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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 1. Juli 2020

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, 17. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, Nationale Demenzstrategie, Entwurf des Berichts zur Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinten Nationen 2018/2019, Einreisebeschränkungen gegenüber Drittstaatsangehörigen im Zusammenhang mit COVID-19, Formulierungshilfe für das sogenannte Kohleausstiegsgesetz), Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, Beginn des deutschen Vorsitzes im UN-Sicherheitsrat, Treffen des Bundesaußenministers mit seinem kroatischen Amtskollegen, COVID-19-Pandemie (ansteigende Infektionszahlen in Oberösterreich, Bevorratung von Remdesivir, Mieterschutz, Finanzierung der Coronatests), Interviewäußerungen des Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Besuch des türkischen Außenministers in Berlin, Präsidentschaftswahlkampf in Weißrussland, Auftaktveranstaltung anlässlich der deutschen Übernahme des HELCOM-Vorsitzes, Untersuchung der Ursache für den Tod von 30 Schweinswalen in der Ostsee, Afghanistan, Ergebnisse der Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte, Wirecard

2:08 Bericht aus dem Kabinett

Naive Fragen zu:
4:10 Antibiotika Massentierhaltung
– Warum werden Antibiotika in der Massentierhaltung nicht an sich verboten? Warum soll das jetzt minimiert werden? (ab 6:24)
– Dass Antibiotika eingesetzt werden, um Krankheiten vorzubeugen bzw. um sie zu bekämpfen, ist klar. Aber die Krankheiten bei der Massentierhaltung entstehen ja dadurch, dass es Massentierhaltungen sind. Noch einmal: Warum verbietet man nicht den Einsatz von Antibiotika an sich? So bekämpft man ja auch die Massentierhaltung, die Sie ja bekämpfen wollen.

14:00 Einreise Drittstaaten
– Können Sie kurz die acht Staaten nennen? Wie wird die Quarantäne überprüft? (ab 16:26)
– Ich hatte gefragt, wie Sie die Quarantäne überprüfen können und wollen.

28:47 UN/Israelische Annexionspläne
– ich fand es interessant, dass Sie gerade, was Israel betrifft, nicht sagten, dass sie irgendetwas auf die Tagesordnung bringen werden. Wie kommt das? Wird die Bundesregierung vielleicht eine Resolution zu den Annexionsplänen einbringen? Wie wollen Sie mit der Annexion umgehen? (ab 31:28)

37:30 Weißrussland
– Ich will das Belarus-Thema dann vielleicht doch nicht hinten herunterfallen lassen, weil der Herausforderer des Diktators Lukaschenko, Herr Babariko, jetzt festgenommen wurde. Wie bewerte die Bundesregierung das?

39:35 Tote Schweinswale
– Ich war auf dem Stand, dass das BMU belastbare Hinweise dafür hat, dass die Bundesregierung für den Tod dieser Schweinswale verantwortlich ist. Korrekt? (46:13)

55:05 Mieterschutz
– Mein Stand war, dass bis gestern Mieterinnen und Mieter vor Kündigung geschützt waren, falls sie aufgrund der Coronakrise in Zahlungsrückstände geraten sind. Mein Stand war auch, dass die Große Koalition und damit die Bundesregierung sich Mitte Juni darauf verständigt hat, dass dieser Schutz für die Mieterinnen und Mieter bis Mitte September verlängert wird. Gestern kam aber die Nachricht, dass das doch nicht weiterlaufe, dass also dieser Schutz zum 1. Juli nicht verlängert wird. Stimmt das? Wenn ja: Warum wird das nicht verlängert, obwohl es diese Absprache gab? Ich war auf dem Stand, dass die Justizministerin das als Verordnung verlängern kann. Warum tut sie das dann nicht?
– Wer in der Bundesregierung hat diese Verordnung blockiert? Das betrifft ja Millionen von Mietern und Mieterinnen. Vielen droht vielleicht, dass sie gekündigt werden und in der Coronakrise aus ihrer Wohnung heraus müssen. Warum hat die Bundesregierung diese Verordnung nicht verlängert?
– Warum hat denn Ihre Ministerin, Ihr Haus es als notwendig angesehen, das zu verlängern? Können Sie das einmal begründen?
– Warum haben Sie das vorgeschlagen?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 1. Juli 2020:

SRS’IN FIETZ: Guten Tag auch von meiner Seite. Ich stelle Ihnen die Kabinettsthemen des heutigen Tages vor.

Die Bundesregierung hat heute den Gesetzentwurf zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens beschlossen. Er setzt die Vorgaben der EU-Restrukturierungrichtlinie im Bereich der Restschuldbefreiung um. Mit dem Instrument der Restschuldbefreiung können Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen die Befreiung von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern erlangen. Dies soll ihnen die Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang geben.

Der Gesetzentwurf sieht nun vor, die Dauer des regulären Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs auf drei Jahre zu verkürzen. Eine volle Entschuldung soll damit nach drei Jahren möglich sein, ohne dass diese an die Erfüllung einer Mindestbefriedigungsquote der Gläubiger und die Begleichung von Verfahrenskosten gebunden ist. Das soll sowohl für unternehmerisch tätige Personen als auch für überschuldete Verbraucherinnen und Verbraucher gelten. Wie bisher müssen Schuldner umfangreichen Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten erfüllen, um ihre Restschuldbefreiung erlangen zu können. Die Verkürzung der Verfahrensdauer ist für alle Verfahren vorgesehen, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt werden.

Gerade mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie erscheint es angezeigt, dass redliche Schuldner dadurch schneller die Möglichkeit für einen Neuanfang erhalten. Die Regelung ist Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungspaktes der Bundesregierung.

Dann kommen wir zum zweiten Thema. Dabei geht es um ein Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes. Die Bundesregierung hat heute neue Regeln zum Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren beschlossen. Es handelt sich um technisch­administrative Änderungen, die überwiegend Halter von Masttieren betreffen. Sie basieren auf einer im Juni 2019 vorgelegten Evaluation der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes. Mit dieser Novelle wurde 2014 ein Antibiotikaminimierungskonzept eingeführt.

Mit den Änderungen wird ein nachhaltiger Beitrag zur Verbesserung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes geleistet. Sie dienen der noch besseren Prävention der Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen aus der Nutztierhaltung und der Verbesserung der Qualität der Daten, die aufgrund des Antibiotikaminimierungskonzeptes erhoben werden.

Unter anderem wurden folgende Neuerungen beschlossen: Tierhalter müssen künftig nicht nur melden, wenn sie antibakteriell wirksame Arzneimittel verwenden, sondern sind auch zur Meldung verpflichtet, wenn sie solche Arzneimittel nicht anwenden. Zusätzlich zur Anzahl der Behandlungstage ist nun auch das Anwendungs- oder Abgabedatum des Arzneimittels anzugeben. Des Weiteren wird es dem Bundesinstitut für Risikobewertung ermöglicht, die im Rahmen des Antibiotikaminimierungskonzepts erhobenen Daten auch über die Evaluierung hinaus weiterhin auszuwerten. Alle Neuerungen tragen dazu bei, die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen besser einzuschätzen.

Außerdem können Tierhalter künftig auch auf elektronischem Wege die Einhaltung tierärztlicher Behandlungsanweisungen melden. Das war bisher nur schriftlich möglich. Durch den geringeren Zeitaufwand wird die Wirtschaft trotz der gestiegenen Meldepflichten um fast zwei Millionen Euro entlastet.

FRAGE JUNG: Warum werden Antibiotika in der Massentierhaltung nicht an sich verboten? Warum soll das jetzt minimiert werden?

SRS’IN FIETZ: Vielleicht kann die Kollegin vom BMEL dazu Stellung nehmen.

BRANDT: Vielen Dank. Auch bei Tieren gibt es Krankheiten, bei denen die Tiere auf Antibiotikaeinsatz angewiesen sind. Dann muss es auch die Möglichkeit geben, den Tieren zu helfen.

Das Thema der Reserveantibiotika ist auch wichtig. Ein Verbot von Reserveantibiotika können wir national nicht regeln. Deshalb gibt es auf EU-Ebene das Vorhaben, eine Liste von Reserveantibiotika festzulegen, die nur für die Humanmedizin vorgelegt sind. Das soll bis 2022 erfolgen. Unser Ministerium setzt sich sehr dafür ein, dass das auch tatsächlich erfolgt und dass es im Zuge der Coronapandemie nicht zu Verzögerungen kommt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Dass Antibiotika eingesetzt werden, um Krankheiten vorzubeugen bzw. um sie zu bekämpfen, ist klar. Aber die Krankheiten bei der Massentierhaltung entstehen ja dadurch, dass es Massentierhaltungen sind.

Noch einmal: Warum verbietet man nicht den Einsatz von Antibiotika an sich? So bekämpft man ja auch die Massentierhaltung, die Sie ja bekämpfen wollen.

BRANDT: Den Einsatz von Antibiotika können wir, wie gesagt, nicht einfach so verbieten, auch weil es den Tieren vorbehalten bleiben muss. Die anderen Infos habe ich Ihnen schon gegeben.

FRAGE JESSEN: Sie haben gesagt, dass der Einsatz von Antibiotika detailliert gemeldet werden müsse, aber auch der Nichteinsatz. Wie habe ich mir das vorzustellen, und warum ist das jetzt Vorschrift? Denn das bedeutet ja eine generelle Meldepflicht für jeden Tierhalter, oder?

BRANDT: Genau. Das ist praktisch eine Meldeverschärfung, damit wir einen noch besseren Überblick bekommen. Es kann ja vorkommen, dass ein Tierhalter das einmal vergisst und eben nicht meldet. Mit der Pflicht zur Nullmeldung wollen wir einen noch besseren und noch detaillierteren Überblick und eine bessere Datengrundlage bekommen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ist das also sozusagen die Schließung eines Vergessenstürchens?

BRANDT: Wie auch immer Sie es formulieren möchten, ist das jedenfalls ein wichtiger Schritt und das, was wir schnell tun können, um das System zu verbessern. Das wollen wir jetzt zeitnah tun.

SRS’IN FIETZ: Das Bundeskabinett hat heute außerdem die Nationale Demenzstrategie beschlossen. 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind an Demenz erkrankt. Die Zahl der Betroffenen wird weiter steigen und könnte 2050 bei etwa 2,8 Millionen liegen. Ziel der Nationalen Demenzstrategie ist es, das Leben von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen nachhaltig zu verbessern.

Konkret geht es darum, Strukturen zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz an ihrem Lebensort aus- und aufzubauen. Denn es ist wichtig, dass Menschen mit Demenz in der Mitte der Gesellschaft bleiben und sich ihre Selbstständigkeit so lange wie möglich erhalten können. Außerdem wollen wir Betroffene und ihre Angehörigen zum Beispiel durch noch bessere Beratung und Gesundheitsvorsorge auch für die Angehörigen und eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stärken. Die medizinische und pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz wollen wir weiterentwickeln sowie mehr exzellente Forschung zu Demenz fördern.

Innerhalb der Demenzstrategie wurden 27 Ziele formuliert und rund 160 Maßnahmen vereinbart. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung von Vor-Ort-Netzwerken. In diesen lokalen Netzwerken entstehen Angebote der Beratung und Unterstützung für Betroffene und Angehörige. Zusätzlich wird der Aufbau regionaler Netzwerke intensiviert, die sich an Akteure richten, die an der pflegerischen Versorgung von Menschen mit Demenz beteiligt sind. Die hierfür vorgesehenen Mittel aus der sozialen Pflegeversicherung sollen deutlich erhöht werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Begleitung und Beratung von Betroffenen nach der Diagnose einer Demenzerkrankung zu verbessern. Zu diesem Zweck sollen professionelle und ehrenamtliche Unterstützungsangebote ausgebaut werden.

Auch die Gesundheitsförderung für pflegende Angehörige soll weiter verbessert werden. Denn Menschen mit Demenz bringen diese Angehörigen immer wieder an ihre Belastungsgrenzen. Des Weiteren ist eine bundesweite Sensibilisierungskampagne geplant, die aufklären und zum Engagement aufrufen soll.

Vorläufer der Nationalen Demenzstrategie ist die Allianz für Menschen mit Demenz, die in den Jahren 2014 bis 2018 die Agenda „Gemeinsam für Menschen mit Demenz“ umgesetzt hat. Daran anknüpfend wurde die Demenzstrategie entwickelt, und zwar von der Bundesregierung gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft, Vertreterinnen und Vertretern der Länder, der Kommunen, der Zivilgesellschaft, der Verbände aus Pflege und Gesundheitswesen sowie der Wissenschaft.

Im September soll der gemeinsame Startschuss zur Umsetzung fallen. 2026 soll Bilanz gezogen werden.

Das Kabinett hat heute den Bericht der Bundesregierung zur Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinten Nationen und einzelnen, global agierenden, internationalen Organisationen und Institutionen im Rahmen des VN-Systems in den Jahren 2018 und 2019 beschlossen. Der Bericht stellt in umfassender Form die Bandbreite des Engagements der Bundesregierung in den Vereinten Nationen dar. Er reflektiert den hohen Stellenwert, dem die internationale regelbasierte Ordnung im außenpolitischen Handeln Deutschlands zukommt.

Hervorzuheben sind das deutsche Engagement im Sicherheitsrat, wobei der Einsatz für den Sudan, für den Zugang der humanitären Hilfe nach Syrien, der Fokus auf Prävention als deutsches Markenzeichen und das Engagement im Bereich Umwelt und Klima besonders nennenswert sind.

Aufgrund ihrer einzigartigen Legitimation haben die UN entscheidenden Anteil an der Herausbildung und Fortentwicklung gemeinsamer Werte und Normen, die das internationale Handeln von Staaten und nichtstaatlichen Akteuren leiten. Die jetzige Pandemie bestätigt die Notwendigkeit eines funktionierenden regelbasierten internationalen Systems und funktionierender UN-Organisationen. Deutschland setzt sich mit Nachdruck für die regelbasierte internationale Ordnung und eine Stärkung der Autorität und Effizienz der UN ein.

Dann kommen wir zum Thema der Einreisebeschränkungen für Drittstaatsangehörige. Wie Sie wissen, laufen die bisherigen Einreisebeschränkungen an den EU-Außengrenzen für Drittstaatsangehörige aus Infektionsschutzgründen aus. Auch wenn wir alle weiterhin vorsichtig bleiben müssen, ist es nun an der Zeit, EU-weit mögliche Lockerungen der Einreisebeschränkungen zum Beispiel für die Einreise aus Ländern, deren Gesundheitssituation der EU auf der Grundlage von verlässlichen Kriterien und Daten ähnlich ist, zu besprechen.

Hierzu hat der Bundesinnenminister heute im Kabinett das gemeinsame weitere Vorgehen vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen dabei unter anderem folgende Maßnahmen, die wir als Bundesregierung ab morgen, den 2. Juli, umsetzen werden:

Einreisen aus Drittstaaten mit geringem Infektionsgeschehen, entsprechend der auf EU-Ebene auf der Basis einheitlicher Kriterien konsentierten Staatenliste, sind ohne Einschränkungen möglich. Die Staatenliste wird zweiwöchentlich aktualisiert.

Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, diese Einreisen schrittweise und nicht für alle Länder gleichzeitig zu öffnen. Für die Bundesrepublik werden aufgrund der vorliegenden Datenlage unbeschränkte Einreisemöglichkeiten zunächst für acht Staaten eröffnet. Für drei weitere Staaten werden sie eröffnet, wenn auch diese Staaten ihrerseits die Einreisemöglichkeiten erweitern.

Es gibt erweiterte Einreisemöglichkeiten für Reisende aus allen anderen Drittstaaten, die einen wichtigen Reisegrund haben.

Ein weiterer Punkt ist, dass für die Festlegung der Einreisemöglichkeit der vorherige Aufenthaltsort der Reisenden ausschlaggebend ist, nicht ihre Staatsangehörigkeit.

Unabhängig von den Einreisemöglichkeiten gilt in Deutschland weiter eine Quarantänepflicht auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes in allen Bundesländern für Ein- und Rückreisende aus Risikogebieten.

FRAGE JUNG: Können Sie kurz die acht Staaten nennen?

Zweitens. Wie wird die Quarantäne überprüft?

GRÜNEWÄLDER: Das BMI hat dazu eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der Sie auch die Staaten finden, für die das gilt. Ich kann sie Ihnen hier aber auch gerne vorlesen.

ZUSATZ JUNG: Ja, bitte.

GRÜNEWÄLDER: Australien, Georgien, Kanada, Montenegro, Neuseeland, Thailand, Tunesien und Uruguay. Angehörige aus diesen Staaten können ohne Beschränkungen wieder einreisen, auch nach Deutschland.

Dann gibt es drei weitere Staaten, bei denen es davon abhängig ist, dass diese Regeln finden und erlassen, die mit den deutschen und europäischen Regeln vergleichbar sind. Das sind Japan, Südkorea und China. Für China gilt diese Einschränkung schon nach der EU-Staatenliste; bei den Erstgenannten ist das eine deutsche Maßnahme.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich hatte gefragt, wie Sie die Quarantäne überprüfen können und wollen.

GRÜNEWÄLDER: Wie Sie wissen, ist für die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes das jeweilige Land zuständig. Es gibt in allen Bundesländern entsprechende Verordnungen, die auch eine Quarantäne für Menschen vorsehen, die aus als Risikogebiete eingestuften Staaten nach Deutschland in eben dieses Bundesland einreisen. Für die Umsetzung sind die jeweiligen Länder und dort die Gesundheitsbehörden vor Ort zuständig.

FRAGE BLANK: Weil es dazu passt, was Einreisebeschränkungen angeht, hätte ich eine Frage im Zusammenhang mit den ansteigenden Coronazahlen in Oberösterreich. Dort sind wieder verschärfte Maßnahmen ergriffen worden. Hat das Auswirkungen auf mögliche Einreisebestimmungen für Österreicher, wie wir das ja umgekehrt nach Österreich hatten, nachdem es in Gütersloh losgegangen ist? Macht man sich darüber Gedanken? Vielleicht kann das Außenministerium dazu auch etwas sagen. Redet man möglicherweise über Einreisebeschränkungen für Menschen aus Oberösterreich?

GRÜNEWÄLDER: Es ging heute im Kabinett erst einmal um die Lockerung von Einreisebeschränkungen für Menschen aus EU- und Drittstaaten. Wie Sie wissen, gilt innerhalb von Europa der freie Reiseverkehr. Wir haben gerade erst die vorläufig angeordneten Binnen- und Grenzkontrollen, die uns erforderlich schienen, um die Infektionszahlen zu reduzieren und auch Infektionswege nach Deutschland aus dem europäischen Ausland zu verhindern, auslaufen lassen. Es besteht im Moment keine Absicht, das wieder rückgängig zu machen.

Allerdings beobachtet die Bundesregierung das Infektionsgeschehen nicht nur in Deutschland, sondern auch außerhalb von Deutschland sehr genau. Die Quarantäneregelung der Bundesländer, die ich gerade angesprochen haben, gibt hier ja auch Möglichkeiten, dass man bei Einreisen aus einem Land mit erhöhter Infektionszahl verpflichtend eine Quarantäne anordnet. Die Grenze liegt nach meinem Wissen im Moment immer noch bei 50 Fällen auf 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen. Wer aus so einem Risikogebiet zurückreist, muss sich in Quarantäne begeben. Das hat aber bisher keine Auswirkungen auf das Einreiseregime.

ZUSATZFRAGE BLANK: Was das Kabinett heute beschlossen hat, weiß ich schon. Aber Österreich ist ja schon deswegen interessant, weil es dort innerhalb von 24 Stunden 107 neue Coronafälle gegeben hat. Deswegen noch einmal ganz konkret die Frage: Über mögliche Quarantäneregelungen für Oberösterreich wird nicht nachgedacht?

GRÜNEWÄLDER: Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass wir zwischen Reisebeschränkungen, Einreiseregelungen, für die der Bund zuständig ist, und den Quarantäneregelungen unterscheiden müssen, für die die Länder auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes zuständig sind. Dazu habe ich eben Stellung genommen.

ZUSATZFRAGE BLANK: Das heißt, Sie haben auch keine Informationen darüber, ob Länder eine geänderte Quarantäneregelung für Oberösterreich planen?

GRÜNEWÄLDER: Wie gesagt, die Länderregelungen richten sich meistens nach der Musterverordnung des BMI und haben sich an diese angelehnt. Danach ist vorgesehen, dass bei über 50 Fällen pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen eine Quarantäne gilt. Mir ist nicht bekannt, dass diese Länderverordnungen aktuell geändert werden.

BREUL: Wenn ich kurz ergänzen darf, würde ich gerne unterstreichen, dass wir auch schon vorher einmal gesagt haben: Reisen auch in Europa sind in Coronazeiten mit einem Risiko behaftet. Wir leben in einer Pandemie. Die Pandemie ist nicht vorbei. Bürgerinnen und Bürger, die reisen sei es in innerhalb von Deutschland, sei es innerhalb von Europa , sind aufgefordert, sich über das Infektionsgeschehen vor Ort informiert zu halten.

Ich will vollkommen das unterstützen, was der Kollege aus dem BMI gerade gesagt hat: Die staatlichen Maßnahmen sind das eine. Das schauen wir uns an. Aber natürlich sind auch die Bürgerinnen und Bürger gefordert, sich zu informieren und dann zu entscheiden, ob sie Risiken eingehen oder nicht.

Die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes werden nach bestem Wissen und Gewissen laufend aktualisiert. Das ist ein Anhaltspunkt. Nichtsdestotrotz sollten sich Bürgerinnen und Bürger auch vor Ort über die Gebiete, in die sie reisen wollen, informieren, um einfach auf dem Laufenden zu sein und selbst einschätzen zu können, welches Risiko sie eingehen wollen oder auch nicht.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Lernfrage. Herr Grünewälder, woher wissen denn die Bundesländer, ob sich in ihren Grenzen sagen wir es so ein Thai oder ein Neuseeländer aufhält? Müssen die Drittstaatler, wenn sie nach Deutschland einreisen, angeben, in welches Bundesland sie reisen oder woher kommt der Informationsstand? Die Bundesländer wären ja, wie Sie sagen, für die Einhaltung der Quarantäne zuständig. Wie ist da der Informationsweg?

GRÜNEWÄLDER: Fragen zur Umsetzung der Quarantäneverpflichtung aus der Länderverordnung müssten Sie am besten an die Länder richten. Ich kann von hier aus wenig dazu beitragen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Noch einmal zur Einreise: Woher weiß das Gesundheitsministerium eines Bundeslandes, dass sich bei ihnen zum Beispiel so und so viele Menschen aus Thailand oder aus Neuseeland aufhalten? Oder wissen sie das? Das Wissen ist ja die Voraussetzung dafür, dass sie dann aktiv werden können.

GRÜNEWÄLDER: Sofern es um Einreisen aus Nicht-EU-Staaten, also aus Drittstaaten, geht, ist die Bundespolizei für die Kontrolle an den deutschen Außengrenzen zuständig. Das sind in der Regel Flughäfen oder auch Binnenhäfen. Dort gibt es Einreisekontrollen. Im Zuge dieser Kontrollen wird festgestellt, woher die Person gerade einreist.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wie erfahren dann die Bundesländer davon?

GRÜNEWÄLDER: Dazu gibt es ein Verfahren, aber dazu kann ich Ihnen ad hoc keine Einzelheiten nennen. Die Reisenden bekommen aber Informationen, die durch die Bundespolizei übermittelt werden. Dort steht genau drin, welche Pflichten sie haben, dass sie sich also an ihrem Wohnort direkt zum Gesundheitsamt begeben oder dieses informieren müssen. Die Reisenden bekommen Informationen ausgehändigt, wie weiter zu verfahren ist. Es ist dann Aufgabe der Gesundheitsbehörden vor Ort, das umzusetzen.

FRAGE BLANK: Herr Breul, ist denn geplant, die Reisehinweise für Österreich wegen dieser ansteigenden Anzahlen in Oberösterreich zu verändern?

BREUL: Grundsätzlich gibt es keine Planungen für Änderungen von Reise- und Sicherheitshinweisen, sondern sie bilden unseren aktuellen Kenntnisstand ab. Selbstverständlich wird das Infektionsgeschehen vor Ort dort auch widergespiegelt. Von daher: Schauen Sie online oder in der App, und Sie finden immer die aktuellen Informationen und unseren aktuellen Kenntnisstand.

SRS’IN FIETZ: Es gibt noch einen Kabinettsbeschluss im Umlaufverfahren von gestern, der Ihnen aber in weiten Teilen schon bekannt sein dürfte. Darum sage ich es einfach nur ganz kurz:

Die Bundesregierung hat gestern die Formulierungshilfe für das sogenannte Kohleausstiegsgesetz beschlossen. Es handelt sich dabei um eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung. Wir sprechen in diesem Falle von der Steinkohleverstromung.

Wenn Sie dazu zusätzliche Fragen haben, beantworte ich diese gerne. Ansonsten erspare ich Ihnen jetzt hier diese Details.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Lernfrage. Werden solche Formulierungshilfen auf Wunsch bzw. auf Anfrage von Fraktionen erstellt, oder sind das freundliche Angebote der Regierungsexpertise?

SRS’IN FIETZ: Diese formale Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Das müssten wir gegebenenfalls nachreichen. Danke!

Dann hätte ich noch einen Satz zur EU-Ratspräsidentschaft zu sagen.

Wie Sie wissen, übernimmt Deutschland heute für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Mit einem beleuchteten Brandenburger Tor haben wir heute Nacht dieses Ereignis in Berlin begrüßt. Dort waren der Schriftzug „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“ und das Möbiusband zu sehen, also Motto und Logo der nun beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

Im Rahmen eines Telefonats erfolgte gestern Nachmittag die virtuelle Staffelstabübergabe vom kroatischen Ministerpräsidenten Plenković an Bundeskanzlerin Merkel. Bundeskanzlerin Merkel dankte ihrem Amtskollegen für Kroatiens Einsatz im Rahmen seiner ersten EU-Ratspräsidentschaft und betonte, dass die deutsche Ratspräsidentschaft in den Verhandlungen im Rat nun auf den Fortschritten der kroatischen Ratspräsidentschaft aufbauen werde.

Um 13 Uhr, also jetzt, ist die Bundeskanzlerin, wie Sie wissen, im Deutschen Bundestag, um sich zu diesen Themen in der Regierungsbefragung zu äußern.

Um 14.30 Uhr findet zudem auf dem Pariser Platz die symbolische Staffelstabsübergabe an Bundesaußenminister Maas durch seinen kroatischen Kollegen Radman statt.

Über die sechs Monate der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sprach die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung am 18. Juni:

„Das ist eine Aufgabe, auf die ich mich sehr freue und auf die sich die ganze Bundesregierung sehr freut; denn Europa braucht uns, so wie wir Europa brauchen: nicht nur als historisches Erbe, das wir geschenkt bekommen haben, sondern als ein Projekt, das uns in die Zukunft führt.“

Inhaltlich werden neben den großen Anstrengungen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie wichtige Zukunftsthemen wie Klimaschutz, digitale Souveränität und Europas Rolle in der Welt die Schwerpunkte unserer Ratspräsidentschaft bilden. In der zweiten Hälfte unserer EU-Ratspräsidentschaft dürften auch die Verhandlungen mit Großbritannien über das künftige Verhältnis zur EU viel Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.

Ich ende jetzt gleich, indem ich Ihnen auch noch sage, dass Deutschland heute auch für einen Monat den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernimmt. Schwerpunkte unserer Arbeit dort werden unter anderem die Themen Gesundheit und Klimaschutz sein. Außerdem werden uns Nahost, Syrien, Libyen sowie sexuelle Gewalt in Konflikten als Themenkomplexe beschäftigen.

BREUL: Das Wesentliche haben Sie, Frau Fietz bereits gesagt. Ich will nur ganz kurz ergänzen: Der kroatische Außenminister ist heute zu Gast. Um 14 Uhr wird es eine Pressekonferenz der beiden Außenminister geben und im Anschluss dann die symbolische Staffelübergabe am Brandenburger Tor.

Ich möchte auch noch ganz kurz darauf hinweisen, dass es seitens der Bundesregierung ein umfangreiches Informationsangebot zur Ratspräsidentschaft auf der Webseite eu2020.de auf eigens dafür umgewidmeten Twitter-, Facebook- und Instagramkanälen gibt. Sie finden überall aktuelle Informationen zur EU-Ratspräsidentschaft. Wir stehen natürlich für all Ihre Rückfragen dazu jederzeit hier in Berlin, aber selbstverständlich auch durch unsere Kollegen in Brüssel bereit.

Zum Vorsitz im VN-Sicherheitsrat möchte ich ganz kurz ergänzen, dass wir heute hoffentlich das Präsidentschaftsprogramm so ist es die Tradition; am ersten Tag der Präsidentschaft wird das Präsidentschaftsprogramm im VN-Sicherheitsrat beraten und angenommen haben werden. Frau Fietz nannte bereits die wichtigsten Themen. Für morgen, den 2. Juli, wird es eine offene Debatte, geleitet vom Außenminister, zu den Sicherheitsauswirkungen von Pandemien geben. Wir sind frohen Mutes, dass es bereits heute auf Basis eines französisch-tunesischen Entwurfs gelingt, eine Resolution in Bezug auf COVID-19 anzunehmen. Diese beinhaltet den von uns lange geforderten und mit großem Einsatz unterstützten Aufruf von Generalsekretär Guterres für eine globale Waffenruhe. Wir sind, wie gesagt, optimistisch, dass das heute angenommen werden kann. Die Annahme ist überfällig.

Am 7. Juli gibt es auch eine offene Debatte über „peacekeeping“ und Menschenrechte. Am 17. Juli findet die jährliche Debatte zu sexueller Gewalt in Konflikten sowie am 24. Juli eine Sitzung zu den Themen Klima und Sicherheit statt. All diese Sitzungen sind, wie gesagt, offen und können auch per UN-Web-TV live mitverfolgt werden.

Daneben stehen natürlich die konkreten Krisen und der Wunsch im Vordergrund, auch während der deutschen Präsidentschaft im Sicherheitsrat einen Beitrag zur politischen Konfliktlösung beizutragen. Das betrifft natürlich einmal Syrien, bei dem das Thema der berühmt berüchtigten Crossborder-Resolution wieder auf der Agenda steht. Diese muss bis zum 10. Juli erneuert werden. Daneben geht es um die Lage in Libyen. Dieses Thema werden wir am 8. Juli auf die Tagesordnung setzen, und diese Sitzung wird Außenminister Maas leiten. Sie soll den Teilnehmern der Berliner Konferenz offenstehen und ein halbes Jahr nach der Konferenz Gelegenheit für eine erste Zwischenbilanz bieten. Wir zählen darauf, damit einen wichtigen und nötigen Impuls für den Prozess setzen zu können.

Das Thema Israel wird uns vermutlich auch beschäftigen, daneben auch Jemen, Kolumbien, Zentralasien und Westafrika.

Sie sehen: Es ist ein anspruchsvolles Programm mit viel Arbeit und Verantwortung für die deutsche Bundesregierung.

FRAGE JUNG: Herr Breul, ich fand es interessant, dass Sie gerade, was Israel betrifft, nicht sagten, dass sie irgendetwas auf die Tagesordnung bringen werden. Wie kommt das? Wird die Bundesregierung vielleicht eine Resolution zu den Annexionsplänen einbringen? Wie wollen Sie mit der Annexion umgehen?

BREUL: Zunächst einmal sind wir ja im Moment in dem Stadium einer Ankündigung einer Ankündigung. Auf dieser Basis ist es schwierig, im VN-Sicherheitsrat zu beraten.

Wir sind über diese Ankündigung hinsichtlich der Annexion sehr besorgt. Wir bleiben dem Ziel einer verhandelten Zweistaatenlösung unverändert verpflichtet. Das ist unsere Position. Die kennen Sie, und die vertreten wir auch im VN-Sicherheitsrat. Wie und wann der VN-Sicherheitsrat darüber sprechen bzw. tagen wird und was auch immer dann am Ende dabei herauskommen wird, wird natürlich davon abhängen, was tatsächlich passieren wird.

ZUSATZ JUNG: Aber das ist ja interessant! Sie bringen viele Themen ein und bringen das auf die Tagesordnung – außer bei der völkerrechtswidrigen Annexion durch Israel!

BREUL: Herr Jung, ich kann die Frage noch einmal genau so wie gerade eben beantworten: Es gibt eine Ankündigung einer Ankündigung. Das, was Sie gerade sagten, ist bisher nicht eingetreten. Wir sind auf den Fall vorbereitet, und selbstverständlich werden die Mitglieder des Sicherheitsrats dann beraten, wie sie damit umgehen werden. Dafür sind wir natürlich offen. Aber ich habe dazu jetzt keine Ankündigung zu machen, weil, wie gesagt, der Termin dafür auch nicht in unserer Hand liegt.

FRAGE JESSEN. Frau Fietz, hat die Kanzlerin in den vergangenen Tagen mit Herrn Netanjahu oder zum Beispiel mit Herrn Abbas von der Palästinenserseite telefoniert?

SRS’IN FIETZ: Ja, die Bundeskanzlerin hat bezüglich dieses Themas bereits mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu telefoniert.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Kürzlich? Können Sie sagen, wann das war?

SRS’IN FIETZ: Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann das war. Sie wissen ja auch, dass wir über Einzelheiten solcher Gespräche keine weitere Auskunft geben.

ZUSATZ JESSEN: Vielleicht können Sie das Datum dennoch nachreichen. Manchmal beinhaltet ein Datum nämlich auch eine wesentliche Information.

SRS’IN FIETZ: Wir werden schauen, ob wir das nachreichen können.

FRAGE BAUMANN: Passend zur Übernahme der Ratspräsidentschaft wurde gestern ein Schreiben oder ein längerer Aufsatz der Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlicht. Der Tenor ist ja, dass Deutschland insbesondere wieder die Sprache der Kraft, der Macht, der Power erlernen sollte, damit es ein gutes Vorbild für Europa sei, Europa praktisch als dieses Vorbild mitreißen könne, für ein starkes Europa, das sich auch wieder gleichberechtigt im Rahmen dieses Machtkonstrukts in der Welt positionieren kann. Wie sieht das die Bundesregierung? Wie positionieren Sie sich dazu?

SRS’IN FIETZ: Ich kann Ihnen im Moment hinsichtlich dieses Beitrags keine Auskunft geben. Kann das jemand anders tun?

BREUL: Ja. Wir hatten das Thema am Montag ja schon ein bisschen besprochen. Damals war das noch kein Bericht der Sicherheitskonferenz, sondern das Interview mit Herrn Ischinger. Aber ich nehme an, das geht schon sehr stark in die gleiche Richtung.

Selbstverständlich ist es Ziel der Bundesregierung das haben wir auch im Programm festgehalten , dass wir als EU außenpolitisch handlungsfähig sind. Wir sind dann geopolitisch stark, wenn wir geschlossen auftreten, gerade in Fragen, in denen es Meinungsunterschiede mit den USA, China oder Russland gibt. Das hat der Außenminister heute Morgen auch noch einmal in einer Fernsehsendung betont. Diesen Punkt teilen wir also.

Ich weiß nicht genau, wie die Münchner Sicherheitskonferenz „Sprache der Macht“ definiert. Wenn das heißt, hier einen neuen Vorrang des Militärischen oder so etwas in den Vordergrund zu stellen, dann ist das sicherlich nicht die Position der Bundesregierung, sondern wir setzen auf einen breiten Instrumentenkasten, den die Europäische Union zur Verfügung hat, und auf besondere Stärken im Bereich der Prävention und der Stabilisierung. Daran wollen wir anknüpfen. Das wollen wir weiter ausbauen. So gesehen ist es selbstverständlich ein Ziel, die EU in der Außenpolitik stark aufzustellen.

Ich hätte noch eine Terminankündigung zu machen.

Ich hätte auch noch das Thema Belarus. Ich würde das vielleicht mit Blick auf die Uhr schriftlich nachreichen, es sei denn, jemand schreit jetzt gleich auf

VORS. BUSCHOW: Ich bin sehr dafür!

BREUL: Die Terminankündigung; Herr Blank hatte es schon am Montag geahnt: Der türkische Außenminister wird morgen in der Stadt sein und ein Gespräch mit Außenminister Maas im Auswärtigen Amt führen. Er wird vom türkischen Minister für Kultur und Tourismus und von der stellvertretenden Gesundheitsministerin begleitet werden. Es ist das erste persönliche Treffen der beiden Außenminister seit der Münchner Sicherheitskonferenz am 15. Februar. Seitdem haben die beiden aber unzählige Male miteinander telefoniert.

Die beiden Außenminister werden sich über eine Reihe bilateraler und internationaler Themen austauschen. Folgen der Coronakrise, die Agenda der deutschen Ratspräsidentschaft, aber natürlich auch die Situation in Syrien, in Libyen und im östlichen Mittelmeer stehen auf der Agenda.

Die Pressekonferenz im Anschluss wird man, wie Sie es in Coronazeiten mittlerweile gewöhnt sind, dann auch im Livestream auf unseren Facebook- und Twitter-Seiten sowie auf YouTube live in türkischer Sprache verfolgen können.

FRAGE JUNG: Ich will das Belarus-Thema dann vielleicht doch nicht hinten herunterfallen lassen, weil der Herausforderer des Diktators Lukaschenko, Herr Babariko, jetzt festgenommen wurde. Wie bewerte die Bundesregierung das?

BREUL: Sehr gerne, Herr Jung! Dann trage ich es vor. Das hatte ich mir, wie gesagt, auch aktiv vorgenommen, weil uns das Thema ja sehr wichtig ist.

Wir beobachten die anhaltende Eskalation im Wahlkampf mit sehr großer Sorge. Die Verhaftung der potenziellen Kandidaten Babariko und Tikhanovsky sowie die mögliche Nichtzulassung der Kandidatur Tsepkalos und der Ermittlungen gegen ihn drohen, die Durchführung von fairen und freien Wahlen in Belarus akut zu gefährden. Politisch motivierte Strafverfolgung zur Ausschaltung politischer Gegner ebenso wie die Nichtzulassung von Kandidaten, obwohl sie die Kriterien erfüllen, wären ein schwerer Rückschlag für Meinungsfreiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Belarus.

Sorge bereitet uns auch, dass es bislang keine Einladung an OSZE/ODIHR zur Wahlbeobachtung gibt. Die gemeinsame Wahlbeobachtung anerkannter Organisationen wie der OSZE tragen maßgeblich dazu bei, weltweit das Vertrauen in den Staat und demokratische Institutionen zu stärken. Wir unterstützen sie deshalb konsequent.

FRAGE BLANK: Herr Breul, ist Ihnen bekannt, ob der türkische Besuch einen Termin beim RKI hat?

BREUL: Das ist mir nicht bekannt. Ich weiß nicht, ob es einem der anderen Sprecher bekannt ist. Ich kann Ihnen nur von dem Termin der beiden Außenminister berichten.

ZUSATZ BLANK: Das könnte vielleicht das Gesundheitsministerium wissen. – Das weiß es auch nicht? – Okay, angekommen. Danke.

SCHARF: Ich mache es auch ganz kurz: Am 1. Juli wird Deutschland nicht nur die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen, sondern, wie es vielleicht eher weniger Menschen wissen, für zwei Jahre auch den Vorsitz der Ostsee-Meeresschutzkommission, kurz HELCOM genannt. Dazu wird morgen im Bundesumweltministerium eine Auftaktveranstaltung mit unserer Ministerin Svenja Schulze stattfinden. Es wird auch Botschaften der Botschafterin Finnlands, der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und des HELCOM-Exekutivsekretärs geben.

Ich will nur kurz drei Stichworte aus dem umfangreichen Programm nennen, was die Schwerpunkte angeht. Das ist zum einen die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit beim Meeresschutz, also das Verständnis aller Anrainerstaaten, die Ostsee als ein gemeinsames Meer zu verstehen, zum anderen der Schutz und die Stärkung der marinen Biodiversität, also der Schutz von gefährdeten Arten und deren Lebensräumen, und schließlich auch das Thema „Munitionsaltlasten im Meer“.

Darüber wird im Anschluss auch noch diskutiert werden. Auch unser Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth wird sich an einer Diskussion mit einer Reihe von Expertinnen und Experten beteiligen. Das Format kennen Sie jetzt auch schon.

Auch diese Veranstaltung wird per Livestream auf der Seite des BMU zu verfolgen sein.

FRAGE JESSEN: Ich komme zu einem Thema, das uns, glaube ich, im vergangenen Sommer beschäftigt hat. Es gab Schweinswale, die durch Bundeswehrübungen getötet worden waren. Danach gab es dann eine ungeklärte Situation, die Feststellung der Todesursachen und die Kosten für die Untersuchung betreffend. Können Sie uns sagen oder gegebenenfalls nachliefern, was dabei im Laufe der Zeit herausgekommen ist?

SCHARF: Möchte das BMVg zuerst antworten?

ROUTSI: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

SCHARF: Wir können zum Stand der Obduktionen nur sagen, dass diese leider aufgrund der Coronasituation immer noch anhalten. Um eine Bewertung dieser Vorfälle vornehmen zu können, müssen die insgesamt 30 Schweinswale ja wirklich obduziert sein. Aufgrund der Coronasituation dauern die Untersuchungen, wie gesagt, leider noch an, denn sie setzen die Nutzung von medizinischen Geräten insbesondere computertomografischen Geräten voraus, also in Einrichtungen für die Humanmedizin. Dadurch hat sich der Abschluss dieser Untersuchung eben erheblich verzögert.

Ich will aber noch hinzufügen, dass für die Gesamtbewertung nicht nur die Obduktion dieser Schweinswale und die Feststellung der Todesursache wichtig sind, sondern dass das Bundesamt für Naturschutz in der Gesamtbewertung auch noch zwei weitere Punkte hinzufügen wird und Fragen klären wird, nämlich erstens, auf welcher Fläche in dem dortigen Naturschutzgebiet die Sprengungen stattgefunden haben, zweitens, ob einmal oder mehrmals ein Schalldruck von mehr als 160 Dezibel festgestellt wurde, und der dritte Punkt ist auch die Analyse der Anwesenheit von Schweinswalen genau in diesem Gebiet. Das kann man aufgrund von Maßnahmen, die das Bundesamt für Naturschutz schon lange eingerichtet hat, auch nachverfolgen. Diese drei Punkte müssen also insgesamt untersucht werden, und erst dann können wir leider etwas zur Bewertung sagen.

ROUTSI: Erlauben Sie mir die Möglichkeit, noch kurz auf Ihre Frage einzugehen, weil Sie so klar gesagt haben, dass die Marine die Schweinswale getötet habe. Ich möchte einmal ganz deutlich sagen, dass da noch Untersuchungen laufen! Insofern würde ich Sie bitten, auf Hypothesen oder Behauptungen, die in diesem Fall einfach nicht bewiesen sind, zu verzichten.

Ich möchte auch ganz kurz noch einmal in diesem Zusammenhang erwähnen, dass uns sprich, der Marine ausdrücklich vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt dafür gedankt wurde, dass wir diese Minen beseitigen konnten. Auch das ist nämlich wichtig. Außer der Marine wäre dazu gar keiner in der Lage gewesen, und es hätte auch zu erheblichem Schaden für die Schifffahrt kommen können. Das wird in der Diskussion leider immer ein bisschen vergessen, ist mein Eindruck; deswegen erwähne ich das noch.

Bitte also erst einmal in Ruhe die Ergebnisse und das Lagebild abwarten! Dann werden wir weiter schauen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Es war ja auch kein endgültiges Urteil. Ich weiß nicht, wie sehr Sie die Diskussion vom vergangenen Sommer präsent haben. Es gab eigentlich zu dem Zeitpunkt keine andere plausible Vermutung als die, dass die Schweinswale an diesem Ort in dieser Häufigkeit und im kausalen Zusammenhang mit Minensprengungen und den erzeugten Druck- und Schallwellen gestorben sind. Das ist also eine belastbare Hypothese. Wir warten natürlich gerne auf das Ergebnis

VORS. BUSCHOW: Herr Jessen, ich muss tatsächlich, weil wir heute nicht viel Zeit haben, sagen: Vielleicht lieber fragen als gegenreden!

ZUSATZ JESSEN: Na ja! Wenn einem sozusagen ein Vorwurf gemacht wird, halte ich es für legitim, darauf einzugehen.

Die konkrete Frage lautet: Wird es weiterhin und mit welcher Form von Absprache Minensprengungen in diesem Gebiet geben?

ROUTSI: Ich gehe doch noch einmal auf Ihre Frage ein, weil „belastbar“ und „Hypothese“ zwei Begriffe sind, die für mich nicht zusammenpassen. Das ist meine persönliche Meinung. Es ist auch die Meinung des Verteidigungsministeriums. Wir warten einfach die Untersuchungen ab, und wenn wir hier wirklich mit handfesten Beweisen bzw. Fakten arbeiten, dann äußern wir uns diesbezüglich natürlich auch gerne.

Was weitere Sprengungen von Altlasten angeht, die ja in den Meeren natürlich trotzdem noch vorhanden sind, habe ich hier keinen aktuellen Sachstand für Sie vorliegen. Aus unserer Sicht ist das nach wie vor sehr wichtig. Wenn Sie konkrete weitere Fragen dazu haben, würde ich Sie bitten, sich an das Pressezentrum der Marine zu wenden.

SCHARF: Ich habe noch die Ergänzung machen, weil uns natürlich auch vonseiten des Natur- und Artenschutzes daran gelegen ist, dass solche Vorfälle in Zukunft eben nicht mehr stattfinden und vermieden werden, dass sich zwischenzeitlich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz zusammengefunden hat, auch auf gemeinsame Einladung des Bundesumweltministeriums, des Bundesverteidigungsministeriums und des BMVI hin, und dass wir im Rahmen dieser Arbeitsgruppe sehr intensiv nicht nur darüber diskutieren, sondern einen Leitfaden für die naturschutzrechtliche und fachliche Anforderung an die Beräumung und Beseitigung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee erstellen werden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Entschuldigung, da muss ich doch noch einmal nachfragen: Ich war auf dem Stand, dass das BMU belastbare Hinweise dafür hat, dass die Bundesregierung für den Tod dieser Schweinswale verantwortlich ist. Korrekt?

SCHARF: Ich habe gerade ja dargestellt, dass für eine Bewertung der Vorfälle, die im letzten Sommer stattgefunden haben, drei Faktoren wichtig sind. Zu belastbaren Ergebnissen können wir bzw. kann das Bundesamt für Naturschutz sich erst dann äußern, wenn die Obduktion aller 30 Schweinswale abgeschlossen ist und wenn auch die anderen beiden Faktoren Wo haben sich in dem Gebiet zu dem Zeitpunkt Schweinswale aufgehalten und wie oft wurde die Schallgrenze von 160 Dezibel erreicht? ausgewertet worden sind und Ergebnisse vorliegen.

FRAGE GRIESHABER: Laut Berichten aus den USA soll Russland den Taliban Kopfgeld für getötete US-Soldaten in Afghanistan angeboten haben. Gibt es auch Erkenntnisse, ob für deutsche Soldaten in Afghanistan ein Kopfgeld angeboten wurde?

ROUTSI: Vielen Dank für die Frage. Wir hatten diese Frage bereits am Montag. Da habe ich sie verneint, und ich bleibe auch dabei. Ich habe keine eigenen Erkenntnisse.

FRAGE LÜCKING: Eine ressortübergreifende Frage an Frau Routsi und Herrn Grünewälder: Im KSK-Untersuchungsbericht ist davon die Rede, dass ab 2017 immer noch Reservistinnen den Dienst in der Bundeswehr angetreten haben, die nicht sicherheitsüberprüft waren. Das ist eigentlich eine Aufgabe, die in die Querschnittsarbeitsgruppe aus MAD und Verfassungsschutz fällt, und eigentlich hätte mit der Neuregelung 2017 auch ein Anstieg der Sicherheitsüberprüfungszahlen auffallen müssen.

Kann das BMI erklären, warum das im Rahmen der Dienstaufsicht offenbar durchgerutscht ist?

Kann das BMVg erklären, wie viele Reservistinnen in der Bundeswehr ohne Sicherheitsüberprüfung im Einsatz gewesen sind?

ROUTSI: Ich würde gerne starten. Das ist natürlich ein Thema, das im Moment sehr stark bewegt. Ich möchte Sie um etwas Geduld bitten, denn die Verteidigungsministerin wird sich an dieser Stelle um 14.30 Uhr einfinden, um diesbezüglich eine Pressekonferenz zu halten. Da passt aus meiner Sicht auch Ihre Frage hinein. Entsprechend bitte um Verständnis, dass ich mich jetzt nicht vorher dazu äußere.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Da muss ich einhaken, weil mir Herr Grünewälder bei der genannten Veranstaltung fehlen wird. Das BMI ist da ja nicht präsent. Herr Grünewälder, eine Nachlieferung dieser Zahlen wäre hilfreich. Gleiches gilt auch für das BMVg. Das ist der Unterpunkt 59 im KSK-Bericht.

VORS. BUSCHOW: Herr Grünewälder, können Sie gleich etwas antworten, oder liefern Sie es nach?

GRÜNEWÄLDER: Ich kann schauen, ob wir Ihnen etwas nachliefern können.

ROUTSI: Und ich sehe keine Nachreichung, weil ich Sie auf die Pressekonferenz verwiesen habe. Da haben Sie noch einmal die Möglichkeit, die Frage zu stellen.

SRS’IN FIETZ: Ich möchte schnell die Gelegenheit dafür nutzen, eine Antwort zum Thema Formulierungshilfen zu geben. Es entspricht ständiger Staatspraxis, dass die Bundesregierung bei der Gesetzgebungstätigkeit des Bundestages Hilfestellungen leistet. Dies geschieht nicht nur in Form von Hintergrundvermerken und durch die mündliche und schriftliche Beantwortung von Fragen einzelner Abgeordneter oder Fraktion, sondern eben auch durch die Erarbeitung von Formulierungshilfen. Dabei gibt es sowohl Anforderungen aus den Fraktionen als auch durch die Bundesministerien bzw. Bundesbehörden initiativ erstellte Formulierungshilfen.

Wenn Sie weitere Fragen haben, müssten wir noch stärker ins Detail gehen; ich glaube aber, das hilft schon einmal weiter.

FRAGE BLANK: An das Gesundheitsministerium zum Thema Corona: Herr Ewald, der „Guardian“ meldet heute, dass sich die US-Regierung für den Monat Juli quasi die komplette Produktionskapazität von Remdesivir gesichert hat und für die Monate August und September 90 Prozent; es bleibe fast nichts für Europa übrig. Wie kommentieren Sie das? Haben Sie vielleicht schon Gespräche mit den Amerikanern oder mit der Herstellerfirma aufgenommen?

EWALD: Ich kann Ihnen dazu sagen, dass sich der Bund frühzeitig Remdesivir für die Therapie von Coronapatienten gesichert hat. Momentan gibt es, weil wir auch mit Blick auf die pandemische Entwicklung und die intensivmedizinische Versorgung einen sehr günstigen Verlauf haben, genug Reserven. Mit der Zulassung von Remdesivir für den Einsatz auf dem europäischen Markt wird noch in dieser Woche gerechnet da gab es ja eine entsprechende Ankündigung der EMA. Mit dieser Zulassung ist die Verpflichtung verbunden, auch in einem angemessenen Umfang zu liefern. Wir gehen davon aus, dass Gilead das ist die Firma, die das Medikament herstellt dieser Verpflichtung nachkommen wird.

ZUSATZFRAGE BLANK: Können Sie etwas zu den ausreichenden Rücklagen sagen, die man sich schon vorher besorgt hat? Kann man da etwas über die Menge dieses Mittels sagen?

EWALD: Zur Menge kann ich keine Aussage treffen. Aber wie gesagt, mit der Zulassung verknüpft sich für das Unternehmen sozusagen die Verpflichtung, auch entsprechende Mengen zu liefern. Wir gehen davon aus, dass dieser Verpflichtung nachgekommen wird.

ZUSATZFRAGE BLANK: Sind Sie im Gespräch mit Gilead, oder verlassen Sie sich einfach darauf, dass die das von sich aus tun?

EWALD: Wir sehen dafür keinen Anlass. Wie gesagt, die Zulassung wird in dieser Woche kommen, und dann nimmt das sozusagen seinen Lauf.

FRAGE KURZ: An das Finanzministerium zu Wirecard: Welche Konsequenzen will das Finanzministerium bezüglich der BaFin ziehen? Werden da irgendwelche Konsequenzen folgen oder nicht?

WOGATZKI: Bundesfinanzminister Scholz hatte sich am Donnerstag ja sehr breit dazu geäußert. Er hat zum einen angekündigt, dass er das ganze Verfahren überprüfen will bzw. überprüfen will, wie der ganze Finanzmarkt in Bezug auf Unternehmen wie Wirecard aufgestellt ist, und hat gesagt, dass der Skandal eine umfassende Aufklärung erfordert. Zudem hat er auch gesagt, dass er in den kommenden Tagen, wenn die Ergebnisse dieser Prüfung vorliegen, ein Konzept vorlegen wird, wie festgestellte Mängel beseitigt werden können.

ZUSATZFRAGE KURZ: Meine Frage war ja konkret auf die BaFin bezogen. Wie kann sich überhaupt eine Zukunft für die BaFin vorstellen?

WOGATZKI: Das ist da mit eingeschlossen. Der BaFin-Präsident hatte sich ja selbst geäußert. Der Minister hatte dem BaFin-Präsidenten für diese Äußerungen auch gedankt und hat an ihn seine Erwartung adressiert, dass die BaFin und auch ihr Präsident, Herr Hufeld, alles dafür tun wird, den Worten nun auch Taten folgen zu lassen.

Wie gesagt, es wird mit Nachdruck an einem Konzept gearbeitet, das alle eventuellen „shortcomings“ um jetzt einmal englische Terminologie zu nutzen adressieren wird.

FRAGE JUNG: Zum Thema Mieterschutz: Mein Stand war, dass bis gestern Mieterinnen und Mieter vor Kündigung geschützt waren, falls sie aufgrund der Coronakrise in Zahlungsrückstände geraten sind. Mein Stand war auch, dass die Große Koalition und damit die Bundesregierung sich Mitte Juni darauf verständigt hat, dass dieser Schutz für die Mieterinnen und Mieter bis Mitte September verlängert wird. Gestern kam aber die Nachricht, dass das doch nicht weiterlaufe, dass also dieser Schutz zum 1. Juli nicht verlängert wird. Stimmt das? Wenn ja: Warum wird das nicht verlängert, obwohl es diese Absprache gab? Ich war auf dem Stand, dass die Justizministerin das als Verordnung verlängern kann. Warum tut sie das dann nicht?

ZIMMERMANN: Zu Gesprächen innerhalb der Koalition kann ich als Sprecher des Justizministeriums keine Auskunft geben. Richtig ist, dass diese Regelung, von der Sie sprechen, die Möglichkeit vorsieht, dass sie durch eine Verordnung verlängert wird. Die Verordnung ist allerdings durch die Bundesregierung zu erlassen und nicht allein in unserer Hand. Dazu kann ich sagen, dass unser Haus eine Verlängerung vorgeschlagen hat, dazu aber innerhalb der Bundesregierung keine Einigkeit erzielt werden konnte.

ZUSATZFRAGE JUNG: Frau Fietz, können Sie uns da aufklären? Wer in der Bundesregierung hat diese Verordnung blockiert? Das betrifft ja Millionen von Mietern und Mieterinnen. Vielen droht vielleicht, dass sie gekündigt werden und in der Coronakrise aus ihrer Wohnung heraus müssen. Warum hat die Bundesregierung diese Verordnung nicht verlängert?

SRS’IN FIETZ: Ich möchte da auf eine Erklärung des Bundeswirtschaftsministers von gestern verweisen vielleicht könnte Frau Baron die noch einmal darlegen , die erklärt, warum die Entscheidung so getroffen worden ist.

DR. BARON: Ich kann gern noch einmal auf das verweisen, was der Bundeswirtschaftsminister zum Thema gesagt hat. Zum einen muss man ja betrachten, dass wir auch Finanzhilfen haben. Das Stichwort ist hier die Soforthilfe für Kleinunternehmen und Soloselbstständige, die bis Ende Mai in Kraft war und jetzt durch die neue Überbrückungshilfe ersetzt werden wird, wo ja für gewerbliche Kunden gerade Betriebskosten wie Miete oder Pacht ausgeglichen werden. Das ist also ein direkter Finanzzuschuss, der zur Verfügung steht.

Was das Thema Kündigungsschutz angeht, ist es so, dass man in der gesamten Regierung analysiert hat, wie dieses Instrument genutzt wurde. Man hat eben festgestellt, dass die Nutzung in der Praxis nicht so hoch war, sondern dass sich Mieter und Vermieter im Privatrechtsverhältnis in aller Regel bzw. in sehr vielen Fällen einigen konnten und damit im Privatrechtsverhältnis gute Lösungen gefunden werden konnten. Darüber hinaus gab es bei den Gewerbefällen ich habe am Anfang darauf hingewiesen auch direkte Zuschüsse für Gewerbemieten, die geltend gemacht werden konnten.

FRAGE JESSEN: Danke für die Erklärung, Frau Baron. Aber würde daraus nicht resultieren, dass man es dann eigentlich verlängern sollte? Denn häufig werden privatrechtliche Vereinbarungen ja dann getroffen, wenn ansonsten ein anderes Verfahren drohen würde. Das würde jetzt wegfallen.

Zum Zweiten: Wenn das, wie Sie sagen, nicht so intensiv in Anspruch genommen wurde, bestünde doch gar kein besonders hohes zusätzliches finanzielles Risiko für den Bund. Deshalb noch einmal die Frage: Warum sperren sich Ministerien und so war es ja wohl gegen den Vorschlag des Fachressorts? Das wollte das ja gerne, haben wir eben gehört. Was war also der Grund für das Sperren?

DR. BARON: Diesen Begriff würde ich jetzt zurückweisen; das ist keine Sperrung, sondern eine Interessenabwägung, die die gesamte Bundesregierung getroffen hat. Es gilt natürlich der Grundsatz des Vorrangs der Privatautonomie, und wenn ein Instrument nicht notwendig ist, dann ist es eben im Privatrechtsverhältnis zu lösen. Das war die Interessenabwägung, die in der Bundesregierung getroffen wurde.

FRAGE JUNG: Dann würde ich doch gerne noch einmal Herrn Zimmermann fragen: Warum hat denn Ihre Ministerin, Ihr Haus es als notwendig angesehen, das zu verlängern? Können Sie das einmal begründen?

ZIMMERMANN: Ich habe dazu alles gesagt, was ich dazu sagen kann. Wir haben vorgeschlagen, die Regelungen zu verlängern, konnten da aber keine Einigung erzielen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum haben Sie das vorgeschlagen?

ZIMMERMANN: Das ist alles, was ich dazu sagen kann.

FRAGE: An das Gesundheitsministerium: Es gibt Kritik der gesetzlichen Krankenkassen bezüglich der Finanzierung der Coronatests. Gibt es irgendwelche Überlegungen, Zuschüsse für die gesetzlichen Krankenkassen zu geben? Denn es ist ja wohl so, dass die gesetzlichen Krankenkassen auch die Coronatests von Privatversicherten wie Beamten finanzieren.

EWALD: Ehrlich gesagt kenne ich diese Aussage der Krankenkassen nicht. Wir haben ja das ist auch mehrfach vorgetragen worden eine Testverordnung, eine nationale Teststrategie auf den Weg gebracht. Darin haben wir definiert, unter welchen Bedingungen Tests erstattet werden. Die Kosten für die Tests sind auch zwischen den Krankenkassen und den Ärzten verhandelt worden. Richtig ist, dass wir das betrifft sozusagen alle Kosten, die jetzt in Zusammenhang mit der Coronapandemie für die gesetzliche Krankenversicherung auflaufen; das hat Herr Spahn auch oft deutlich gemacht uns im Herbst anschauen werden, wie die Finanzlage ist, und auf dieser Grundlage dann auch mögliche Schlussfolgerungen ziehen.

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