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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 29. Oktober 2021

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (G20-Gipfel in Rom, UN-Klimakonferenz, Kabinettssitzung, Reise nach Frankreich, Besuch des deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven, Verleihung des Walther-Rathenau-Preises), COVID-19-Pandemie, Sperrung der Online-Angebote der Deutschen Welle in Belarus, Situation der Flüchtlinge im deutsch-polnischen Grenzgebiet, Inflationsrate im Euroraum, Rücktritt von Jens Weidmann, beabsichtigter israelischer Siedlungsausbau im Westjordanland, Aufnahme von afghanischen Ortskräften der Bundeswehr in Deutschland, geplante Abschaffung der Zeitumstellung, Versorgunglage der Republik Moldau mit Erdgas, Füllstand der deutschen Gasspeicher, Rechtsextremismus in der Bundeswehr/MAD-Bericht, Fischereikonflikt zwischen Frankreich und Großbritannien

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 29. Oktober 2021:

VORS. FELDHOFF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN FIETZ sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS’IN FIETZ: Guten Tag auch von meiner Seite. Wie immer freitags ein Blick auf die Termine der Kanzlerin in der kommenden Woche.

Am Samstag und am Sonntag, also am 30. und 31. Oktober, wird die Kanzlerin das haben wir Ihnen schon mitgeteilt am G20-Gipfel in Rom unter der italienischen Präsidentschaft teilnehmen. Details dazu haben wir Ihnen schon im gestrigen Briefing mitgeteilt.

Dann geht es weiter am Montag. Am 1. November wird die Bundeskanzlerin auch das haben wir schon mitgeteilt an der UN-Klimakonferenz teilnehmen. Sie wird im Plenum der Regierungschefs und -chefinnen das nationale Statement für Deutschland und im Anschluss beim Event „Action and Solidarity the Critical Decade“ eine kurze Rede halten. Die Bundesregierung bemüht sich bei der Weltklimakonferenz um Fortschritte, vor allem in den Bereichen der Emissionsminderung und der internationalen Klimafinanzierung.

Gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen sollen alle Vertragsstaaten ihre nationalen Ziele für 2030 aktualisieren und möglichst anheben. Viele Staaten darunter die EU-Mitgliedstaaten, die USA, Großbritannien oder Kanada haben bereits ambitionierte Ziele hinterlegt. Andere Staaten bleiben aufgefordert, das ebenfalls zu tun. Wichtig sind daneben auch erkennbare Fortschritte bei der Umsetzung von Klimaschutzzielen und der langfristigen Verpflichtung zur Treibhausgasneutralität bis spätestens 2050.

Bei der internationalen Klimafinanzierung werten wir es als positives Signal, dass viele Industriestaaten zugesagt haben, ihre Klimahilfen für Entwicklungsländer zu erhöhen. Unser gemeinsames Ziel, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in Schwellen- und Entwicklungsländern bereitzustellen, wird voraussichtlich erst ab 2023 erfüllt.

Deutschland hat seinen zugesicherten Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung bereits 2019 übertroffen. Außerdem will Deutschland perspektivisch seinen Beitrag bis spätestens 2025 auf 6 Milliarden Euro erhöhen.

Dann kommen wir zu Mittwoch. Am Mittwoch, dem 3. November, findet wie bereits angekündigt eine Kabinettssitzung statt.

Ebenfalls am Mittwoch wird die Bundeskanzlerin auf Einladung des französischen Staatspräsidenten Macron nach Beaune in Frankreich reisen. Die Einladung von Präsident Macron ist Zeichen der engen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, aber natürlich auch für die besonders vertrauensvolle und gute persönliche Zusammenarbeit zwischen der Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten.

Seit 2017 wurden unter anderem mit den Vereinbarungen von Juni 2018 in Meseberg, dem Vertrag von Aachen und dem deutsch-französischen Impuls für einen EU-Wiederaufbaufonds wesentliche Wegmarken der bilateralen Zusammenarbeit und für die Europäische Union gesetzt. Die Einzelheiten des Programms sind noch in der Abstimmung.

Dann kommen wir zum Donnerstag. Am Donnerstag, dem 4. November, besucht die Bundeskanzlerin ab 11 Uhr das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven. Nach einem Rundgang durch das Museum wird die Kanzlerin im kleinen Kreis ein Gespräch zum Thema Strukturwandel im Land Bremen am Beispiel Bremerhaven führen. Gegen 12.30 Uhr ist ein Pressestatement geplant.

Dann ist am Freitag, dem 5. November, um 15 Uhr ein Termin geplant. Da wird der Bundeskanzlerin im Rahmen einer Festveranstaltung des Walther Rathenau Instituts der Walther-Rathenau-Preis verliehen. Mit dem Preis wird die Bundeskanzlerin für ihr außenpolitisches Lebenswerk gewürdigt. Die Verleihung des Walther-Rathenau-Preises eine Goldmedaille mit dem Porträt Rathenaus wird in Berlin stattfinden. Die Laudatio wird der in Großbritannien lebende, australische Historiker Christopher Clark halten.

Das war es von meiner Seite.

HAUFE: Ich würde gern den Terminhinweis zur Weltklimakonferenz noch ergänzen wollen.

Die deutsche Delegation auf der Weltklimakonferenz nimmt am Sonntag ihre Arbeit auf. Am Montag reist dann mit der Bundeskanzlerin zusammen Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth an. Er wird die meiste Zeit auf der Weltklimakonferenz weilen. Die Bundesumweltministerin kommt am 10. November, also in der zweiten Woche der Weltklimakonferenz, dazu und wird die Delegationsleitung für die letzten Tage übernehmen.

Die erste Pressekonferenz zum Auftakt der Verhandlungen findet am Dienstag statt. Am Dienstag um 10.15 Uhr gibt es eine virtuelle Pressekonferenz mit Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth und der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium Maria Flachsbarth. Am 3. November wird sich dann die Bundesumweltministerin das erste Mal in einer Pressekonferenz, die wir noch bekanntgeben, zu dem Auftakt der Verhandlungen äußern.

So weit von meiner Seite. Wenn Sie weitere Fragen zur Weltklimakonferenz haben, können Sie uns wie immer im Bundesumweltministerium damit behelligen.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage an Frau Fietz und Herrn Haufe gleichermaßen. Sie kennen ja an Prognosen auch den 6. Sachstandsbericht. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten 50 Milliarden Tonnen CO₂ eingespart werden. Die Prognose liegt bei 30 Milliarden. Wie soll diese Lücke geschlossen werden? Oder wird Glasgow sozusagen ein zweites Madrid, über das man sagt, das hätte man sich auch sparen können?

SRS’IN FIETZ: Vielleicht sage ich am Anfang einmal grundsätzlich etwas dazu.

Die Industrieländer hatten sich 2009 in Kopenhagen das Ziel gesetzt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Auf der Klimakonferenz 2015 wurde festgelegt, die jährliche Bereitstellung von 100 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2025 zuzusichern. Für die Zeit danach soll ein neues internationales Klimafinanzierungsziel festgelegt werden.

Aktuell wird dieses Ziel, trotz positivem Trend, noch nicht erreicht. Der nun vorgelegte „Delivery Plan“, an dem BMU-Staatssekretär Flasbarth maßgeblich beteiligt war, zeigt aber, dass ab 2023 die Industrieländer das Ziel von 100 Milliarden US-Dollar voraussichtlich erfüllen. Ab 2024 dürfte die Zielmarke sogar übertroffen werden. Das ist ein wichtiges Signal, auch für die jetzt anstehende Klimakonferenz.

Deutschland hat bereits in den letzten Jahren sein Budget für Klimaschutz und Anpassung erhöht. Über die Gelder aus dem Bundeshaushalt hinaus leistet Deutschland Beiträge durch öffentliche Kredite sowie durch die Mobilisierung privater Mittel. Eine Zusage, die internationale Klimafinanzierung bis zum Jahr 2020 auf 4 Milliarden Euro zu steigern, hat Deutschland bereits 2019 übertroffen. Perspektivisch will Deutschland seinen Beitrag bis spätestens 2025 auf 6 Milliarden Euro erhöhen.

Sie sprachen den UN Emissions Gap Report an. Dieser stellt die Lücke zwischen den aktuell vorliegenden Minderungszusagen und einem 1,5- bzw. 2-Grad kompatiblen Entwicklungspfad dar. Er zeigt im Vorfeld der Weltklimakonferenz, dass noch deutliche Ambitionssteigerungen notwendig sind, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.

HAUFE: Sie sprachen die Konferenz von Madrid an und sagten, dass sie aus Ihrer Sicht kein Erfolg gewesen sei. Umweltstaatssekretär Flasbarth hat sich im Laufe der Woche mehrfach dazu geäußert und vor einer Schwarz-Weiß-Beurteilung von Weltklimaschutzkonferenzen gewarnt. Sie stehen entweder als großer Erfolg oder als reiner Misserfolg da. Das sind die Konferenzen keineswegs.

Er hat auch gesagt, dass wir in einer Welt ohne Weltklimakonferenz wahrscheinlich bei 5 bis 6 Grad wären, was die bevorstehende Klimaerwärmung angeht. Mit den Weltklimakonferenzen sind wir jetzt bei deutlich über 2 Grad. Das ist nicht das Ziel des Pariser Abkommens. Das Ziel liegt bei deutlich unter 2 Grad. Ganz klar ist das Ziel 1,5 Grad, was politisch mittlerweile bei den Staaten Common Sense geworden ist. Das ist auch ein Erfolg dieser Weltklimakonferenzen, dass wir uns von unter 2 Grad zu 1,5 Grad bewegt haben. Auch das ist Teil dieses Weltklimakonferenzprozesses gewesen. Denn letztlich hat der IPCC-Bericht zum 1,5-Grad-Ziel gezeigt, dass eine Erderwärmung um 2 Grad schon solche katastrophalen Folgen hätte, dass wir sie nicht verfolgen sollen, sondern als Zielstellung möglichst aller Regierungen bei 1,5 Grad bleiben.

Das ist eine enorme politische Herausforderung wirtschaftlicher Art, gesellschaftlicher Art. Deswegen sind die Konferenzen auch so wichtig, um den gemeinsamen Bewusstseinswandel, den es dafür braucht, und eben auch den Austausch von Knowhow, Wissen und Können voranzutreiben.

Insofern würde ich das Ihrer Kritik, Madrid sei ein Misserfolg gewesen, entgegenhalten. Außerdem baut diese Konferenz ja auch auf das auf, was vorverhandelt worden ist. Wir bauen auf Madrid auf. Es ist keine verlorene Konferenz gewesen. Das ist nicht der Fall. Aber selbstverständlich gibt es bei so vielen Weltklimakonferenzen natürlich auch einige, die nicht die Erwartungen aller erfüllen gar keine Frage.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Frau Fietz, da Sie sehr stark auf die Finanzen und die Zahlen verwiesen haben: Die Industrienationen haben ja zugesagt, den Entwicklungsländern für die Anpassung 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Die OECD hat festgestellt, 2019 war man davon noch 20 Milliarden US-Dollar entfernt. Die Befürchtung ist, dass Nationen, die anpassen sollen, das Vertrauen verlieren und nicht weitermachen, wenn Zusagen nicht eingehalten werden.

Was wird die Bundesregierung tun, um diese Lücke zu schließen, sodass tatsächlich die zugesagten 100 Milliarden US-Dollar für Anpassungsprogramme und Maßnahmen in die sogenannten Entwicklungsländer oder in den globalen Süden geleitet werden können?

SRS’IN FIETZ: Für uns steht fest, dass der Klimawandel da ist. Der Klimawandel ist bei uns und auch in anderen Teilen der Welt spürbar. Deshalb arbeitet die Bundesregierung intensiv daran, sozusagen weltweit Allianzen zu schmieden, um dem Klimawandel entgegenzutreten. Auch die Klimakonferenz wird dem wieder dienen.

Ich sagte ja bereits, dass die gesetzten Ziele, was die 100 Milliarden US-Dollar anbelangt, im Moment nicht erreicht sind, sondern sie 2023 erreicht werden sollen. Auch darauf arbeitet die Bundesregierung natürlich weiter hin, damit alle, die in diese Leistung treten müssen, dies auch tatsächlich tun.

Es besteht überhaupt kein Zweifel: Wir müssen den Klimaschutz weltweit noch entschlossener voranbringen. Dem dient auch die Klimakonferenz in Glasgow.

HAUFE: Wenn ich das noch ergänzen kann: Sie haben jetzt den deutschen Beitrag angesprochen. Frau Fietz hatte es vorhin schon erwähnt. Staatssekretär Flasbarth war einer der Verhandler für den „Climate Finance Delivery Plan“, zusammen mit dem kanadischen Umweltminister Wilkinson.

Dieser Plan wurde am Montag vorgestellt. Da war gerade das Ziel, Vertrauen in die Zahlung dieser 100 Milliarden US-Dollar zu wecken. Die Minister haben an dieser Stelle klargemacht, dass innerhalb ihres Verhandlungsprozesses, den sie jetzt geführt hatten, mehrere Industrieländer ihre Klimafinanzzusagen erhöht haben. Das sind Länder wie die Schweiz, Norwegen und vor allen Dingen auch die USA.

Auf der anderen Seite hat die OECD klargemacht, dass sie, wenn sie jetzt die weiteren Zusagen von Zahlungen, die bis 2023 kommen sollen, durchrechnet, durchaus davon ausgeht, dass dann die 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stehen. Es gibt also eine verlässliche unabhängige Analyse durch die OECD, die ja die Klimafinanzierung überwacht, die durchaus zu dem Schluss kommt, dass die Zahlungen von 100 Milliarden US-Dollar erreicht werden. Nicht zuletzt haben sie deutlich gemacht, dass zwischen 2021 und 2025 alle Zahlungen zusammen genommen im Durchschnitt 100 Milliarden US-Dollar ergeben müssen dieses Bekenntnis wird auch von anderen Staaten unterstützt , damit das Vertrauen in diese Zahlungen wächst, was Sie angesprochen hatten. Das heißt, die Zahlungen in 2024 und 2025 müssen gesteigert werden, damit man im Durchschnitt von 2021 bis 2025 tatsächlich die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar erreicht.

Deutschland selber ist einer der größten Finanzgeber weltweit in der Klimafinanzierung. Wir liegen momentan bei 7 Milliarden Euro öffentlicher und privater Finanzierung. Die Bundeskanzlerin hat angekündigt, dass Deutschland seinen Anteil an öffentlicher Finanzierung bis 2025, vor allen Dingen in Form von Krediten, auf 6 Milliarden Euro steigern wird. Gleichzeitig versuchen wir, zum Beispiel über die Internationale Klimaschutzinitiative, die Zentralbanken in Asien oder Afrika dahingehend zu beraten, dass sie ebenfalls in die Lage versetzt werden, Klimafinanzierungen zu stemmen, dass sie ihre Art der Finanzierung insofern umstellen, dass sie wesentlich mehr Nachhaltigkeitskriterien beachten und in die Art ihrer Finanzierung viel mehr Klimaschutzkriterien einfließen. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, den wir leisten.

VORS. FELDHOFF: Ich habe online noch eine Frage von Herrn Jordans genau zu dieser Finanzierungsfrage. Den Anteil haben Sie ja gerade schon benannt, den Deutschland stemmt. Aber ist es aufgrund der Finanzlage der betroffenen Länder, in die das Geld fließen soll, eigentlich sinnvoll, dass das als Kredite fließt, weil sie ja zum Teil schon heute Kredite nicht zurückzahlen können?

HAUFE: Das ist ein guter Punkt. Erstens einmal sind nicht alle zur Verfügung gestellten Mittel Kredite, sondern es gibt natürlich auch Zuschüsse. Diese Zuschüsse sind speziell für Länder, die sich gar keine Kredite leisten können. Wir haben auf der Welt Staaten, die finanziell so schwach sind, dass sie natürlich keine Kredite aufnehmen können, auch zu guten Konditionen nicht. Das wissen wir. Das wissen alle, die sich mit den Klimafinanzen auf der Weltklimakonferenz beschäftigen. Deshalb ist es wichtig, dass die Industrieländer einen gewissen Teil ihrer Klimafinanzierung als Zuschuss bereitstellen, speziell für besonders arme, wenig entwickelte und vom Klimawandel besonders betroffene Länder. Diesen Bereich gibt es genauso.

FRAGE ABBAS: Ich habe eine Rückfrage dazu. Wie ist der Anteil Zuschüsse/Kredite?

HAUFE: Das liefere ich Ihnen gleich nach.

ZUSATZFRAGE ABBAS: Ich hätte noch eine Frage, vielleicht an Frau Fietz, zum Beitrag eines so wichtigen Akteurs wie China bei der Weltklimakonferenz: Erwartet die Bundesregierung, dass sich China ein verbindliches Reduktionsziel bis 2030 setzt? Bislang will China ja erst ab 2030 seine Emissionen reduzieren.

SRS’IN FIETZ: Das wäre natürlich wünschenswert. Die Bundesregierung arbeitet kontinuierlich daran, dass weltweit für den Klimaschutz größte Anstrengungen unternommen werden.

FRAGE: Ich habe noch eine Frage zum Termin der Kanzlerin in Frankreich. Ist die Reise nach Beaune der Abschiedsbesuch der Kanzlerin bei Präsident Macron? Oder wird Herr Macron vielleicht noch einmal nach Deutschland kommen? Können Sie dazu etwas sagen?

SRS’IN FIETZ: Wenn es weitere Termine gibt, dann würden wir sie Ihnen rechtzeitig ankündigen.

VORS. FELDHOFF: Die Frage richtet sich an das Justizministerium. Es gibt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Osnabrück. Dabei geht es um einen gefälschten Impfausweis, der in einer Apotheke vorgezeigt wurde. Das Landgericht sagte, hier gebe es eine Strafbarkeitslücke, da das tatsächlich nicht strafbar sei. Ist Ihnen diese Problematik bekannt, und planen Sie, dagegen etwas zu unternehmen?

HOSEMANN: Die Auffassung des Justizministeriums ist klar. Wer Impfausweise fälscht oder gefälschte Impfausweise gebraucht, der bringt andere in gesundheitliche Gefahr und begeht strafwürdiges Unrecht. Deswegen prüft das Justizministerium auch fortlaufend, ob Anpassungsbedarf im Strafrecht besteht. Wir haben das Urteil des Landgerichts Osnabrück zur Kenntnis genommen und stellen das natürlich in unsere Prüfung ein. Wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass Anpassungen strafrechtsnotwendig sind, dann wird das Justizministerium auch zügig entsprechende Vorschläge vorlegen.

ZUSATZFRAGE: Die Debatte unter Juristinnen und Juristen, ob es hier eine Strafbarkeitslücke gibt, gibt es ja schon etwas länger, auch schon vor diesem Urteil. Können Sie vielleicht einmal sagen, wie Ihr Zeitplan ist bzw. ob von Ihrem Ministerium schon konkrete Schritte geplant sind.

HOSEMANN: Zunächst noch einmal der Hinweis, dass schon das geltende Strafrecht ich glaube, darüber besteht Einigkeit einen sehr robusten Schutz gegen diese Art von Verhalten bietet.

Im Einzelfall sind die Fragen komplex. Dazu gibt es das haben Sie hier richtig angesprochen auch sehr unterschiedliche Auffassungen. Das Urteil des Landgerichts Osnabrück klärt nicht abschließend, ob hier eine Strafbarkeitslücke vorliegt. Deswegen werde ich jetzt keinen konkreten Zeitplan nennen können. Ich kann nur noch einmal darauf verweisen, dass diese verschiedenen Auffassungen im Justizministerium natürlich zur Kenntnis genommen und eingehend geprüft werden.

FRAGE JESSEN: Wenn ich mich recht entsinne, dann habe ich am Wochenende Berichte gesehen, denen zufolge der Handel oder der Vertrieb von Blankoformularen für Impfausweise nicht strafbar seien, allerdings das Fälschen und das Vortäuschen. Wenn dieser Sachverhalt richtig geschildert wurde: Wie kann es sein, dass man den Handel mit Unterlagen und Dokumenten, die der Fälschung dienen können, straffrei stellt?

HOSEMANN: Im Augenblick kursieren ja viele Berichte und viele Fälle. Von einem Blankoimpfausweis geht als solches erst einmal keine Gefahr aus. Das Problem ist dann die Fälschung, die unrichtige Dokumentation von Impfungen oder der Gebrauch entsprechender gefälschter Unterlagen. Das ist das strafwürdige Unrecht. Da gilt noch einmal die Aussage, dass schon das geltende Strafrecht viele Verhaltensweisen, die strafwürdig sind, abdeckt. Unser Rechtsstaat zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass, wenn es um Strafrecht geht, man da nichts übers Knie bricht, sondern es eingehend prüft.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Gleichwohl erschließt sich mir die Logik nicht zu sagen: Strafwürdig oder strafbar ist es erst, wenn eine Fälschung eintritt. Wenn man aber das Grundlagenmaterial für diese Fälschung in Umlauf bringt, dann ist das noch nicht strafbar. Das ist ja so ungefähr, als wenn man jemandem eine Pistole in die Hand gibt und sagt: Soweit okay, Du darfst nur nicht damit schießen.

Sie leisten doch solchen Prozessen Vorschub, wenn gesagt wird: Das Dokument an sich zu verbreiten, ist völlig okay. Das ist doch ein Dokument.

HOSEMANN: Auch wenn ich Druckerpapier verkaufe, kann damit eine Urkunde gefälscht werden. Wir sind immer in dem Problem: Wo beginnt strafwürdige Vorfeldstrafbarkeit, und wo beginnt sie noch nicht?

Die Auffassung des BMJ ist, dass sozusagen der Kern der Strafbarkeit, des strafwürdigen Verhaltens, vom geltenden Strafrecht abgedeckt wird. Aber diese Prüfung dauert an. Wenn die Erkenntnis kommt, dass wir hier eine signifikante Strafbarkeitslücke haben und sozusagen Handlungsbedarf besteht, weil das Verhalten jetzt unmittelbar sanktioniert werden muss, dann werden entsprechende Vorschläge vorgelegt werden.

FRAGE ABBAS: Der DB-Regio-Chef hat gesagt, dass er eine Maskenpflicht im Nahverkehr noch bis Ostern für geboten hält. Das ist vielleicht eine Frage an BMG und Bundesverkehrsministerium: Wie stehen die Ministerien dazu? Wäre es sinnvoll, wenn die Maskenpflicht auch im Fernverkehr noch so lange gelten würde?

HOSEMANN: Ich glaube, das Thema hatten wir auch in der Vergangenheit schon des Öfteren. Vielleicht kann das Verkehrsministerium das ergänzen, die an der Stelle ja schon einmal das Ergebnis der internen Beratungen zwischen BMG und Verkehrsministerium genannt hatten.

HERZOG: Zum Thema Maskenpflicht im öffentlichen Personenverkehr haben wir in der Vergangenheit immer sehr viel berichtet, auch hier. Ich kann noch einmal ganz kurz erzählen: Wir haben schon im letzten Jahr, also im April 2020, mit den relevanten Verkehrsverbänden und den Ländern gemeinsame Empfehlungen für Hygiene- und Schutzmaßnahmen vereinbart. Da ging es unter anderem um die Maskenpflicht, die ja dann auch von den Bundesländern umgesetzt wurde, um die Verstärkung von Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen und Haltestellen sowie um Lüftungskonzepte. Dies hat sich, wie ja auch der DB-Regio-Chef betont hat, bewährt. Er hat sich auch dazu geäußert, dass dies zum Vertrauen beigetragen hat. Wir hatten uns darauf möchte ich noch gern hinweisen ja sehr dafür engagiert, auch im Rahmen der VDV-Kampagne zum ÖPNV BesserWeiter, dass die Maskenpflicht zum Vertrauen beiträgt.

ZUSATZFRAGE ABBAS: Fänden Sie es sinnvoll, dass die Maskenpflicht dann noch so lange, also bis April, im Fernverkehr gilt?

HERZOG: Das, was ich gerade gesagt habe, gilt. Wie gesagt: Wir haben uns für diese gemeinsamen Empfehlungen, zu denen auch die Maskenpflicht gehört, sehr früh abgestimmt.

Was jetzt die weiteren Maßnahmen angeht: Am Ende sind es die Länder, die die Coronaverordnung auch auf Basis des Infektionsschutzgesetzes umsetzen. Wir haben, wie gesagt, schon sehr früh diese Haltung vertreten und uns da abgestimmt mit Blick auf Maskenpflicht, verstärkte Reinigungen und Desinfektionen und eben auch Lüftungskonzepte.

ZUSATZFRAGE ABBAS: Also ja?

HERZOG: Ich habe dazu alles gesagt.

VORS. FELDHOFF: Dann kommen wir zum Thema Boosterimpfung. Frau Szymanska von Reuters fragt an das Gesundheitsministerium: Minister Spahn hat in einem Interview gesagt, dass alle, die wollen, eine Boosterimpfung bekommen können, und zwar nicht nur diejenigen, die mit AstraZeneca oder Johnson & Johnson geimpft sind. Heißt das tatsächlich, dass man auch mit 30 oder sogar 20 Jahren eine Auffrischung bereits jetzt beantragen kann, solange man zumindest vor sechs Monaten ihre Zweitimpfung auch mit Impfstoffen von Pfizer/BioNTech oder Moderne bekommen hat.

DEFFNER: Grundsätzlich geht das. Das ist richtig. Herr Spahn hat sich in der Tat dazu geäußert. Er hat sich auch selber gestern „auffrischimpfen“ lassen, wie er es genannt hat.

Der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz sieht vor, dass man empfiehlt, zunächst einmal, allen über 60-Jährigen und besonders vorerkrankten Personen, nach Möglichkeit zeitnah, die dritte Impfung, also die Auffrischimpfung zukommen zu lassen. Für alle anderen ist das aber auch jetzt schon möglich. Darauf hat der Minister hingewiesen. Ich glaube, dem ist an der Stelle nichts hinzuzufügen.

SRS’IN FIETZ: Grundsätzlich kann man vielleicht noch einmal betonen: Die aktuelle Entwicklung der Infektionszahlen zeigt, wie wichtig Impfungen sind. Es ist wichtig, dass sich immer mehr Menschen impfen lassen. Diejenigen, die bereits eine Impfung bekommen haben, müssen vollständig geimpft werden. Damit sie auch weiterhin geschützt sind, sind auf jeden Fall Auffrischungsimpfungen sinnvoll. Man muss immer wieder im Blick haben, dass COVID Langzeitfolgen entwickeln kann, also „Long Covid“ eine Gefahr darstellt, während Langzeitfolgen bei Impfungen nicht zu erwarten sind.

VORS. FELDHOFF: Ich habe online eine Frage von Herrn Heller an die Regierungssprecherin. Gibt es inzwischen konkrete Pläne oder Anfragen für ein Bund-Länder-Treffen auf der Ebene der Kanzlerin und Ministerpräsidenten zu Maßnahmen gegen die steigenden Coronazahlen?

SRS’IN FIETZ: Dazu kann ich auf das verweisen, was Herr Seibert hier am Mittwoch gesagt hat, dass natürlich auch die geschäftsführende Bundesregierung jederzeit bereit ist, solch ein Gespräch in die Wege zu leiten, sofern das gewünscht ist. Wenn es einen solchen Termin gibt, werden wir Sie rechtzeitig informieren.

FRAGE REITSCHUSTER: Hat die Bundesregierung evaluieren lassen, wie sich die Zulassung von Impfstoffen, die nicht auf Gentechnik beruhen, etwa Totimpfstoffe, auf die Impfbereitschaft in der Bevölkerung auswirken würde? Könnte so ein Schritt zu einer erheblichen Erhöhung der Impfquote führen, wie Umfragen nahelegen?

DEFFNER: Ob es eine solche Evaluierung gibt, kann ich an der Stelle nicht genau sagen. Ich gehe nicht davon aus. Wir haben in den entsprechenden Umfragen, die auch das RKI etc. erhoben hat, im Grunde genommen ausführliche Informationen zu den Beweggründen erhalten, warum Menschen sich nicht impfen lassen möchten.

Vielleicht an der Stelle noch einmal der deutliche Hinweis an alle, die es bisher noch nicht getan haben: Auch wenn die aktuelle Forsa-Umfrage ziemlich deutlich macht, dass diejenigen, die bisher nicht geimpft sind, das auch künftig zu einem großen Teil nicht machen wollen, überlegt sich vielleicht der eine oder andere das doch noch einmal, weil Impfen schützt.

SRS’IN FIETZ: Ich kann hier an dieser Stelle ergänzen: Totimpfstoffe sind derzeit im Zulassungsverfahren der EMA. Wie bei jedem Impfstoff hoffen wir, dass es hier bald eine Zulassung gibt.

Grundsätzlich ist noch einmal zu betonen: Die in Deutschland zugelassenen Impfstoffe egal, ob mRNA-, Vektor- oder Totimpfstoffe – durchlaufen sehr strenge Zulassungsverfahren. Diese strengen Zulassungsverfahren sind auch im Falle der Impfstoffe mit den neuen Technologien durchgeführt worden. Auch nach Abschluss der Zulassungsverfahren werden die Impfstoffe in der Anwendung sorgfältig überprüft, gemeldeten Impfreaktionen oder Nebenwirkungen wird nachgegangen.

Außerdem – und das kommt hinzu haben wir durch die Tatsache, dass derzeit zum Beispiel die mRNA-Impfstoffe viele Millionen Mal verimpft werden, umfangreiche Erfahrungswerte und Studien zu diesen Impfstoffen. Insofern kann man in Bezug auf alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe sagen, dass sie sehr sicher sind.

FRAGE REITSCHUSTER: Der Deutsche Ethikrat hat der Triage von Ungeimpften eine Absage erteilt. Schon 2020 gab es keinen einzigen Fall für einen solchen Engpass. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung eine realistische Gefahr, dass es trotz der Impfungen zu Triagesituationen im Gesundheitswesen kommen könnte?

DEFFNER: Wir sind mit dem Impffortschritt inzwischen ein ganz gutes Stück vorangekommen. Wenn wir uns alle gemeinsam an die Vorgaben halten 2G-Regel, 3G-Regel, AHA-Regeln – und entsprechend vorsichtig und sorgsam insbesondere im Herbst und Winter damit umgehen, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach möglich sein, dass es zu keinen übermäßigen Belastungen in den Krankenhäusern kommen wird. Damit wäre das entsprechend ausgeschlossen.

FRAGE: Eine Frage an das Bundesgesundheitsministerium anlässlich der Umfrage, die gestern von Ihrem Ministerium veröffentlicht wurde. Welche Schlüsse ziehen Sie denn daraus, dass die Impfbereitschaft vielleicht doch wieder gesteigert werden kann? Die Umfrage legt ja nahe, dass es weder am Impfangebot noch an Werbung noch an Aufklärung mangelt, sondern dass es andere Gründe zu geben scheint, warum sich so viele Menschen aktuell nicht impfen lassen möchten.

DEFFNER: Es sind diverse Gründe, die von denjenigen genannt werden, die bislang noch ungeimpft sind und sagen, dass sie sich in den nächsten Wochen wahrscheinlich nicht impfen lassen wollen. Ich glaube, bei einem kleinen Teil wird man tatsächlich davon ausgehen müssen, dass sie sich impfen lassen werden. Bei einem bestimmten Prozentsatz besteht die Möglichkeit, dass man mit guter Aufklärungsarbeit und Überzeugung noch einiges bewegen kann. Darauf setzen wir natürlich. Die Impfkampagne läuft natürlich fort und wird angepasst. Wir sind eigentlich guten Mutes, dass wir noch den einen oder anderen überzeugen können.

SRS’IN FIETZ: Möglicherweise überzeugt es ja auch noch den einen oder anderen, dass sich jetzt auf den Intensivstationen unter den COVID-19-Patienten überwiegend Menschen finden, die nicht geimpft sind, sodass also sehr deutlich und augenfällig wird, dass eine Impfung schützen kann bzw. eine Nichtimpfung zu einer Hospitalisierung mit Behandlung auf der Intensivstation führen kann.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, planen Sie als Ergebnis dieser Umfrage, die Ihr Haus in Auftrag gegeben hatte, keine Änderung Ihrer Strategie?

DEFFNER: Die Impfkampagne, die wir seit Monaten fortlaufend anbieten, läuft fort und wird natürlich ständig regelmäßig angepasst. Dabei ist zu beurteilen, ob bestimmte Personengruppen von vornherein sagen, dass sie sich auf keinen Fall werden impfen lassen. Dann braucht man an der Stelle, glaube ich, nicht zu großen Wert darauf zu legen, den Versuch zu machen, diese noch zu überzeugen. Dann ist es vielmehr wichtig, die Personengruppen, die vielleicht noch zögerlich sind einige haben auch gesagt, sie hatten noch nicht die Möglichkeit, sich impfen zu lassen , zu überzeugen.

FRAGE REITSCHUSTER: Laut einem Medienbericht ist ein gültiges Impfzertifikat mit dem Namen „Adolf Hitler“ ausgestellt worden, das auch von deutschen Prüfprogrammen akzeptiert wird. Was läuft da falsch? Wie wollen Sie so etwas ausschließen?

DEFFNER: Zu einzelnen gefälschten Nachweisen möchte ich an der Stelle eigentlich gar nicht Stellung nehmen. Wir haben an der Stelle schon die Auskünfte des BMJV gehört.

Die Fälschung von Impfnachweisen ist immer strafbar. Ganz offensichtlich ist auch in diesem Fall der falsche Impfnachweis aufgefallen. Ansonsten hätte Herr Reitschuster ja nicht darüber berichten können.

FRAGE WACKET: Vor einem Jahr hat Deutschland im Gegenzug zu der Anschubfinanzierung von einer halben Milliarde Euro für BioNTech 30 Millionen Dosen in Anführungszeichen bestellt. Es wurde ein „Memorandum of Understanding“ vereinbart. Die Dosen wurden damals dringend benötigt. Man hat das dann für die EU zurückgestellt, also zugunsten der EU-Bestellung. Frage: Wird dieser Vertrag jetzt noch ausgelöst? Wird man diese 30 Millionen kaufen?

Wenn nicht, wer kommt dann für die Anschubfinanzierung auf? Macht das dann im Gegenzug die EU?

DEFFNER: Das kann ich Ihnen nicht im Moment beantworten. Das müsste ich nachreichen.

ZUSATZ WACKET: Ich weise nur daraufhin, dass ich die Frage schon einmal vor drei Wochen gestellt hatte und mir das auch zugesichert wurde. Es ist aber nie etwas dazu gekommen.

DEFFNER: Das gebe ich gerne weiter. Da war ich im Urlaub.

FRAGE JOLKVER: Frau Sasse, seit gestern ist die Internetseite der Deutschen Welle in Belarus blockiert. Es gibt den Vorwurf, wir seien extremistisch. Wie bewertet die Bundesregierung diese Tatsache?

SASSE: Ich müsste Ihnen die Antwort nachreichen, Herr Jolkver.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Könnten Sie das bis zum Ende der Pressekonferenz tun?

SASSE: Wenn das möglich ist, ja.

FRAGE MEERKAMM: Das Thema Migration hat ja zwei Aspekte. Einmal gibt es diejenigen, die im Niemandsland zwischen Belarus und Polen scheitern oder dort gefangen sind und weder vor noch zurück können. Frau Sasse, gibt es Gespräche, Initiativen, wie man diesen Menschen helfen will?

Meine zweite Frage richtet sich an das Bundesinnenministerium. Sie hatten vergangene Woche über Zahlen Auskunft gegeben, wie viele Menschen es geschafft haben, nach Deutschland zu kommen. Gibt es neue Zahlen?

Gibt es schon abgestimmte Programme, wie man diese Menschen weiter behandeln will, wo sie unterkommen, wie man sie vielleicht weiterhin in ihrer Integration fördert?

SASSE: Was die Lage der Flüchtlinge angeht, die sich in diesem Grenzgebiet aufhalten, haben wir, glaube ich, an dieser Stelle schon mehrfach deutlich gemacht, dass uns zum einen die Lage insgesamt besorgt. Sie wissen, wie engagiert wir dabei sind, Lösungen zu entwickeln. Dabei geht es natürlich auch um Lösungen auf EU-Ebene; auch darauf habe ich in den vergangenen Regierungspressekonferenzen schon hingewiesen. Die EU ist mit allen Beteiligten im Gespräch. Wir führen auf EU-Ebene Gespräche darüber, was man unternehmen kann, um die Lage zu verbessern. Hierzu gehört selbstverständlich auch die humanitäre Lage der Flüchtlinge.

ZUSATZ MEERKAMM: Gespräche auf EU-Ebene sind ja schön und gut. Nur wenn man sieht, dass die Menschen verhungern, erfrieren und verdursten, drängt auch ein bisschen die Zeit.

SASSE: Das ist richtig. Die Lage ist – das habe ich gerade deutlich gemacht – bedrückend. Wir sehen diese Bilder aus dem Grenzgebiet mit großer Sorge. Es sind ja teilweise Bilder von Todesopfern.

Herr Seibert hatte sich an dieser Stelle, soweit ich weiß, schon Anfang Oktober geäußert und unterstrichen, dass den Menschen in Not im Grenzgebiet humanitär geholfen werden muss und sie versorgt werden müssen. Auch die Europäische Kommission – das habe ich gerade auch schon erwähnt –spielt dabei eine Rolle. Auch sie hat sich entsprechend geäußert, dass Hilfe geleistet wird. Wir haben auch immer wieder deutlich gemacht, dass aus unserer Sicht die Not von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten nicht als politisches Druckmittel missbraucht werden darf.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal ganz klar sagen: Die Verantwortung für die Auflösung dieser Krise liegt ganz klar in Minsk. Selbstverständlich sind wir weiterhin bereit dazu – und tun das auch , die humanitäre Lage der Flüchtlinge in der Region, in dem Grenzgebiet zu verbessern.

VICK: Ich kann insoweit ergänzen, dass wir hier in den letzten Wochen schon mehrfach deutlich gemacht haben Frau Sasse hat das auch gesagt , dass wir die Lage natürlich im Blick haben.

Was die aktuellen Tageszahlen angeht, die Sie benötigen, bitte ich Sie, sich an die Bundespolizei zu wenden, die Zahlen darüber erhebt, wer wie an der deutsch-polnischen Grenze eingereist ist.

Zum Verfahren habe ich hier in den letzten Wochen auch schon vorgetragen, dass die Menschen, die in Deutschland ankommen, ganz normal ein Verfahren durchlaufen. Sie werden identifiziert, woher sie kommen. Je nachdem, ob Deutschland für diese Personen zuständig ist oder gegebenenfalls eine Rücküberstellung in Betracht kommt, werden diese Maßnahmen dann ergriffen. Falls Deutschland für ein Asylverfahren zuständig ist, wird ein ganz normales Asylverfahren in Deutschland durchgeführt.

FRAGE GAVRILIS: Mich würde interessieren, ob die Bundesregierung plant, die Länder Polen, Litauen und Lettland beim Bau von Grenzanlagen zu Belarus zu unterstützen.

SASSE: Ich fange einmal an. Frau Vick, wollen Sie ergänzen?

VICK: Ja.

SASSE: Wir haben an der Stelle schon öfter zum EU-Außengrenzschutz Stellung genommen. Das ist natürlich eine Frage, die Sie auch an die EU richten müssen.

Ich kann Sie an dieser Stelle noch einmal auf eine Aussage des Außenministers verweisen, die er am Rande des letzten Außenministertreffens in Luxemburg getätigt hat. Er hat noch einmal deutlich gemacht, dass die politische Lage in Belarus nach wie vor dramatisch ist, insbesondere was die Unterdrückung der Opposition angeht, aber auch die Menschenrechtsverletzungen, die dort tagtäglich stattfinden. Außenminister Maas hat auch deutlich gemacht, dass er Herrn Lukaschenko als Chef eines staatlichen Schleuserrings ansieht.

Wir haben an dieser Stelle immer wieder betont, dass wir dem Schutz der EU-Außengrenzen erhebliche Bedeutung zumessen. Darüber führt die EU selber auch Gespräche mit den Beteiligten, insbesondere mit Polen. Auf diese Gespräche, unter anderem vom Kommissarin Johansson, kann ich an dieser Stelle verweisen.

VICK: Ich kann an dieser Stelle auch nur wiederholen, dass wir bzw. der Bundesinnenminister mehrfach betont haben, wie wichtig der effektive Außengrenzschutz der EU für eine erfolgreiche Migrationspolitik ist und wir insofern, wie Frau Sasse schon gesagt hat, mit allen beteiligten Partnern in einem dauerhaften Austausch stehen.

SASSE: Vielleicht kann ich das noch etwas konkretisieren. Dabei geht es natürlich darum, zu prüfen, wie man sich gegenüber den betroffenen Mitgliedstaaten – in diesem Fall Polen – solidarisch zeigen und sie unterstützen kann.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung der zwölf europäischen Mitgliedstaaten, zuletzt auch von Unionspolitikern, die EU solle Außengrenzanlagen finanziell unterstützen? Geht die Bundesregierung mit, was das angeht?

SRS’IN FIETZ: Ich kann Ihnen dazu nur grundsätzlich etwas sagen. Frau Sasse hatte ja schon EU-Kommissarin Johansson erwähnt. Sie hat deutlich gemacht, Polen, Lettland und Litauen beim Grenzschutz etwa bei Überwachungstechniken oder anderer Ausrüstung der Grenzschützer finanziell zu unterstützen. Dieses Vorgehen unterstützen wir.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Aber nicht den Bau von Zäunen und Mauern?

SRS’IN FIETZ: Wir unterstützen jetzt das Vorgehen der EU-Kommissarin Johansson.

FRAGE ABBAS: Frau Fietz, heißt „Unterstützung“ an der Stelle finanzielle Unterstützung für Polen beim Grenzschutz oder nicht?

SRS’IN FIETZ: Es ist so, wie ich sagte: Frau Johansson hat deutlich gemacht, dass Polen, Lettland und Litauen beim Grenzschutz finanziell unterstützt werden sollen. Dieses Vorgehen unterstützen wir.

FRAGE JOLKVER: Frau Vick, gibt es Überlegungen, viele neue Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Polen einzuführen oder zu verstärken?

VICK: Ich habe auch da unseren Aussagen und vor allen Dingen den Aussagen des Ministers aus den letzten Wochen nichts hinzuzufügen. Es gibt keine neuen Planungen.

FRAGE GAVRILIS: Noch eine Frage zu den Airlines. Der Bundesinnenminister hatte, glaube ich, vergangene Woche verkündet, dass man mit einer irakischen Airline verhandelt habe. Aus seiner Sicht sei das erfolgreich gewesen. Gibt es denn weitere Airlines, bezüglich derer Sie sagen können, dass Flüge unterbunden oder mehr darauf geachtet wird, dass Menschen nicht nach Belarus reisen? Gibt es diesbezüglich etwas zu vermelden?

SASSE: Ich kann mich an dieser Stelle dazu äußern, weil ich das Thema Irak selber schon einmal hier in der Regierungspressekonferenz angesprochen hatte.

Wie Sie selber gesagt haben, haben wir mit Irak Gespräche zur Unterbindung von Flügen geführt. Diese Gespräche waren erfolgreich. Ich kann Ihnen sagen, dass auch Jordanien nach eigenen Angaben bereits zahlreiche Charterflüge unterbunden hat.

FRAGE: Meine Frage richtet sich an die Kollegen des Wirtschafts- und Finanzministeriums. Wir haben gestern die neuen Zahlen zur Inflation bekommen. Halten Sie an der bisherigen Einschätzung fest, dass es sich um einen vorübergehenden Inflationsschub handelt und dass sich das im kommenden Jahr wieder beruhigt?

Die andere Frage, die damit verbunden ist: Sehen Sie es noch als Aufgabe der bisherigen Bundesregierung an, in den kommenden Wochen bei diesem Thema gegenzusteuern? Bislang gibt es diese Geschichte mit der EEG-Umlage als eine Möglichkeit, beim Strom quasi eine Entlastung zu bieten. Gibt es darüber hinaus Überlegungen?

DR. GÜTTLER: Die beiden Fragen kann ich zusammen beantworten. Wir bleiben bei dem, was wir jüngst in der Herbstprojektion vorgestellt haben und wozu sich auch der Minister geäußert hat, dass es sich bei der jetzt steigenden Inflation auf aktuell 4,5 Prozent um Sondereffekte handelt, die einen vorübergehenden Effekt haben, der sich zu Beginn des Jahres 2022 wieder abflachen wird. Dennoch beobachten wir natürlich die Lage sehr genau. Die Kerninflation ist im Oktober bei 2,9 Prozent verblieben.

VORS. FELDHOFF: Hat das Bundesfinanzministerium dazu Ergänzungen? – Nein. Dann bitte die nächste Frage.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, Sie sehen im Moment keinen Handlungsbedarf?

DR. GÜTTLER: Ich denke, das geht aus meinen Ausführungen hervor. Aus unserer Sicht bzw. nach unserer Einschätzung wird sich die Lage zu Beginn des Jahres 2022 und in den Jahren 2022 und 2023 wieder abschwächen.

ZUSATZFRAGE: Sie sind schon relativ lange bei dieser Einschätzung, und trotzdem steigen scheinbar die Inflationszahlen. Gibt es in Ihrem Haus Analysen oder Berechnungen dahingehend, was passieren sollte, wenn 2022 das nicht so eintrifft, was Ihre Annahme aktuell vorhersagt oder wovon Sie ausgehen?

DR. GÜTTLER: Hier kann ich vielleicht noch einmal auf einen der Sondereffekte eingehen. Der liegt ja darin begründet, dass es einen sogenannten Basiseffekt gibt, der darauf zurückgeht, dass es im zweiten Halbjahr 2020, also unserer aktuellen Bezugsgröße, die befristete Senkung der Umsatzsteuer gab. Genau die fällt dann natürlich weg.

ZUSATZFRAGE: Gibt es aber konkrete Szenarien oder Entwürfe, die Sie für den Fall erarbeiten, dass die Inflation trotzdem steigt? Wir sehen ja jetzt, was beispielsweise Lieferengpässe angeht, noch weitere Faktoren, die hinzukommen und gegebenenfalls diesen einmaligen Effekt, den Sie jetzt angesprochen haben überspringen könnten.

DR. GÜTTLER: Genau damit treffen Sie natürlich verschiedene Annahmen und blicken in die Zukunft. Ich kann ihnen für den jetzigen Zeitpunkt zu dem, was wir gerade ausführlich in der Herbstprojektion dargelegt und geäußert haben, nichts anderes sagen.

FRAGE JESSEN: Frau Fietz, sieht die Bundesregierung Anhaltspunkte dafür, dass der frühzeitige Rücktritt Jens Weidmanns auch Ausdruck der Tatsache ist, dass er die Lage anders als zum Beispiel Christine Lagarde einschätzt?

SRS’IN FIETZ: Zum Rücktritt von Herrn Weidmann sind hier ja bereits Äußerungen getätigt worden, und denen habe ich nichts hinzuzufügen.

ZUSATZ JESSEN: Ich frage ja deswegen, weil die Perspektive und die sehr optimistische Annahme von Frau Lagarde ja neu sind. Die war ja bei den vorherigen Auskünften so noch nicht bekannt. Deswegen frage ich jetzt noch einmal.

SRS’IN FIETZ: Ja, ich kann ihnen aber keinen neueren Stand mitteilen.

FRAGE TAIBI: In einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes und elf weiterer europäischer Länder wurde Israels Absicht kritisiert, 3000 Siedlungseinheiten im Westjordanland zu bauen. Haben Sie darüber mit der israelischen Seite gesprochen? Was ist Ihre Position, wenn Israel bei seiner Position bleibt?

SASSE: Vielen Dank für die Frage. – Es ist in der Tat so, dass wir uns gestern gemeinsam mit einer großen Anzahl weiterer Partner sehr deutlich geäußert haben. Die Erklärung haben wir auch entsprechend veröffentlicht. Wir haben in dieser Erklärung die israelische Regierung dazu aufgerufen, den Siedlungsbau zu stoppen. Worauf es jetzt ankommt, ist es, hinderliche unilaterale Schritte zu unterlassen und stattdessen auf den ja durchaus positiven Entwicklungen der Wiederannäherung der letzten Monate aufzubauen.

Was die Frage nach Konsequenzen angeht, so ist es aus unserer Sicht an dieser Stelle nicht hilfreich, über solche Konsequenzen zu spekulieren. Die Erklärung, die wir gestern veröffentlicht haben, ist ja ein durchaus starkes Zeichen. Hier über Sanktionsandrohungen oder Ähnliches zu spekulieren, wäre aus unserer Sicht verfehlt. Im Übrigen tun wir das ohnehin nicht.

FRAGE JESSEN: Können Sie einmal sagen, Frau Sasse, wie die israelische Regierung auf solche Aufforderungen und Appelle, wie Sie sie eben geschildert haben, reagiert? Gibt es überhaupt eine Reaktion, wird das nur zur Kenntnis genommen, gibt es einen Eingangsstempel, oder wie sieht das aus?

SASSE: Herr Jessen, wir befinden uns ja mit unseren israelischen Partnern in einem kontinuierlichen Dialog, in dem wir auch solche Entwicklungen ansprechen. Das sind Gespräche, die wir mit der israelischen Seite auf ganz unterschiedliche Weise und auch auf ganz unterschiedlichen Ebenen führen. Mir liegt im Moment noch keine konkrete Reaktion auf diesen Vorgang vor. Wenn ich etwas nachreichen kann, dann werde ich das gerne tun.

Da ich ohnehin das Wort habe, kann ich die Frage von Herrn Jolkver nach der Webseite der Deutschen Welle in Belarus beantworten. Wir haben die Meldungen darüber zur Kenntnis genommen, dass die Webseite der Deutschen Welle über das Internet in Belarus heute teilweise nicht verfügbar war. Unser Botschafter in Minsk hat sich bereits an das belarussische Außenministerium gewandt, um eine Erklärung gebeten und auch eingefordert, dass der Zugang zur Webseite umgehend wieder ermöglicht wird.

FRAGE JOLKVER: Will das Auswärtige Amt eventuell auch den belarussischen Botschafter in Berlin in dieser Angelegenheit kontaktieren?

SASSE: Darüber kann ich ihnen an dieser Stelle noch nicht berichten. Wenn wir das tun, dann werde ich Ihnen hier nähere Auskunft erteilen.

FRAGE LÜCKING: Sind Meldungen zutreffend, nach denen afghanische Fluglotsen der Bundeswehr, die in Masar-e Scharif eingesetzt wurden, bislang keine Aufnahmezusage von Deutschland erhalten haben? Wenn ja, was ist der Grund dafür?

HELMBOLD: Darüber liegen mir im Moment keine Erkenntnisse vor. Das müssten wir gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE BAUMANN: Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen für eine europaweite Abschaffung der Zeitumstellung?

DR. GÜTTLER: Sie sprechen es an: Am Sonntag wird die Uhr eine Stunde zurückgestellt. Die Sommerzeit endet, die Winterzeit beginnt. Diese Umstellung ist durch europäische Regeln vorgegeben. Sie sprachen es in der Frage an: Die EU-Kommission hatte 2018 einen Vorschlag vorgelegt, die Zeitumstellung abzuschaffen. Derzeit gibt es hierzu auf EU-Ebene keinen neuen Stand. Die aktuelle slowenische Ratspräsidentschaft hat bestätigt, dass sie das Thema im Rat nicht behandeln möchte.

FRAGE WACKET: Es geht um die Gasfrage in Moldau. Es hieß ja, dass man prüft, ob deutsche Unternehmen dort auch helfen können, wahrscheinlich über irgendwelche Swap-Kontrakte. Gibt es da etwas Neues? Gibt es einen neuen Stand? Eine Frage ist dann natürlich auch die Finanzierung. Wie sieht das aus?

SASSE: Vielleicht möchte das Wirtschaftsministerium etwas ergänzen. Ich fange gerne an und kann Ihnen mitteilen, dass wir die angespannte Lage in Moldau natürlich sehr aufmerksam und auch mit sehr großer Sorge verfolgen. Was mögliche Unterstützung angeht, stehen wir mit allen Beteiligten und Partnern in engem Kontakt. Das bedeutet, natürlich mit der Regierung von Moldau, mit der EU und mit weiteren Akteuren.

Sie haben vielleicht zur Kenntnis genommen, dass ein sehr hochrangiger Beamter des Auswärtigen Amtes gerade zu Beginn dieser Woche in Moldau war und dort Gespräche geführt hat, auch über das Thema der Energie, unter anderem mit der Staatspräsidentin der Republik Moldau. Sie wissen auch, dass die EU angekündigt hat, 60 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um Moldau bei der Bewältigung der aktuellen Krise zu helfen. Sowohl auf EU-Ebene als auch bilateral existiert zudem bereits eine laufende Kooperation im Energiesektor.

ZUSATZFRAGE WACKET: Die Frage war schon ein bisschen präziser gestellt, nämlich ob es da jetzt eine Regelung gibt, dass Moldau wirklich zusätzliches Gas bekommt. Das war jetzt ja der bisherige Stand, der ist mir bekannt gewesen.

SASSE: Vielleicht möchte das Wirtschaftsministerium da konkreter ergänzen?

DR. GÜTTLER: Ich kann vonseiten des BMWi den Ausführungen der Sprecherin des Auswärtigen Amtes nichts hinzufügen und von unserer Seite auch auf die Hilfen der EU-Kommission, die in dieser schwierigen Lage für die Republik Moldau bereits angekündigt worden sind, verweisen. Ich weiß nicht, ob die Regierungssprecherin das noch ergänzen möchte.

ZUSATZFRAGE WACKET: Konkrete Hilfen von deutschen Unternehmen, die man da einbinden wollte, sind Ihnen nicht bekannt?

DR. GÜTTLER: Genau, dazu müsste ich auf die Regierungssprecherin oder das Auswärtige Amt verweisen.

SRS’IN FIETZ: Ich habe den Äußerungen der Kolleginnen nichts hinzuzufügen.

FRAGE JOLKVER: An das Wirtschaftsministerium: Ein paar Stunden, nachdem Herr Altmaier hier gesagt hat, dass die Gasspeicher zu über 71 Prozent gefüllt seien, hat der russische Präsident sehr medienwirksam angekündigt, er habe den Befehl gegeben, die Gasspeicher von Gazprom in Deutschland und Österreich, die absolut leer gewesen seien, zu füllen. Sehen Sie da einen Widerspruch, wenn das Wirtschaftsministerium behauptet, die Gasspeicher seien voll, und Gazprom sagt, seine Gasspeicher in Deutschland seien leer?

DR. GÜTTLER: Die Aussage von Herrn Putin kann ich hier nicht kommentieren oder bewerten. Ich kann für das Bundeswirtschaftsministerium noch einmal wiederholen, dass die Versorgungssicherheit in Deutschland hoch ist und gewährleistet ist. Die tagesaktuelle Füllung der Gasspeicher beträgt 71 Prozent.

VORS. FELDHOFF: Dann habe ich noch einen letzten Komplex mit einer Frage von Herrn Reitschuster an das Verteidigungsministerium. Er schreibt: In vielen Medien wird der Eindruck erweckt, die Bundeswehr habe ein massives Rechtsextremismusproblem über die Verdachtsfälle hinaus. Laut dem neuen MAD-Bericht würden aber nur 15 Bundeswehrangehörige als Extremisten bearbeitet, und fehlende Verfassungstreue sei bei 29 Personen festgestellt worden bei 256 000 Bundeswehrangehörigen insgesamt. Herr Reitschuster schließt: Die Berichterstattung erweckt Unmut in der Truppe. Haben Sie dafür Verständnis? Wie gehen Sie damit um?

HELMBOLD: Dazu haben wir hier ja ebenfalls berichtet und haben zum MAD-Bericht Stellung genommen. Unsere Aufgabe ist es, Informationen und Fakten zur Verfügung zu stellen so transparent wie möglich und so zutreffend wie möglich, eben so gut es in unserer Macht steht. Genau das haben wir hier getan. Unsere Aufgabe ist es aber nicht, diese Dinge von unserer Seite aus für die Öffentlichkeit insofern weitergehend zu bewerten, dass wir auf das öffentliche Bild Einfluss nehmen. Die Punkte, die wir bringen, sind faktenbasiert, sie sind untersucht. Wir nehmen die Vorfälle sehr, sehr ernst, und es ist unsere Pflicht, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten.

Wenn es einige Menschen gibt auch Journalisten , die meinen, dass dieser Eindruck nicht korrekt ist, dann kann ich nur sagen: Es obliegt uns nicht, hier Einfluss zu nehmen; vielmehr ist es die Aufgabe des Journalisten selber, die Bewertungen zu diesen Dingen vorzunehmen. Ich glaube, wir sind sehr transparent gewesen mit dem MAD-Bericht. Verdachtsfälle wurden als Verdachtsfälle beschrieben, bestätigte Fälle wurden als bestätigte Fälle beschrieben. Auf dieser Basis fußt dann ja auch die Berichterstattung. Der MAD-Bericht selbst ist ja öffentlich verfügbar; man findet ihn auf unseren Webseiten. Damit hat, glaube ich, jeder die Möglichkeit, sorgfältig darüber zu berichten.

FRAGE JESSEN: Nehmen Sie Unmut in der Truppe über den Bericht und die Berichterstattung wahr? Gibt es den in signifikanter Weise? Das war ja sozusagen als These die Grundlage der Frage.

HELMBOLD: Es gibt in der Truppe immer verschiedene Rezeptionen dazu, wie die Bundeswehr in der Bevölkerung dasteht. Uns ist es wesentlich und auch der Truppe ist es wesentlich, dass unsere Themen öffentlich diskutiert werden und dass eine Aufmerksamkeit dafür da ist. Es ist ein Bedürfnis, dass fair darüber berichtet wird. Über bestimmte Berichterstattungen kann man sich natürlich immer ärgern, das ist ganz klar; es kommt vor, dass man mit dem einen oder anderen vielleicht nicht einverstanden ist. Insgesamt ist die Berichterstattung aber breit, und ich glaube, die Truppe kann sehr gut einordnen, was faktenbasierte Berichterstattung ist und wo beispielsweise Meinungen in verschiedene Richtungen gehen.

Wir haben die Aufgabe, in einer pluralistischen Gesellschaft Informationen zur Verfügung zu stellen, und ich glaube, das weiß auch die Truppe sehr, sehr gut.

SRS’IN FIETZ: Lassen Sie mich unabhängig von dem aktuellen Bericht sagen: Die Bundesregierung verurteilt jegliche Form von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, und sie hat auch ein besonderes Augenmerk darauf, um solche Erscheinungsformen ausfindig zu machen. Das heißt aber nicht, dass man alle Mitglieder von bestimmten Organisationen in diesem Falle der Bundeswehr mit in Haftung nehmen kann. Der überwiegende Teil der Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen steht auf dem Boden des Grundgesetzes und ist damit von diesen Vorfällen im Grunde nicht direkt betroffen. Es ist sehr deutlich zu machen, dass es Ausfälle gibt, denen auch entgegengetreten wird, dass das aber mitnichten die gesamte Bundeswehr betrifft.

FRAGE WACKET: Zum Fischereikonflikt zwischen Frankreich und Großbritannien, der sich weiter zuspitzt: Übernimmt die Bundesregierung da vielleicht eine Moderationsrolle? Ist sie da engagiert, um diesen Konflikt mit zu lösen?

SASSE: Die aktuellen Entwicklungen zwischen Frankreich und Großbritannien nehmen wir selbstverständlich zur Kenntnis. Der Erhalt gegenseitiger Fischereirechte ist, wie Sie wissen, eines der im Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Großbritannien vereinbarten Grundprinzipien.

Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht nun wichtig, dass beide Seiten wieder zu den Verhandlungen der zurückliegenden Wochen und Monate zurückkehren. Da geht es dann unter anderem auch um die britischen Fanglizenzen für französische Boote. Wir unterstützen dabei weiterhin insbesondere die EU-Kommission in ihrem Ansatz, zu der Aufklärung einzelner Sachverhalte beizutragen unter anderem auch, was diesen konkreten Konfliktfall angeht.

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