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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 10. September 2021

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Reise nach Serbien und Albanien, Kabinettssitzung, Besuch des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik in Garching, Empfang des Präsidenten Litauens, Entgegennahme des Jahresberichtes des Nationalen Normenkontrollrates, Videokonferenz mit Unternehmensvertretern zum Projekt eines Ökosystems digitaler Identitäten, Reise nach Frankreich, Besuch der Laseroptik GmbH in Garbsen, Besuch von MSD in Burgwedel), Reise der Bundeskanzlerin nach Polen, staatliches Textilsiegel Grüner Knopf, COVID-19-Pandemie, Durchsuchungen in Räumlichkeiten des BMF und des BMJV, Afghanistan, Reise des Bundesaußenministers nach Genf, Gaspipeline Nord Stream 2, Belarus, Nutzung der Spionagesoftware „Pegasus“ durch das BKA, Hausdurchsuchung wegen einer auf Twitter gegen den Hamburger Innensenator ausgesprochenen Beleidigung, bevorstehende Dumawahlen in Russland

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:22 Termine der Kanzlerin
7:55 Unternehmen bei Merkels Videokonferenz?
8:29 Grüner Knopf
– ist das Überwachungssystem, also die Kontrolle aufgebaut?
13:25 Lobbywiderstand & Freiwilligkeit
14:20 Corona
17:51 Razzien beim BMF & BMJ
– warum gilt Deutschland als „Paradies für Kriminelle, die Geld waschen wollen“?
– wie erklären Sie sich das?
25:18 Mittlerweile ausreichend Personal?
27:02 Geflüchtete in Ramstein
30:05 Einzelfälle?
33:18 Listen vom AA blockiert vom BMI?
39:15 Pegasus Einsatz
40:29 Pimmelgate?
41:10 Pimmelgate! Verhältnismäßig?
42:35 Duma-Wahl

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 10. September 2021:

VORS. DETJEN eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS SEIBERT: Am Montag der kommenden Woche steht eine Westbalkanreise der Bundeskanzlerin an. Sie wird zunächst am Montag nach Serbien reisen und dort ein Gespräch mit dem Staatspräsidenten Aleksandar Vučić führen. Sie wird in Serbien aber auch Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft aus allen Westbalkanstaaten treffen.

Am Dienstag, den 14. September, wird sie in die albanische Hauptstadt Tirana weiterreisen. Dort wird es zunächst einen bilateralen Programmteil geben, ein Gespräch mit dem albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama. Am Mittag wird ein Mittagessen mit den Regierungschefs aller sechs Westbalkanstaaten folgen, bei dem es vor allem um Fragen der regionalen Zusammenarbeit gehen soll.

Wir haben in dieser Woche schon eine Pressemitteilung zu dieser Reise herausgegeben.

Am Mittwoch wird zur üblichen Zeit um 9.30 Uhr die Sitzung des Bundeskabinetts stattfinden.

Am Mittwochnachmittag reist die Kanzlerin nach Bayern. Sie wird dort das Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching besuchen. Das ist Teil einer Reihe von Besuchen bei wissenschaftlichen und forschenden Einrichtungen. Davon hat es in der letzten Zeit ja eine ganze Reihe gegeben.

Die Quantentechnologie gilt als eine, wie man so sagt, Gamechangertechnologie, die schon in einigen Jahren neues Wissen, neue Möglichkeiten in vielen Bereichen schaffen kann, in der Logistik, im Verkehr, in der Energie, Chemie oder Medizin. Dieses Max-Planck-Institut gehört zu den 84 Instituten der Max-Planck-Gesellschaft und hat 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 40 Nationen, die sich mit der Wechselwirkung von Licht und Materie befassen.

Am Donnerstag, den 16. September, empfängt die Bundeskanzlerin im Kanzleramt den Präsidenten Litauens, Gitanas Nausėda. Der Präsident befindet sich auf Einladung des Bundespräsidenten in Berlin, aber es kommt, wie gesagt, auch zu einer Begegnung mit der Bundeskanzlerin.

Am späten Donnerstagvormittag wird die Übergabe des diesjährigen Jahresberichts des Nationalen Normenkontrollrats an die Bundeskanzlerin stattfinden. Das ist gleichzeitig die Abschlussveranstaltung für die jetzt endende fünfjährige Amtszeit des Normenkontrollrats. Die Bundeskanzlerin wird noch einmal unterstreichen, welche große Bedeutung sie der Arbeit des Normenkontrollrats beimisst. Das ist ein wichtiges Signal und Bekenntnis der Bundesregierung, bessere Rechtsetzungen als ein dauerhaftes und eigenständiges Politikziel zu betrachten.

Am Donnerstag folgt gegen 13.30 Uhr eine Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit Wirtschaftsvertreterinnen und vertretern zum Projekt eines Ökosystems digitaler Identitäten. Im Dezember vergangenen Jahres gab es den Startschuss durch die Bundeskanzlerin. Seitdem arbeiten 16 Unternehmen, darunter acht DAX-Konzerne, am Aufbau eines europäischen Identitätsökosystems, basierend auf den Standards einer sogenannten selbstsouveränen Identität, SSI. Das Ziel der Bundesregierung ist es, eine Infrastruktur aufzubauen, die einen sicheren Nachweis von Identitäten zulässt, eine Infrastruktur, die für den europaweiten Einsatz geeignet ist und die für die Identitätsmerkmale des Menschen, aber perspektivisch auch von Institutionen und Dingen funktioniert.

Im Mai hat die Bundesregierung einen Hotel-Check-in per ID-Wallet auf dem Smartphone als ein erstes Pilotprojekt für dieses neue Ökosystem digitaler Identitäten gestartet. Im Mai sind weitere Anwendungsfälle priorisiert worden. Sie befinden sich jetzt zum großen Teil in der Umsetzung. Dann gibt es folgende Anwendungsfälle, die ich Ihnen jetzt kurz nennen kann und die jeweils mit einem oder mehreren Partnern in den nächsten Monaten livegehen sollen: die Registrierung für Prepaidverträge, das betriebliche Zugangsmanagement für Mitarbeiter, Führerscheinüberprüfung für Flottenmanagement, Kundenkonto, Registrierung für E-Commerce oder Onlinekonten bzw. Depoteröffnung bei Banken.

Am Donnerstagabend wird die Bundeskanzlerin in Paris mit Staatspräsident Emmanuel Macron zu einem Arbeitsabendessen zusammentreffen. Vor diesem Gespräch sind Pressestatements geplant.

Am Freitag wird die Bundeskanzlerin im Zusammenhang mit der Reiseserie, die ich vorhin schon angesprochen habe, die Firma Laseroptik GmbH in Garbsen besuchen. Sie wird einen Rundgang durch die Produktion machen. Dieses Unternehmen stellt Laseroptiken und Beschichtungen her. Es produziert an diesem Standort für die Industrie, für die Medizintechnik, auch für die wissenschaftliche Forschung. Sie wird dort im Anschluss an ihren Besuch ein Pressestatement abgeben.

Dann geht es weiter zur Impfstoffproduktion von MSD Deutschland in Burgwedel in der Nähe von Hannover. Das ist ein Standort, an dem unter anderem ein Humanimpfstoff gegen Ebola produziert wird. Dort wird es einen allerdings virtuellen Rundgang durch die Produktion geben sowie ein Pressestatement.

FRAGE JESSEN (zur Reise der Bundeskanzlerin nach Serbien und Albanien): Herr Seibert, wird bei den Gesprächen auch die Situation im Kosovo eine Rolle spielen? In diesem Frühsommer ist das Mandat für den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von KFOR verlängert worden. Es ist jetzt, glaube ich, 23 Jahre lang Auslandseinsatz. Entwickelt sich das zu einer Dauereinrichtung? Was verändert sich da? Ist das ein Thema?

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin wird in Tirana eine Begegnung mit den Regierungschefs aller sechs Staaten haben. Schon daraus geht hervor, dass es nicht in erster Linie um bilaterale Themen gehen wird, sondern um das wichtige Thema der regionalen Zusammenarbeit. Für die regionale Zusammenarbeit setzt sich die Bundeskanzlerin ja seit 2014 im Rahmen des sogenannten Berliner Prozesses ein. Am 5. Juli gab es einen Videogipfel des Berliner Prozesses. Dort haben die Teilnehmer ihre Bereitschaft erklärt, auf einen gemeinsamen Markt hinzuarbeiten, der alle sechs Westbalkanpartner einschließt. Ich denke, dass dies das wesentliche Thema der Begegnung mit den anderen sechs Regierungschefs sein wird. Darüber hinaus möchte ich den Dingen jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE: Wird die Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch in Warschau Staatspräsident Duda treffen?

STS SEIBERT: Nein, diesbezüglich hat es eine Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Plan gegeben. Das ursprünglich geplante Treffen mit dem polnischen Staatspräsidenten kommt nicht zustande. Die polnische Seite hat uns als Grund terminliche Probleme des Präsidenten mitgeteilt. Die Bundeskanzlerin hätte ihn natürlich gern wiedergetroffen, aber sie hat volles Verständnis.

FRAGE JUNG: Zu ihrem Skypetermin mit den Unternehmen in Sachen Identitätsökosysteme: Welche Unternehmen sind das, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen die Namen der Unternehmen, die bereits mit der Umsetzung konkreter Projekte beschäftigt sind, sicherlich nachreichen. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, welche Unternehmen an der Videokonferenz teilnehmen werden. Das teilen wir sicherlich im Anschluss gern mit. Erinnern Sie mich einfach daran!

DR. DEUTSCHBEIN: Es geht um den Grünen Knopf, unser staatliches Textilsiegel. Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema der Bundesregierung und des BMZ, auch im Textilsektor. Vielleicht haben einige von Ihnen noch die Bilder vor Augen, als 2013 die Textilfabrik Rana Plaza zusammenstürzte. 1140 Textilarbeiterinnen starben. Das war das größte Unglück in dieser Branche.

Seit zwei Jahren gibt es nun das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf, um Verbraucherinnen und Verbrauchern eine klare Orientierung beim nachhaltigen Einkauf zu geben. 78 Unternehmen machen mittlerweile mit, dreimal mehr als beim Start. Hundert weitere haben das Siegel beantragt. 40 Prozent der Deutschen kennen den Grünen Knopf. Das ist eine gute Entwicklung. Das zeigt sich auch bei den Verkaufszahlen. Rund 150 Millionen Textilien wurden verkauft, im letzten Halbjahr so viele wie noch nie, 45 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2020.

Der Grüne Knopf kommt auch immer stärker in der nachhaltigen Beschaffung zum Einsatz. Dafür kurz drei Beispiele von meiner Seite:

Caritas und Diakonie wollen alle ihre 56 000 Einrichtungen, Krankenhäuser, Altenheime auf Grüner-Knopf-Textilien umstellen. Das sind schon allein dort 2,2 Millionen Betten. Die Deutsche Bahn hat jetzt bereits ihre neuen Outfits für über 40 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Grünen Knopf zertifiziert. Das gilt auch für Fankollektionen von Bundesligavereinen etc.

Das alles sind wichtige Impulse für globale Verantwortung und mehr Nachhaltigkeit. Nach zwei Jahren ist das die Bilanz dieses Siegels.

FRAGE JUNG: Die Unternehmen und NGOs haben in den Jahren zuvor immer wieder angemahnt, dass es Jahre dauere, das sogenannte Überwachungssystem zu installieren. Ist Ihrer Meinung nach die Einrichtung dieses Überwachungs- und Überprüfungssystem zur Einhaltung der Kriterien des Grünen Knopfes schon erfolgreich passiert?

DR. DEUTSCHBEIN: Die Einhaltung der Kriterien wird von unabhängigen Stellen wie dem TÜV kontrolliert. Dazu werden verschiedenste Kriterien herangezogen, insgesamt 46. Es geht um zwei Bereiche das wird von NGOs immer angebracht , wie ich an dieser Stelle kurz ausführen will.

Zum einen geht es um das Produkt, zum Beispiel ein Hemd. Dafür werden Siegel genommen. GOTS oder OEKO-TEX von MADE IN GREEN sind sehr bekannte. Diese kontrollieren die Einhaltung der Standards in der Fabrik, ohne die sie das Siegel nicht haben können. Der Grüne Knopf hat jetzt Kriterien formuliert, nach denen geschaut werden kann, welche der bestehenden Siegel gut genug sind, um auch für ein staatliches Siegel infrage zu kommen.

Dazu gibt es eine Unternehmensprüfung, in der unabhängig kontrolliert wird, ob das Gesamtunternehmen seine ganze „due dilligence“ geändert hat, ob es die Fabrikorte besucht hat, ob man das alles nachweisen kann. Also: umfangreiche Prüfungen, unabhängig.

ZUSATZFRAGE JUNG: Zum Verständnis: Monitoren Sie die Einhaltung der Kriterien, oder passiert das nur stichprobenartig? Wer monitort es?

DR. DEUTSCHEIN: Die unabhängigen Prüfer, und diese machen auch Stichprobenkontrollen, wenn sie es für erforderlich halten. Es ist unabhängig, vom TÜV, von anderen. Der Staat legt die Kriterien fest.

FRAGE JESSEN: Zur Kritik gehörte auch, dass zwar verabredet ist, dass Mindestlöhne gezahlt werden müssen, aber nicht, dass diese existenzsichernd sein sollen, obwohl dies eigentlich der Sinn von Mindestlöhnen ist. Ist das also sozusagen ein Label ohne großen Wert, oder hat sich an dieser Stelle etwas verändert?

DR. DEUTSCHBEIN: Das ist ein Label mit viel Wert. Es gibt Schwangerschaftsschutz; schwangere Frauen genießen Kündigungsschutz. Das ist in vielen Ländern keine Selbstverständlichkeit. Es gibt Abwassergrenzwerte. Es gibt das Verbot von hundert giftigen Chemikalien. All das tut der Grüne Knopf und geht dabei auch über das Lieferkettengesetz hinaus.

Bei Löhnen lautet, wie Sie richtig sagen, die Anforderung momentan: Mindestlöhne. Es gibt derzeit kein Siegel auf dem Markt, das existenzsichernde Löhne in der Breite sicherstellt. Auch an dieser Stelle gehen wir voran. Die öffentliche Konsultation darüber, den Grünen Knopf weiterzuentwickeln, ist abgeschlossen. Existenzsichernde Löhne sind eines der Topthemen. Das wird gerade ausgewertet. Es gibt auch einen unabhängigen Beirat, der seine Stellungnahme dazu noch abgeben wird. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Aber klar ist, dass sich Unternehmen beim Grünen Knopf 2.0 auch hierzu bekennen und Strategien entwickeln müssen. Es bleibt aber dabei: Das Thema der existenzsichernden Löhne ist ein dickes Brett. Aber es werden Schritte gegangen werden.

FRAGE JUNG: Können Sie kurz sagen, welche Lobbys sich querstellen?

DR. DEUTSCHBEIN: Der Grüne Knopf ist freiwillig. Ein Unternehmen kann ihn beantragen und wird dann umfangreich geprüft, oder es beantragt ihn eben nicht. Ein unabhängiger Beirat, bestehend aus Unternehmensvertretern, Vertretern von NGOs, Wissenschaft, auch der Verbraucherzentrale, berät derzeit nach den Konsultationen, was machbar und was auch erforderlich ist, um Menschenrechtsschutz weltweit voranzubringen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es Ihrer Meinung nach sinnvoll, den Grünen Knopf verpflichtend zu machen?

DR. DEUTSCHBEIN: Das ist eine andere Debatte. Dafür gibt es ab 2023 das Lieferkettengesetz, das Grundstandards in globalen Lieferketten definiert. Der Grüne Knopf hat immer den Anspruch, im Textilbereich darüber hinauszugehen und Best Practice zu definieren.

FRAGE REHER (zur COVID-19-Pandemie): Meine Frage geht an das Gesundheitsministerium. Es geht um die Pläne verschiedener Länder, die Lohnfortzahlung im Quarantänefall nach dem Infektionsschutzgesetz für Ungeimpfte einzustellen. Wie steht Ihr Haus dazu?

Ist das nicht eine Einführung der Impfpflicht durch die Hintertür?

KAUTZ: Zunächst einmal geht es nicht um Lohnfortzahlung, sondern es geht um Lohnentschädigung für Kontaktpersonen, die in Quarantäne müssen. Dazu gibt es eine Regelung in § 56 des Infektionsschutzgesetzes. Es ist also schon bestehendes Recht, dass der Anspruch auf Lohnentschädigung nicht besteht, wenn man „durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung …, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, … eine Absonderung hätte vermeiden können.“

Das heißt, wer nicht geimpft ist und in Quarantäne muss, hat keinen Anspruch auf diese Lohnersatzleistungen. Der Minister hat sich dazu am Mittwoch dieser Woche geäußert und gesagt ich übersetze das einmal , es sei , wenn es eine Impfung gibt, die allgemein zugänglich ist, unfair gegenüber der Gemeinschaft, die dann dafür aufkommen muss, wenn Leute Lohnersatzleistungen bekommen, wenn sie in Quarantäne gehen.

FRAGE: Das ist vielleicht keine Impfpflicht, aber ist es nicht eine Impfauskunftspflicht durch die Hintertür, da ja dann offengelegt werden muss, ob Mitarbeiterinnen geimpft sind oder nicht?

KAUTZ: Nein. Wer jetzt in Quarantäne geht, der ist nicht geimpft, es sei denn, er kommt aus einem Virusvariantengebiet zurück.

FRAGE JUNG: Es können doch auch Geimpfte infiziert sein, die dann in Quarantäne müssen.

KAUTZ: Ja, aber dann ist man im Bereich der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Wenn sie infiziert sind, dann sind sie krank. Dann bleiben sie zu Hause, und dann bekommen sie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Deswegen würde ich das gerne davon unterscheiden. Das, was auch teilweise im politischen Raum behauptet wurde, ist einfach falsch. Es ist keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, um die es hier geht, sondern es geht um eine Lohnentschädigung nach dem IfSG.

FRAGE REITSCHUSTER: Impfungen werden auf Kosten der Allgemeinheit finanziert. Tests sollen selbst bezahlt werden. In beiden Fällen geht es um Gesundheitsschutz. Wie begründen Sie diese unterschiedliche Herangehensweise?

KAUTZ: Ich glaube, dazu hat sich der Minister hinlänglich geäußert. Darauf kann man sich beziehen.

FRAGE HELLER: Mit Blick auf die gestrigen Durchsuchungen: Gibt es einen Reformbedarf im Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums? Hat Minister Scholz dem Thema zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt?

KOLBERG: Wir haben dazu ja gestern ein Statement abgegeben. Der Minister hat sich dazu geäußert. Dazu habe ich hier keine Neuigkeiten zu verkünden.

FRAGE JUNG: In der Berichterstattung wurde ja immer wieder betont, dass Deutschland als Paradies für Kriminelle gelte, die Bargeld aus krummen Geschäften legalisieren wollen und können. Würde das BMF dem zustimmen?

KOLBERG: Dabei geht es ja um die Frage, wie wir Kriminalität bekämpfen, insbesondere in diesem Bereich die Geldwäsche. Die Bekämpfung von Geldwäsche hat für die Bundesregierung höchste Priorität. Über dieses Thema haben wir hier und auch in vielen anderen Foren ja schon gesprochen. National und international setzen wir uns für eine effektive Bekämpfung von Geldwäsche ein.

Wir haben auch eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um die Geldwäschebekämpfung in Deutschland in dieser Legislaturperiode zu stärken. Zuletzt haben wir zum Beispiel das Transparenzregister weiterentwickelt und die Reform zur schärferen Kontrolle von Geldwäsche im Immobiliensektor auf den Weg gebracht.

Außerdem gibt es im Moment das wissen Sie ja Bestrebungen der EU-Kommission, in ganz Europa weitere Verschärfungen in diesem Bereich durchzuführen. An diesem Prozess werden wir uns konstruktiv beteiligen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie erklären Sie sich denn, dass Deutschland in Europa als Paradies für kriminelle Geldwäsche gilt?

Herr Seibert, wie bewertet die Kanzlerin die Razzien im BMJV und im BMF?

KOLBERG: Ich habe ja eben schon dargelegt, dass die Bundesregierung hart gegen Geldwäsche vorgeht und dass wir uns konstruktiv an dem Prozess beteiligen, noch schärfere Maßnahmen zu ergreifen.

STS SEIBERT: Ich bewerte Maßnahmen der Justizbehörden jetzt und grundsätzlich natürlich nicht. Im Kampf gegen die Geldwäsche und in der Entschlossenheit, diese zu bekämpfen, sind wir uns in dieser Bundesregierung ganz einig.

FRAGE MÖHLE: Will Bundesminister Scholz jetzt helfen, den Vorwurf der Strafvereitelung im Amt aufzuklären? Ist eine Neuaufstellung der FIU geplant? Warum gibt es nur noch einen Bruchteil der Verdachtsmeldungen seit der Übernahme durch die FIU?

KOLBERG: Zu dem Thema haben wir uns auch schon mehrfach geäußert. Ich will noch einmal, wenn das gewünscht ist, auf die Stellungnahme von gestern eingehen. Wir haben uns, wie gesagt, also gestern geäußert. Wir haben in dem Statement dargelegt, dass es sich um ein Verfahren gegen Mitarbeitende der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen mit Sitz in Köln handelt, das (akustisch unverständlich) seit mehr als einem Jahr läuft. Ziel der gestrigen Maßnahmen in den Bundesministerien ist entsprechend dem Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 10. August 2021 eine erweiterte Sachverhaltsaufklärung. Die Sachverhaltsaufklärung betrifft thematisch zuständige Fachreferate. Die Bundesministerien unterstützen die Behörden bei der Sachverhaltsaufklärung selbstverständlich voll und ganz.

In unserem gestrigen Statement haben wir auch auf einen ganz wichtigen Punkt hingewiesen: Die Maßnahme richtete sich ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichtes nicht gegen Beschäftigte der Ministerien. Es ging um die Identifikation von Mitarbeitenden der Zentralstelle und um Informationen zum sogenannten risikobasierten Ansatz der Zentralstelle. Dieser risikobasierte Ansatz der Zentralstelle ist vom Gesetzgeber in § 3 Absatz 3a des Geldwäschegesetzes niedergelegt, und zwar als Ansatz zur Verminderung und Bekämpfung von Geldwäsche.

FRAGE JESSEN: Der Minister hat die Razzia ja sehr deutlich mit den Worten kritisiert, das hätte man eigentlich auch schriftlich nachfragen können. Das ist eine Kritik an der Justizentscheidung; denn solche Razzien werden ja dann durchgeführt, wenn man eben befürchtet, dass die gewünschte Information auf anderem Wege nicht sicherzustellen ist. Was hat der Minister zu dieser Kritik veranlasst?

KOLBERG: Vielleicht einmal zu diesem Punkt: Es hat im Vorfeld keine Anfrage in schriftlicher Form oder auch in anderer Form an das BMF gegeben. Selbstverständlich stellen wir alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung, wie das gestern auch passiert ist. Bei der erweiterten Sachverhaltsaufklärung, die die Staatsanwaltschaft vorgenommen hat, ist der übliche Weg ja das behördliche Auskunftsersuchen. Das wäre in diesem Fall von uns auch sofort beantwortet worden.

ZUSATZ JESSEN: Das bedeutet, Sie sehen keine Notwendigkeit oder haben keine Notwendigkeit dafür gesehen, dass die Tatsachenfeststellung auf diesem Weg angemessen erfolgen musste.

KOLBERG: Ich habe eben erläutert, dass wir gestern bei dieser erweiterten Sachverhaltsaufklärung natürlich kooperativ mitgewirkt haben. Diese Unterlagen hätten wir auch im Wege eines Auskunftsersuchens zur Verfügung gestellt.

FRAGE: Sie haben gerade ausgeführt, dass das Thema der Geldwäschebekämpfung höchste Priorität habe. Im vergangenen Jahr gab es immer wieder heftige Vorwürfe aus den Bundesländern. Gerade gestern wieder hat sich das Land Berlin geäußert und erneut scharfe Kritik an der Bundesregierung geäußert. Wie erklären Sie sich diesen scheinbaren Widerspruch zwischen der Kritik, die ja jetzt von außen auch aufgrund dieser Durchsuchungen deutlich wurde, und dem, was Sie gerade gesagt haben?

KOLBERG: Ich habe Ihnen eben erläutert, welche Maßnahmen wir getroffen haben, um die Geldwäschebekämpfung zu verstärken, und welche Maßnahmen die Bundesregierung weiterhin zu treffen gewillt ist, nämlich dass wir uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass es in Europa und natürlich auch in Deutschland eine effektive Geldwäschebekämpfung gibt und dass diese verstärkt wird. Dem habe ich hier nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Gibt es eine Art von Krisenstab, der vielleicht in den letzten Monaten eingerichtet wurde oder aktuell eingerichtet wird, um dieses Thema noch entschiedener anzugehen?

KOLBERG: Ich habe Ihnen ja geschildert, wie viel Energie die Bundesregierung in die Bekämpfung von Geldwäsche steckt. Genau diesen Weg werden wir weitergehen.

FRAGE JUNG: Es gab ja auch seit Jahren Berichte darüber, dass diese Financial Intelligence Unit personell absolut nicht ausreichend ausgestattet sei. Ist das mittlerweile Ihrer Meinung nach so?

KOLBERG: Ich habe eben erläutert, welche Maßnahmen wir getroffen haben, um die Financial Intelligence Unit zu stärken. Dazu gehört auch, dass wir den Personalbestand deutlich aufgestockt haben. Früher, in der letzten Legislaturperiode, war die Zentralstelle ja beim BKA angesiedelt. In der letzten Legislaturperiode wurde die Entscheidung getroffen, dieser Einheit zum Zoll zu überführen und aufgrund internationaler Vorgaben organisatorisch anders aufzustellen. Im Jahr 2017, um das hier noch einmal beispielhaft anzuführen, hatte die Zentralstelle 165 Beschäftigte. Mit Stand vom 1. Januar 2021 hat sie 469 Beschäftigte. Das zeigt also, dass die Bundesregierung die Aufgabe der Geldwäschebekämpfung ernst nimmt und der Zentralstelle nicht nur zusätzliche Kompetenzen eingeräumt hat, sondern auch den Personalbestand deutlich erhöht hat.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sind 469 Beschäftigte in der FIU aus Sicht des BMF ausreichend?

KOLBERG: Es wurde eine deutliche Verstärkung durchgeführt, und es ist auch geplant, diesen Bereich weiter auszubauen und die Geldwäschebekämpfung mit höchster Priorität voranzutreiben.

FRAGE CLASMANN: Ist es richtig, dass vom Auswärtigen Amt Aufnahmezusagen für Ortskräfte und andere Schutzbedürftige aus Afghanistan ausgestellt wurden, dass es aber bei denen mit der humanitären Aufnahme nicht klappt, weil es für sie vom Bundesinnenministerium keine Zusage gibt?

Wie viele Menschen vom US-Stützpunkt Ramstein haben inzwischen in Deutschland Asyl beantragt? Gehören dazu auch Menschen, die eigentlich als Ortskräfte eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten sollten?

SASSE: Darf ich, bevor ich auf die Frage zu Afghanistan und Ramstein eingehe, noch eine aktive Reiseankündigung machen? – Außenminister Maas wird am Montag nach Genf reisen und dort an einem hochrangigen Gebertreffen für humanitäre Hilfe in Afghanistan teilnehmen. Zu diesem Treffen hat UNO-Generalsekretär Guterres eingeladen. Hintergrund ist das wissen Sie alle die desolate humanitäre Lage in Afghanistan, wo bereits vor der Machtübernahme der Taliban 18,4 Millionen Menschen auf Hilfsgüter von außen angewiesen waren.

Außenminister Maas wird außerdem an der 48. Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf teilnehmen. Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Frau Bachelet, wird dort unter anderem einen ersten Bericht zur Lage in Afghanistan vorstellen.

Der Minister wird sich zudem in bilateralen Gesprächen mit UN-Generalsekretär Guterres und dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Herrn Peter Maurer, austauschen.

Ziel der Gespräche wird es auch sein, die internationalen Bemühungen um humanitäre Hilfe in Afghanistan mit den anderen Gebern und den internationalen Organisationen abzustimmen. Wir hatten an dieser Stelle bereits über die humanitären Bemühungen der Bundesregierung ausführlich berichtet, auf die ich an dieser Stelle verweise.

Außerdem wird es ein Treffen mit dem Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Herrn Tedros, geben.

Zu der Frage von Frau Clasmann nach den Aufnahmezusagen hatten wir am Mittwoch an dieser Stelle auch schon Stellung genommen. Es ist richtig, dass das Auswärtige Amt Personen evakuiert hat, denen Aufnahmezusagen gegeben wurden. Das ist in Abstimmung mit allen Ressorts der Bundesregierung erfolgt. Für Details würde ich an das Innenministerium verweisen.

VICK: Ich kann eigentlich nur ergänzen, dass die Bundesregierung ein großes Interesse daran hat, ihre Ortskräfte und Familienangehörigen in Deutschland aufzunehmen, und wir uns da in einer dynamischen Lage befinden. Es gibt jetzt ein paar Einzelfälle, die von den zuständigen Behörden behandelt werden, und zu Einzelfällen können wir hier ja grundsätzlich keine Stellung nehmen.

Zu den Zahlen: Ich habe im Vergleich zum Anfang der Woche keinen neuen Stand. Wie wir ja auch schon gesagt haben, verkünden wir die Zahlen hier gegebenenfalls zu Beginn der Woche.

FRAGE JUNG: Frau Vick, wenn Sie da von ein paar Einzelfällen sprechen, von wie vielen sprechen Sie denn?

VICK: Wie ich gerade schon gesagt habe: Ich habe keinen neuen Kenntnisstand zu Zahlen.

ZURUF JUNG: Was war denn die Zahl?

VICK: Dazu hatte, glaube ich, mein Kollege vorgetragen.

VORS. DETJEN: In der RegPK am Montag. Wir führen ein Protokoll. Da wurden Zahlen genannt.

ZURUF JUNG: Das würde ja hilfreich sein. Wir haben jetzt konkrete Einzelfälle vorliegen; sie wenden sicher ja auch an uns Journalisten. Unter anderem gibt es afghanische Sportlerinnen und Journalistinnen, die von deutschen Stiftungen ausgebildet worden sind, die im Ramstein festsitzen, obwohl sie deutsche Genehmigungen und Papiere bekommen haben. Sie fragen sich jetzt, wann ihnen geholfen wird und wann sie von dort wegkommen.

VICK: Wie ich Ihnen gerade schon gesagt habe, werden die zuständigen Behörden die Sachverhalte aufnehmen und dann prüfen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie lang wird das dauern?

VICK: Ich kann von dieser Stelle aus nicht bewerten, wie lange die zuständigen Behörden mit ihrer Arbeit brauchen.

FRAGE JESSEN: Frau Sasse, war das Thema Relaisstationen Gesprächsthema zwischen den beiden Außenministern?

SASSE: Die beiden Außenminister in dem Fall Herr Maas und Herr Blinken haben nach ihrem Treffen in Ramstein eine Pressekonferenz gegeben, in der sie zu allen Inhalten, über die sie Auskunft geben wollten, Auskunft gegeben haben. Ich kann Ihnen nicht mehr darüber berichten. Inhalte des Gesprächs sind selbstverständlich weiter vertraulich.

Ich darf Sie aber an der Stelle, um noch einmal auf die vorherige Frage von Herrn Jung an das Innenministerium zurückzukommen, auch darauf verweisen, dass sich der Außenminister in der Pressekonferenz auch ausdrücklich zum Thema Asylanträge geäußert hat, weil es eben eine Frage gab, die an ihn in dem Fall gestellt wurde. Er hat selber auch gesagt: Es geht um weniger als ein Prozent der Personen, die von den USA über Ramstein ausgeflogen wurden. In weniger als einem Prozent der Fälle sind Asylanträge gestellt worden.

Ich sage das deswegen, um noch einmal deutlich zu machen: Die Bemühungen der Bundesregierung waren bei der gesamten Evakuierungsaktion und sie sind es auch weiterhin darauf gerichtet, den Menschen zu helfen, selbstverständlich auch den Menschen, die von den Amerikanern nach Ramstein ausgeflogen wurden und weitergeflogen werden.

Zu den Details hatten wir hier an dieser Stelle am Mittwoch schon sehr ausführlich Stellung genommen. Was da genau mit den Amerikanern vereinbart ist, auch dazu hat sich der Außenminister in seiner Pressekonferenz mit dem US-Amtskollegen noch einmal ausführlich geäußert.

Aber noch einmal: Es geht darum: Uns sind auch die Fälle bewusst, die Sie angesprochen haben, hinter denen Journalisten als Fürsprecher stehen, hinter denen auch einige andere Prominente als Fürsprecher stehen. Die Bemühungen der Bundesregierung sind in all diesen Fällen darauf gerichtet, den Menschen zu helfen. Wir haben an dieser Stelle auch schon mehrfach deutlich gemacht, dass bereits erteilte Aufnahmezusagen selbstverständlich weiterhin gelten.

FRAGE JUNG: Es gibt ja Berichte, dass das BMI die Listen, die sie dem BMI quasi zur Einreise dieser Menschen nach Deutschland übergeben haben, noch nicht bestätigt hat. Können Sie denn sagen, ob das BMI das getan hat?

SASSE: Das Thema Listen war an dieser Stelle auch mehrfach Thema. Frau Vick hat soeben deutlich gemacht, dass wir uns in sehr enger Abstimmung mit allen Ressorts darum bemühen, in Ramstein die Personen zu versorgen und zu klären, unter welchen Voraussetzungen sie auf der Base sind. Mehr als das kann ich im Moment nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie lange brauchen Sie dann, um diese Liste des AA zu bestätigen? Woran liegt es?

VICK: Ich habe Ihnen ja gerade schon gesagt, dass die Sachverhalte geprüft werden.

ZURUF JUNG: Von wem?

VICK: Von den zuständigen Behörden.

ZURUF JUNG: Wer ist das?

VICK: Die zuständigen Behörden prüfen die Fälle.

ZURUF JUNG: Wer ist das?

VICK: Es kommt ja darauf an. Den konkreten Einzelfall kann ich Ihnen ja nicht von hier aus bewerten.

ZURUF JUNG: Wenn Sie aber sagen, es gibt zuständige Behörden, dann können Sie uns doch sagen, wer diese zuständigen Behörden sind?

VICK: Für die Einreise nach Deutschland ist die Bundespolizei zuständig.

FRAGE: Können Sie die Fertigstellung der Nord Stream 2 bestätigen?

DR. BARON: Ich kenne diese Meldungen natürlich. Aber die Fragen nach der Fertigstellung des Baus müssten Sie an die Betreiberfirmen richten. Denn das ist keine Frage, die die Bundesregierung beantworten kann.

FRAGE: Sieht die Bundesregierung denn noch rechtliche Bedenken zur Eröffnung dieser Gaspipeline?

DR. BARON: Wie gesagt: Das ist mehrfach hier gesagt worden. Es ist geltendes Recht einzuhalten. Die Betreiberfirmen haben geltende bergrechtliche Bau- und Betriebsgenehmigungen vorliegen. Die zuständigen Behörden für die Bau- und Betriebsgenehmigungen sind im Land Mecklenburg-Vorpommern angesiedelt. Diese Genehmigungen brauchen sie natürlich, und diese Genehmigungen liegen vor. Weitere Fragen, die auf der regulatorischen Seite laufen, laufen bei der Bundesnetzagentur.

ZUSATZFRAGE: Gibt es denn jetzt, wenn die Pipeline fertiggestellt ist, bereits Planungen zu einer Einweihungsfeier? Auch an Herrn Seibert die Frage: Wird die Bundesregierung hier eingebunden, und wird ein Vertreter der Bundesregierung an einer solchen Feier teilnehmen?

STS SEIBERT: Erstens hat die Kollegin ja gerade darauf hingewiesen, dass es auch noch ein Zertifizierungsverfahren gibt. Denn der Betrieb der Pipeline muss von einem zertifizierten Transportnetzbetreiber vorgenommen werden. Dazu hat die Nord Stream 2 bei der Bundesnetzagentur einen entsprechenden Antrag eingereicht. Ich würde Sie für diese Frage an den Projektträger oder eben an die Bundesnetzagentur verweisen.

Was dann die nächsten Schritte sind, auch das ist eine Entscheidung dieses wirtschaftlichen Projektes Nord Stream 2. Ich habe jetzt überhaupt keine Informationen über geplante Feiern. Sie würden aber auch nicht von uns ausgehen.

ZUSATZFRAGE: Aber Sie würden gegebenenfalls eingeladen werden oder daran teilnehmen?

STS SEIBERT: Dann wird, wann immer das passiert, der Regierungssprecher oder der Nachfolger dieses Regierungssprechers darüber berichten.

FRAGE FIRSOVA: Welche Erwartungen hat die Bundesregierung mit Blick auf die Verlängerung des Gastransits durch die Ukraine? Werden neue trilaterale Gespräche initiiert?

DR. BARON: Dazu kann ich gerne ebenfalls Stellung nehmen. Es gibt ja die entsprechende Erklärung, die die USA und Deutschland zur Frage des Ganstransits getroffen haben. Die Bundesregierung hat mit Kabinettbeschluss von vor einigen Wochen Graf Waldersee als Beauftragten der Bundesregierung für die Flankierung von Gesprächen zum Thema Gastransit/Ukraine eingesetzt, und Herr Graf Waldersee hat seine Arbeit aufgenommen.

FRAGE EPISOV: Wie bewertet die Bundesregierung die gestern vereinbarte Vertiefung der russisch-belarussischen Integration und die heute begonnene große Militärübung? Hat Belarus noch eine europäische Perspektive oder kehrt das Land sich endgültig vom Westen ab?

SASSE: Zum Stichwort Unionsstaat das war Teil zwei der Frage kann ich Ihnen mitteilen, dass wir die Entwicklung natürlich sehr genau beobachten, auch dahingehend, welche der Ankündigungen wann und wie tatsächlich umgesetzt werden. Wichtig ist für uns das liegt auf der Hand , dass die belarussische Souveränität gewahrt bleibt.

Zur Militärübung kann sicherlich der Kollege aus dem BMVg genauer Stellung nehmen. Dazu kann ich auch nur sagen, dass wir die Meldungen mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Die russischen öffentlichen Ankündigungen dazu sprechen von bis zu 200 000 Personen, die an der Übung teilnehmen. Wenn sich dies bewahrheiten sollte, ist der Übungsumfang außerordentlich groß. Zum Vergleich: An der größten NATO-Übung seit Jahren, „Trident Juncture“, haben 2018 ca. 40 000 Soldatinnen und Soldaten teilgenommen. Aber wie gesagt, die Details würde ich dem Kollegen überlassen.

HELMBOLD: Ich habe dazu keine Ergänzung.

FRAGE NEHLS: An das Bundesinnenministerium: Wie oft wurden „Pegasus“-Spähinstrumente aus Israel durch das BKA schon eingesetzt? Wie würden ein Missbrauch und der Einsatz gegen Journalisten, Oppositionelle und ähnliche Personen überhaupt bekannt, wenn der Betroffene nichts merkt?

VICK: Wie Sie wissen, äußern wir uns an dieser Stelle zu hypothetischen Fragestellungen nicht.

FRAGE JUNG: Die Frage vom Kollegen war aber keine hypothetische Frage. Wie oft „Pegasus“ eingesetzt wurde, ist keine hypothetische Frage, sondern eine Faktenfrage.

VICK: Wir haben an dieser Stelle zu „Pegasus“ am Mittwoch umfassend Stellung bezogen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Am Mittwoch wollten Sie nichts dazu sagen. Das ist „umfassend Stellung beziehen“?

VICK: Ich habe den Aussagen meiner Kollegen vom Mittwoch nichts hinzuzufügen.

VORS. DETJEN: Es gibt eine Frage von Herrn Reitschuster an das BMJV: In Bremen wurde die Wohnung eines Beschuldigten durchsucht, weil er einen Senator via Twitter beleidigt hatte. Wo ist für das Ministerium die Schwelle für Hausdurchsuchungen bei Beleidigungen, ganz unabhängig vom Hamburger Fall?

BÖNNIGHAUSEN: Wie üblich ist es so, dass wir konkret laufende Ermittlungsverfahren und Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaften und der Polizei von hier aus nicht bewerten.

FRAGE JUNG: Ich weiß jetzt nicht, ob das derselbe Fall ist, aber in Hamburg wurde der Innensenator Andy Grote mit „Pimmel“ beleidigt, und jetzt gab es dazu eine Hausdurchsuchung. Wie bewertet denn das Innenministerium diese Maßnahme? Wenn Herr Seehofer auf Twitter als „Pimmel“ bezeichnet würde, würde er dann auch eine Hausdurchsuchung anstreben lassen? Ist das verhältnismäßig?

VICK: Ich kann den Aussagen meiner Kollegin nichts hinzufügen. Wir kommentieren grundsätzlich keine Maßnahmen von Behörden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das war jetzt eine politische Frage, weil ein Innenminister basierend auf einer einfachen Beleidigung auf Twitter eine Hausdurchsuchung veranlasst hat. Wie bewertet das der Bundesinnenminister?

VICK: Ihre Frage beinhaltet die Bewertung dieser Ermittlungsmaßnahmen, und die bewerte ich nicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Nein, das ist eine politische Frage. Ist das eine politisch angemessene, verhältnismäßige Reaktion?

VICK: Ich habe meiner Aussage nichts hinzuzufügen.

STS SEIBERT: Unabhängig davon muss man, glaube ich, schon noch einmal festhalten, dass nicht Innenminister Hausdurchsuchungen veranlassen, sondern Justizbehörden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Es kann ja nur der Geschädigte, der jetzt quasi beleidigt wurde, eine Strafanzeige stellen und dadurch diese Hausdurchsuchung veranlassen.

Noch eine andere Frage zu Russland: Frau Sasse, die Dumawahlen stehen an. Wie beobachtet und bewertet das Auswärtige Amt und vielleicht kann auch Herr Seibert antworten die Wahlen? Sehen Sie die als fair und frei an?

SASSE: Sie haben es ja gerade selber gesagt: Die Dumawahlen stehen an. Deswegen nehmen wir an dieser Stelle keine Bewertung der Wahlen vor. Wir beobachten das im Vorfeld natürlich sehr genau und haben uns an dieser Stelle auch schon mehrfach zu Vorkommnissen im Vorfeld der Dumawahlen geäußert, auf die ich verweise.

ZUSATZFRAGE JUNG: Bei Wahlen in anderen Ländern sagen Sie auch im Vorfeld, ob Sie eine Wahl als fair und frei ansehen oder ob Sie die Fairness und die Freiheit gefährdet sehen. Angesichts der Berichte in deutschen und auch in russischen Medien, dass chancenreiche Oppositionelle ausgeschlossen werden, dass es Fake-Kandidaten gibt und dass Kopien in Umlauf sind, wollen Sie dazu im Vorfeld jetzt nichts sagen?

SASSE: Ich habe meinen Ausführungen nichts hinzuzufügen, Herr Jung.

FRAGE NEHLS: Noch eine Frage zu „Pegasus“: Herr Seibert, ist die Sorge, die die Bundeskanzlerin in der Sommer-Pressekonferenz ausgedrückt hat, dass die „Pegasus“-Produkte in falsche Hände geraten könnte, ungebrochen?

STS SEIBERT: Die Worte der Bundeskanzlerin aus der Sommer-Pressekonferenz stehen natürlich für sich. Sie ist gestern noch einmal zum Thema „Pegasus“ befragt worden und hat noch einmal für die Bundesregierung betont, dass der Einsatz natürlich auf der Basis von Recht und Gesetz erfolgen muss und dass die jeweils gültigen rechtlichen Regelungen für uns dabei der Maßstab sind. Dem habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.

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