Tee trinken ► RegPK vom 18. Juni 2018
Themen: Masterplan Migration, „Strong Europe Tank Challenge 2018“ in Grafenwöhr, Abschiebung des mutmaßlichen Mörders von Susanna F. aus dem Nordirak, Reform der Eurozone, Presseberichte über Spionagetätigkeit des BND in Österreich, Fall Skripal, vorläufige Festnahme des Vorstandsvorsitzenden der Audi AG, Unterzeichnung eines vorläufigen Abkommens zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zur Beilegung des Streits um den Staatsnamen, Resolution der UN-Vollversammlung zur Lage im Gazastreifen
Naive Fragen zu:
„Masterplan Migration“ (ab 2:20 min)
– Können Sie uns zum Resettlement bei Italien und Griechenland Zahlen nennen? (ab 18:17 min)
– Wenn Sie schon von einem umfangreichen Resettlement-Programm sprechen, dann müssen Sie doch wissen, wovon Sie reden.
– Bilaterale Abkommen sind keine europäischen Lösungen, korrekt? (ab 24:40 min)
– Gibt es dann 29 oder 28 bilaterale Abkommen? Dann kann man natürlich von europäischen Lösungen sprechen.
– Ich habe Frau Merkel aber so verstanden: Wenn sie von einer europäischen Lösung spricht, dann spricht sie davon, dass alle Regierungschefs oder alle Regierungen in Europa sich einigen und dem zustimmen. Wenn sie jetzt von bilateralen Lösungen spricht, dann sind das halt Einigungen zwischen Frau Merkel und Herrn Kurz, Frau Merkel und Herrn Conte. Das sind dann keine europäischen Lösungen.
Very Big Raushole (ab 38:50 min)
– zu dem, was Sie Abschiebung nennen, was andere Freiheitsberaubung nennen, was eine Nicht-Auslieferung war. Da mussten Sie sich jetzt am Wochenende erneut korrigieren. Sie haben uns ja bis Freitag immer weismachen wollen, dass Herr Romann nicht die Maschine in Erbil verlassen hätte. Warum ist Ihnen am Freitag erst aufgefallen, dass Herr Romann doch die Maschine mit jeweils zwei anderen Personen, zwei anderen Deutschen, verlassen hat?
– Montag hatten Sie hier noch gesagt, dass Herr Romann und kein anderer die Maschine verlassen hätte. Darauf haben Sie ja bestanden.
– Am Mittwoch beziehungsweise am Dienstag mussten Sie sich schon korrigieren. Am Freitag haben Sie sich noch einmal korrigiert. Müssen wir jetzt erwarten, dass Sie sich in diesem Fall zu anderen Details auch noch korrigieren müssen? Oder ist es das jetzt gewesen?
– es ist interessant, weil eine Abschiebung ist an sich unmöglich. Die irakische Verfassung verbietet es genauso wie die deutsche, einen eigenen Staatsbürger in ein fremdes Land zu überstellen. Darum wundere ich mich, dass Sie sich immer noch auf Abschiebung konzentrieren. Denn das kann es einfach nicht sein. Damit führen Sie die Öffentlichkeit in die Irre.
– Gibt es andere Ministerien in der Bundesregierung, die diese rechtliche Einschätzung teilen?
– Als Herr Romann Herrn Seehofer angerufen hat, war er gerade in Erbil angekommen? Hatte er da gerade schon mit den Kurden draußen Tee getrunken? Oder hatte er Herrn Seehofer angerufen, als der Verdächtige und er wieder im Flugzeug waren?
BND späht in Österreich (ab 53:05 min)
– können und wollen Sie sagen, wann die Überwachung österreichischer Institutionen oder Institutionen in Österreich aufgehört hat? (ab 57:29 min)
– Können Sie also auch nicht bestätigen oder dementieren, ob die BND-Überwachung von Institutionen in Österreich weiterhin läuft?
UN-Resolution (ab 1:03:37 min)
– Die israelische Regierung wurde per Resolution aufgefordert, die Gewalt gegen palästinensische Demonstranten im Gazastreifen einzustellen. 120 Länder haben zugestimmt; acht Länder haben dagegen gestimmt; 45 Länder haben sich enthalten. Was hat die Bundesregierung gemacht?
– Warum haben Sie sich enthalten? Was war in der Resolution aus Ihrer Sicht nicht machbar oder nicht richtig?
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 18. Juni 2018:
VORS. DETJEN eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
FRAGE HELLER: Zwei Fragen zum Flüchtlingsthema: Herr Seibert, ist die Bundesregierung angesichts des Streits, den es im Moment insbesondere zwischen den Unionsparteien gibt, überhaupt noch handlungsfähig, wenn man auch die Termintaktung der Fraktionsmitglieder der Union sieht?
Zum Zweiten: Hat die Bundesregierung sich so etwas wie ein rechtliches Gutachten darüber eingeholt, ob ein Zurückweisen von Flüchtlingen an der deutschen Grenze mit dem europäischen Recht vereinbar wäre oder nicht?
STS SEIBERT: Die Antwort auf Ihre erste Frage heißt Ja.
Zu der zweiten Frage haben wir hier ja mehrfach schon berichtet und gesprochen und haben die Auffassung ganz klargemacht, dass das gültige europäische Recht nicht von unilateralen Zurückweisungen ausgeht, sondern von einer Prüfung eines jeden Einzelfalles, ob im Falle eines Asylbewerbers ein anderer Staat für ihn zuständig ist. Diese Prüfung muss dann gegebenenfalls bei uns erfolgen und führt dann gegebenenfalls zu einem Überstellungsverfahren. Das ist die Rechtsauffassung der Bundeskanzlerin und auch der meisten Rechtsgelehrten auf diesem Gebiet. Das ist hier mehrfach dargestellt worden.
FRAGE KÜFNER: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium. Es kursieren jetzt Agenturmeldungen, dass Herr Seehofer vielleicht schrittweise vorgehen will. Es wird Bezug genommen darauf, dass diejenigen Ausländer an den Grenzen abgewiesen werden sollen, die mit einem Einreiseverbot belegt sind. Da ist meine erste Frage: Wäre das überhaupt eine Änderung des Status quo? Müsste man mehr Kontrollen veranlassen, um das überhaupt sicherzustellen?
Wenn in einem zweiten Schritt alle anderen, also alle, die in einem anderen EU-Land bereits registriert sind, auch abgewiesen werden sollten, wie würde man das umsetzen können?
Aber die Kernfrage ist die erste Frage: Ist es eine Änderung des Status quo, diejenigen Ausländer, die mit einem Einreiseverbot belegt sind, nicht einreisen zu lassen?
PETERMANN: Ein Einreiseverbot hat zumindest bisher niemanden daran gehindert, einen weiteren Asylantrag zu stellen. Insofern wäre es eine Änderung der bisherigen Praxis.
Im Übrigen kann ich nur auf die Vereinbarungen verweisen, die der Bundesinnenminister auch in seiner Pressekonferenz heute um 14 Uhr ist sie, glaube ich, angesetzt mitteilen wird.
ZUSATZFRAGE KÜFNER: Jemand, der ein Einreiseverbot hat, wird nicht an der deutschen Grenze abgewiesen ist das so?
PETERMANN: Bisher ist mir das nicht bekannt.
FRAGE STEINER: Frau Petermann, verstehe ich es richtig, dass ein als solches ausgesprochenes Einreiseverbot dazu führt, dass die Geltendmachung von Asyl bereits ausgeschlossen ist? Ist das Ihre Rechtsauffassung? Habe ich das richtig verstanden?
Herr Seibert, wenn das so ist, würde ich gerne wissen, ob die Kanzlerin diese Auffassung teilt.
PETERMANN: Möglicherweise haben wir uns missverstanden; vielleicht habe ich mich nicht hinreichend deutlich ausgedrückt. Es besteht durchaus die Möglichkeit, ein weiteres Mal Asyl zu beantragen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Aber dafür müsste ich ja erst einmal auf deutschem Boden sein, also de facto eingereist sein. Das heißt, ein Einreiseverbot steht Ihrer Auffassung nach der Asylantragstellung nicht im Wege?
PETERMANN: Im Prinzip nicht.
STS SEIBERT: Ich kann Ihnen da jetzt keine Rechtsmeinung präzisieren; das müsste ich nachreichen. Klar ist: Was bisher praktiziert wird, ist, dass einer Person, die an der Binnengrenzkontrolle angetroffen wird und die kein Asylersuchen vorbringt, die Einreise verweigert wird.
FRAGE PUGLIESE: Herr Seibert, heute ist das bilaterale Treffen von Frau Merkel und unserem neuen Premierminister Giuseppe Conte. Inwieweit wird dieses bilaterale Treffen in der politischen Krise in Deutschland auch eine Rolle spielen?
Eine italienische Zeitung schreibt heute, dass der Kern des Vorschlags von Frau Merkel an Herrn Conte sein wird, die Außengrenzen um bis zu 1000 Kräfte zu verstärken, die aus ganz Europa kommen sollten. Als Gegenleistung würden Länder wie Italien eine Reform des Dubliner Abkommens bekommen. Können Sie uns das bestätigen?
STS SEIBERT: Bei allem Respekt vor der italienischen Presse: Ich glaube nicht, dass eine italienische Zeitung heute schon weiß, was heute Abend der Kern der Gespräche der Bundeskanzlerin mit Herrn Conte sein wird. Sie freut sich auf diesen ersten ausführlicheren Termin; es hat ja bereits eine bilaterale Begegnung in Kanada beim G7-Treffen gegeben. Aber jetzt gibt es Zeit, ausführlicher über eine Vielfalt von Themen, die uns verbinden und bei denen wir auch gemeinsam vorankommen wollen, zu sprechen. Es ist ganz klar, dass die Migrationspolitik dabei ein wichtiger Gesprächsgegenstand sein wird. Italien ist auch aufgrund seiner geografischen Lage eines der hauptbetroffenen Länder und deswegen natürlich auch ein Partner, um gemeinsam mit europäischen Lösungen und Verabredungen voranzukommen.
Aber das ist sicherlich nicht das einzige Thema. Die Frage, wie Europa wirtschaftlich und in seiner Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden kann, die Frage, wie man beispielsweise noch größere Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit erzielen kann das alles sind Themen, die heute Abend auch eine Rolle spielen werden. Und natürlich gilt das auch für den großen Bereich: Was muss in Europa geschehen, um die Eurozone noch krisenfester zu machen, um sie zu stärken? Das ganze EU-Reformthema ist ja derzeit auch sehr wichtig.
FRAGE: Meine Fragen gehen an Frau Petermann. Könnten Sie noch etwas zu dem Prozedere der Zurückweisung von denjenigen Ankommenden an der deutschen Grenze sagen, die schon registriert sind? Wie läuft das ab? Wären dann dafür Transitzonen oder Ähnliches notwendig, oder schickt man sie einfach zurück?
Könnten Sie uns auch noch mal sagen, wie die Unterstützung für die Länder Griechenland und Italien zurzeit von deutscher Seite aussieht? Wie viele Mitarbeiter, eventuell auch durch das BAMF, sind dort gerade tätig?
PETERMANN: Zur ersten Frage: Es ist etwas schwierig, über hypothetische Modelle zu sprechen. Was ich Ihnen an dieser Stelle sagen kann, ist, dass mehrere Fälle zurzeit in Rede stehen. Das ist einmal die Zurückweisung derer, die irgendwo beim Übertritt in die Europäische Union „nur“ registriert werden. Der zweite Fall sind die Personen, die registriert sind und einen Asylantrag in einem anderen EU-Staat gestellt haben. Der dritte Fall sind die, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen ist und bei denen eine Wiedereinreisesperre besteht. Der vierte Fall sind diejenigen, die einfach zu Unrecht einreisen möchten.
Zurzeit haben wir Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze; nur in diesem Bereich können wir von Zurückweisungen sprechen, und nur in diesem Bereich erfolgen zurzeit Zurückweisungen in dem, ich glaube, von mir an vierter Stelle genannten Fall, nämlich diejenigen, die einfach zu Unrecht einreisen, also ohne Registrierung, ohne Asylantrag, ohne Visum. Das erfolgt zurzeit.
Die anderen Fälle halten wir als BMI im Sinne des europäischen Rechts auch für rechtlich zulässig. Aber ich glaube, wir sollten an dieser Stelle jetzt nicht von hypothetischen Fällen sprechen, sondern wir sollten abwarten, wie der Minister, die CSU sich dazu entscheiden wird. Das wird, soweit ich weiß, um 14 Uhr in einer Pressekonferenz mitgeteilt.
Zu dem zweiten Punkt, wie viel Personal ganz konkret Griechenland und Italien bekommen haben, kann ich Ihnen nichts sagen. Möglicherweise wird es durch die Kollegen nachgeliefert, die zuhören. Aber Zahlen kann ich Ihnen nicht nennen.
STS SEIBERT: Ich kann zumindest, was Italien betrifft, sagen das gilt übrigens auch für Griechenland , dass im vergangenen Jahr Deutschland sich in erheblichem Umfang an der Umsiedlung, der sogenannten Relocation, von Schutzsuchenden aus diesen beiden Ländern beteiligt hat und dass Deutschland da mit Abstand die meisten Personen aufgenommen hat.
Im Übrigen hätte ich für Sie Zahlen aus dem April über die europäische Hilfe an Griechenland. Da ist mit Sicherheit seitdem noch mehr geflossen. Insgesamt, hieß es im April, hat Griechenland zur Bewältigung der humanitären Lage, der Flüchtlingssituation und zur Unterstützung beim Grenzschutz über verschiedene Instrumente von der EU-Kommission über 1,5 Milliarden Euro erhalten. Deutschland ist natürlich an diesen Zahlungen entsprechend immer beteiligt. Aber das sind Zahlen aus dem April. Bei Gelegenheit könnten wir schauen, ob es noch aktuellere gibt.
ZUSATZFRAGE: Frau Petermann, vielen Dank, dass Sie den Sachverhalt so schön zusammengefasst haben, aber das beantwortet nicht die konkrete Frage, was mit den bereits Registrierten passieren soll. Da das in der vergangenen Woche durchaus sehr zeitnah erfolgen sollte, wollte ich nachhaken, ob es wirklich überhaupt kein Konzept gibt, was mit diesen Menschen passieren soll, wenn das so ad hoc angeordnet werden soll. Es geht konkret um die bereits Registrierten.
PETERMANN: Also konkret die Fallgruppe der Personen, die lediglich registriert sind, in keinem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben und sich in Österreich befinden. Dort halten wir rechtlich eine Zurückweisung für möglich. Es gibt noch keine konkreten weiteren Planungen dazu, die aber sicherlich in diesem überschaubaren Bereich zeitnah möglich wären.
ZUSATZFRAGE: Überschaubar, weil es niedrige Zahlen sind?
PETERMANN: Überschaubar im Hinblick auf die Grenzkontrollen.
FRAGE JENNEN: Herr Seibert, noch mal zu dem heutigen Gespräch mit dem italienischen Premierminister: Würde bei diesem Gespräch nicht nur das Thema der Außengrenzen, sondern auch der Innengrenzen der EU noch mal zur Sprache kommen, also auch eventuelle Zurückweisungen an den Grenzen?
STS SEIBERT: Ich gehe davon aus, dass die Migrationspolitik in verschiedenen Aspekten zur Sprache kommt, und würde jetzt trotzdem den Gesprächen nicht gerne vorgreifen.
FRAGE JESSEN: Ich versuche nur, Klarheit zu schaffen. Herr Seibert, Sie sagten, ein Einreiseverbot gelte gegenüber Menschen, die keinen Asylantrag gestellt haben. Zuvor hatte ich Frau Petermann so verstanden, dass sie sagte, ein Einreiseverbot hindere ja nicht daran, dennoch einen Asylantrag zu stellen. Das kommt in meinem Kopf schwer zusammen. Meinten Sie damit, Frau Petermann, dass die Personen in dem Land, aus dem sie nicht einreisen dürften, einen Asylantrag stellen können, etwa Österreich? Ansonsten wären die beiden Aussagen für mich im Widerspruch.
PETERMANN: Ich kann jetzt hier keinen Widerspruch erkennen.
STS SEIBERT: Den kann ich auch nicht erkennen. Ich habe Ihnen einfach eine Praxis geschildert, die im Übrigen von jeher schon so ausgeübt wird, nämlich dass Menschen, die bei einer Binnengrenzkontrolle, beispielsweise an der deutsch-österreichischen Grenze, angetroffen werden und die kein Asylersuchen vorbringen, die Einreise verweigert wird. Das ist Praxis, und nicht mehr habe ich geschildert. Deswegen gibt es da auch keinen Widerspruch zu dem, was Frau Petermann gesagt hat.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Wenn das schon Praxis ist, warum taucht es dann jetzt als neues Modell in einem neuen Stufenplan auf?
Wenn Sie sagen, es hindere aber nicht daran, dass diese Personen dennoch wohl auch gegenüber Deutschland einen Antrag stellen könnten: Was bedeutet es, wenn jemand an der Grenze auftaucht und das Wort „Asyl“ sagt?
STS SEIBERT: Dann ist er logischerweise nicht in der Gruppe der Menschen, die ich gerade beschrieben habe, die das Wort nicht sagen.
Im Übrigen bin ich sehr stark dafür, dass wir jetzt nicht über Pläne, die noch gar nicht verkündet worden sind, hier bereits spekulieren. Ich jedenfalls werde mich daran nicht beteiligen.
FRAGE JUNG: Herr Seibert, Können Sie uns zum Resettlement bei Italien und Griechenland Zahlen nennen?
STS SEIBERT: Die kann ich möglicherweise nachreichen; ich habe sie jetzt nicht hier.
ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn Sie schon von einem umfangreichen Resettlement-Programm sprechen, dann müssen Sie doch wissen, wovon Sie reden.
STS SEIBERT: Ich weiß auch, wovon ich rede, aber Sie wollen Zahlen. Zahlen müssen genau sein; das ist sicherlich auch Ihr Anspruch. Deswegen schauen wir.
FRAGE STEINER: Vielleicht kann Frau Petermann die Zahlen bekannt geben, wenn sie sie denn dabei hätte.
Frau Petermann, ich habe es jetzt immer noch nicht verstanden. Herr Seibert, ich habe auch noch nicht so ganz verstanden, inwieweit das mit Ihnen überhaupt abgestimmt ist.
Menschen, die eine Einreisesperre haben, aus welchem Grund auch immer, sollen künftig an der Grenze abgewiesen werden. Habe ich das richtig verstanden?
Dann sagen Sie aber: Wenn die dann „Asyl“ sagen, dann nicht. Ist das die korrekte Zusammenfassung dessen, was Sie gesagt haben?
Herr Seibert, ist das mit Ihnen in irgendeiner Form abgesprochen? Sind bei Ihnen überhaupt neue Pläne bekannt, wie das Ganze ausgestaltet werden soll?
STS SEIBERT: Herr Steiner, Sie bitten uns jetzt wieder, über Pläne zu sprechen, die noch nicht das Licht der Öffentlichkeit erreicht haben oder die von dem Minister noch nicht vorgestellt worden sind. Das werde ich nicht machen, tut mir leid.
PETERMANN: Ich möchte mich dem sehr gerne anschließen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Aber Sie haben sich ja eben dazu geäußert. Frau Petermann.
PETERMANN: Ich habe nur von hypothetischen Fällen gesprochen und von sonst gar nichts.
ZUSATZFRAGE STEINER: Entschuldigung, nein. Sie haben uns eben auf die Fragen konkrete Antworten gegeben. Ob das eine Änderung in der Praxis wäre, war die eine Frage dazu, und die andere Frage war: Wie soll das ausgestaltet sein? Da würde ich dann doch gerne wissen: Wie soll das ausgestaltet sein?
PETERMANN: Wie soll was ausgestaltet sein?
ZUSATZFRAGE STEINER: Wie ist die Zurückweisung von Menschen mit einer Einreisesperre heute ausgestaltet? Wie könnte sie zukünftig ausgestaltet sein?
PETERMANN: Wie sie zukünftig ausgestaltet sein könnte, kann ich Ihnen hier nicht sagen, weil wir noch keine konkreten Ergebnisse haben von dem, was Sie hier hypothetisch voraussetzen.
Bisher gibt es für die Fälle, in denen ein Einreiseverbot besteht, natürlich die Geltendmachung, auch die Durchsetzung eines solchen Einreiseverbotes. Es hindert aber den Betroffenen nicht daran, ein weiteres Mal Asyl zu beantragen. So weit meine Sachstandskenntnis.
FRAGE DR. ZWEIGLER: Weil ich es auch nicht verstanden habe, zwei Fragen, Frau Petermann: Es gibt inzwischen Zahlen, wie viele Zurückweisungen es gegeben hat. Können Sie uns da auf den aktuellen Stand bringen und sagen, wie viele Personen beispielsweise in den ersten fünf Monaten an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen wurden?
Die zweite Frage: Was passiert mit einer Person, die in einem Land X bereits einen Asylantrag gestellt hat? Darf sie nach Deutschland nachreisen, um hier festzustellen, welches Land für sie dann zuständig ist, oder wird sie gleich an der Grenze zurückgeschickt?
PETERMANN: Könnten Sie den zweiten Fall noch mal sagen?
FRAGE DR. ZWEIGLER: Nehmen wir eine Person, die beispielsweise in Italien einen Asylantrag gestellt hat: Darf sie deutschen Boden betreten, und hier wird geprüft, welches Land für sie zuständig ist, oder wird sie automatisch an der Grenze zurückgeschickt? Ich habe es noch nicht kapiert.
PETERMANN: Bisherige Praxis ist, dass jeder, der an der deutschen Grenze Asyl beantragt, ins Land darf. Dort wird natürlich geprüft, welches Land für ihn zuständig ist, und binnen einer bestimmen Frist so ist die bisherige Praxis kann er dann, wenn alles glatt läuft, zurückgeschickt werden.
ZUSATZFRAGE DR. ZWEIGLER: Er muss also zur Prüfung nach Deutschland können, richtig?
PETERMANN: Bisherige Praxis ist: Von jedem, der an der Grenze Asyl beantragt, wird in Deutschland der Asylantrag geprüft, bzw. er wird zurückgeschickt, weil automatisch auch geprüft wird, ob ein anderes Land zuständig ist.
Lassen Sie mir bitte eine Minute Zeit zum Suchen der Zahlen.
FRAGE DR. SATTAR: Herr Seibert, unabhängig von den Gesprächen heute Abend und im Laufe dieser Woche habe ich eine Frage zu den bilateralen Verträgen. Besteht nicht grundsätzlich das Problem, dass Staaten, mit denen man diese bilateralen Verträge abschließen möchte, diese in der Verwaltungspraxis unterlaufen könnten, indem sie einfach zu der Praxis vor September 2015 übergehen, indem sie die Flüchtlinge nicht registrieren? Dann hätte Deutschland am Ende doch wieder das Problem.
STS SEIBERT: In einem stimme ich Ihnen zu: Es war ein erheblicher Fortschritt in Europa, dass es gelungen ist, die Registrierung von Flüchtlingen zum Regelfall zu machen. Das war im Sommer 2015 nicht der Fall.
Natürlich müssen wir bei allem, was wir tun ich glaube, das ist unser aller Interesse in Europa , dafür sorgen, dass diese Registrierung, die jedem Land die Möglichkeit gibt, zu wissen, mit wem er es zu tun hat, nicht abreißt. Da gebe ich Ihnen recht.
ZUSATZFRAGE DR. SATTAR: Das heißt, Sie sehen diese Gefahr, oder sehen Sie sie nicht?
STS SEIBERT: Ich gebe Ihnen einfach recht, dass die Registrierung eine wichtige Errungenschaft ist. Die sollten wir nicht gefährden wollen.
PETERMANN: Sie hatten nach der Zahl der Zurückweisungen an der Grenze zu Österreich gefragt. In diesem Jahr waren es insgesamt 2025. 2017 waren es 7009, und 2016 waren es 15 735.
FRAGE JUNG: Ich habe eine Verständnisfrage: Bilaterale Abkommen sind keine europäischen Lösungen, korrekt?
STS SEIBERT: Falsch.
ZUSATZFRAGE JUNG: Gibt es dann 29 oder 28 bilaterale Abkommen? Dann kann man natürlich von europäischen Lösungen sprechen.
STS SEIBERT: Bei 29 wäre sowieso eines zu viel.
Die Bundeskanzlerin hat einen Vorschlag gemacht. Sie schlägt vor, mit einer Reihe betroffener Staaten in Gespräche einzutreten mit dem Ziel, zwischenstaatliche Verabredungen über die bessere Ordnung und Steuerung von bestimmten Aspekten des Migrationsgeschehens an den Grenzen zu erreichen. Sie will diesen Weg der zwischenstaatlichen Einigung gehen, um Problemen, die sich vielen in Europa stellen, eine gemeinsame europäische Antwort, eine Antwort dieser Staaten entgegenzustellen und nicht unilateral, nicht unabgestimmt und auch nicht zulasten Dritter vorzugehen. Das sind das Ziel und der Kern ihres Vorschlags.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe Frau Merkel aber so verstanden: Wenn sie von einer europäischen Lösung spricht, dann spricht sie davon, dass alle Regierungschefs oder alle Regierungen in Europa sich einigen und dem zustimmen. Wenn sie jetzt von bilateralen Lösungen spricht, dann sind das halt Einigungen zwischen Frau Merkel und Herrn Kurz, Frau Merkel und Herrn Conte. Das sind dann keine europäischen Lösungen.
STS SEIBERT: Nein, das bestreite ich. Richtig ist, dass wir in Europa alles daransetzen sollten, ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu erarbeiten. Diese Arbeiten laufen seit geraumer Zeit; sie haben viele Fortschritte gebracht, und an einigen Punkten hängt es noch.
Jetzt geht es um ganz konkrete Fragen, die vor allem natürlich eine Reihe von betroffenen Staaten betreffen Staaten, in denen registriert wird, Staaten, die einen starken Durchzug von Flüchtlingen und Migranten haben, und Staaten, in die eine große Zahl von Flüchtlingen und Migranten hineinmöchte. Dass diese Staaten miteinander zu zwischenstaatlichen, bilateralen, multilateralen Lösungen kommen, halte ich für eine sehr europäische Herangehensweise.
FRAGE: Frau Petermann, ich habe noch eine Verständnisfrage zu den Menschen, die mit einem Einreiseverbot belegt sind. Ich habe verstanden, dass das noch nicht so ganz klar ist, aber wird nach jetziger Praxis die Voraussetzung dieser Einreisesperre an der deutschen Grenze noch mal geprüft?
Wann unterfallen diese Menschen deutschem Recht? Wenn man sie komplett zurückweist, wäre das doch eigentlich eine Verkürzung der Rechtsweggarantie und deswegen nicht verfassungsgemäß. Ab wann unterfallen sie deutschem Recht? Wird noch mal geprüft, ob die Voraussetzungen dieser Einreisesperre tatsächlich vorliegen?
Sie hatten vorhin die Zahlen der Zurückgewiesenen genannt. Könnten Sie auch noch die Zahlen der Schutzsuchenden sagen?
PETERMANN: Zahlen zu Schutzsuchenden habe ich im Augenblick nicht. Die neue Statistik dazu ist noch nicht fertig. Das hatte Frau Korff ja am Freitag hier angekündigt.
Zur Wiedereinreisesperre: Jemand mit einem abgelehnten Asylantrag, was letztendlich auf das Gleiche hinausläuft, darf wieder einreisen und einen neuen Asylantrag stellen. Bisher wurde es auf jeden Fall so gehandhabt. Das erfolgt in der Regel in einem verkürzten Verfahren. Die Person kann auch in Sicherungshaft genommen werden, bis die Prüfung abgeschlossen ist. Sie muss nicht zwingend hier frei herumlaufen. Sie erinnern sich an den Fall des Togolesen. Da hatten wir ähnliche hypothetische Modelle: Er könnte theoretisch wieder einreisen, könnte einen neuen Asylantrag stellen. Aber er würde in dieser Zeit hier nicht zwingend frei herumlaufen und niemandem zugewiesen werden, sondern in Sicherungshaft genommen werden.
ZUSATZFRAGE: Ab wann unterfallen diese Personen deutschem Recht?
PETERMANN: Deutsches Recht gilt im Geltungsbereich, also auf deutschem Hoheitsgebiet.
FRAGE STEINER: Herr Seibert, angesichts der öffentlichen Äußerungen des Bundesministers Seehofer, nicht zuletzt mit dem Namensartikel bei den Kollegen von der „FAZ“, würde ich Sie gerne fragen: Sie haben hier am Freitag, wenn ich Sie richtig verstanden habe, diesen Gesamtkomplex der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin zugeordnet. § 12 der Geschäftsordnung der Bundesregierung sagt allerdings, dass öffentliche Äußerungen oder für die Öffentlichkeit bestimmte Äußerungen eines Bundesministers mit der Kanzlerin abgestimmt sein müssen. Vor allem müssen sie mit den Richtlinien der Politik der Kanzlerin in Einklang stehen. Sehen Sie das als gegeben an, oder haben Sie daran aktuell Zweifel? Sieht das Ihre Chefin so?
STS SEIBERT: Ich habe am Freitag lediglich ganz grundsätzlich gesagt, dass die Bundesregierung auf Grundlage der grundgesetzlichen Vorgaben und der Geschäftsordnung, die für die Bundesregierung gilt, arbeitet. Das war am Freitag so, das ist heute so. Das ist meine Antwort.
ZUSATZFRAGE STEINER: Dann muss ich doch nachfragen. Ich glaube, es hatten Sie sehr viele Kollegen so verstanden, dass Sie diese Fragen eher dem grundsätzlichen Bereich und dann auch der Richtlinienkompetenz zuordnen.
STS SEIBERT: Ich würde Sie bitten, das nachzulesen. Ich habe mich am Freitag genau so grundsätzlich geäußert, wie ich das jetzt getan habe.
ZUSATZFRAGE STEINER: Dann frage ich anders herum. Die Geschäftsordnung der Bundesregierung sagt: Sofern kein Einvernehmen innerhalb des Bundeskabinetts besteht, müsste ein Minister der Kanzlerin eine abweichende Meinung beantragen respektive bekanntgeben. Ist dies formal erfolgt?
STS SEIBERT: Ich kenne die Geschäftsordnung der Bundesregierung. Ich denke, das tun auch alle, die in dieser Bundesregierung tätig sind. Zu Einzelfällen werde ich jetzt hier keine Äußerung machen. Ich denke aber, dass es auch nicht um Artikel geht.
FRAGE JESSEN: Eine Frage an das Auswärtige Amt. Ist in der Diskussion der Auswärtigen Politik eigentlich der Begriff „europäische Lösung“ eine Art Trademark, ein feststehender Begriff für multilaterale Verabredungen? Oder ist er auch ein Begriff, der – wie Herr Seibert es sozusagen additiv ausgeführt hat – sich durch eine Summe mehrerer bilateraler Abkommen herstellen lässt? Ist das nach Auffassung des Auswärtigen Amtes auch eine europäische Lösung?
Herr Seibert, haben Sie Signale aus einer signifikanten Zahl von europäischen Staaten, dass dieser Weg der vielen bilateralen Lösungen– sagen wir einmal – innerhalb der nächsten zwei Wochen beschritten werden kann? Das ist ja der Zeitraum, der in Rede steht.
ADEBAHR: Zu Ihrer ersten Frage, Herr Jessen: Ich fürchte, ich kann kein politologisches Proseminar darüber halten, wie der Begriff von wann, wem, wie in welchem Kontext verwendet wird. Ich fürchte, das tun sehr viele Personen in ganz unterschiedlichen Kontexten und in ganz unterschiedlichen Fragen. Insofern würde ich da keine Bewertung abgeben wollen.
STS SEIBERT: Ich kann Ihnen nur sagen, dass es selbstverständlich ist, dass die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Gespräche mit unterschiedlichen Mitgliedstaaten und der Kommission führt. Sobald es etwas Konkretes gibt, würden wir Sie das wissen lassen.
FRAGE: Frau Petermann, noch einmal eine Frage zur Gruppe derjenigen, die mit einem Einreiseverbot belegt sind. Können Sie vielleicht sagen: Wer ist das? Sind das zwangsläufig alles Menschen, die schon einmal aus verschiedenen Gründen ausgewiesen wurden? Oder kann das andere auch betreffen?
Die zweite Frage ist die nach einer Zahl: Wie viele Menschen sind denn in Deutschland mit einem Wiedereinreiseverbot belegt?
PETERMANN: Eine Zahl dazu kann ich Ihnen nicht nennen. Ich habe sie im Augenblick nicht dabei. Das können wir aber gern nachreichen.
In der Regel ist es so ich formuliere das einmal wie folgt : Für Antragsteller, die nach einer negativen Entscheidung im Asylverfahren nicht freiwillig ausreisen, tritt ein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot – das ist die sogenannte Wiedereinreisesperre – in Kraft. Das BAMF hat hier die Aufgabe, Einreise- und Aufenthaltsverbote für abgelehnte Asylantragsteller zu befristen. Dabei werden die individuellen Umstände berücksichtigt. Für die Umsetzung von Einreise- und Aufenthaltsverboten sind dann die Ausländerbehörden, also die Länder, zuständig.
ZUSATZFRAGE: Wenn ich das jetzt übersetze: Heißt das, es sind alle Abgeschobenen? Also Menschen, die nicht freiwillig ausgereist sind, die ein Einreiseverbot haben und wiederkommen wollen, wurden ja wahrscheinlich einmal abgeschoben.
PETERMANN: Abgeschoben sind diejenigen, die nicht mehr hier sind. Das ist der Vollzug. Die Abschiebung ist der Vollzug.
FRAGE KÜFNER: Ich hätte auch noch eine Nachfrage zu einer Zahl. Können Sie uns Zahlen für die letzten Jahre für abgelehnte Asylbewerber nennen, die wieder eingereist sind?
PETERMANN: Das kann ich Ihnen nicht nennen. Das müssten wir – falls möglich – nachholen.
STS SEIBERT: Es gibt übrigens wenn ich das so sagen darf, ohne dass ich Ihnen eine Zahl dazu nennen kann das Phänomen abgelehnter Asylbewerber, die sich dann in andere europäische Länder bewegen, um dort – wenn man so will – ihr Glück mit einem dortigen Asylverfahren zu versuchen. Es gibt ja ganz unterschiedliche Anerkennungsquoten für unterschiedliche Staatsangehörigkeiten in Europa. Das heißt, auch dieses Phänomen gibt es. Diese – ich sage einmal – Ausreisen registrieren wir natürlich oft gar nicht. Sie fallen aber bei der Gesamtbestimmung der Zahl der Menschen, die bei uns im Lande sind, auch ins Gewicht.
FRAGE LANGE: Frau Petermann, ich hätte gern gewusst, ob es schon einen neuen Termin für die öffentliche Vorstellung des sogenannten Masterplans gibt?
In diesem Zusammenhang die zweite Frage: Offenbar hat die Kanzlerin diesen Masterplan bislang gelesen. Welche Ressorts haben den sogenannten Masterplan bis jetzt bekommen?
PETERMANN: Es gibt keinen neuen Termin für die Vorstellung des Masterplans Migration. Andere Ressorts wurden nicht beteiligt. Er ist im Augenblick nur denjenigen im Innenministerium bekannt, die damit befasst waren, und der Bundeskanzlerin.
FRAGE STEINER: Frau Petermann, ich hatte immer gedacht, dass das zumindest mit dem BMZ abgestimmt gewesen wäre. Habe ich das falsch verstanden?
PETERMANN: Das BMZ sollte mit an der Pressekonferenz beteiligt sein. Das ist richtig. Das BMZ hat auch einen Part in diesem Masterplan. Insoweit ist das BMZ auch beteiligt.
ZUSATZFRAGE STEINER: Das heißt, sie wissen schon, was darin steht?
PETERMANN: Das weiß ich nicht. Das bezweifle ich.
ZUSATZFRAGE STEINER: Vielleicht kann das BMZ das selber sagen.
MÄNZ: Herr Steiner, es ist so, wie es die Kollegin schon gesagt hat. Der Minister hat mit eigenen Vorschlägen praktisch ergänzt, was wir in Herkunftsländern gegen die Bekämpfung von Fluchtursachen tun.
Ob jetzt mein Minister den Inhalt kennt, das kann ich Ihnen tatsächlich nicht sagen.
FRAGE WARWEG: Ich hätte noch eine Nachfrage an das Bundesverteidigungsministerium zur letzten Nachreichung. In der Nachreichung zur „Strong Europe Tank Challenge 2018“ in Grafenwöhr verweisen Sie bei weiteren Fragen an die Pressestelle der US-Armee in Deutschland. Da stellt sich mir die Frage: Wieso verweist die Bundesregierung einen Journalisten in Deutschland zu Fragen eines Militärmanövers in Deutschland, bei dem die Bundeswehr zudem mit Gestalter war, an die Pressestelle der US-Armee in Deutschland?
FÄHNRICH: Das kann ich relativ kurz machen, weil genau diese Pressestelle verantwortlich ist. Denn „U.S. Army Europe“ leitet dieses Manöver. Sie sind für dieses Manöver verantwortlich. Sie können detailliert und am besten Antworten auf ihre Fragen geben.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber die Bundesregierung wäre grundsätzlich in der Lage, solche Fragen ebenfalls zu beantworten? Also gibt es eine Informationspflicht von Seiten der US-amerikanischen Armee gegenüber der Bundesregierung? Oder müssten sich Journalisten im Fall von solchen Manövern auf deutschem Gebiet grundsätzlich immer nur an die US-Armee wenden?
FÄHNRICH: Wir stehen in Deutschland natürlich im Austausch mit den amerikanischen Streitkräften. Aber im speziellen Fall, wo eben amerikanische Kräfte für die Durchführung der Übung verantwortlich sind, ist es am besten, bei ihnen nachzufragen, um die Antworten von dort und nicht über Ecken über uns zu bekommen.
FRAGE JUNG: Frau Petermann, ich würde noch einmal gern zu dem Fall Ali B. kommen und zu dem, was Sie Abschiebung nennen, was andere Freiheitsberaubung nennen, was eine Nicht-Auslieferung war. Da mussten Sie sich jetzt am Wochenende erneut korrigieren. Sie haben uns ja bis Freitag immer weismachen wollen, dass Herr Romann nicht die Maschine in Erbil verlassen hätte. Warum ist Ihnen am Freitag erst aufgefallen, dass Herr Romann doch die Maschine mit jeweils zwei anderen Personen, zwei anderen Deutschen, verlassen hat?
PETERMANN: Weil ich am Donnerstag oder Freitag erst danach gefragt wurde. Ich kann mich an vorher nicht erinnern.
Ich hatte gesagt: Die Polizeivollzugsbeamten, also diejenigen, die für die Sicherheit an Bord zuständig waren, haben den Flieger nicht verlassen, sondern Ali B. ist von den kurdischen Sicherheitskräften an Bord verbracht worden. Dass Herr Romann in seiner Funktion als Chef des Bundespolizeipräsidiums aus protokollarischen Gründen das Flugzeug verlassen hat, stand zumindest bis zu dem Zeitpunkt nicht in Frage. Ich habe das so als Frage auch nicht verstanden.
ZUSATZFRAGE JUNG: Das ist, glaube ich, falsch. Montag hatten Sie hier noch gesagt, dass Herr Romann und kein anderer die Maschine verlassen hätte. Darauf haben Sie ja bestanden.
PETERMANN: Offen gestanden habe ich das Protokoll im Wortlaut nicht gelesen. Sollte ich das so gesagt haben, dann wäre es in der Tat nicht ganz richtig. Herr Romann war nicht in seiner Funktion als Polizeivollzugsbeamter an Bord.
ZUSATZFRAGE JUNG: Am Mittwoch beziehungsweise am Dienstag mussten Sie sich schon korrigieren. Am Freitag haben Sie sich noch einmal korrigiert. Müssen wir jetzt erwarten, dass Sie sich in diesem Fall zu anderen Details auch noch korrigieren müssen? Oder ist es das jetzt gewesen?
PETERMANN: Die Frage kann ich so nicht beantworten. Sie müssten schon eine konkrete Frage stellen.
FRAGE STEINER: Frau Petermann, ganz einfach: Als was betrachten Sie das denn jetzt rechtlich, was dort in Erbil geschehen ist? Ist das eine Rücküberstellung oder eine Auslieferung? Was ist die rechtliche Kategorie, der Sie den ganzen Vorgang zuordnen?
PETERMANN: An der rechtlichen Qualifizierung musste ich mich zu keinem Zeitpunkt korrigieren. Das ist hinreichend in der vorigen Woche besprochen worden – am Montag sehr lange, am Mittwoch auch. Es war eine Abschiebung.
ZUSATZFRAGE STEINER: Es war eine Abschiebung durch die kurdische Regionalregierung? Der Meinung sind Sie immer noch?
PETERMANN: Die kurdischen Sicherheitsbehörden haben in ihrer Verantwortung Herrn Ali B. in den Flieger gebracht, um ihn nach Deutschland abzuschieben.
FRAGE JUNG: Frau Petermann, es ist interessant, weil eine Abschiebung ist an sich unmöglich. Die irakische Verfassung verbietet es genauso wie die deutsche, einen eigenen Staatsbürger in ein fremdes Land zu überstellen. Darum wundere ich mich, dass Sie sich immer noch auf Abschiebung konzentrieren. Denn das kann es einfach nicht sein. Damit führen Sie die Öffentlichkeit in die Irre.
PETERMANN: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Gibt es andere Ministerien in der Bundesregierung, die diese rechtliche Einschätzung teilen?
VORS. DETJEN: Keine Stellungnahmen.
FRAGE JESSEN: Frau Petermann, wir haben von Ihnen erfahren, in welcher Weise die Leitung des Ministeriums über den Vorgang informiert wurde, nämlich aus Erbil kurz vor der Realisierung. Trifft es zu, dass Herr Romann aber zuvor – vielleicht schon am Vortag – das BMI auf Arbeitsebene informiert hat? Wenn das so war, haben Sie recherchiert, warum dies nicht, weil es ja doch ein relevanter Vorgang war, an die Leitungsebene weitergegeben wurde?
PETERMANN: Wie wir es mitgeteilt haben, gab es ein Gespräch auf Arbeitsebene am Freitagnachmittag.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Also nicht erst kurz vor der Realisierung in Erbil, sondern schon zuvor?
PETERMANN: Ich wurde nach dem Minister gefragt. Der Minister wurde aus Erbil angerufen und hat sich die Rechtmäßigkeit zusichern lassen. Ich wurde nach dem Telefonat mit dem Staatssekretär gefragt. Im Anschluss fand ein Telefonat zwischen dem Staatssekretär und Herrn Romann aus Erbil statt.
FRAGE JESSEN: Die Frage war, ob es, bevor Herr Romann aus Erbil informiert hat, sozusagen ein ankündigendes Gespräch mit der Arbeitsebene im Ministerium gab und, wenn es das gab, warum die Arbeitsebene dies offenbar nicht an die Leitungsebene weitergegeben hat. Ich glaube, Herr Romann hat sich in diesem Sinne im Innenausschuss geäußert.
PETERMANN: Ich war nicht im Innenausschuss dabei. Ich kenne auch kein Protokoll.
Es gab ein Gespräch, eine Kenntnisnahme ins BMI in die Fachabteilung hinein, am Freitagnachmittag.
FRAGE JUNG: Nur zum Verständnis, Frau Petermann: Als Herr Romann Herrn Seehofer angerufen hat, war er gerade in Erbil angekommen? Hatte er da gerade schon mit den Kurden draußen Tee getrunken? Oder hatte er Herrn Seehofer angerufen, als der Verdächtige und er wieder im Flugzeug waren?
PETERMANN: Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass er aus Erbil heraus angerufen hat. Ob er dabei Tee getrunken hat oder schon im Flieger saß, weiß ich nicht.
VORS. DETJEN: Es gibt noch eine Nachreichung von Herrn Seibert.
STS SEIBERT: Ich habe noch Relocation-Zahlen nachzureichen. Sie hatten Herrn Jung ja interessiert.
Insgesamt sind im Ergebnis über 30 000 Schutzsuchende aus Griechenland und Italien in andere EU-Mitgliedstaaten umgesiedelt worden, davon 10 826 Asylsuchende nach Deutschland, und zwar 5391 aus Griechenland und 5435 aus Italien.
ZURUF JUNG: Zeitraum?
STS SEIBERT: Diese Zahlen sind vom 30.05 2018. Beginn der Relocation-Aktion war im Dezember 2015.
Dabei müssen Sie bedenken, weil ich Sie schon so den Kopf schütteln sehe, dass für Relocation nur Asylsuchende aus Herkunftsländern in Frage kamen, bei denen die durchschnittliche Anerkennungsquote in der Europäischen Union über 75 Prozent beträgt und die bis zu einem gewissen Zeitpunkt im September 2017 in Italien oder Griechenland angekommen sein mussten.
FRAGE PICHLER: An das Bundesfinanzministerium: Frau Schwamberger, Ihr Minister und der französische Minister Le Maire haben in Hamburg über die Reform der Eurozone diskutiert. Sind diese Verhandlungen jetzt auf Ministerebene abgeschlossen? Können Sie noch etwas dazu sagen, ob es bei dem Punkt „eigenes Budget der Eurozone“ vorgesehen ist, dass diese Hilfen wieder zurückgezahlt werden?
SCHWAMBERGER: Herr Pichler, das Treffen der beiden Minister am Samstag war ein Treffen in Vorbereitung des morgigen deutsch-französischen Ministertreffens in Meseberg. Dort soll, wie Sie wissen, ein gemeinsamer deutsch-französischer Reformvorschlag für die Eurozone beraten werden. Er soll auch beschlossen werden. Eigentlich kann ich diesem Beschluss, der erst morgen beraten wird, nicht vorweggreifen.
ZUSATZFRAGE PICHLER: Jetzt gibt es Berichte – das ist seit langem bekannt , dass es ein eigenes Budget für die Eurozone geben soll. Wie stellen Sie sich denn dazu?
SCHWAMBERGER: Auch das ist eine Vermutung mit Blick auf das, was morgen beraten und als gemeinsamer Reformvorschlag beschlossen wird. Es ist nichts beschlossen, bevor nicht alles beschlossen wird. Morgen treffen sich der französische Regierungschef und die Bundeskanzlerin mit einigen Fachministern und werden genau über dieses Themenpaket beraten.
FRAGE HELLER: Frau Schwamberger, können Sie mir sagen, ob der Vorschlag Euro-Zonen-Budget dasselbe ist wie eine Euro-Fiskalkapazität?
Grundsätzlich: Gibt es denn inzwischen ein gemeinsames Verständnis der beiden Länder, was diese Fiskalkapazität überhaupt beschreiben soll, was sie tun soll?
SCHWAMBERGER: Auch da gilt: Das sind mehrere Aspekte, die im Vorfeld des morgigen Treffens von verschiedenen Seiten diskutiert wurden. Zu einzelnen Aspekten kann ich Ihnen vor dem morgigen Treffen nichts sagen.
FRAGE JENNEN: Ich muss auch noch einmal nachfragen. Wir wissen von der französischen Seite, dass sie ein „echtes“ Euro-Zonen-Budget möchte. Das heißt natürlich, an der Eurogruppe angekoppelt. Ist das etwas, was für die Bundesregierung in irgendeiner Art und Weise akzeptabel wäre? – Das ist eine Frage an Herrn Seibert, aber natürlich auch an Sie, Frau Schwamberger.
SCHWAMBERGER: Von meiner Seite aus kann ich sagen: Ich kann das morgige Gespräch hier nicht vorwegnehmen. Man trifft sich auch morgen, um diese Fragen gemeinsam zu diskutieren, und macht das nicht über die Bundespressekonferenz.
STS SEIBERT: Das sehe ich genauso wie die Kollegin vom Bundesfinanzministerium. Deutschland und Frankreich wollen morgen deutsch-französische Vorschläge erarbeiten, die dann in die Meinungsbildung beim Europäischen Rat Ende Juni einfließen. Die Bundeskanzlerin hat sich ja in den letzten zwei, drei Wochen bei verschiedenen Gelegenheiten über ihre Vorstellungen zu den zukünftigen zentralen Aufgaben der Europäischen Union geäußert. Sie hat Vorschläge gemacht.
Im Wesentlichen geht es um vier Themenbereiche:
Erstens die gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, zweitens die große Herausforderung der Migration, über die wir ja hier schon ausführlich gesprochen haben – und zwar Migration sowohl in der EU-internen Dimension, gemeinsames europäisches Asylsystem usw., als auch in der externen Dimension, also Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten. Drittens geht es um die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion, um nachhaltiges dauerhaftes Wachstum für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu erreichen. Der vierte große Themenbereich ist die Frage der Wettbewerbsfähigkeit, der Innovation des digitalen Binnenmarktes, der Impulse, die Deutschland und Frankreich geben wollen, gerade bei so wichtigen Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz oder andere wichtige Forschungsbereiche.
Das sind die Bereiche. Dazu gab es Vorgespräche, jetzt gerade in Hamburg das wurde gesagt , aber natürlich auch in anderer Form. Morgen wird man versuchen, einen gemeinsamen deutsch-französischen Vorschlag zu präsentieren.
FRAGE PICHLER: Jetzt gibt es schon Kritik seitens der niederländischen Regierung an dem Sinn dieser Eurozonen-Erweiterung. In welcher Weise ist denn geplant, die Partner ins Boot zu setzen? Was planen denn Deutschland und Frankreich, um die übrigen Euro-Mitgliedstaaten zu informieren?
SCHWAMBERGER: Man ist sowieso ständig im Kontakt mit allen europäischen Partnern und laufend im Gespräch. Das gilt auch für die Ebene der Finanzminister. Wie Sie wissen, ist Ende der Woche ein Treffen der europäischen Finanzminister in Luxemburg. Das ist natürlich eine gute Gelegenheit, um mit den anderen europäischen Finanzministern einen möglichen deutsch-französischen Reformvorschlag aus Meseberg heraus vorzustellen und darüber zu diskutieren.
STS SEIBERT: Auch das Bundeskanzleramt und die Bundeskanzlerin selber stehen in regelmäßigem Kontakt mit zahlreichen ihrer Regierungschefkollegen.
FRAGE JÖLLI: Das offizielle Österreich ist momentan ziemlich erbost, weil Österreich von Deutschland jahrelang systematisch ausspioniert worden ist. Die Regierung und der Bundespräsident verlangen volle Aufklärung. Können Sie, Herr Seibert, schon etwas dazu beitragen?
STS SEIBERT: Sie wissen sicherlich, dass wir zu operativen Aspekten der nachrichtendienstlichen Tätigkeit grundsätzlich nur gegenüber den zuständigen und geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages Stellung nehmen. Insofern kann ich den Sachverhalt, über den berichtet wurde, an dieser Stelle weder bestätigen noch dementieren.
Ich kann Ihnen sagen: Wirtschaftsspionage hat weder in der Vergangenheit zu den Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes gehört, noch ist dies gegenwärtig der Fall. Sie wissen, dass wir eine Reform des BND-Gesetzes im Jahr 2016 hatten. Dadurch ist das für die sogenannte Ausland-Ausland-Aufklärung noch einmal ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben worden. Ausland-Ausland-Aufklärung nennt man die strategische Fernmeldeaufklärung von Ausländern im Ausland, die hier aus dem Inland gesteuert wird.
ZUSATZFRAGE JÖLLI: Heißt das, dass dieses neue Gesetz das Ausspionieren gar nicht mehr erlaubt oder nur mehr ein bisschen?
STS SEIBERT: Das Gesetz ist am 31. Dezember 2016 in Kraft getreten. Gerade zu der Frage der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung hat es die Rechtssicherheit und damit aber auch die Handlungsfähigkeit des BND gestärkt. Der Rechtsrahmen für das, was im Rahmen dieser Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung getan werden darf, ist klar abgesteckt worden, ohne die Aufklärungsfähigkeit des BND zu beschneiden.
FRAGE HELLER: Ich kann Ihre Zurückhaltung etwas schlecht nachvollziehen, Herr Seibert. Denn der Satz der Kanzlerin, dass das Ausspähen von Freunden überhaupt nicht gehe, ist ja auch hier gefallen, und er ist auch hier geäußert worden. Gilt dieser Satz eigentlich immer noch?
STS SEIBERT: Ja, die Aussage gilt.
FRAGE STEINER: Herr Seibert, schauen wir einmal, ob Sie etwas dazu sagen möchten. Vielleicht wäre das ja der eleganteste Ausweg. Zum Beispiel mit der Schweiz gibt es ein sogenanntes No-Spy-Abkommen unabhängig davon, welcher Qualität es sein mag. Gibt es etwas Entsprechendes auch mit Österreich?
STS SEIBERT: Das kann ich Ihnen nicht sagen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Weil Sie es nicht wissen, oder weil Sie es nicht vortragen mögen?
STS SEIBERT: Weil ich es konkret im Moment nicht weiß. Wenn ich mich erkundigt habe, dann werde ich auch wissen, ob ich es Ihnen sagen könnte. Das kann auch unter den operativen Bereich unserer nachrichtendienstlichen Tätigkeiten fallen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Nur damit ich es richtig verstehe: Das Ziel der No-Spy-Abkommen diente dem politischen Ziel, aus der ganzen gegenseitigen Ausspähung herauszukommen. Das hat Frau Merkel mehrfach im Zuge der ganzen NSA-Affäre gesagt. Wir wissen aber nicht, wie weit sie damit insgesamt gekommen ist.
Könnten Sie uns insgesamt einmal einen Stand nennen, wie weit man damit gekommen ist? Denn das Gesetz ist teilweise ja die unilaterale Umsetzung eben dieses Zieles.
STS SEIBERT: Ich habe das Gesetz zur Reform des BND erwähnt, das am 31. Dezember 2016 in Kraft getreten ist. Es hat notwendige Rechtssicherheit geschaffen und gleichzeitig, was in unser aller Interesse liegt, die Handlungsfähigkeit des BND gestärkt und nicht beeinträchtigt. Ich habe trotzdem gesagt: Wirtschaftsspionage hat früher nicht zur den Aufgaben des BND gehört und gehört auch jetzt nicht dazu. Vielmehr ist es die Aufgabe des BND, Erkenntnisse im Ausland zu gewinnen, die für uns in der Bundesrepublik Deutschland von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind. Dadurch leistet er einen weiten und wichtigen Beitrag zur Sicherheit unseres Landes.
ZURUF STEINER: Das war aber nicht die Frage!
FRAGE JUNG: Herr Seibert, können und wollen Sie sagen, wann die Überwachung österreichischer Institutionen oder Institutionen in Österreich aufgehört hat?
STS SEIBERT: Sie haben ja meinen ersten Satz gehört, dass über die operativen Aspekte der nachrichtendienstlichen Arbeit die zuständigen Bundestagsgremien informiert werden und dass ich hier Sachverhalte, die in der Berichterstattung sind, weder bestätigen noch dementieren kann.
ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie also auch nicht bestätigen oder dementieren, ob die BND-Überwachung von Institutionen in Österreich weiterhin läuft?
STS SEIBERT: Ich denke, mein Satz war sehr deutlich.
FRAGE JÖLLI: Herr Seibert, wenn Sie sagen, dass der Satz, ein Ausspionieren unter Freunden gehe gar nicht, immer noch gelte, heißt das dann, dass Österreich nicht mehr zu den Freunden zählt?
STS SEIBERT: Österreich ist ein guter Freund unseres Landes, und wir sind hoffentlich auch gute Freunde der Österreicher so habe ich es jedenfalls beim jüngsten Besuch des österreichischen Bundeskanzlers hier empfunden.
FRAGE WARWEG: Was ist eine Bundespressekonferenz ohne die Causa Skripal? Und ich mag den Klang der Formulierung: „von hoher Plausibilität“. Deswegen noch eine Frage: Die britischen Ermittler haben mit Stand Juni 2018 betont, dass sie bisher über keine einzige Fährte zu einem Verdächtigen verfügen. Auch Russland wird dort nicht genannt. Gleichzeitig hat Außenminister Heiko Maas bereits am 19. März gesagt, ihm lägen zahlreiche Details und Belege vor, die die Schuld Russland belegten.
Deshalb meine Frage an die Bundesregierung: Wie erklärt sich die Bundesregierung das Phänomen, dass Außenminister Heiko Maas bereits am 19. März über mehr Wissen verfügte als die britischen Ermittler nach drei Monaten intensiver Untersuchungen?
STS SEIBERT: Vielleicht möchte die Kollegin des AA übernehmen. Ich bin ziemlich sicher, dass Sie den Außenminister in seiner Äußerung vom März nicht korrekt zitiert haben. Denn wir haben immer davon gesprochen, dass wir uns der britischen Einschätzung anschließen und dass auch wir keine alternative plausible Erklärung sehen.
ADEBAHR: Genau so ist es. Im Übrigen habe ich, meine ich, vor zwei oder drei Pressekonferenzen hier auch schon damals waren Sie nicht da ganz ausführlich dazu vorgetragen, auch zu den neueren Entwicklungen und Gutachten, die es gab. Darauf möchte ich Sie gern verweisen.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Abgeordnete verschiedener Bundestagsfraktionen haben gegenüber RT Deutsch bestätigt, dass die Bundesregierung nach dem Fall Skripal zunächst geleugnet habe, dass sie im Besitz von Nowitschokproben sei. Später kam an die Öffentlichkeit, dass die Bundesregierung seit den 1990er-Jahren sehr wohl über Nowitschokproben verfügt. Das führt mich zu der Frage: Hat die Bundesregierung die Abgeordneten des Deutschen Bundestages angelogen, oder war sie über die Machenschaften des BND nicht informiert?
STS SEIBERT: Zu Teil eins ihrer Frage: Selbstverständlich nicht.
ZURUF WARWEG: Die Frage ist nicht wirklich beantwortet!
FRAGE LANGE: Zum Thema Audi eine Frage an das Verkehrsministerium: Wie kommentieren Sie die vorläufige Festnahme von Herrn Stadler? Ich wüsste auch gern, ob Ihr Haus vorher von dem ganzen Vorgehen informiert war, vor allen Dingen auch von dem Sachverhalt, der offenbar zu der vorläufigen Festnahme geführt hat.
BUSER: Vielen Dank für die Frage. Die angesprochenen Medienberichte habe ich selbstverständlich zur Kenntnis genommen. Darüber hinaus habe ich keine weiteren Informationen. Zu staatsanwaltschaftlichen Vorgängen äußern wir uns generell nicht.
FRAGE: Herr Seibert, ich hätte gern einen Kommentar der Bundesregierung zur Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen Athen und Skopje gestern.
STS SEIBERT: Wir waren sehr froh, zu sehen, dass die beiden Außenminister diese Vereinbarung gestern unterzeichnet haben. Wir begrüßen das ausdrücklich. Das gibt uns auch eine gewisse Zuversicht. Gleichzeitig ist es ein Grund zur Sorge, dass es Berichte über sogar gewaltsame Demonstrationen in Skopje gegen die Einigung im Streit um den künftigen Staatsnamen gibt. Die Bundesregierung ruft alle Beteiligten zu Ruhe und Besonnenheit auf.
Es bleibt dabei: Aus Sicht der Bundesregierung ist diese Einigung ein bedeutender Fortschritt für beide Seiten. Diese Vereinbarung kann Hindernisse beim grenzüberschreitenden Ausbau von Handel und Infrastruktur beseitigen. Das wird zur regionalen Stabilität beitragen. Wir sind überzeugt, dass, wenn es nun Seiten gibt, die kurzsichtig auf nationalistischen Positionen beharren, sie dieser Einigung und auch vielen Menschen in der Region schaden, die sich sicherlich nach Stabilität und auch wirtschaftlichem Wohlstand sehnen.
Jedenfalls haben die beiden Regierungschefs, Herr Zaev und Herr Tsipras, diesen wirklich bedeutenden Kompromiss möglich gemacht, der einen ja Jahrzehnte andauernden Konflikt beenden kann. Die Bundesregierung appelliert nachdrücklich an alle Seiten und alle politischen Kräfte in beiden Ländern, diese Kompromisslösung mitzutragen.
FRAGE JUNG: Eine Lernfrage an Frau Adebahr zur UN-Vollversammlungsabstimmung letzte Woche: Die israelische Regierung wurde per Resolution aufgefordert, die Gewalt gegen palästinensische Demonstranten im Gazastreifen einzustellen. 120 Länder haben zugestimmt; acht Länder haben dagegen gestimmt; 45 Länder haben sich enthalten. Was hat die Bundesregierung gemacht?
ADEBAHR: Wir haben uns bei dieser Resolution wie 44 weitere Staaten der Stimme enthalten. Deutschland ist, wie Sie wissen, noch nicht temporäres Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Wir haben nicht abgestimmt und waren an den Textverhandlungen auch nicht in der Art und Weise beteiligt, was uns ein anderes Abstimmungsverhalten möglich gemacht hätte.
Worum geht es? Vielleicht interessiert es auch die anderen Kollegen. Es ging darum, dass sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen vergangenen Mittwoch im Rahmen einer sogenannten Sondernotstandssitzung mit der Lage im Gazastreifen befasst hat. Die Sitzung war von Algerien als Vorsitz der arabischen Gruppe und der Türkei für die Organisation für Islamische Zusammenarbeit, OIC, beantragt worden. Auf diese Abstimmung bezog sich Ihre Frage, wenn ich es richtig verstanden habe.
ZUSATZFRAGE JUNG: Warum haben Sie sich enthalten? Was war in der Resolution aus Ihrer Sicht nicht machbar oder nicht richtig?
ADEBAHR: Wir haben uns aus verschiedenen Gründen der Stimme enthalten. Sie haben unsere Position schon mehrfach gehört, nämlich dass auf der einen Seite der massive Schusswaffengebrauch der israelischen Armee Zweifel zulässt, ob die Verhältnismäßigkeit in allen Fällen gewahrt wurde, und dass wir auf der anderen Seite beispielsweise den Einsatz von brennenden Drachen oder Sprengsätzen verurteilt haben. Unsere Position der Ausgewogenheit und des Appells an beide Seiten hat uns dazu geführt, dass wir uns in einer Stimmenthaltung mit 44 anderen Staaten am besten platziert sahen.