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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 26. August 2022

Themen: Russische Raketenangriffe auf einen Personenzug und ein Wohngebiet im ukrainischen Ort Tschaplyne, Termine des Bundeskanzlers (Reise nach Prag, Klausurtagung in Schloss Meseberg, Kabinettssitzung, Festakt anlässlich des Abschlusses der Renaturierung des Flusses Emscher, Kanzlergespräch in Essen, Treffen mit den Ministerpräsidenten der ostdeutschen Kohleländer in Spreetal in Sachsen, Diskussionsrunde und Bankett anlässlich des 30. Jubiläums des deutsch-französischen Unternehmertreffens in Evian, Ideenfestival „Z2X22“ von ZEIT ONLINE, Empfang des ukrainischen Ministerpräsidenten, Gasumlage, Medienberichte über mehrere Einreisen von Katerina Tichonowa nach Deutschland, Atomabkommen mit Iran, Dienstwagenprivileg, Atomkraftwerk Saporischschja

Themen:
00:00 Gasumlage
03:01 Putins Tochter | Einreisen nach Deutschland | Schengen-Visa
05:20 Iran | Atomabkommen | USA | Israel
09:47 Dienstwagen-Privileg
10:42 Ukraine | Atomkraftwerk Saporischschja
12:54 Ende

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 26. August 2022:

VORS. DETJEN eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS HEBESTREIT: Die Bundesregierung verurteilt die russischen Raketenangriffe auf einen Personenzug und ein Wohngebiet im ukrainischen Ort Tschaplyne am Nationalfeiertag der Ukraine am Mittwoch auf das Schärfste. Wir sind schockiert angesichts der Vielzahl an zivilen Opfern, unter ihnen mehrere Kinder. Dutzende weitere Menschen wurden verletzt, zum Teil schwer. Wir trauen mit all denen, die Familienangehörige oder Freunde verloren haben.

Wir fordern Russland nachdrücklich auf, jegliche Angriffe gegen zivile Ziele zu unterlassen und sich an internationales Recht zu halten.

Wir unterstützen die Aufarbeitungs- und Ermittlungsbemühungen zu Kriegsverbrechen durch nationale und internationale Strafverfolgungsbehörden. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Jetzt komme ich zu den Terminen des Bundeskanzlers in der nächsten Woche.

Ich beginne mit Montag, den 29. August. Da wird der Bundeskanzler nach Prag reisen. Tschechien hat am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Der Bundeskanzler trifft aus diesem Anlass mit Premierminister Fiala zum Austausch zusammen. Im Anschluss an das Gespräch findet gegen 14.15 Uhr eine Pressekonferenz statt.

Außerdem wird der Bundeskanzler eine Rede an der Karls-Universität halten. In der Rede wird Bundeskanzler Olaf Scholz eine europapolitische Standortbestimmung vornehmen und über die Auswirkungen der Zeitenwende auf die Europäische Union sprechen. Die Rede wird ab 11 Uhr live übertragen.

Am Dienstag, den 30. August, und am Mittwoch, den 31. August, kommt das Kabinett ab 10 Uhr zu einer zweitägigen Klausurtagung im Gästehaus der Bundesregierung, Schloss Meseberg, zusammen. Vor dem Beginn gibt der Bundeskanzler ein Auftaktstatement zur Klausur ab. Auf der Tagesordnung stehen verschiedene innen- und außenpolitische Themen.

Zu Beginn wird die Nationale Sicherheitsstrategie Thema sein. Zu diesem Thema wird es auch einen internationalen Gast geben. Der Ministerpräsident des Königreichs Spanien, Pedro Sánchez, wird nach Deutschland reisen. Bundeskanzler Scholz und sein Gast werden gegen Mittag Pressestatements abgeben.

Weiteres Thema wird die Energieversorgungssicherheit in Deutschland im Lichte des Ukraine-Konflikts sein. Als Gäste werden dabei erwartet: Marie-Luise Wolff vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, Klaus Müller von der Bundesnetzagentur und Siegfried Russwurm vom Bundesverband der Deutschen Industrie.

Dann wird noch die berufliche Bildung auf der Agenda stehen. Dazu werden die Gäste Andrea Nahles von der Bundesagentur für Arbeit, Yasmin Fahimi vom Deutschen Gewerkschaftsbund sowie Filiz Albrecht von der Robert Bosch GmbH nach Meseberg kommen.

Zudem wird sich die Klausur mit der Digitalstrategie der Bundesregierung befassen.

Am Mittwoch, den 31. August, findet im Rahmen der Klausur unter Leitung des Bundeskanzlers auch die 32. reguläre Kabinettssitzung statt.

Die Tagung endet voraussichtlich am späten Vormittag mit einer Abschlusspressekonferenz des Bundeskanzlers sowie der Bundesminister Habeck und Lindner. Das hat auch Auswirkungen auf Ihre Arbeit; denn an diesem Tag entfällt dafür die übliche Regierungspressekonferenz, weil wir es nicht so schnell schaffen, aus Meseberg hierherzukommen.

Am Donnerstag, den 1. September, ab 11 Uhr, wird der Bundeskanzler zu einem Festakt anlässlich des Abschlusses der Renaturierung des Flusses Emscher dem Emscher-Umbau in das Ruhrgebiet reisen. Der Kanzler wird im neuen Park am Wasserkreuz in Castrop-Rauxel eine Rede halten. Der Emscher-Umbau ist eines der größten Umwelt- und Infrastrukturprojekte Europas und hat bereits jetzt auch international viel Anerkennung erfahren. Die Emscher wurde in den letzten 30 Jahren von einer Kloake in ein naturnahes Biotop zurückverwandelt. Der Termin ist presseöffentlich.

Am Donnerstagabend dann findet um 18 Uhr das dritte Kanzlergespräch des Bundeskanzlers mit Bürgerinnen und Bürgern im SANAA-Gebäude auf dem Gelände des Welterbes Zeche Zollverein in Essen statt. Das Kanzlergespräch ist eine Reihe von Bürgerdialogen, die den Kanzler in alle 16 Bundesländer führen wird. Das erste dieser Gespräche fand am 11. Juli 2022 in Lübeck statt, das zweite gestern in Magdeburg. Die Bürgerdialoge finden in der Regel im Townhall-Format statt, so auch in Essen. Es handelt sich um ein moderiertes Gespräch und dauert 90 Minuten.

Dann sind wir bei Freitag, den 2. September. Von 12.30 Uhr bis 15 Uhr wird der Bundeskanzler die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Kohleländer in Spreetal in Sachsen treffen. An dem Gespräch nehmen die Ministerpräsidenten der Länder Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Staatsminister und Beauftragte für Ostdeutschland, Carsten Schneider, teil. Thematischer Schwerpunkt werden der Strukturwandel in den Kohleregionen und eine erste Bilanz der zum Kohleausstieg beschlossenen Maßnahmen zur Strukturstärkung sein. Abschließend werden der Bundeskanzler, die Ministerpräsidenten Kretschmer, Woidke und Haseloff sowie der Ostbeauftragte Schneider Pressestatements abgeben. Der Termin ist presseöffentlich.

Am Freitagabend von 18 bis ca. 22 Uhr wird der Bundeskanzler als Ehrengast an einer Diskussionsrunde und einem Bankett anlässlich des 30. Jubiläums des deutsch-französischen Unternehmertreffens in Evian teilnehmen. An dem Treffen nehmen außerdem die größten Unternehmen aus Deutschland und Frankreich teil. Die Veranstaltung ist nicht presseöffentlich.

Am Samstag, den 3. September, besucht der Bundeskanzler das Ideenfestival „Z2X22“ von ZEIT ONLINE. Er wird von 12.15 Uhr bis 13.15 Uhr mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Ehrengast zum Thema „Zeitenwende – und jetzt?“ im Z2X-Format „Frag Mich Alles“ diskutieren. Das Festival findet im „Silent Green“ in Berlin statt.

Der Bundeskanzler freut sich auf diesen Austausch. Gerade jetzt, im Europäischen Jahr der Jugend, geht es genau darum: junge Menschen zu treffen, die Visionen für die Zukunft Deutschlands und Europas haben, und sich gemeinsam darüber auszutauschen.

Z2X versteht sich als eine Gemeinschaft junger Visionäre und Visionärinnen im Alter von 2X, also von 20 bis 29. Sie tauschen sich über Ideen aus, die unser Leben besser machen können oder die Welt.

Die Veranstaltung wird live auf www.zeit.de übertragen.

Am Sonntag, den 4. September, wird der Bundeskanzler um 13.30 Uhr den Ministerpräsidenten der Ukraine, Denys Schmyhal, im Bundeskanzleramt mit militärischen Ehren empfangen. Bei dem gemeinsamen Gespräch werden insbesondere die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine wie auch Fragen des Wiederaufbaus des Landes im Mittelpunkt stehen. Eine gemeinsame Pressekonferenz ist für ca. 14.45 Uhr vorgesehen.

So weit die Termine des Bundeskanzlers in der kommenden Woche.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe eine Frage zu dem Termin in Prag. Können Sie uns bitte noch sagen, was die Themen der Besprechung sein werden? Geht es dabei unter anderem um die Frage eines Ringtauschs für Waffenlieferungen an die Ukraine?

STS HEBESTREIT: In erster Linie geht es darum, den Ratspräsidenten der EU für dieses Halbjahr zu sprechen. Das sind auch die Themen, die im Mittelpunkt stehen werden. Es wird aber sicherlich auch das eine oder andere bilaterale Thema zur Sprache kommen. Aber wie Sie das schon von uns kennen, greifen wir diesen Gesprächen ungern vor. Insofern müssen Sie abwarten, was hinterher berichtet werden wird.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Dann mache ich mit dem nächsten Termin weiter, mit der Kabinettsklausur. Sie haben den spanischen Ministerpräsidenten erwähnt. Auch da der Versuch der Frage, ob ein Thema behandelt wird, nämlich die Anbindung Spaniens und Portugals an das europäische Energienetz. Der Kanzler selbst hat ja als Forderung oder als Wunsch vorgebracht, dass das nun endlich vollzogen wird, auch um LNG-Anlieferungen und Ähnliches über die Iberische Halbinsel möglich zu machen. Wird das Teil des Gesprächs sein?

STS HEBESTREIT: Das ist in den vergangenen Gesprächen immer wieder ein Thema gewesen. Man ist sich seitens Portugals, Spaniens und auch der deutschen Seite darüber sehr einig, dass es sinnvoll wäre, eine solche Anbindung zu schaffen. Im Augenblick wird über unterschiedliche Wege diskutiert, wie so etwas möglichst schnell und effektiv geschehen kann. Ich glaube, darüber herrscht große Einigkeit. Ob das am Dienstag noch einmal eine Rolle spielen wird, muss man abwarten. Aber wie gesagt: Da sind die spanischen, die portugiesischen und die deutschen Wünsche sehr deckungsgleich.

FRAGE LAMBY: Wird der sogenannte verschärfte Stresstest Thema in Meseberg sein? Denn Sie haben eben vorgetragen, dass die Energiesicherheit dort Thema sein werde. Wird das Ergebnis dieses Stresstestes vorliegen und dann ein Thema sein?

STS HEBESTREIT: Herr Lamby, das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, auch deshalb nicht, weil ich gar nicht weiß, wann das Ergebnis dieses Stresstests vorliegen wird. Insofern verweise ich auf die Pressekonferenz am späten Vormittag des kommenden Mittwochs. Dann werden wir mehr wissen.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das BMWK bzw. an alle damit arbeitenden Ministerien zum Thema der Gasumlage. Wie schnell wird die Gasumlage jetzt verändert? Ist es auch eine Option, sich davon komplett zu verabschieden und das doch nicht zu tun?

GRAVE: Herr Habeck hat sich dazu gestern in Gelsenkirchen ausführlich geäußert. Er hat verschiedene Dinge betont, die ich gern wiederhole. Zum einen wäre es vernünftig, dass Unternehmen wie zum Beispiel RWE auf die Gasumlage verzichten würden. Zum anderen prüfen wir, ob es Regelungen geben kann, die es Unternehmen mit Gewinnen in diesem Zusammenhang schwerer machen. Das prüfen wir jetzt. Das muss rechtssicher sein, das ist wichtig.

Die Umlage selbst ist natürlich trotzdem weiterhin wichtig. Denn die Umlage dient der Marktstabilisierung. Das ist weiterhin das Ziel. Wir wollen mit der Umlage den Markt stabilisieren.

ZUSATZFRAGE: Wie schnell werden Sie das prüfen und tatsächlich ändern? Denn der Druck ist sehr groß.

GRAVE: Der Druck ist groß. Aber ich kann jetzt keinen Zeitpunkt nennen.

FRAGE: Welche rechtlichen Möglichkeiten sehen Sie? Worauf wollen Sie abzielen, um zu prüfen, ob man bestimmte Unternehmen davon ausnehmen kann? Welche Rechtsgrundlagen wollen Sie bemühen?

GRAVE: Rechtsgrundlage der Gasumlage ist das Energiesicherungsgesetz. Darin wird definiert, welche Unternehmen in Betracht kommen.

Welche Dinge wir jetzt konkret prüfen, kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Wichtig ist, dass es rechtssicher ist. Dafür gibt es hohe verfassungsrechtliche Hürden. Diese werden wir uns im Detail anschauen.

ZUSATZFRAGE: Ist ein Abstandnehmen von der Gasumlage eine Option?

GRAVE: Die Gasumlage ist wichtig. Sie ist wichtig, um den Markt zu stabilisieren. Dafür haben wir sie eingeführt, und daran werden wir weiterarbeiten. Es geht jetzt darum, zu schauen, ob es Unternehmen, die Gewinne machen, irgendwie schwerer gemacht werden kann. Das war das, was wir gesagt haben.

FRAGE DR. RINKE: Frau Grave, ich habe eine Frage rechtlicher Natur. Die Kunden müssen über die Gasumlage informiert werden. Dafür gibt es gesetzliche Fristen. Bis wann müssen die Überlegungen über eine Änderung abgeschlossen sein, damit die Gasumlage am 1. Oktober überhaupt erhoben werden kann?

GRAVE: Diese Frage kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten. Dafür muss ich noch einmal nachschauen.

ZUSATZ DR. RINKE: Das wäre nett. Denn davon hängt ja tatsächlich ab, wann sie eingeführt werden kann.

GRAVE: Ja, das muss ich nachreichen.

FRAGE NEIDLEIN: Ich möchte auch mit Blick auf die Fristen und das weitere Prozedere der Verabschiedung fragen. Wenn Sie eine Änderung machen, müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Wann wäre das frühestens möglich? Soviel ich weiß, tagt der Bundesrat nur Mitte September und dann meines Wissens erst wieder Mitte Oktober. Wie sieht es mit Blick auf die Zeitachse aus?

GRAVE: Zu diesem Zeitpunkt kann ich sagen, dass wir verschiedene Regelungen prüfen, die rechtssicher sein müssen. Ob dafür das Energiesicherungsgesetz angefasst werden muss oder nicht, kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.

FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, nachdem Herr Lindner und Herr Habeck jetzt Offenheit für eine Änderung bekanntgegeben haben, wüsste ich gern, wie der Bundeskanzler das sieht. Ist er ebenfalls für eine Änderung der beschlossenen Verordnung und, wenn ja, in welchem Sinne?

STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler unterstützt das Instrument zur Gasumlage, das der Wirtschaftsminister vorgeschlagen hat. Im Augenblick stellen sich Fragen, die völlig berechtigt sind, nämlich: Profitieren Unternehmen davon, die das im engeren Sinne gar nicht nötig hätten? Das auszuschließen wird versucht. Das ist eine schwierige rechtliche Prüfung. Diese Prüfung gilt es abzuwarten.

Grundsätzlich ist der Bundeskanzler immer dafür, dass wir sehr zielgerichtete Instrumente beschließen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Könnte der Beschluss aber auch sein, dass es bei einem Appell an Firmen bleibt, diese Gasumlage nicht zu beantragen?

STS HEBESTREIT: Im Augenblick wird geprüft, ob es rechtlich belastbare Wege gibt, das auszuschließen. Diese Prüfung gilt es abzuwarten. Der Vizekanzler hat, denke ich, gestern in Gelsenkirchen auch noch einmal an die Unternehmen appelliert, die dem Beispiel von RWE und anderen folgen können, und gesagt: Die, die es nicht nötig haben, sollten diese Umlage nicht wahrnehmen.

Aber jetzt wird, wie gesagt, erst einmal versucht, über einen rechtlich sicheren Weg auszuschließen, dass so etwas vorkommt. Wenn das nicht der Fall sein kann, dann muss man sich andere Fragen stellen.

FRAGE: Herr Hebestreit, was heißt, man müsse sich andere Fragen stellen?

STS HEBESTREIT: Wenn es so ist, dass dieses Instrument nur so gelagert werden kann, dass es diskriminierungsfrei nutzbar ist, wie es ja bislang den Anschein hatte, dann bleibt es dabei, dass man an die Unternehmen appellieren kann, dass sie dem Beispiel von RWE folgen ich glaube, Shell ist ein anderes Unternehmen, das von sich aus gesagt hat, es wolle diese Umlage nicht wahrnehmen , wodurch natürlich auch die Kosten für die einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher geringer werden. Das wäre der appellative Charakter.

FRAGE DR. RINKE: Bei diesem Appell zielte man bisher immer auf die kleinen Unternehmen. Aber würde das Wirtschaftsministerium diesen Appell, Hilfen nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch zu nehmen, auch an das Unternehmen Uniper richten? Denn Uniper hat in anderen Geschäftsbereichen doch relativ hohe Einnahmen. Dann sollten sie ja gegengerechnet werden, sodass dann die Hilfen für Uniper möglicherweise geringer ausfielen.

GRAVE: Wie gesagt, geht es darum, zu prüfen, ob es Regelungen geben kann, die es Unternehmen mit Gewinnen schwerer machen, die Umlage in Anspruch zu nehmen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Zählt dazu ausdrücklich auch Uniper?

GRAVE: Ich sprach von Unternehmen mit Gewinnen. Zu einzelnen Unternehmen kann ich einfach keine Auskunft geben.

FRAGE: Bliebe noch Zeit, ein anderes Instrument zu entwickeln?

GRAVE: Wie gesagt, ist die Umlage selbst notwendig, um die Gasmärkte am Laufen zu halten und die Versorgung mit Gas für alle Kunden weiterhin zu gewährleisten.

Ob es andere Instrumente gibt, wurde im Vorfeld geprüft. Jetzt wird geprüft, wie man die Umlage rechtssicher so anpassen kann, dass man es Unternehmen mit Gewinnen schwerer macht. Die Umlage selbst ist wichtig.

STS HEBESTREIT: Vielleicht können wir auch noch einen Satz dazu sagen, warum sie so wichtig ist. Sie ist so wichtig, weil sonst die Kosten, die dabei entstehen, ungeschützt einfach an die Verbraucher weitergegeben werden können, was Einzelne vor noch größere Probleme stellen würde als durch die Gasumlage. Also sollte man das nicht als etwas abtun, was die Bundesregierung aus Daffke entschieden hat, sondern hierbei geht es darum, die Verbraucherinnen und Verbraucher nach Kräften zu schützen. Deswegen ist man auf diese Instrument gekommen. Jetzt wird geprüft, wie man es in der verbleibenden Zeit so passgenau wie möglich organisieren kann.

ZUSATZFRAGE: Sind Sie von dem Instrument noch überzeugt?

STS HEBESTREIT: Natürlich.

FRAGE ESIPOV: Meine Frage geht an das Bundesinnenministerium und an das AA. Es gibt Berichte über zahlreiche Einreisen von Putins Tochter nach Deutschland in Begleitung von FSO-Mitarbeitern. In diesen Berichten heißt es, dass die Einreisen nach Deutschland grundsätzlich nicht erfasst würden. Stimmt es, dass die Einreisen grundsätzlich nicht erfasst werden?

Die zweite Frage ist, ob es für einen Beamten bei der Passkontrolle einen Unterschied ausmacht, ob der Einreisende ein deutsches Schengen-Visum oder ein nicht deutsches Schengen-Visum hat.

An das AA die Frage: Wie ist die Haltung der Bundesregierung hinsichtlich der Aufrufe, was ein generelles Verbot der Ausstellung von Schengen-Visen an russische Staatsbürger angeht?

LAWRENZ: Ich kann anfangen. Soweit die Einreise mit einem Linienverkehrsflugzeug erfolgt ist, also abseits von offiziellen Delegationen, finden an Flughäfen die üblichen Kontrollen statt, die für alle anderen Personen auch stattfinden.

SASSE: Ich kann ganz grundsätzlich das Verfahren darstellen. Es ist so, dass das Auswärtige Amt über Reisen ausländischer Politiker und Politikerinnen informiert wird, wenn es sich um offizielle Reisen handelt oder wenn die Reisen in Begleitung von bewaffneten Personenschützern stattfinden, die von der Luftverkehrssicherheitskontrolle bei Ausreise freigestellt werden sollen. Wenn es darum geht, dass Personen privat nach Deutschland einreisen wollen, wird das Auswärtige Amt in der Regel nicht darüber informiert.

ZUSATZFRAGE ESIPOV: Was sagen Sie zu einem generellen Verbot, was die Ausstellung von Schengen-Visen für russische Staatsbürger angeht?

SASSE: Darauf kann ich gerne noch einmal eingehen. Wir haben das an dieser Stelle aber schon getan.

STS HEBESTREIT: Ich glaube, wir haben an dieser Stelle schon mehrfach dargelegt, wie unsere Position dazu ist. Sie ist unverändert. Insofern würde ich Sie eigentlich gerne auf die Protokolle der Regierungspressekonferenzen der vergangenen Wochen verweisen wollen.

FRAGE BECK: Eine Frage zum Thema Atomdeal mit Iran. Ist die Bundesregierung mit der amerikanischen Antwort auf den EU-Vorschlag zufrieden?

Zweitens. Israel hat deutlich betont, dass die kommende Vereinbarung viel schlechter ist als die erste. Wie sieht Deutschland diese Position?

SASSE: Das gibt mir Gelegenheit, noch einmal ganz grundsätzlich zum Atomabkommen mit Iran auszuführen.

Es ist so, wie Sie erwähnt haben: Die USA haben bekanntlich eine Antwort auf iranische Kommentare zu dem Text gegeben, den der EAD sozusagen als Hüter des Vertrags übersendet hatte. Jetzt geht es darum, dass Iran sich zu dieser Antwort verhalten muss. Aus unserer Sicht ist es weiterhin wichtig, dass wir bald zu einem Abschluss kommen. Sie wissen, dass wir schon seit Längerem darüber Gespräche geführt haben. Es bleibt dabei, dass wir den JCPOA als einen sehr, sehr wichtigen und essenziellen Beitrag dafür sehen, die internationale Sicherheit zu verbessern und Iran dazu zu bringen, seine kerntechnischen Verpflichtungen einzuhalten. An dieser Position hat sich nichts geändert.

Wir kennen natürlich die Position der israelischen Regierung zu diesem Thema und sind mit den Israelis weiterhin im Gespräch dazu.

ZUSATZFRAGE BECK: Das heißt, Sie lehnen die israelische Position ab, wonach diese neue Vereinbarung schlechter als die erste Vereinbarung ist?

SASSE: Unsere Position zu dieser Vereinbarung haben wir immer deutlich gemacht. Aus unserer Sicht wäre es wichtig, dass wir zu einer Vereinbarung kommen, weil das sozusagen einen Bonus an Sicherheit gewährt, der für die Region sehr, sehr entscheidend ist. Wir sind dazu mit den Israelis im Gespräch.

FRAGE DR. RINKE: Frau Sasse, eine Nachfrage zu den Folgen, die so eine Vereinbarung hätte, und auch zu den Sanktionen. Können Sie möglicherweise eine Abfolge beschreiben, in welchen Schritten oder zu welchem Zeitpunkt Iran damit rechnen könnte, dass Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden?

SASSE: Es tut mir leid, dass ich Sie da enttäuschen muss, Herr Rinke. Das kann ich an dieser Stelle nicht, und zwar deswegen nicht, weil es noch keine abschließende Einigung gibt. Wir sind dazu in Gesprächen. Ich habe gerade beschrieben, wie der aktuelle Verfahrensstand ist, dass die Amerikaner eine Antwort übermittelt haben und sich Iran wiederum dazu verhalten muss. Das Ganze liegt, wie Sie wissen, in den Händen des EAD.

Unsere Sicht ist weiterhin, dass diese Vereinbarung, wie gesagt, wichtig ist und wir bald zu einem Abschluss kommen. Wenn das der Fall ist, berichte ich an dieser Stelle auch gerne über alles Weitere.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Die Frage zielte ein bisschen darauf: Tritt, wenn das Abkommen unterzeichnet sein sollte, automatisch das Ende der Sanktionen ein, oder ist eine Übergangsfrist vorgesehen oder angedacht, in der Iran zum Beispiel nachweisen muss, dass sich das Land an die Vereinbarung hält?

SASSE: Das hängt ganz entscheidend vom Inhalt der Vereinbarung ab, die hoffentlich geschlossen wird. Da wir noch nicht darüber berichten können, muss ich Sie leider vertrösten, Herr Rinke.

FRAGE NEIDLEIN: Eine Frage an das Verkehrsministerium, was die Diskussion über die klimaorientierte Reform des Dienstwagenprivilegs angeht. Stimmen Presseberichte, nachdem es Absprachen zwischen Herrn Wissing und Herrn Habeck gab, dass diese quasi im Rahmen eines Deals zwischen den beiden Ministerien nicht kommen soll?

ALEXANDRIN: Dazu hat sich meine Kollegin aus dem Bundesfinanzministerium schon letzte Woche geäußert, wo das Thema beheimatet ist, weil es eine Steuerangelegenheit ist.

ZUSATZFRAGE NEIDLEIN: Dann vielleicht umweltpolitisch gefragt: Befürwortet das Verkehrsministerium eine klimaorientierte Reform des Dienstwagenprivilegs?

ALEXANDRIN: Dazu hat sich der Minister in der Vergangenheit sehr häufig und auch sehr eindeutig geäußert.

FRAGE DR. RINKE: Frau Sasse, eine Frage zur Ukraine. Ich hätte ganz gerne eine Einschätzung dazu, wie die Bundesregierung zu dem Atomkraftwerk Saporischschja steht. Da gibt es ja verschiedene Forderungen. Die Ukrainer möchten, dass das Kraftwerk von den Russen wieder an die Ukrainer übergeben wird. Der UN-Generalsekretär plädiert eher für eine internationale Kontrolle. Gibt es dazu eine feste Position der Bundesregierung?

SASSE: Auch dazu haben wir uns schon einmal geäußert. Herr Hebestreit hatte, glaube ich, in einer der vergangenen Regierungspressekonferenzen unter anderem auf die Erklärung hingewiesen, die die G7-Außenministerinnen und -Außenminister in dieser Angelegenheit veröffentlicht haben. Ich kann sagen, dass diese auch weiterhin Bestand hat. Sie haben mich nach der Lageeinschätzung gefragt. Es ist natürlich so, dass die Lage weiterhin sehr, sehr gefährlich ist und gerade die Meldungen von gestern, dass das AKW wegen eines Brandes an der Stromleitung abgeschaltet werden musste, natürlich sehr beunruhigend sind, auch wenn möglicherweise keine akute Gefahr am AKW bestand.

Wir verurteilen gemeinsam mit unseren Partnern im EU- und G7-Kreis die Besetzung des Atomkraftwerks durch die russischen Truppen auf das Schärfste. Natürlich ist es wichtig, dass Russland umgehend wieder die Kontrolle über dieses Atomkraftwerk an die Ukraine zurückgibt.

Sie haben die IAEO angesprochen. Es ist außerdem aus unserer Sicht sehr, sehr entscheidend, dass die IAEO schnellstmöglich Zugang zu dem Atomkraftwerk erhält, damit die nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden können. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die Ukraine haben bestätigt, dass eine Mission der internationalen Atomenergieorganisation vom ukrainisch kontrollierten Gebiet aus möglich ist. Es ist jetzt an Russland, dieser Mission zuzustimmen. Die IAEO selber – Sie kennen die entsprechenden Presseberichte – hat sich zuversichtlich gezeigt, dass eine solche Mission in Kürze durchgeführt werden kann. Das wäre aus unserer Sicht ein sehr wichtiger Schritt.

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