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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 16. Juni 2021

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Verhaltenskodex gemäß § 5 Absatz 2 des Lobbyregistergesetzes, Rüstungsexportbericht 2020, Bericht der Bundesregierung zur Hightech-Strategie 2025, Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2021), Ermittlungen gegen in Litauen stationierte Bundeswehrsoldaten, Anfrage des saudi-arabischen Botschafters zu einem Treffen mit Bundesaußenminister Maas, COVID-19-Pandemie, 80. Jahrestag des Überfalls des nationalsozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion, Gipfeltreffen des russischen und des amerikanischen Präsidenten, deutsch-polnische Regierungskonsultationen, Präsidentschaftswahlen im Iran, Änderung der Definition des Begriffs „Linksextremismus“ auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung, Greenpeace-Protestaktion bei der Fußball-Europameisterschaft, virtuelle Konferenz der Gesundheitsminister der Staaten des westlichen Balkans, Besuch der Bundesverteidigungsministerin in der Türkei, G7-Gipfel/Klimaschutz, geplanter Vollzug der Todesstrafe gegen Oppositionelle in Ägypten, Auflösung eines SEKs der hessischen Polizei wegen rechtsradikaler Tätigkeiten

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:40 Start der RegPK
1:43 Bericht aus dem Kabinett (u.a. zu Verhaltenskodex, Rüstungsexporte)

8:27 Bundeswehr-Skandal in Litauen
– wann haben Sie von den Ereignissen & Vorwürfen erfahren zum allerersten Mal? (ab 13:43)
– vorm 8. Juni nicht?
– vorhin hieß es ging um „Einzelfälle“, aber jetzt wird der gesamte Zug zurückgezogen. Betreffen diese Einzelfälle also den gesamten Zug? (ab 14:08)
– warum sollen die „Hauptbeschuldigten“ entlassen werden? Was ist ein „Hauptbeschuldigter“?

15:30 Verhaltenskodex
– Sie sprachen vorhin von „nicht unehrheblichen Verstößen“ beim Verhaltenskodex. Was ist denn ein „unehrheblicher Verstoß“ und was ist ein „ehrheblicher Verstoß“?
– warum werden eigentlich nur Treffen bis zur „Unterabteilungsebene“ geregelt? darunter kann im Ministerium doch ebenfalls lobbyiert werden…
– wer entscheidet eigentlich, wann ein Verstoß ehrheblich oder unehrheblich ist? (ab 18:52)

19:29 Rüstungsexporte nach Ägypten
– wie rechtfertigen Sie die Rüstungsexporte an die Militärdiktatur Ägypten?
– widersprechen die Lieferungen nicht dem Koalitionsvertrag, wonach an Staaten, die Teil der Kriegsallianz gegen den Jemen sind, nicht beliefert werden dürfen?
– sind Sie der „Auffassung“, dass die Rüstung nicht im Jemenkrieg landet oder wissen Sie das? Sind das Tatsachen? (ab 24:20)

42:20 Bundeszentrale für pol. Bildung
– ist die Kanzlerin der Auffassung, dass die Hoheit über die Bundeszentrale für politische Bildung dem BMI entzogen werden sollte?
– ihr Haus hat gelogen, als es darum ging ob die Hausleitung involviert war. Können Sie das hier einräumen und warum haben Sie gelogen?
– Herr Seibert, als Leiter des Bundespresseamtes, ist die Bundesregierung verpflichtet wahrheitsgemäß zu antworten? Und wenn sie es nicht tut, wie es jetzt belegt wurde, sind Sie nicht dazu verpflichtet dies einzuräumen und sich ggf. dafür zu entschuldigen? (ab 47:19)

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 16. Juni 2021:

VORS. WOLF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS SEIBERT: Schönen guten Tag auch von mir! Das Kabinett hat sich zuerst mit einem Verhaltenskodex für Personen beschäftigt, die im Lobbyregister eingetragen sind. Sie wissen, Bundestag und Bundesrat haben kürzlich ein Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters beschlossen. Es sieht eine Registrierungspflicht für diejenigen vor, die gegenüber dem Bundestag oder gegenüber der Bundesregierung Interessenvertretung ausüben. In diesem Gesetz ist geregelt, dass unter Beteiligung der Zivilgesellschaft ein Verhaltenskodex festgelegt werden soll, der Vorgaben macht, wie Interessenvertretung korrekt auszuüben ist.

Diesen vom Bundesinnenminister gemeinsam mit dem Bundestag erarbeiteten Verhaltenskodex hat die Bundesregierung heute beschlossen. Er enthält verbindliche Vorgaben für die Ausübung von Interessenvertretung auf der Grundlage von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität. Wie es im Gesetz heißt, ist auch die Zivilgesellschaft an der Erstellung dieses Kodex beteiligt worden. Es konnten Stellungnahmen zu einem Entwurf des Verhaltenskodex abgegeben werden. Er war dazu auf der Website des Deutschen Bundestages eingestellt.

Wenn ein nicht unerheblicher Verstoß gegen den Verhaltenskodex festgestellt wird, wird über einen Zeitraum von zwei Jahren dieser Verstoß im Lobbyregister veröffentlicht. Diese Eintragung kann Folgen haben für die Erteilung von Zugangsberechtigungen zum Bundestag, für die Beteiligung an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse oder für die Beteiligung von Verbänden und Fachkreisen an Entwürfen von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung.

Das nächste Thema ist der Rüstungsexportbericht 2020, der heute vom Kabinett beschlossen wurde. Er wird wie üblich dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet. Uns ist Transparenz bei Genehmigungsentscheidungen ein wichtiges Anliegen. Deswegen gibt es diesen periodisch veröffentlichten Rüstungsexportbericht. Er ist ein wichtiger Beitrag für eine sachliche und fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Rüstungsexporte.

Wie sah es nun 2020 aus? Es wurden Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von rund 5,8 Milliarden Euro erteilt. Das bewegt sich etwas unterhalb des durchschnittlichen jährlichen Gesamtwerts der erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen in den letzten fünf Jahren, der bei 6,3 Milliarden Euro liegt.

Ein großer Anteil, nämlich knapp 50 Prozent dieser Genehmigungen, entfiel auf Lieferungen in EU-, NATO- oder der NATO gleichgestellte Länder. Solche Ausfuhrgenehmigungen für diesen Länderkreis sind Ausdruck unserer Bündnis- und Gemeinschaftstreue; sie steht für Deutschland außer Frage.

Für Drittländer wurden Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro erteilt. Mehr als die Hälfte davon betrifft den maritimen Bereich. Der Gesamtwert der Genehmigungen für Kleinwaffen und Kleinwaffenteile belief sich 2020 auf rund 37,6 Millionen. Die entsprechenden Genehmigungen für Drittländer haben einen Wert von 572 122 Euro umfasst und verbleiben damit auf niedrigem Niveau.

Es gab einen weiteren Bericht, nämlich den Bericht der Bundesregierung zur Hightech-Strategie 2025. Diese Strategie zeigt Perspektiven auf, wie Deutschland seine Zukunft, auch seinen künftigen Wohlstand, mit Forschung und Innovation erfolgreich gestalten kann. Der Bericht ist zugleich die Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation.

In diesem Jahr liegt der Berichtsschwerpunkt auf dem Thema Innovation und Forschung bei der Bewältigung der Pandemie. Man kann sagen: Das deutsche Forschungs- und Innovationssystem hat sich gerade in der Pandemie bewährt. Es hat in beeindruckendem Tempo neue Erkenntnisse zum Coronavirus, zu den Auswirkungen der Krise hervorgebracht. Ich will nur zwei Beispiele nennen, die sicherlich jedem bewusst sind: Der erste Test zum Nachweis des Virus wie auch der erste nach internationalen Standards zugelassene SARS-CoV-2-Impfstoff wurden in Deutschland entwickelt.

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert worden. Sie machten im vergangenen Jahr 3,18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Auch in Zeiten der Pandemie bleibt es das Ziel, bis 2025 insgesamt 3,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung aufzuwenden.

Die staatlichen Forschungsausgaben beständig gesteigert zu haben, ist ein Markenzeichen der verschiedenen Bundesregierungen unter Bundeskanzlerin Merkel.

Einen letzten Bericht will ich Ihnen auch noch kurz vorstellen; das Bundeskabinett hat auch diesen Bericht beschlossen. Von der Staatsministerin für Kultur und Medien wurde der Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2021 vorgelegt. Wir erfüllen damit als Bundesregierung unsere Berichtspflicht gegenüber dem Bundestag und informieren über die jüngsten Entwicklungen der Medienlandschaft. Er fasst die aktuellen Herausforderungen an die Medienordnung zusammen, eine Medienordnung, die der Medien- und Meinungsfreiheit verpflichtet ist, die einen fairen Wettbewerb unterstützt und die die Vielfalt der Medien sichert.

Im Fokus dieses Berichts stehen diesmal neue kooperative Medienplattformen. Denn einige große Plattformen, die den Markt dominieren, übernehmen ja immer mehr Funktionen auch im Medienbereich. Sie sind maßgebliche Mitgestalter öffentlicher Kommunikationsräume und setzen damit die Geschäftsmodelle klassischer Medien massiv unter Druck. Die Vielfalt der Medien ist oberster Grundsatz unserer Medienordnung. Sie ist der Garant für eine freie, individuelle und öffentliche Meinungsbildung.

Laut dem Bericht könnten kooperative Medienplattformen zu dieser Vielfalt einen wichtigen Beitrag leisten, wenn sie beispielsweise die digitalen Fernseh-, Radio- oder Printangebote verschiedener klassischer Medienunternehmen oder -sparten miteinander verknüpfen und ihnen so zu größerer Sichtbarkeit im Netz verhelfen. Der Bericht ist abrufbar unter www.kulturstaatsministerin.de, und ich empfehle die Lektüre.

ROUTSI: Vielen Dank, meine Damen und Herren, dass ich die Gelegenheit bekomme, einige Worte an Sie zu richten zu den Ihnen sicherlich bekannt gewordenen Vorfällen, die sich in Litauen bei der Mission „Enhanced Forward Presence“ abgespielt haben sollen.

Im Raum stehen Anfangsverdachte zum Verstoß gegen soldatische Pflichten, wie zum Beispiel die Kameradschaftspflicht, die Pflicht zum treuen Dienen oder auch die Gehorsamspflicht. Aber was noch viel schlimmer ist: Es stehen auch Straftaten in Rede, wie beispielsweise sexuelle Nötigung, Beleidigung, gegebenenfalls mit rassistischer oder antisemitischer Konnotation, sowie extremistische Verhaltensweisen.

Gerade in Litauen, wo wir Seite an Seite mit unseren NATO-Partnern geschlossen für gemeinsame Werte einstehen, ist ein solches Verhalten Einzelner nicht nur unentschuldbar, es ist absolut beschämend für uns alle. Die Verteidigungsministerin hat wiederholt, dass wir mit aller Härte und Entschiedenheit vorgehen werden. Auch der Generalinspekteur der Bundeswehr hat Kontakt zu seinem litauischen Counterpart aufgenommen. Er hat seine Bestürzung zum Ausdruck gebracht und hat ihm mitgeteilt, dass wir die sehr guten Beziehungen, die wir unter den Streitkräften Litauens und Deutschlands genießen, darunter nicht leiden lassen wollen.

Die zuständigen Disziplinarvorgesetzten haben, nachdem sie Kenntnis erlangt haben, am 8. Juni sofort Ermittlungen aufgenommen und haben das Bundesministerium der Verteidigung informiert.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle schon einige Informationen mitgeben: Der gesamte betroffene Zug wird mit sofortiger Wirkung morgen nach Deutschland repatriiert werden und vom Einsatz abgelöst werden. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen wird bei den Hauptbeschuldigten eine fristlose Entlassung nach § 55 Absatz 5 Soldatengesetz eingeleitet. Mögliche Täter und Opfer wurden bereits räumlich getrennt, und es hat auch hier Repatriierungen auf beiden Seiten gegeben.

Darüber hinaus muss ich Ihnen mitteilen, dass im Zuge von Ermittlungen weiterhin bekannt geworden ist, dass es ein Fehl von 569 Schuss Handwaffenmunition gegeben hat. Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr hat hierzu sofort ein Ermittlerteam entsandt, das insbesondere dem Verdacht auf mögliche Buchungsfehler nach einer Schießübung nachgehen soll. Die Befragungen und Ermittlungen dauern an.

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst sind selbstverständlich eingebunden, und auch der Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres hat heute nach Rukla verlegt.

Ich kann Ihnen sagen, dass die Ermittlungen, wie die Ministerin das auch angekündigt hat, mit aller Härte und Entschiedenheit durchgeführt werden, weil ein solches Verhalten in der Bundeswehr keinen Platz hat. Wenn Ermittlungsergebnisse vorliegen, dann Sie kennen das Prozedere werden wir zunächst das Parlament und im Anschluss die Öffentlichkeit informieren. – Vielen Dank.

FRAGE DR. RINKE: Sie sagen, dass der Zug nach Deutschland zurückverlegt wurde. Ist dann ein Ersatz nach Litauen geschickt worden, oder kommt dieser Auslandseinsatz im Moment mit weniger Soldaten aus?

ROUTSI: Ich kann Ihnen sagen, dass die Mission insofern weitergeführt werden kann. Wir haben ja rund 600 Soldatinnen und Soldaten vor Ort. Ob es da eine Ersatzgestellung geben wird oder nicht, das sind operative Dinge, die jetzt in Klärung sind. Dazu kann ich Ihnen heute noch nichts mitteilen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sie haben gesagt, dass es auch Gespräche mit der litauischen Regierung gab. Sie haben uns aber nicht gesagt, wie die litauische Regierung selbst reagiert hat. Können Sie dazu etwas sagen?

ROUTSI: Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass der Generalinspekteur mit seinem Counterpart in Litauen das Gespräch gesucht hat. Ich habe Ihnen gesagt, dass es ihm wichtig war, dass er seine Bestürzung zum Ausdruck bringt, und dass wir so etwas auf gar keinen Fall tolerieren werden.

FRAGE JORDANS: Frau Routsi, können Sie sagen, wie viele Beschuldigte es in dem Fall gibt? Inwiefern litauische Soldaten involviert waren, ist mir nicht klar. Oder haben Sie nur das Gespräch gesucht, weil der Vorfall in Litauen stattfand?

ROUTSI: Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu Details, weil es laufende Ermittlungen sind, nicht weiterhin äußern kann.

FRAGE DUDIN: Zur Handschussmunition: Können Sie konkreter sagen, in welchem Zeitraum sie verschwunden ist?

ROUTSI: Nein, auch da bitte ich einfach um Verständnis. Das sind laufende Ermittlungen. Ich habe versucht, Ihnen zu erklären, dass es ein Schiessvorhaben gegeben hat. Da prüft man jetzt, ob die Munition tatsächlich verschwunden ist oder ob es das kann genauso gut sein zu einem Buchungsfehler gekommen sein könnte.

Wie gesagt, ein Team kommt heute vor Ort an; die werden jeden Stein umdrehen.

FRAGE JUNG: Können Sie uns sagen, wann Sie von den Ereignissen und den Vorwürfen zum allerersten Mal erfahren haben?

ROUTSI: Das habe ich gerade gesagt, Herr Jung; das war der 8. Juni.

ZUSATZFRAGE JUNG: Davor nicht?

ROUTSI: Ich kann Ihnen sagen, dass die Disziplinarvorgesetzten vor Ort das BMVg am 8. Juni informiert haben und wir sofort gehandelt haben.

FRAGE JORDANS: Ich wollte mal wissen, wie groß der Zug ist. Ich glaube, das ist ja keine feste Menge.

ROUTSI: Ich meine, um die zehn Personen.

FRAGE JUNG: Sie haben vorhin gesagt, es gehe um Einzelfälle, aber jetzt wird der gesamte Zug zurückgezogen. Sind diese Einzelfälle alle in diesem Zug, oder sind da Leute dabei, die vielleicht unschuldig sind?

ROUTSI: Dazu kann ich keine Aussage treffen, Herr Jung. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die Ermittlungen sehr stringent durchführen werden und aus diesem Grund die Entscheidung getroffen wurde, den Zug zu repatriieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe gelesen, dass Ihr Ministerium anstrebt, die Hauptbeschuldigten fristlos zu entlassen. Warum nur die Hauptbeschuldigten? Was ist ein Hauptbeschuldigter?

ROUTSI: Herr Jung, das sind laufende Ermittlungen. Sie können aber das Soldatengesetz ist öffentlich einsehbar gerne mal selbst in § 55 Absatz 5 nachschauen. Da sind die Voraussetzungen aufgezählt. Das bitte ich Sie zu recherchieren. Zu weiteren Details darf ich mich einfach rechtlich nicht äußern. Da bitte ich um Verständnis.

FRAGE JESSEN: Sie haben eben gesagt, der Zug bestehe aus etwa zehn Soldatinnen und Soldaten. In Presseberichten heißt es, es seien gut 30 Soldatinnen und Soldaten. Das ist ein manifester Unterschied. Können Sie das aufklären?

ROUTSI: Ich kläre das auf. Ich habe auch beide Zahlen. Ich denke, ich bekomme gleich die Information. Dann werde ich das gerne aufklären.

FRAGE JUNG: Sie haben im Rahmen des Verhaltenskodex von nicht unerheblichen Verstößen gesprochen. Ich würde gerne wissen: Was ist nach dem Verhaltenskodex denn ein unerheblicher Verstoß, und was ist ein erheblicher Verstoß?

STS SEIBERT: Das wird man sicherlich nur im Einzelfall wirklich definieren können. Aber vielleicht gibt es eine Definition, die das BMI, das dieses Thema heute ins Kabinett gebracht hat, vorlegen kann.

DR. WEDE: Eine Definition für einen erheblichen und einen unerheblichen Verstoß habe ich nicht parat. Das Gesetz ist ja auch noch nicht in Kraft. Da müssen wir sehen, wie sich die Anwendung des Gesetzes und natürlich auch die Interpretation entwickeln. Es ist, allgemein gesprochen, im rechtlichen Kontext nicht unüblich, dass man zwischen erheblichen und unerheblichen Verstößen differenziert. Das ist nichts für dieses Gesetz Spezifisches.

ZUSATZFRAGE JUNG: Es hätte ja sein können, weil Herr Seibert davon gesprochen hatte.

Sie legen ja fest, dass Treffen in Ministerien bis hinunter zur Ebene von Unterabteilungsleitern erfasst werden. Warum nicht noch darunter? Es arbeiten ja noch mehr Menschen unterhalb der Unterabteilungsleiterebene. Die könnten ja auch beeinflusst werden, und die fallen dann nicht unter diese Regelung.

DR. WEDE: Das ist eine Frage, die mit dem Verhaltenskodex nichts zu tun hat, sondern die schon bei dem Lobbyregistergesetz diskutiert wurde.

Die Erwägung geht in die Richtung, dass der Kontakt zwischen Interessensvertretern, Nichtregierungsorganisationen, der Allgemeinheit mit fachlichen Vertretern der Ministerien weiterhin möglich sein muss. Es handelt sich ja nicht um einen politischen Kontakt, wenn man mit einem Fachreferenten eine fachliche Diskussion führt. Das muss in dem Rahmen weiterhin möglich sein. Das betrifft das Lobbyregister in diesem Fall deswegen nicht.

FRAGE JORDANS: Eine kleine Nachfrage zu dem, was Sie gerade über die Definition gesagt haben: Haben Sie die einfach nicht parat, oder gibt es da Ihres Wissens keine? Es scheint für diese Sache ja doch nicht unerheblich zu sein.

Sind Parlamentarier auch irgendwie davon betroffen, insofern, als sie ja auch manchmal als Lobbyisten für bestimmte Vereinigungen, deren Mitglieder sie sind, auftreten können?

DR. WEDE: Mitglieder des Bundestages fallen nicht unter das Lobbyregistergesetz, deswegen auch nicht unter den Verhaltenskodex.

Zu der Frage, wie man zwischen erheblichen und unerheblichen Verstößen differenziert, müsste ich eine Antwort nachreichen.

FRAGE JUNG: Wer entscheidet denn, wann ein Verstoß erheblich oder unerheblich ist?

DR. WEDE: Ich würde sagen, dass das Teil der Nachreichung sein sollte. Das hängt ja mit der Frage zusammen, die auch der Kollege Jordans gestellt hat.

ROUTSI: Ich kann jetzt die Nachreichung zu den Ermittlungen gegen in Litauen stationierte Bundeswehrsoldaten machen: Sie haben recht; da bitte ich um Verzeihung. Es waren 30 Leute, ein Zug.

FRAGE JUNG (zum Rüstungsexportbericht): Ägypten ist unter den Drittländern der größte Empfänger von deutschen Rüstungsexporten. Das ist eine Militärdiktatur, die ihre eigene Bevölkerung unterdrückt. Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung es rechtfertigt, dass man an diese Militärdiktatur so viel Rüstung exportiert.

UNGRAD: Wir betreiben eine verantwortungsvolle Rüstungspolitik. Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und in strenger Absprache mit den anderen Ressorts, vor allen Dingen mit dem Auswärtigen Amt, unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen.

Zu Ägypten: Der Genehmigungswert ist fast ausschließlich, zu 99 Prozent, auf Genehmigungen für die Seestreitkräfte zurückzuführen. Das sind U-Boote, Patrouillenboote. Es besteht kein Risiko des Einsatzes für interne Repressionen und keine Relevanz dieser Güter zum Beispiel für den Jemenkonflikt. Leistungsfähige Seestreitkräfte liegen im legitimen verteidigungspolitischen Interesse Ägyptens und auch im internationalen Interesse an Küsten- und Seewegsicherung.

ZUSATZFRAGE JUNG: Es gibt eine massive Seeblockade des Jemen durch die saudische Allianz; Ägypten ist Teil dessen. Wieso sind Sie sich so sicher, dass diese Schiffe und U-Boote nicht dort eingesetzt werden?

Es wurde im Koalitionsvertrag festgelegt, dass keine Rüstungsexporte an im Jemenkrieg beteiligte Länder geschehen sollen. Ägypten ist natürlich daran beteiligt.

UNGRAD: Nach unserer Einschätzung sind die Genehmigungen, die wir erteilt haben, nicht Teil dessen, was auf den Jemenkonflikt Einfluss hat.

FRAGE DUDIN: Abgesehen vom Jemen ist Ägypten ja auch durchaus an der Krise im östlichen Mittelmeer um die Gasfelder nicht ganz unbeteiligt. Können Sie vielleicht noch mal aufklären, warum trotzdem Schiffe und U-Boote an Ägypten geliefert wurden?

UNGRAD: Ich habe meine Meinung ja gerade gesagt. Nach unserer Einschätzung hat das, was geliefert worden ist, keinen unmittelbaren Einfluss auf den Jemenkonflikt.

ZUSATZ DUDIN: Ich habe von den Gasfeldern im östlichen Mittelmeer gesprochen. Daran hat Ägypten ja durchaus auch Interesse und ist an der Krise nicht unbeteiligt.

UNGRAD: Das sind jetzt außenpolitische Erwägungen. Da würde ich gerne ans AA verweisen. Unsere Meinung dazu habe ich gesagt.

ADEBAHR: Ich kann von keinen Erkenntnissen berichten, die dem entgegenstehen, was das Wirtschaftsministerium zur grundsätzlichen Haltung zu das sind eben 99 Prozent Schiffen für unter und über Wasser dargelegt hat, auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.

FRAGE JESSEN: Sie sagten, nach Ihrer Einschätzung seien die gelieferten Güter sozusagen nicht kriegsrelevant. Die Formulierung im Koalitionsvertrag war doch aber nicht, es wird nicht geliefert, was kriegsrelevant ist, sondern: Es gibt keine Rüstungslieferungen an Parteien, die am Krieg beteiligt sind.

Ich meine, Sie führen hier für die Entscheidung ein Kriterium ein, das ein anderes ist als die Formulierung im Koalitionsvertrag.

UNGRAD: Die Absprachen über Rüstungsexporte erfolgen in Ressortabstimmung. In der Ressortabstimmung ist diese Abstimmung erfolgt. Wie gesagt ich habe es schon eingangs erwähnt : Wir betreiben eine verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik. Über diese Erwägungen wurde nachgedacht, und dann kam es zu diesem Entschluss.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Dann darf ich die Nachfrage ans Auswärtige Amt stellen: Trifft es zu, dass im Koalitionsvertrag die Vorschrift oder die Regel enthalten ist „keine Lieferung an kriegsbeteiligte Parteien“ und dass das ein anderes Kriterium ist, als zu sagen: „Na ja, was wir hier liefern, spielt im Krieg keine Rolle“? Das sind doch zwei Paar Schuhe.

ADEBAHR: Den Koalitionsvertrag nachlesen, das können wir beide. Ich habe ihn jetzt gerade nicht im Wortlaut hier. Das können Sie auch tun.

Ich kann aber auf Ihre Frage nur antworten: Wir haben keine Erkenntnisse darüber, dass ägyptische Seestreitkräfte an dem Jemenkonflikt beteiligt sind.

FRAGE JUNG: Sind das denn Tatsachen, dass diese deutschen Rüstungsgüter nicht im Jemenkrieg landen, oder ist das lediglich Ihre Auffassung oder Ihre Meinung? Können Sie das beweisen?

UNGRAD: Da würde ich gern ans Auswärtige Amt verweisen, weil wir ja die Richtlinien vom Auswärtigen Amt bekommen, wie die außenpolitische Lage ist.

ADEBAHR: Ich glaube, Ihre Frage zielte auf Kontrollen und dergleichen ab, nicht?

ZUSATZFRAGE JUNG: Frau Ungrad hatte gesagt, dass nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums diese Schiffe und U-Boote nicht vor der Küste von Jemen landen und dann Teil der Kriegsallianz der Saudis werden. Das ist ihre Auffassung. Sind das Tatsachen?

ADEBAHR: Wir haben keine Erkenntnisse über eine Beteiligung der ägyptischen Seestreitkräfte an diesem Konflikt.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, ich hatte letzte Woche schon bei Ihrer Kollegin zu einem Thema nachgefragt. Es geht konkret darum, dass der arabische Botschafter sich mit Herrn Maas treffen wollte. Es gab zweimal eine Anfrage, sich mit ihm zu treffen, aber er hat sich laut arabischen Diplomaten geweigert, sich mit ihm zu treffen. Es ging um den Gazakrieg. Da wollten Sie mir eine Antwort nachliefern. Ich habe sie aber bis jetzt noch nicht erhalten.

ADEBAHR: Dann kümmere ich mich darum, dass Sie die Antwort noch erhalten.

FRAGE JOACHIM: Eine Frage ans Wirtschaftsministerium: Frau Ungrad, Ende des Monats läuft die Bundes-Notbremse aus und damit auch die Regelung, was die Homeoffice-Pflicht angeht. Gibt es schon Überlegungen, wie das im Monat darauf weitergehen soll? Gibt es da Gespräche? Wenn ja, soll dann nächste Woche etwas beschlossen werden? Es ist ja die letzte Bundestagswoche.

UNGRAD: Zum Thema Homeoffice würde ich gerne an das Bundesarbeitsministerium verweisen, weil das in deren Federführung ist. Wir haben unsere Meinung dazu gesagt. Die Regelung läuft in der Tat aus, und der Minister ist auch dieser Meinung.

GÖPNER-REINECKE: Die Angebotspflicht fürs Homeoffice bzw. das Homeoffice hat einen wichtigen Beitrag zum Infektionsschutz geleistet. Richtig ist, dass die aktuelle Regelung zum Homeoffice zum 30. Juni ausläuft. Das gilt genauso für die aktuelle Corona-Arbeitsschutzverordnung. Das BMAS hat bereits Vorschläge vorgelegt, um die Arbeitsschutzverordnung anzupassen und entsprechend zu verlängern. Dazu laufen derzeit die regierungsinternen Gespräche, sodass ich zu Details hier noch nichts weiter sagen kann.

ZUSATZFRAGE JOACHIM: Es müsste ja dann eigentlich nächste Woche etwas geben.

GÖPNER-REINECKE: Der 30.06. ist bald; das ist klar.

FRAGE: Eine Frage an das Auswärtige Amt bezüglich des 80. Jahrestages des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Die Hauptveranstaltung findet in Karlshorst statt, im Deutsch-Russischen Museum. Der ukrainische Botschafter Melnyk hat sich in einem Pressebericht geäußert und hat angekündigt, dass er daran nicht teilnehme. Er hat dem Bundespräsidenten und der deutschen Politik insgesamt einen Affront vorgeworfen; es zeige Unsensibilität und fehlendes Bewusstsein für die Gefühle der Ukrainer als eine der größten Opfergruppen des Zweiten Weltkrieges, und zwar wegen des Ortes.

Waren Sie als Auswärtiges Amt an der Entscheidung über die Wahl des Ortes beteiligt, und haben Sie Verständnis für diesen Schritt?

ADEBAHR: Wir haben die Berichterstattung zur Kenntnis genommen und auch mit etwas Verwunderung, so will ich sagen, die dort zitierten Äußerungen von Botschafter Melnyk. Ich will das aber gar nicht weiter kommentieren, sondern vielleicht etwas zum Hintergrund dieses Sachverhaltes sagen, weil es eben auch uns betrifft.

Das Auswärtige Amt ist Mitglied in dem Trägerverein „Museum Berlin-Karlshorst e. V.“, welcher seit 1994/95 das Deutsch-Russische Museum trägt. Neben uns sind insgesamt 17 Institutionen aus Deutschland, Russland, Belarus und der Ukraine Mitglied dieses Trägervereins, darunter zum Beispiel auch das Nationale Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg in Kiew. Vor dem Museum werden entsprechend, um das deutlich zu machen, die Fahnen von Deutschland, Russland, Belarus und auch der Ukraine gezeigt.

Die Ausstellung, die der Bundespräsident dort übermorgen eröffnen wird, trägt den Titel „Dimensionen eines Verbrechens – Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“, also ein sehr breiter Titel. Zu dieser Ausstellungseröffnung sind nach unseren Informationen auch die Botschafter aller Nachfolgestaaten der Sowjetunion eingeladen. Ferner sind die Direktoren der drei Partnermuseen in Russland, Belarus und der Ukraine eingeladen, dort mit Videobotschaften präsent zu sein.

Vielleicht grundsätzlich zur Haltung der Bundesregierung in Bezug auf diese Erinnerungskultur: In der Erinnerungskultur soll eben gerade keine Opfergruppe ausgeblendet werden, sondern es ist im Gegenteil der Bundesregierung wichtig, dass die Erinnerung dem Schicksal der Menschen aus allen Völkern der einstigen Sowjetunion auch Rechnung trägt.

Ich kann gerne aus einer Rede von Außenminister Maas am 9. Juni im Deutschen Bundestag anlässlich der Debatte zum 80. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion zitieren. Er hat in dieser Rede für die Bundesregierung noch einmal an die unfassbaren Opfer der Menschen in allen betroffenen Nachfolgstaaten der Sowjetunion erinnert, darunter natürlich auch in der Ukraine. Er hat auch auf unsere Unterstützung der Erinnerungsarbeit in den vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas hingewiesen, unter anderem zum Beispiel auf eine geplante Unterstützung im neuen Holocaustmuseum in Babyn Jar.

Am selben Tag war der ukrainische Außenminister zu einem Besuch bei Herrn Maas. Das war ein sehr freundschaftlicher und schöner Besuch. Herr Maas hat noch einmal die völkerrechtswidrige Annexion der Krim verurteilt und die territoriale Integrität der Ukraine betont.

Sie sehen also, dass es in der Erinnerungskultur der Bundesregierung einen sehr breiten Ansatz gibt, der sich schon immer dagegen wendet, den deutschen Überfall auf die Sowjetunion historisch zu instrumentalisieren und auch diesen Jahrestag zu instrumentalisieren. Dagegen wenden wir uns. Das ist für uns ein sehr wichtiges Anliegen. Das vielleicht zum Hintergrund dieser Veranstaltung.

ZUSATZFRAGE: Ich würde aber trotzdem sagen: Wenn der Botschafter eines Landes wie die Ukraine, das ja auch betroffen ist, seine Teilnahme absagt, ist das zumindest für die Öffentlichkeit als ein diplomatischer Eklat zu bewerten. Wie sehen Sie das? Haben Sie vor, hier als Auswärtiges Amt zu deeskalieren? Spricht Herr Maas vielleicht mit dem ukrainischen Außenminister?

ADEBAHR: Das ist eine Veranstaltung, die der Bundespräsident wahrnehmen wird. Insofern ist das auch etwas, wozu der Bundespräsident bzw. das Bundespräsidialamt kommunizieren sollten.

Natürlich habe ich gesagt, dass wir das mit Verwunderung zur Kenntnis genommen haben. Wir sind, wie Sie gesehen haben, mit der ukrainischen Seite auf ganz verschiedenen Wegen im Kontakt. Zuletzt war der Außenminister ja hier zu Besuch. Wir haben unsere Haltung zur Erinnerungskultur und unser Wenden gegen eine Instrumentalisierung dargestellt. Ich glaube, das ist der Grundsatz, mit dem wir als Bundesregierung diesen Jahrestag mit Blick auf zahlreiche Veranstaltungen begehen und zu dem wir stehen.

FRAGE: Frau Adebahr, Herr Seibert, was erwartet die Bundesregierung von dem Treffen der Herren Putin und Biden? Ist eine Entspannung zwischen Russland und dem Westen möglich?

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin hat vor Kurzem öffentlich gesagt, dass sie es gut findet, dass der amerikanische Präsident jetzt das direkte Gespräch mit dem russischen Präsidenten sucht – genau wie es gut ist, wenn es auf europäischer Ebene zwischen Deutschland und Russland oder Vertretern der EU und Russland solche Gespräche gibt.

Ansonsten kann ich dem, was da heute in Genf passiert, jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE JORDANS: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin hat ja nun viel Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Herrn Putin. Sie hat ihn mehrfach getroffen. Mich würde interessieren, ob die Bundeskanzlerin Herrn Biden während des G7-Gipfels irgendwelche Vorschläge oder einen Rat gegeben hat, wie man bei diesem Treffen mit Herrn Putin umgehen sollte, ob man ihm zum Beispiel trauen kann.

STS SEIBERT: Über das vertrauliche Gespräch, das die Bundeskanzlerin in Cornwall mit dem amerikanischen Präsidenten geführt hat, kann ich Ihnen hier nichts berichten.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, was wären denn die Hoffnungen, was das Ergebnis des Gesprächs zwischen Herr Putin und Herrn Biden angeht? Gibt es bestimmte Punkte von Abrüstung bis zu konkreten Vereinbarungen, möglicherweise auch Projekte wie Nord Stream 2 , die der Bundesregierung besonders wichtig sind?

STS SEIBERT: Ich glaube wirklich nicht, dass es angebracht wäre, dass ich als Sprecher der Bundesregierung jetzt hier dem Gespräch zwischen dem russischen und dem amerikanischen Präsidenten einen Erwartungskatalog voranstelle.

Wie gesagt, es ist gut die Bundeskanzlerin hat das ausdrücklich begrüßt , dass es dieses erste persönliche Aufeinandertreffen seit Amtsantritt des amerikanischen Präsidenten gibt. Bei G7 wurde ja auch über das gesprochen, was man von Russland erwartet und das gilt auch für uns Deutsche , nämlich eine konstruktive Mitwirkung Russlands an der politischen Lösung zum Beispiel des Konflikts in der Ukraine, also bei der vollständigen Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets. Aber das weiß Russland. Das ist das, was wir auch auf unseren Kanälen immer wieder an die russische Führung herantragen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ich finde, die Frage ist berechtigt. Wir müssen keinen Erwartungskatalog voranstellen, aber dieses Treffen könnte ja Deutschland und deutsche Interessen durchaus berühren.

Jetzt eine ganz konkrete Nachfrage: Wären Sie dafür, dass die USA dem Normandie-Format künftig beitreten, wie das die Ukraine schon mehrfach gefordert hat?

STS SEIBERT: Die diplomatischen und politischen Bemühungen, die Deutschland und Frankreich seit 2014 unternehmen, um den Konflikt in der Ostukraine mit friedlichen Mitteln zu entschärfen, sind immer in enger Abstimmung mit den jeweiligen Regierungen in Washington erfolgt.

ZUSATZ DR. RINKE: Entschuldigung, das war nicht ganz die Antwort. Dass das immer in Koordinierung erfolgte, ist ein Punkt. Aber mir ging es darum, ob dieser Kreis der vier auf fünf Länder erweitert wird.

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen dazu nicht mehr zu sagen.

FRAGE FRIED: Herr Seibert, morgen jährt sich zum 30. Mal der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag. Es hat seit knapp drei Jahren keine deutsch-polnischen Regierungskonsultationen mehr gegeben. Mit Frankreich sind diese Konsultationen, wenn auch digital, wieder aufgenommen worden. Hat es ausschließlich pandemische Gründe, dass es zuletzt keine deutsch-polnischen Regierungskonsultationen oder auch politische Konsultationen gegeben hat? Können Sie uns sagen, ob die Konsultationen wieder in Planung sind?

STS SEIBERT: Für diese Bundesregierung, deren Amtszeit sich ja jetzt mit ziemlich großen Schritten dem Ende nähert, sind sie nicht in Planung.

Ich will aber auch für diese Bundesregierung ganz klar sagen, dass für uns das Verhältnis zu unserem Nachbarn und Freund Polen von großer Bedeutung ist. Auch morgen, wenn wir uns an diesen Nachbarschaftsvertrag erinnern, wird sicherlich zum Ausdruck gebracht werden, dass das eine Brücke aus einer schrecklichen Vergangenheit hin zu einem wirklich guten nachbarschaftlichen Verhältnis mit unzähligen Kontakten zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten war, für die wir einfach dankbar sein müssen.

ZUSATZFRAGE FRIED: Sie sagen, sie seien für diese Bundesregierung nicht mehr in Planung. Warum? Termingründe, politische Gründe?

STS SEIBERT: Das ist aus terminlichen Gründen der Fall und auch, weil wir uns natürlich dem Ende der Legislaturperiode nähern und das sicherlich etwas ist, was eine neue Bundesregierung dann wieder aufgreifen wird.

FRAGE: Frau Adebahr, die Wahlen im Iran stehen an. Es deutet sich ein bisschen eine Radikalisierung an.

Erstens. Als wie frei würden Sie diese Wahlen beurteilen?

Zweitens. Welche Auswirkungen hat das möglicherweise auf das Atomabkommen? Muss man im Nachhinein vielleicht sagen, dass die deutsche Politik keine Erfolge in Bezug auf die Iranpolitik hat?

ADEBAHR: Was man im Nachhinein irgendwann wird sagen müssen, überlasse ich dann Ihnen.

Die Verhandlungen in der sechsten Runde in Wien laufen sehr intensiv. Sie haben am letzten Samstag mit einer Joint Commission begonnen und dauern derzeit an. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind in ganz intensiven Gesprächen. Der Außenminister hat noch einmal deutlich gemacht, dass wir in Wien schon ein gutes Stück des Weges gegangen sind, jetzt aber – wie bei vielen Verhandlungen auf einer möglichen Zielgeraden naturgemäß die schwersten Brocken und die sensibelsten Themen sehen, die dort liegen und vielleicht weggeräumt werden können, wenn es gut läuft. Daran arbeiten die Kolleginnen und Kollegen.

Ein Spiel auf Zeit auch das hat der Außenminister gesagt ist im Moment in niemandes Interesse. Natürlich ist der politische Kalender allen Beteiligten in allen Ländern bekannt. Aber in den Gesprächen in Wien spielte dieses Wahldatum im Moment keine Rolle, sondern man geht wirklich auf ganz knackige sensitive Fragen ein, die weggeräumt werden müssen, damit eine Rückkehr zum JCPOA und seine vollständige Inkraftsetzung wieder garantiert werden könnten.

Zu der Frage, wie wir die Wahl bewerten: Ich glaube, darüber sollte man erst sprechen, wenn die Wahl stattgefunden hat. Jedenfalls würde ich das jetzt von dieser Stelle aus noch nicht tun, denn sie hat ja noch nicht stattgefunden.

ZUSATZFRAGE: Die Einschätzung, wie frei die Wahlen sind, würden Sie erst nach der Wahl abgeben, oder können Sie jetzt schon etwas dazu sagen?

ADEBAHR: Die Einschätzung, wie frei eine Wahl war, sollte man erst vornehmen, wenn die Wahl gelaufen ist.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, war diese Formulierung „Spiel auf Zeit“ auf den Iran gemünzt, oder bezog sie sich generell auf alle Beteiligten?

ADEBAHR: Das bezog sich auf alle Beteiligten. Alle müssen, wenn es geht, jetzt Pragmatismus und Flexibilität zeigen, um in dieser schwierigen Phase dieser sechsten Runde voranzukommen.

FRAGE JUNG: Mir geht es um die Bundeszentrale für politische Bildung. Herr Seibert, ist die Kanzlerin dafür, dass dem BMI die Hoheit über die Bundeszentrale für politische Bildung entzogen wird, und zwar angesichts der aktuellen Berichterstattung über den Einfluss des Ministeriums auf eben diese Bundeszentrale?

Herr Wede, Ihr Ministerium hat gelogen, als es darum ging, ob die Hausleitung an dieser Fehde, also an dieser Linksextremismusdefinition, in Bezug auf die Bundeszentrale beteiligt war. Das mussten Sie jetzt angesichts des Mailverkehrs einräumen. Würden Sie das jetzt hier auch in der Öffentlichkeit tun? Warum hat Ihr Haus gelogen?

STS SEIBERT: Ich kann nur sagen: Die Bundeskanzlerin ist nicht für Veränderungen an dieser Stelle.

DR. WEDE: Herr Jung, Sie nehmen jetzt Bezug auf interne Kommunikation des BMI. Das werde ich jetzt hier öffentlich nicht kommentieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die interne Kommunikation ist dank des Informationsfreiheitsgesetzes öffentlich geworden. Das ist jetzt Teil der Öffentlichkeit, und darum sollten Sie dazu Stellung nehmen. Es ist augenscheinlich und ganz klar, dass Sie gelogen haben, indem Sie hier Anfang des Jahres noch gesagt haben, dass die Hausleitung nicht involviert war. Das hat sich jetzt als falsch herausgestellt. Können Sie das zumindest kommentieren und einordnen?

DR. WEDE: Die Bundeszentrale für politische Bildung liegt im Geschäftsbereich des BMI. Damit hat das BMI eine gewisse Verantwortung für das, was da passiert, und dieser Verantwortung kommen wir nach.

FRAGE JORDANS: Aber die Frage betraf ja diesen E-Mail-Verkehr, der über diese Informationsfreiheitsgesetze ans Licht gekommen ist und gezeigt hat, dass das, was hier im Februar von Ihnen gesagt wurde, nicht stimmte. Werden Sie daraus irgendwelche Konsequenzen ziehen? Ich meine, wird irgendjemand dafür gefeuert werden, dass er offensichtlich die Öffentlichkeit belogen hat, oder wird das unter den Teppich gekehrt?

DR. WEDE: Ich schließe mich auch schon nicht Ihrer Äußerung an, dass in der Öffentlichkeit oder auch intern gelogen wurde. Das ist nach meiner Kenntnis nicht der Fall, und mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Ich sehe hier also keine Lüge. Das ist Ihre Bewertung, und die ist aus meiner Sicht unzutreffend.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Das ist nicht meine Bewertung. Das ist die Berichterstattung der „taz“. Sie sagen also, die stimmt nicht?

DR. WEDE: Dann ist das die Bewertung der „taz“. Aber es ist nicht meine Bewertung, dass hier gelogen wurde. Meine Bewertung ist, dass hier tatsächlich die Wahrheit gesprochen wurde.

FRAGE JESSEN: Wenn die Aussage hier gewesen war, dass es keine Einflussnahme auf Formulierungen seitens des BMI gab, und nun Schriftverkehr dokumentiert, dass es sehr wohl Einflussnahme gab das ist ja dokumentiert , wie würden Sie denn dann die Aussage, die hier getroffen wurde, im Verhältnis zu den inzwischen offenliegenden Tatsachen bezeichnen? Was war das?

DR. WEDE: Herr Jessen, ich halte es generell für kompliziert, dass Sie einen Satz aus einer internen E-Mail herausnehmen, den in einen anderen Zusammenhang stellen und dann sagen „Jetzt wurde hier gelogen“,

ZUSATZ JESSEN: Ich habe

DR. WEDE: bzw. die „taz“, meinten Sie, habe das gesagt. Das ist keine Bewertung, der ich mich anschließen kann. Ich halte diese Aussage auch für unterkomplex. Ich bin jetzt nicht der Ansicht der „taz“, dass hier gelogen wurde. Es wird vielmehr, wenn man sich den gesamten Vorgang anschaut, deutlich, dass hier zutreffend kommuniziert wurde und dass die Aufsicht über die Bundeszentrale auch in völlig zulässigem Maße ausgeübt wurde.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sind Sie der Meinung, dass das, was, wie Sie sagen, aus dem Zusammenhang gerissen sei, aber zitiert wurde, keine Einflussnahme dokumentiert? Wenn es nämlich eine Einflussnahme wäre, dann wäre der Satz, der hier gefallen ist, objektiv falsch.

DR. WEDE: Dafür müsste man sich den gesamten Sachverhalt anschauen, Herr Jessen, und das kann man aufgrund einer einzigen internen E-Mail nicht.

FRAGE JUNG: Hier geht es ja nicht um einzelne E-Mails oder eine einzelne E-Mail, sondern um mehrere, die belegen, dass das Ministerbüro in diese Causa involviert war. Herr Seibert, ist die Bundesregierung verpflichtet, wahrheitsgemäß zu antworten? Wenn sie das nicht tut, wie jetzt belegt wurde, sind Sie als Leiter des Bundespresseamtes nicht dazu verpflichtet, das uns gegenüber einzuräumen und sich vielleicht dafür zu entschuldigen?

STS SEIBERT: Ich habe dem, was der Kollege aus dem BMI jetzt hier sagte, nichts hinzuzufügen. Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass wir, wenn wir hier als Sprecher der Bundesregierung sitzen, immer nach bestem Wissen und Gewissen antworten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Könnten Sie, Herr Wede, vielleicht nachreichen, warum das BMI nicht irgendwelche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zitiert haben möchte, wenn es um das Thema des Linksextremismus geht, sondern sich eher für die Geheimdienstinteressen interessiert, diesbezüglich die Definition zu übernehmen? Warum ist beim Thema des Linksextremismus wissenschaftliche Expertise nicht entscheidend, sondern offenbar eine politische und von der „BILD“-Zeitung motivierte?

DR. WEDE: Herr Jung, das ist eine polemische Frage. Sehen Sie es mir nach, wenn ich dazu jetzt hier keinen Kommentar abgebe.

FRAGE: Mich würde einmal interessieren, wie die Bundesregierung die Aktion von Greenpeace am gestrigen Tag mit dem Gleitschirmflieger bewertet. Das passierte ja im Vorfeld des Deutschland-Frankreich-Spiels in München. Das steht ja möglicherweise in einer Reihe fragwürdiger Aktionen im Zusammenhang mit dem Umweltschutzthema.

STS SEIBERT: Das war eine unverantwortliche Aktion, die Menschen dort in große Gefahr gebracht hat. Dass es, Gott sei Dank, einigermaßen glimpflich ablief, ist eine Erleichterung, aber ändert an der Sache nichts. Die Verantwortlichen sollten also schon selbstkritisch den Sinn solcher Aktionen hinterfragen, bei denen es um maximales Spektakel für maximale PR-Wirkung geht. So etwas führt dann zu solchen potenziell gemeingefährlichen Situationen. Das hat jetzt übrigens alles gar nichts mit den Inhalten, um die es dabei ging, zu tun, sondern so müsste man diese Aktion unabhängig davon, welchem Zweck sie diente, beurteilen.

ZUSATZFRAGE: Ich habe eine kurze Nachfrage an Herrn Seibert und gegebenenfalls an das BMI. Sagt das etwas über die Sicherheit in den deutschen Stadien aus, oder kann der Pilot auch einfach von Glück sagen, dass man nicht zu einer anderen Sicherheitseinschätzung kommen ist? Es waren ja Scharfschützen da.

STS SEIBERT: Für Sicherheitsaspekte ist immer das BMI geeigneter als ich.

ZUSATZFRAGE: Wie viel Glück hat der vielleicht gehabt? Haben wir vielleicht auch ein Sicherheitsproblem bei den Stadien?

DR. WEDE: Das ist eine Frage, die die Behörden in Bayern beantworten müssen.

FRAGE: Es soll morgen eine Onlinekonferenz der Gesundheitsminister der Westbalkanländer im Rahmen des Berliner Prozesses geben. Ist Deutschland der Gastgeber?

NAUBER: Ja, den Termin kann ich bestätigen. Ich kann auch bestätigen, dass der Bundesgesundheitsminister das Treffen ausrichtet, pandemiebedingt als virtuelle Konferenz.

FRAGE DR. RINKE: Können Sie uns sagen, weil das jetzt doch etwas sehr kurz war, warum die Konferenz stattfindet? Was genau ist das Ziel? Geht es dabei um die Lieferung von Impfdosen oder Vereinbarungen darauf, wie man den Ländern unter die Arme greifen kann?

NAUBER: Ich kann Ihnen nur sagen, dass gemeinsames Ziel der Teilnehmenden der enge Austausch und die gute Kommunikation zwischen den Staaten der EU und den Staaten des westlichen Balkans ist. Den konkreten Themen kann ich an dieser Stelle noch nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Aber gibt es bestimmte Ziele, die Ihr Ministerium mit dieser Konferenz verbindet?

NAUBER: Wie gesagt: Den Inhalten möchte ich an dieser Stelle noch nicht vorgreifen.

FRAGE: Die EU hat heute die Einreisebeschränkungen für Touristen aus acht Staaten und Gebieten, darunter Serbien, Albanien und Nordmazedonien, aufgehoben. Wird Deutschland diese drei Länder auch in die Positivliste aufnehmen?

DR. WEDE: Nach meiner Information ist hierüber noch keine endgültige Entscheidung der europäischen Organe gefällt worden. Wir werden uns mit dieser Frage beschäftigen, sobald die Entscheidung vorliegt.

FRAGE KARADAĞ: Ministerin Kramp-Karrenbauer fliegt zum bilateralen Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen nach Ankara. Welche Themen sollen dabei besprochen werden?

ROUTSI: Vielen Dank für die Frage. Ich kann bestätigen, dass die Ministerin morgen die Gespräche mit ihrem Amtskollegen, Minister Akar, führen wird. Das ist ein Gegenbesuch zur Reise von Minister Akar nach Berlin Anfang Februar.

Zu den Themen kann ich Ihnen vorab sagen, dass es natürlich auch um die Umsetzung der NATO-Gipfelbeschlüsse von vorgestern gehen wird, worüber sich die Ministerin ja auch gestern beim „Quad-Treffen“ in Brüssel mit den Amtskollegen aus den USA, aus Großbritannien und aus Frankreich ausgetauscht hat. In Ankara wird es aber auch um die Lage im östlichen Mittelmeer sowie im Schwarzen Meer gehen. Außerdem kann ich Ihnen noch mitteilen, dass es ein Pressestatement der beiden Minister geben wird.

FRAGE DR. RINKE: An das Umweltministerium: Auf dem G7-Treffen ist ja auch verkündet worden, dass die Bundesregierung ihre Beteiligung an dem 100-Milliarden-Dollar-Fonds für ärmere Länder zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bis 2025 von vier auf sechs Milliarden Euro aufstocken will. Können Sie das ein bisschen aufsplitten? Wann wird wie viel bezahlt? Mit welcher Hausnummer geht die Bundesregierung dann in die Verhandlungen bei der Klimaschutzkonferenz?

STS SEIBERT: Vielleicht fange ich nur ganz kurz an: Klar ist, dass es entscheidend auch von den Zusagen der Industrieländer zur Klimafinanzierung abhängt, wie erfolgreich die internationalen Klimaschutzanstrengungen sind und damit auch der kommende Klimagipfel COP26. Das war die Überzeugung, die die G7-Partner am Wochenende in Cornwall einte, und auch die Überzeugung, dass die G7 bei dieser Klimafinanzierung Vorreiter sein sollten. Deswegen hat Deutschland beim Gipfel am Wochenende eben auch zugesagt, seinen Klimafinanzierungsanteil, der jetzt bei vier Milliarden Euro jährlich liegt, zu steigern. Diese Zusage, auf vier Milliarden Euro zu kommen, haben wir ja tatsächlich auch gehalten; wir haben sie sogar übertroffen. Nun werden wir weiter unseren fairen Anteil leisten. Perspektivisch wollen wir diesen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung bis 2025 auf sechs Milliarden Euro jährlich erhöhen. Nur, damit wir noch einmal die Grundfakten haben.

FICHTNER: Da gibt es gar nicht viel zu ergänzen. Die Klimafinanzierung ist tatsächlich ein Grundpfeiler des Pariser Klimaschutzabkommens. Wir erwarten ja auch von den Entwicklungsländern, dass sie selber mit zum Klimaschutz weltweit beitragen. Deswegen müssen wir ihnen im Gegenzug auch helfen, genau das zu tun, nämlich das Klima zu schützen und sich auch an den Klimawandel anzupassen.

Deutschland gilt hier als international vorbildlich. Wir haben auch bisher schon an führender Stelle dazu beigetragen, unseren fairen Anteil am gemeinsamen Ziel der Industriestaaten zu leisten. Das Ziel lautet, ab dem Jahr 2020 Jahr für Jahr 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Mitteln zu mobilisieren, und ab dem Jahr 2025 dann noch einmal eine neue, höhere Zahl zu mobilisieren. Deutschland wird seine führende Rolle in diesem Bereich auch weiter spielen können, wie Herr Seibert eben gesagt hat.

Wir hoffen, dass jetzt auch andere Industriestaaten nachziehen, sodass es uns dann gelingen wird, im November in Glasgow bei der Weltklimakonferenz das Vertrauen zwischen Nord und Süd zu schaffen, das man braucht, um diese Konferenz zum Erfolg zu führen.

STS SEIBERT: Vielleicht nur, damit man ein bisschen die Entwicklung dieser aus öffentlichen Ausgaben für Klimafinanzierung im Blick hat: Diese Ausgaben lagen 2014 noch bei zwei Milliarden Euro. Dann hat Deutschland mit Blick auf das Zieljahr 2020 zugesagt, sie auf vier Milliarden Euro zu verdoppeln. Nun wollen wir sie perspektivisch bis 2025 auf sechs Milliarden Euro erhöhen. Das ist gegenüber 2014 dann also schon eine Verdreifachung.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie sagen, in was für Schritten das geschieht?

Für welche Maßnahmen geschieht das? Denn diese zwei Milliarden Euro können ja für sehr unterschiedliche Dinge verwendet werden.

Mit welcher Zahl geht man in die Verhandlungen im November?

FICHTNER: Im November wird es um eine globale Zahl gehen, um das, was Industriestaaten insgesamt aus öffentlichen und privaten Mitteln mobilisieren, und es wird darum gehen, dabei glaubwürdig zu sein. Wir haben den G7-Gipfel am Sonntag erlebt das ist oft der allererste Schritt in solchen Prozessen.

Was Deutschland angeht, muss das natürlich erst noch haushälterisch unterlegt werden. Dann wird es in den nächsten Jahren im BMZ und im BMU neue Spielräume geben, und dann wird das sinnvoll investiert. Jetzt, ganz am Anfang dieser Debatte, ist aber noch nicht der richtige Moment, um schon konkrete Ausgabenpläne zu verkünden.

FRAGE JORDANS: Herr Fichtner, andere große Industrieländer wie die USA sind ja noch hinter dem deutschen Ziel. Waren Sie enttäuscht davon, dass da beim G7-Gipfel nichts kam?

Zweitens. Wenn ich das richtig verstanden habe, gab es auch die Forderung von NGOs, dass mindestens die Hälfte der deutschen Gelder für „mitigation“, also praktisch für die Verhinderung des Klimawandels reserviert werden. Dazu kamen keine Details. Wird das noch kommen oder ist das nicht vorgesehen?

FICHTNER: Zu den guten Nachrichten des G7-Gipfels gehörte neben der deutschen Ankündigung unter anderem auch eine Ankündigung von Kanada, seine Klimafinanzierung zu erhöhen. Ansonsten war das jetzt auch nicht die letzte Chance für die Industriestaaten vor der Weltklimakonferenz in Glasgow; da wird es noch weitere Gelegenheiten geben. Die Briten als Präsidentschaft der Weltklimakonferenz und auch wir werden weiter dafür werben, dass andere Industriestaaten folgen.

Was die NGO-Forderung angeht: Ich vermute, die war andersherum gemeint, also dass man auch viel Wert darauf legt, dass Entwicklungsländer Geld für Anpassungen bekommen und nicht nur Geld für Klimaschutztechnologien. Das sehen wir auch so und achten deshalb auch stark darauf, dass Anpassungsmaßnahmen zum Beispiel beim Grünen Klimafonds eine wichtige Rolle spielen. Deutschland zählt auch zu den größten Förderern des Anpassungsfonds, der sich genau auf solche Projekte spezialisiert hat.

FRAGE AIASH: An das Auswärtige Amt: Die ägyptische Justiz will die Hinrichtung von zwölf Personen der ägyptischen Opposition vollziehen. Gibt es Bemühungen seitens der Bundesregierung, die Umsetzung dieses neuen Verbrechens zu verhindern?

ADEBAHR: Zu den konkreten Fällen Sie haben gerade ja auch keine Namen genannt müsste ich etwas nachreichen; das kann ich aber gern tun. Ich glaube, unsere Haltung zur Todesstrafe grundsätzlich und weltweit ist bekannt: Wir lehnen eine solche Strafe überall und unter allen Umständen ab und wirken dort, wo sie noch angewendet wird, auf Moratorien hin. Auch mit der ägyptischen Seite sind wir zu Menschenrechtsfragen grundsätzlich immer im Gespräch. So viel vielleicht kurz allgemein zu diesem Thema.

Herr Towfigh Nia, ich habe noch eine Nachlieferung für Sie: In der Tat hatte uns eine Gesprächsbitte der Vertretung der Arabischen Liga in Berlin erreicht. Staatssekretär Miguel Berger hat dann am Freitag vergangener Woche die Vertreter der Länder Libanon, Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Tunesien, Marokko, der Palästinensischen Gebiete und der Arabischen Liga zu einem Gespräch im Auswärtigen Amt getroffen. Außenminister Maas hatte natürlich auch während der Gazakrise das haben Sie an der Reise verfolgt , so wie auch davor und danach, einen ganz engen Draht zu seinen Amtskollegen im arabischen Raum und auch zu Israel auf der anderen Seite. Das betrifft auch diese Länder, die ich hier genannt habe. Staatssekretär Berger hat nach dem Treffen auch getwittert, wie ich gerade noch gesehen habe. Der Tweet ist von den Botschafterinnen und Botschaftern gut aufgenommen worden. Es hat uns auch wirklich sehr gefreut, dass das Treffen am letzten Freitag so gut ankam.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, ich weiß, dass die arabischen Botschafter bzw. einige von ihnen sich mit Herrn Berger getroffen haben. Die konkrete Frage war: Wieso hat sich der Außenminister geweigert, sich mit den arabischen Botschaftern zu treffen? Es gab zwei formelle Anfragen, und in beiden Fällen wurde laut arabischen Diplomaten in Berlin gesagt, dass man sich nicht mit ihnen treffen möchte. Es ist von einer Weigerung die Rede.

ADEBAHR: Das kann ich so nicht bestätigen. Der Staatssekretär hat in Vertretung des Außenministers dieses Treffen wahrgenommen. Es freut uns, dass das ein intensiver Austausch gewesen ist. Außenminister Maas ist selber mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen aus der Region in einem ganz intensiven Kontakt, weil ihm das Thema und der Dialog mit den Staaten der arabischen Welt zu den Themen, die uns dort alle unter den Nägeln brennen, eben sehr wichtig sind.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Er hat sich also nicht geweigert, sich mit dem Botschafter zu treffen, habe ich das richtig verstanden?

ADEBAHR: Ich kann Ihnen sagen, dass der Staatssekretär den Außenminister bei diesem Termin vertreten hat.

FRAGE JESSEN: An Herrn Seibert zu einer Causa, bei der Bundes- und Landesinteressen ineinander verwoben zusammengehen: In Frankfurt war ein SEK der hessischen Polizei wegen rechtsradikaler Tätigkeiten aufgelöst worden. Es stellt sich heraus, dass 13 der 16 Mitglieder dieses SEKs in der Tatnacht der Morde in Hanau im Einsatz gewesen waren. Der Polizeieinsatz in Hanau ist in vieler Hinsicht gescheitert. Erwartet die Bundesregierung, dass ein solcher möglicher Sachverhalt zwischen politischer Einstellung und Scheitern eines Polizeieinsatzes mit untersucht und das Ergebnis öffentlich gemacht wird?

STS SEIBERT: Zunächst einmal muss ganz klar sein auf allen Ebenen des Staates , dass das Verhalten, das den Beschuldigten dort jetzt vorgeworfen wird, vollkommen inakzeptabel ist. Bei den Polizeien des Bundes und der Länder und wir hatten heute ja Gelegenheit, auch über die Vorkommnisse, die möglicherweise bei der Bundeswehr in Litauen geschehen sind, zu sprechen In all diesen Fällen ist es richtig, mit äußerster Entschiedenheit aufzuklären und auch Konsequenzen zu ziehen; denn wer für diesen Staat Verantwortung trägt, an welcher Stelle auch immer, kann und darf sich mit solchen Dingen nie gemein machen.

Darüber hinaus möchte ich mich über die notwendigen Ermittlungen, die dort zu führen sind, hier jetzt nicht weiter äußern. Das ist natürlich auch eine Sache der hessischen Behörden, aber da ist ja bereits sehr entschieden gehandelt worden.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wird die Aufklärungsarbeit, da dieses Ereignis und dessen Bewertung eben auch Deutschlands internationales Ansehen mit beeinflussen, auch von der Bundesregierung in besonderer Weise wahrgenommen und beobachtet?

STS SEIBERT: Natürlich beobachtet die Bundesregierung so etwas genau. Dennoch liegt die Verantwortung, solche Untersuchungen bzw. Ermittlungen durchzuführen, nicht auf der Bundesebene, wenn ich das richtig sehe.

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