeklärt werden.

Zur Podcastversion

Podcast mit Interviewfolgen

Podcast mit Aufzeichnungen der BPK

Diskutiere und Kommentiere im Forum!
Werdet Unterstützer unserer Arbeit & verewigt euch im Abspann!
Wer mindestens 20€ gibt, wird im darauffolgenden Monat am Ende jeder Folge als Produzent gelistet.
Jung & Naiv
IBAN: DE85 4306 0967 1047 7929 00
BIC: GENODEM1GLS
BANK: GLS Gemeinschaftsbank