Themen: Vorstellung des neuen Regierungssprechers, Kabinettssitzung (Entwurf des Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2021 und Entwurf des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021, Personalien), Termine des Bundeskanzlers (Regierungserklärung im Deutschen Bundestag, Gipfel der Östlichen Partnerschaft und Europäischer Rat in Brüssel), Reise der Bundesaußenministerin nach Stockholm, Schuldenbremse, Förderung von Elektroautos, Situation an der Grenze zwischen Polen und Belarus, russische Truppenbewegungen an der russisch-ukrainischen Grenze, Nord Stream 2, Gewaltaufrufe im Messengerdienst Telegram, kritische Sicherheitslücke in der Java-Bibliothek Log4j, Causa Julian Assange, COVID-19-Pandemie, Sendestart des Senders RT DE, Inflation in Deutschland, Medienstrategie der neuen Bundesregierung, Olympische Winterspiele in China
Themen/Naive Fragen zu:
00:00 Intro
00:23 Beginn
01:21 Begrüßung des neuen Regierungssprechers durch den BPK-Vorstand
05:13 Steffen Hebestreit
08:33 Bericht aus dem Kabinett | Termine des Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
12:38 Reiseankündigung Auswärtiges Amt | Termine Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen)
13:47 Nachtragshaushalt
25:58 Ukraine | Russland
32:30 Grenze Polen | Belarus
34:02 Ukraine | Russland
40:39 NordStream 2
41:39 Belarus | Lukaschenko
43:15 Ost-Politik von Willy Brandt
44:06 Telegram | Querdenker
57:51 Stellvertretende Regierungssprecher
59:35 Java-Schwachstelle Log4Shell
01:07:41 Julian Assange
01:11:09 Corona-Expertenrat
01:14:03 Corona
01:23:06 Russia Today
01:24:01 Inflation | G7
01:24:34 Nachtragshaushalt
01:25:46 Medienstrategie des neuen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD)
01:26 :39 Olympische Spiele in China
01:28:27 Daimler
01:30:09 Ende
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 13. Dezember 2021:
VORS. FELDHOFF: Liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlich willkommen in der Regierungspressekonferenz in den Räumen der Bundespressekonferenz! Es freut mich ausdrücklich, dass heute so viele Kolleginnen und Kollegen gekommen sind. Besonders begrüßen möchte ich heute den neuen Regierungssprecher Staatssekretär Steffen Hebestreit und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien. Einige von ihnen fast alle zum jetzigen Zeitpunkt bleiben uns erhalten, andere kommen sicherlich hinzu, und von anderen müssen wir uns verabschieden oder haben das schon getan. Für die vergangene und auch für die künftige Zusammenarbeit möchte ich mich jetzt schon im Namen der Bundespressekonferenz herzlich bedanken. Manche Dinge müssen sich in den nächsten Tagen sicherlich noch zurechtschütteln. So wird etwa das in Gründung befindliche Bauministerium noch vom Innenministerium vertreten. Auf einzelne Vorstellungen würde ich heute aus Zeitgründen verzichten. Umso herzlicher seien Sie alle begrüßt!
Lieber Steffen, du brauchst von mir keine guten Ratschläge über die Funktion und die Funktionsweise der Bundespressekonferenz. Das alles kennst du aus dem Effeff, nicht zuletzt aus den letzten Jahren als Sprecher des Bundesfinanzministers, aber auch, weil du zwar nicht der erste Regierungssprecher bist, der Journalist war, aber einer der wenigen, der auch einmal Mitglied des Vorstandes der Bundespressekonferenz war. Das galt vor dir schon für unseren ersten Vorsitzenden Rüdiger von Wechmar, der später Regierungssprecher bei Willy Brandt wurde, ebenso für Conrad Ahlers, der auch für Brandt sprach, und für Hans Klein, Regierungssprecher von Helmut Kohl. Keine Ausnahmesituation also, aber auch keine Normalität. Es macht dich und deine Vorgänger zu besonderen Kennern der inneren Verhältnisse der Politik, aber auch der inneren Struktur der Bundespressekonferenz.
Viele der Kolleginnen und Kollegen werden sich daran erinnern, dass mit Steffen Hebestreit auf dem Stuhl des Leitenden und Gastgebers der Regierungspressekonferenz eine Art Revolution verbunden war, die unsere manchmal in ihren Tradition ruhende Organisation echt bewegt hat. Steffen Hebestreit verzichtete wie auch heute auf die bis dahin übliche Krawatte zu Hemd und Anzug. Was für manche damals ein No-Go war, war für andere ein modernes Statement. Der Bundespressekonferenz hat es nicht geschadet und dir offensichtlich auch nicht.
Lieber Steffen, Bundeskanzler Scholz hat bei deiner Amtseinführung in der vergangenen Woche mit Blick auf die Arbeit des Regierungssprechers gesagt:
„Es ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit, die Informationen der Bundesregierung zu organisieren und dafür zu sorgen, dass in der Demokratie die Kommunikation zwischen Regierung und Öffentlichkeit gut funktioniert. Ich glaube, man kann das gar nicht kleiner sagen.“
Er hat seine neuen Sprecher, dich, lieber Steffen, und deinen Stellvertreter Wolfgang Büchner, den wir heute als stillen Zuschauer begrüßen, mit einem Vertrauensbonus versehen, einem Vertrauensbonus, der wie soll man es sagen eine Art Beschreibung dessen war, was einen hier in der Bundespressekonferenz erwarten kann. Olaf Scholz sagte: Wenn man selbst schon mal Journalist war, dann hilft einem das, und es hilft einem auch, zu akzeptieren, dass die Fragen kritisch sind und dass sie streng sind und dass nachgehakt wird. Denn das hat man alles schon einmal selber getan, und es ist richtig so.
Wir vertrauen darauf, dass sich der neue Sprecher der Bundesregierung dieser Aufgabenstellung bewusst ist. Uns allen ist klar, dass unsere Rollen, die Aufgabe, für die Regierung zu sprechen, und die unsere, die Haltung der Regierung zu hinterfragen, unterschiedlicher kaum sein könnten. Die Trennung von Journalismus und Politik hat in unserer Demokratie eine lange Tradition, und sie hat uns stärker gemacht.
Die neue Ampelkoalition hat sich die Aufgabe gestellt, durch mehr Transparenz unsere Demokratie zu stärken. Das Prinzip des offenen Regierungshandelns soll Grundlage sein. So steht es im Koalitionsvertrag. Wir werden die Regierung, ihre Sprecherinnen und Sprecher daran messen, mit klaren Fragen und in Erwartung klarer Antworten, auf Augenhöhe und mit Respekt.
In diesem Sinne freuen wir uns auf die Zusammenarbeit.
STS HEBESTREIT: Lieber Mathis Feldhoff, die Latte könnte nicht höher liegen. Ich bedanke mich erst einmal für die vielen freundlichen Worte, die ich so nicht erwartet hatte, nicht weil du wahnsinnig unfreundlich wärst, sondern weil das in der Bundespressekonferenz ja eigentlich nicht der Umgang mit denen ist, die hier die Fragen stellen, und denen, die hier nach Kräften die Antworten liefern sollen.
Klar, die BPK ist nicht neu für mich, auch wenn dieser Platz, wie ein kluger Mensch, mit dem ich mich im Vorfeld unterhalten habe, gesagt hat: Es ist schon etwas anderes, wenn man in der Mitte sitzt. Schauen wir einmal, ob wir irgendwann wieder so weit kommen, dass es tatsächlich die Mitte wird. Hoffen wir darauf!
Vielleicht kurz noch ein paar Worte vorab: Die neue Regierung hält natürlich da spreche ich auch für meinen Kollegen Wolfgang Büchner, der da hinten bescheiden und einsam sitzt an der Tradition fest, hier nach Möglichkeit dreimal in der Woche Rede und Antwort zu stehen. Es ist ein einmaliges Format. Alles das, was man dazu vielleicht auch mahnend und kritisch äußern kann und was ich in meiner früheren Funktion im Vorstand auch mit den Kolleginnen und Kollegen einmal kritisch diskutiert habe, hat Steffen Seibert vergangenen Montag hier auf, wie ich fand, sehr schöne und doch auch annehmbare Weise formuliert. Das muss ich jetzt nicht wiederholen. Je mehr Menschen mir und den Kolleginnen und Kollegen aus den Ministerien hier gegenübersitzen, desto spannender ist es für alle Seiten.
Die neue Bundesregierung will mehr Fortschritt wagen. So haben es die Spitzen, die hier vergangenen Dienstag gesessen haben, also Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und auch Bundesfinanzminister Christian Lindner, gezeigt. Sie sind hierhergekommen und haben Rede und Antwort gestanden, und sie werden das in regelmäßigen Abständen wieder tun, dessen bin ich ganz sicher.
Die Prioritäten dieser Regierung sind klar. Ich komme ganz kurz darauf.
Das Erste ist natürlich, die Coronapandemie zu bekämpfen. Dabei setzen wir im Augenblick vor allem auf die Impfkampagne und das Boostern. Gerade mit Blick auf die neuen Varianten ist es das A und O, dass es uns gelingt, möglichst schnell möglichst viele Menschen noch zu boostern. Darum kümmert sich die Bundesregierung als ganze, der Bundeskanzler, aber auch das Bundesgesundheitsministerium, der Bundesgesundheitsminister, nach Kräften.
Das zweite große Thema ist der Kampf gegen den Klimawandel mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen, die unter anderem den Ausbau von Windkraft auf hoher See und an Land und auch die Solarenergie betreffen. Dafür braucht es verlässliche Planung und schnellere Genehmigungsverfahren, damit die ehrgeizigen Ziele erreicht werden können.
Es geht auch um mehr Respekt und Zusammenhalt in der Gesellschaft und um ein souveränes und starkes Europa.
Lassen Sie mich vielleicht noch anknüpfen an das, was Mathis Feldhoff eben gesagt hat! Wir befinden uns am fünften Tag, seitdem die Bundesregierung im Amt ist. Mit Ausnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das habe ich eben noch einmal gecheckt haben alle Häuser neue Chefinnen und Chefs, bis auf das Bauministerium, das hat noch kein Haus, die sind noch auf Suche. Das heißt: Stäbe müssen sich finden. Abläufe müssen sich einspielen und Abstimmungswege etablieren. Mir als Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung geht es dabei nicht anders als vielen Kolleginnen und Kollegen. Die, die Sie hier schon kennen, die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, haben plötzlich neue Chefs, mit denen sie sich eingrooven müssen. Insofern bitte ich nicht um Schonzeit, aber doch vielleicht um etwas Verständnis dafür, wenn man bei mancher Frage dem hehren Anspruch, den Mathis Feldhoff formuliert hat, nicht sofort nachkommen kann, dass man sich manchmal rückversichern muss oder dass sich etwas in Klärung befindet, bevor man es hier äußern kann. Ich verspreche Ihnen: Unser Ziel ist eine transparente Kommunikation. Wir versuchen nach Kräften, Ihre Fragen tatsächlich zu beantworten.
Damit soll es nun aber auch das würde ich vorschlagen genug der salbungsvollen Worte sein.
VORS. FELDHOFF: Vielen Dank, Steffen Hebestreit! Wir freuen uns auf die gute Zusammenarbeit. Dann kommen wir jetzt wie in jeder Regierungspressekonferenz nach einer Kabinettssitzung zum Bericht aus dem Kabinett und dann zu den Terminen des Kanzlers.
STS HEBESTREIT: Heute war ausnahmsweise eine Kabinettssitzung am Montag, und zwar wegen des Nachtragshaushaltes. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat bereits seine Pressekonferenz dazu gehalten. Ich fasse nur kurz zusammen: Die Coronapandemie wirkt sich weiterhin erheblich auf Gesellschaft und Wirtschaft aus. Viele Investitionen konnten nicht oder nicht in geplantem Maße getätigt werden. Gleichzeitig sind die Impulse gerade in der anhaltenden Pandemie notwendig, um gut aus dieser Krise zu kommen. Die Bundesregierung will ein klares Signal für Zukunftsinvestitionen setzen. Das Kabinett hat aus diesem Grund heute den zweiten Nachtragshaushalt 2021 auf den Weg gebracht. Insgesamt 60 Milliarden Euro, die dieses Jahr nicht verausgabt werden konnten oder durch höhere Steuereinnahmen ergänzend dem Haushalt zuflossen, können damit zusätzlich für Zukunftsinvestitionen und Maßnahmen zur Transformation der deutschen Wirtschaft und für Klimaschutz bereitgestellt werden. Die nicht genutzten Mittel aus bereits bestehenden Kreditermächtigungen werden dem Energie- und Klimafonds zugeführt und stehen in den kommenden Jahren zur Verfügung. Gegenüber den bisherigen Planungen ich denke, es ist sehr wichtig, das zu betonen sind keine neuen Schulden notwendig. Auch die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten muss nicht erhöht werden.
Die zulässige Obergrenze der Neuverschuldung wird in diesem Jahr voraussichtlich um 207 Milliarden Euro überschritten. Diese Überschreitung ist aus Sicht der Bundesregierung gerade auch mit Blick auf die aktuelle Infektionsentwicklung weiterhin durch eine außergewöhnliche Notsituation gerechtfertigt. Die Entscheidung darüber liegt natürlich beim Deutschen Bundestag, der dies mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließen und gleichzeitig auch einen Tilgungsplan auf den Weg bringen muss.
Dann komme ich zu den Terminen des Bundeskanzlers, da es am Freitag keine Regierungs-PK gegeben hat.
Mit Stand heute kann ich ankündigen, dass Bundeskanzler Scholz am Mittwoch, den 15. Dezember 2021, um 9 Uhr seine erste Regierungserklärung als Bundeskanzler im Deutschen Bundestag abgeben wird
Am Mittwochnachmittag reist er dann zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft nach Brüssel. Am Donnerstag wird dort der Europäische Rat stattfinden, an dem er selbstverständlich teilnehmen wird. Beim Gipfeltreffen der Europäischen Union mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft das sind, wie Sie alle wissen, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau und Ukraine wird es um die weitere strategische Ausrichtung dieser Partnerschaft gehen. Der Fokus der zukünftigen Zusammenarbeit soll auf Reformen und einer Steigerung der Resilienz in den Ländern der Östlichen Partnerschaft liegen.
Am Donnerstag beim Europäischen Rat, der dieses Mal auf lediglich einen Tag begrenzt sein wird, wird es das übliche Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, David Sassoli, geben. Beim Europäischen Rat selbst wird es vor allem um die aktuelle Lage der COVID-19-Pandemie gehen, auch mit Blick auf die Ausbreitung der Omikronvariante. Hierzu stehen die Boosterimpfungen und auch eine fortgesetzte internationale Kooperation im Fokus. Als weiteres Thema soll es erneut um die Frage der hohen Energiepreise in Europa gehen. Überdies beschäftigt man sich mit der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dort stehen die Arbeiten am sogenannten strategischen Kompass im Fokus. Schließlich wird es um die Lage in Belarus, insbesondere um die Lage an der EU-Außengrenze, und die besorgniserregende Situation an der ukrainisch-russischen Grenze gehen.
Zudem treffen sich die Staats- und Regierungschefs wie im Dezember üblich zum Eurogipfel im inklusiven Format. Das heißt: Alle 27 Staats- und Regierungschefs nehmen daran teil, ebenso EZB-Präsidentin Christine Lagarde und der Präsident der Eurogruppe, Paschal Donohoe. Sie beraten über die wirtschaftliche Lage sowie die Kapitalmarkt- und die Bankenunion.
BURGER: Ich darf Ihnen ankündigen, dass Außenministerin Baerbock morgen nach Stockholm reist, um dort gemeinsam mit der schwedischen Außenministerin Ann Linde als Co-Gastgeberin das fünfte Außenministerinnen- und Außenministertreffen der Stockholm-Initiative für nukleare Abrüstung zu leiten. Mit Blick auf die in weniger als einem Monat beginnende Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags in New York werden die Außenministerinnen und Außenminister der 16 Teilnehmerstaaten der Initiative in zwei Teilnehmergruppen über konkrete operative Schritte beraten, wie man den Stillstand der nuklearen Abrüstung überwinden kann.
Darüber hinaus wird die Ministerin auf Einladung der schwedischen Außenministerin Ann Linde an einem Mittagessen teilnehmen, an dem auch die norwegische Außenministerin, Frau Huitfeldt, und der jordanische Außenminister, Herr Ayman Safadi, teilnehmen werden. Die vier Außenminister und Außenministerinnen werden außerdem gemeinsam physisch an der Konferenz teilnehmen. Die anderen Teilnehmer werden virtuell zugeschaltet.
Im Zuge des Besuchs von Außenministerin Baerbock in Schweden ist auch ein bilaterales Gespräch mit der schwedischen Außenministerin vorgesehen.
FRAGE POLANSKY: Es gibt einige Kritik an dem Nachtragshaushalt und Bedenken, dass das verfassungskonform ist. Der hessische Verfassungsgerichtshof hat ein ähnliches Manöver beim Landeshaushalt in Hessen bereits gestoppt. Inwieweit unterscheidet sich das jetzige Vorgehen auf Bundesebene von dem in Hessen, sodass es dann doch verfassungskonform sein soll?
STS HEBESTREIT: Ich weiß nicht, ob der Kollege vom BMF Genaueres für den hessischen Fall darlegen kann. Aber natürlich halten die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien dieses Vorgehen für völlig verfassungskonform.
NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Zu diesem Aspekt hatten wir schon an verschiedener Stelle berichtet. Es handelt sich um ein Urteil des hessischen Verfassungsgerichtshofs, das hier insoweit nicht unmittelbar anwendbar ist. Ansonsten hat sich der Regierungssprecher ja schon eingehend zum Nachtragshaushalt geäußert. An dieser Stelle verweise ich auch noch einmal auf die Pressekonferenz des Finanzministers. Herr Lindner hat sich am Freitag in einer Pressekonferenz hierzu geäußert und heute direkt im Anschluss an die Kabinettssitzung. Außerdem haben wir eine Pressemitteilung veröffentlicht. Darauf würde ich an dieser Stelle verweisen.
ZUSATZFRAGE POLANSKY: Eine Kritik bezieht sich auch darauf, dass diese Maßnahmen noch gar nicht konkret unterlegt worden sind, sondern dass das Geld in den Sondervermögen einfach geparkt wird. Wann planen Sie denn, dieses Geld auch tatsächlich mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen?
NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Das war auch Gegenstand einer Nachfrage gegenüber dem Minister, der sich dazu geäußert hat. Darauf verweise ich.
FRAGE SZENT-IVÁNYI: Es ist ja nicht nur das Urteil des hessischen Staatsgerichtshofes, sondern auch die Kritik des Bundesrechnungshofes und auch des Stabilitätsrates daran, dass darin ein erhebliches verfassungsrechtliches Risiko liege. Sind sich das Kabinett und der Bundeskanzler darüber im Klaren?
STS HEBESTREIT: Diese aktuellen öffentlichen Diskussionen werden vom Bundeskanzler und vom Bundesfinanzminister und auch von allen anderen Regierungsmitgliedern natürlich wahrgenommen. Trotzdem hat man sich für dieses Vorgehen entschieden, weil es aus Sicht der Bundesregierung absolut verfassungskonform ist. Daran gibt es dann auch wenig Zweifel.
FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, ich möchte zur Frage des Kollegen, wann das Geld denn abfließen solle, gern nachfragen. Jetzt wurde nur allgemein gesagt: in den nächsten Jahren. Kann man das etwas präzisieren? Ist das eine Rücklage für die nächsten ein, zwei Jahre, die man jetzt hat, oder muss man sich das so vorstellen, dass das theoretisch auch fünf bis zehn Jahre nach vorn geschoben werden kann?
STS HEBESTREIT: Wenn wir sagen „in einigen Jahren“, dann fällt es mir jetzt schwer, das zu präzisieren; sonst hätten wir es vorher präzise ausgedrückt. Ich vermute, dass die Pressekonferenz von Bundesfinanzminister Lindner etwa anderthalb Stunden zurückliegt. Seither gibt es keinen neuen Stand.
ZUSATZ DR. RINKE: Aber da war es auch nicht präziser. Deswegen die Nachfrage.
STS HEBESTREIT: Wenn es der Finanzminister nicht präziser weiß, dann sollte ich ihn von hier aus nicht präzisieren.
FRAGE GRIMM: Ich habe eine Frage an das BMF. Im Koalitionsvertrag stehen noch weitere Maßnahmen, um die Schuldenbremse zu weiten. Gedenkt der Finanzminister, von diesen Maßnahmen Gebrauch zu machen? Unter anderem ist dort von einer Berechnungsgrundlage die Rede, die geändert werden könne, oder auch davon, dass sich die Bahn und BImA mit Krediten vollsaugen können sollen.
Wie ist die Haltung Herrn Lindners dazu?
NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Der Regierungssprecher hat sich ja eingangs dazu geäußert, seit wann die aktuelle Regierung im Amt ist. Es sind fünf Tage, wenn ich mich richtig erinnere. Der Koalitionsvertrag das wurde an verschiedener Stelle schon gesagt ist die Grundlage für die anstehenden Maßnahmen. Er wird jetzt nach und nach umgesetzt. Den erforderlichen Gesprächen und Entscheidungen kann ich an dieser Stelle natürlich nicht vorgreifen.
FRAGE WEFERS (zum Entwurf des Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2021 und Entwurf des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021): Ich würde Sie doch gern noch einmal zur Verfassungsmäßigkeit fragen. Denn die Pressekonferenz am Freitag haben Sie zwar auf Ihre Webseite gestellt, sie ist aber nicht abrufbar. Die Seite öffnet sich nicht. Auf der Pressekonferenz von vorhin, auf die Sie verwiesen haben, gab es einen Hinweis, aber es gibt auch keinen Zugang. Deshalb wäre es vielleicht doch ganz nett, wenn Sie uns auf die Sprünge helfen wollten, warum sich der hessische Fall von dem aktuellen auf der Bundesebene unterscheidet.
NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Vielen Dank für den Hinweis. Das nehme ich gern mit und lasse das überprüfen. Natürlich sollten die entsprechenden Informationen auf unserer Internetseite verfügbar sein.
Zur Verfassungsmäßigkeit hat sich der Minister geäußert, eben auch noch einmal der Regierungssprecher. Die Informationen sind auf unserer Internetseite insoweit verfügbar. Darauf würde ich noch einmal verweisen. Dem habe ich auch nichts hinzuzufügen.
Aber den Punkt, dass selbstverständlich sowohl die Pressekonferenz als auch die Pressemitteilung verfügbar sein sollten, lasse ich gern prüfen. Die Pressemitteilung müsste abrufbar sein.
ZUSATZFRAGE WEFERS: Aber in der Pressemitteilung gibt es keine Erklärung dafür, warum ein
STS HEBESTREIT: Ich würde vorschlagen, das liefert das BMF nach. Da scheint es ja erhebliches Interesse zu geben, und es wird auch eine Argumentationslinie geben.
Ansonsten kann man ja auch verschriftlichen, was der Minister in der dann womöglich nicht abrufbaren Pressekonferenz gesagt hat. Dann kann man Ihrem Informationsbedürfnis nachkommen.
FRAGE FISCHER: Eine Frage an das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu den 60 Milliarden Euro, die in den Energie- und Klimafonds fließen sollen. Frau Baron, können Sie schon genauer sagen, wofür die in Sachen Klimaschutz verwendet werden sollen?
DR. BARON: Vielen Dank. Ich möchte noch einmal betonen, dass es ja darum geht, die Transformationen hin zu einer ökologisch sozialen Marktwirtschaft zu gestalten. Natürlich steht der Umbau der Industrie im Fokus. Die genauere Verwendung wird natürlich jetzt geklärt. Der Umbau und die Transformation der Wirtschaft und vor allem der Industrie stehen ganz stark im Fokus.
FRAGE WEFERS: Können Sie vielleicht noch etwas zum Bundeshaushalt sagen und auch sagen, wie der Zeitablauf geplant ist? Ich weiß, dass die erste Lesung noch diese Woche sein wird. Aber wie ist der weitere Zeitablauf?
STS HEBESTREIT: Meines Wissens wird alles Weitere im Januar geschehen. Sollte ich das falsch wissen, korrigiere ich mich später.
FRAGE JORDANS: Es geht um die Förderung von Elektroautos, die ja heute auch vom BMWi verkündet wurde. In der Formulierung ist davon die Rede, dass ab 2023 praktisch neue Maßstäbe angesetzt werden. Welche genau das sind, steht ja, glaube ich, noch nicht fest. Ist denn jetzt geplant, dass alleine an der Elektroreichweite festzumachen oder werden beispielsweise Hybridautos ganz ausgeschlossen?
Gibt es einen neuen Fördertopf für diese Wallboxen, die notwendig sind? Ich glaube, ohne die kommt man ja nicht so weit.
DR. BARON: Vielen Dank. Das sind verschiedene Fragen. Ich versuche, das etwas zu sortieren.
Zunächst einmal ist richtig, dass wir heute darüber informiert haben, dass wir die Innovationsprämie für E-Autos in einem ersten Schritt im Jahr 2022 verlängern. Das ist sozusagen Schritt eins. Kontinuität in 2022 zu bekannten Förderbedingungen und ab 2023 dann der Neustart des Förderdesigns, der jetzt vorbereitet wird. Im Jahr 2022 wird es so sein, dass, wie bisher eine Möglichkeit zur Förderung von bis zu 9000 Euro für reine E-Autos und für Plug-ins mit maximal 6750 Euro besteht. Das ist die Situation für 2022.
Ab 2023 wird es ein neues Förderdesign geben, denn es geht um die Ausrichtung der Elektromobilität hin zu mehr Klimaschutz. Diese Arbeiten haben wir aufgenommen und stimmen wir in der Bundesregierung jetzt natürlich ab. Es geht darum, dass man den elektrischen Fahranteil und die elektrische Mindestreichweite definiert. Denn das ist es ja, was wir wollen: Wir wollen zu einer Mobilität, die mehr zu der elektrischen Reichweite hingeht.
Die genauen Bestimmungen werden jetzt in der Bundesregierung abgestimmt und erarbeitet. Wichtig ist aber auch jetzt erst einmal für die vielen Kundinnen oder Kunden oder Käuferinnen und Käufer, die sich gefragt haben, was 2022 passiert, heute den Text der Förderrichtlinie zu veröffentlichen und damit die Kontinuität für 2022 sicherzustellen.
Vielleicht zu Ihrem Punkt der Wallboxes: Das war ein anderer Sachverhalt. Der hatte nichts mit dieser Förderrichtlinie für E-Autos zu tun, sondern das war bisher eine Fördermöglichkeit im Rahmen der KfW-Gebäudeförderung, also ein anderer Teil von Förderung bei uns im Haus. Das müsste ich nachreichen. Ich kenne den Stand für das neue Jahr nicht. Das hat aber, wie gesagt, mit dieser konkreten Förderrichtlinie für das E-Auto als solches erst einmal nichts zu tun. Aber klar, natürlich interessiert das auch die Verbraucherinnen und Verbraucher.
FRAGE WIEGOLD (zum Gipfeltreffen Östliche Partnerschaft und EU-Rat): Ich nutze das jetzt, um das Thema Ukraine anzusprechen, das ja bei den Treffen eine wesentliche Rolle spielen wird. Frage an das Wirtschaftsministerium oder AA oder den Regierungssprecher: Der ukrainische Verteidigungsminister hat gestern öffentlich beklagt, dass Deutschland die Lieferung von bereits bezahlten Defensivwaffen über eine NATO-Agentur blockiere. Vielleicht kann jemand kurz erläutern, wie das Verfahren ist, worum es sich handelt und warum Deutschland das blockiert. Danke.
BURGER: Ich kann dazu die Antwort geben, auch wenn sie Sie wahrscheinlich nicht befriedigen wird. Ich muss Sie nämlich darauf verweisen, dass ich zu vertraulichen Diskussionen und Entscheidungen innerhalb des Bündnisses von dieser Stelle keine Auskunft geben kann.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Gehen wir jetzt dazu über, dass Entscheidungsmechanismen in der NATO grundsätzlich als „geheim“ eingestuft werden oder können Sie etwas zu den Entscheidungsmechanismen in der NSPA sagen?
BURGER: Wie gesagt, im vorliegenden Fall kann ich dazu keine weiteren Angaben machen, weil das der Vertraulichkeit unterliegt.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Entscheidungsmechanismen in der NATO unterliegen grundsätzlich der Vertraulichkeit?
BURGER: Ich rede von dem vorliegenden Fall, nach dem Sie gefragt haben.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Ich habe nach der NSPA gefragt. Wie laufen die Entscheidungswege in der NATO Support and Procurement Agency?
BURGER: Da bitte ich Sie, sich an die NATO-Pressestelle zu wenden. Dort werden Sie bestimmt eine Auskunft dazu bekommen.
FRAGE JOLKVER: Herr Hebestreit, ist bei dem Treffen der Östlichen Partnerschaft auch ein bilaterales Zusammenkommen zwischen dem Bundeskanzler und dem ukrainischen Präsidenten geplant?
Vielleicht vorweg schon eine Frage zum Thema Russland/Ukraine: Gibt es in der Bundesregierung Ideen, wie man die angestrebte Wiederaufnahme des Dialogs im Minsker Prozess bewerkstelligen will? Wie will Deutschland die Ukraine und vor allem den russischen Präsidenten zurück zum Dialog führen?
STS HEBESTREIT: Zu Ihrer ersten Frage zum Thema bilaterale Gespräche: Darüber informieren wir dann, wenn sie stattgefunden haben. Das kennen Sie aus der alten Regierung. So wollen wir es auch halten. Insofern werde ich Ihnen wahrscheinlich am Freitag dazu Auskunft geben können, wenn der Gipfel gewesen sein wird.
Was die Frage Ukraine und Russland angeht, hat sich der Bundeskanzler ja verschiedentlich sowohl auf seiner Frankreichreise und als auch später bei der EU und am gestrigen Abend in Polen dazu eingelassen. Er hat noch einmal auf das Normandie-Format verwiesen und hat gesagt, dass all unsere Bestrebungen dahin zielen müssen, eine Deeskalation der Lage an der ukrainisch-russischen Grenze, die sehr besorgniserregend ist, zu erreichen. Er hat auch noch einmal deutlich gemacht, dass die Unverletzlichkeit der Grenzen seit den 70er-Jahren in Europa eigentlich einvernehmlich bei der KSZE und später bei der OSZE hinterlegt ist und dass wir zu diesem Grundsatz doch zurückkehren sollten. Wer gegen diesen Grundsatz verstößt, muss harte Konsequenzen fürchten.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Welche praktischen Maßnahmen will denn die Bundesregierung ergreifen, um das Normandie-Format wieder aufleben zu lassen?
STS HEBESTREIT: Praktisch versucht man jetzt, auf allen Kanälen mit allen entsprechenden Stakeholdern ich sage es einmal so ins Gespräch zu kommen. Es gibt jetzt aber keine Vorleistungen oder Angebote, die man darüber hinaus macht. Sondern das eine ernste Situation, und in dieser ernsten Situation ist es klug, die dafür vorhandenen Formate zu nutzen, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen.
FRAGE DR. RINKE: Herr Burger, eine Frage zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Unabhängig von diesem konkreten Fall: Unterstützt Ihre Ministerin die Bemühungen einiger NATO-Staaten, die Ukraine auch mit Waffen zu versorgen?
BURGER: Ich kann Ihnen für die Bundesregierung von solchen Überlegungen zum derzeitigen Zeitpunkt nicht berichten. Die Überlegungen, die es dazu in anderen Ländern geben mag, kann ich an dieser Stelle nicht kommentieren.
Ich kann vielleicht noch einmal auf das verweisen, was die Außenministerin auch am Rande des Treffens der G7-Außenministerinnen und -Außenminister zu diesem Fall gesagt hat. Sie hat noch einmal darauf hingewiesen, dass es Einigkeit gibt das findet sich ja auch im Kommuniqué der G7 wieder , dass wir gemeinsam daran arbeiten, eine weitere Eskalation zu verhindern und dass wir dazu auch entsprechende Gesprächsangebote gemacht haben. Auch das Kommuniqué der G7-Außenministerinnen und -Außenminister bekräftigt ja noch einmal die Unterstützung für die Bemühungen Deutschlands und Frankreichs im Normandie-Format, die das Ziel der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen verfolgen, um den Konflikt in der Ostukraine zu lösen. Auch im G7-Kreis wurde aber erneut bekräftigt, dass eine erneute militärische Aggression gegen die Ukraine massive Konsequenzen und hohe Kosten nach sich ziehen würde.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Herr Burger, ich will kurz nachfragen. Es ging darum, ob Ihre Ministerin diese Waffenlieferungen möglicherweise für kontraproduktiv hält, weil der Fokus im Moment ja auf diplomatischen Versuchen liegt, Russland klarzumachen, dass es keinen Angriff geben sollte. Es hat die Debatte, ob Waffenlieferungen an die Ukraine eigentlich hilfreich oder eher schädlich sind, auch vor ein paar Jahren schon einmal gegeben. Deswegen versuche ich es noch einmal mit der Frage: Sieht Ihre Ministerin diese Waffenlieferungen eher als kontraproduktiv oder als nützlich an?
BURGER: Ich glaube, das hatte ich in der Sache gerade eben schon beantwortet, und ich habe gerade noch einmal darauf hingewiesen, was der Schwerpunkt der diplomatischen Bemühungen ist, an denen wir gerade arbeiten.
FRAGE SAWICKI: Herr Hebestreit, Sie hatten die Situation an der Grenze zwischen Polen und Belarus eben schon einmal angesprochen. Ich würde gerne wissen, warum die neue Regierung bisher noch keine deutlichen Worte zu der Menschenrechtsverletzung findet.
STS HEBESTREIT: Ich glaube, dass der Bundeskanzler sowohl bei seinen Terminen in Frankreich und in Brüssel als auch gestern in Polen deutliche Worte gefunden hat. Ich glaube, auch die Außenministerin hat Ähnliches getan. Insofern kann ich Ihre Frage nicht ganz nachvollziehen.
BURGER: Ich würde das vielleicht bekräftigen wollen. Wenn Sie sich die Pressekonferenz ansehen, die die Außenministerin gemeinsam mit ihrem polnischen Amtskollegen in Warschau gegeben hat, werden Sie darin durchaus deutliche Worte hören. Ich kann noch hinzufügen, dass sich die Außenministerin ja im Zuge ihres Besuchs in Warschau auch mit dem polnischen Ombudsmann für Menschenrechte getroffen hat. Auch das unterstreicht noch einmal, wie groß unser Interesse an diesem Thema ist.
ALTER: Ich bin zwar nicht angesprochen worden, aber auch ich würde gerne etwas ergänzen. Die Bundesinnenministerin hat ja in der vergangenen Woche in Brüssel am Rande des JI-Rats auch deutlich gemacht, wie sie die Situation einschätzt, und deutlich gemacht, dass sie dafür plädiert und es ihr wichtig ist, dass an dieser Grenze rechtsstaatliche Grundsätze gelten.
FRAGE WARWEG: Herr Hebestreit, Sie hatten jetzt noch einmal die angeblichen Truppenkonzentrationen an der russisch-ukrainischen Grenze erwähnt. Jetzt sind die einzigen Satellitenbilder, die der Öffentlichkeit gezeigt wurden und auf die man sich immer wieder bezieht, Bilder von Jelnja, Oblast Smolensk, 300 Kilometer von der ukrainischen Grenze und 900 Kilometer vom Donbass entfernt. Mich würde interessieren, auf welcher Basis Sie angesichts dieser Distanzen von einer Nähe der russischen Grenze sprechen. Berlin liegt 100 Kilometer von Polen entfernt. Da würde ja keiner davon sprechen, dass Berlin eine Grenzstadt sei. Mich würde also interessieren, auf Grundlage welcher weiteren Informationen Sie von „an der russisch-ukrainischen Grenze“ sprechen.
STS HEBESTREIT: Ich verstehe Ihre Position. Ich versuche es einmal einfach zu machen: Wenn jetzt 100 000 Soldaten in Berlin stationiert werden würden, dann würde die Variante, die Sie gerade ansprechen, also ob das dann eine Grenzstadt sei oder nicht, auch anders beurteilt werden.
BURGER: Ich würde vielleicht noch ergänzen wollen: Gehen Sie einmal davon aus, dass sich die Erkenntnisquellen, auf deren Grundlage wir in der Bundesregierung und auch im Bündnis mit unseren Partnern über die Lage in der Ukraine und über die Lage im Grenzgebiet beraten, nicht auf öffentlich zugängliche Quellen, die Sie gerade zitiert haben, beschränken.
ZUSATZ WARWEG: Das heißt, Sie haben Informationen darüber, dass es russische Truppen direkt an der russisch-ukrainischen Grenze gibt.
BURGER: Das ist ein netter Versuch. Ich habe, wie gesagt, davon gesprochen, dass sich die Lageeinschätzung, die wir mit unseren Verbündeten und Partnern eng abstimmen, nicht auf öffentlich zugängliche Informationen beschränkt. Wenn diese Informationen jetzt nicht öffentlich zugänglich sind, dann werde ich sie natürlich an dieser Stelle auch nicht ausbreiten können.
ZUSATZ WARWEG: Aber die Öffentlichkeit hat ja angesichts der Spannung und der verbalen Angriffe oder zumindest Drohungen, die es gibt, vielleicht doch ein Recht darauf, zu wissen, auf Basis welcher konkreten Informationen die Bundesregierung mit Verweis auf entsprechende Truppenkonzentrationen von einer russischen Aggression spricht. Es heißt ja nicht „irgendwie in der Nähe“, sondern „an der russisch-ukrainischen Grenze“.
BURGER: Wir haben ein breites und umfassendes Lagebild, das wir seit vielen Wochen eng mit unseren Partnern und Verbündeten abstimmen, und wir alle in der Europäischen Union und in der NATO teilen gemeinsam die Sorge, dass die Truppenbewegungen, die es auf russischer Seite in den vergangenen Wochen gegeben hat, die Lage an der Grenze zur Ukraine erheblich destabilisieren.
FRAGE STEINER: Herr Burger, für Sie gilt hier natürlich keinen Welpenschutz; das ist klar. Deswegen stelle ich noch einmal eine Nachfrage zur NATO. Vielleicht liege ich damit auch falsch. Aber ist es denn überhaupt zutreffend, dass ein Vertreter des Außenministeriums in der entsprechenden Arbeitsgruppe sitzt, oder ist es nicht ein Vertreter des Verteidigungsministeriums, sodass Sie eben ein bisschen per procura gesprochen hätten?
BURGER: Die Zuständigkeit für den Vorgang, nach dem Herr Wiegold gefragt hat, ressortiert im Auswärtigen Amt.
FRAGE KÜFNER: Herr Hebestreit, Herr Burger, Sie haben jetzt betont, dass alle diplomatischen Wege genutzt werden. Das Ziel ist, dass man zum Normandie-Format zurückfindet und es wiederbelebt. Wird denn innerhalb der Bundesregierung darüber gesprochen, jetzt eventuell andere, neue Formate anzustreben, oder darüber nachgedacht?
BURGER: Ich kann Ihnen über konkrete Pläne in diese Richtung nichts berichten. Sie haben gesehen, dass es Gespräche im Kreise der G7 gab. Sie haben auch gesehen, dass es in der vergangenen Woche Kontakte mit verschiedenen westlichen Partnern gegeben hat. Es gab natürlich auch intensive Abstimmungen im Zuge der Antrittsreisen der Außenministerin und sicherlich auch des Bundeskanzlers in unsere Nachbarstaaten. Das Format, wie gesagt, das existiert, das besteht und das auch den Rückhalt der internationalen Gemeinschaft hat in diesem Fall noch einmal durch das Kommuniqué der G7-Außenministerinnen und -Außenminister bekräftigt , ist das Normandie-Format, und unser Angebot steht, in diesem Format die Gespräche fortzusetzen, um zu einer Entspannung der Lage beizutragen.
Die Außenministerin hat bei ihrem Treffen in Brüssel auch noch einmal bekräftigt, dass wir uns ein Treffen des NATO-Russland-Rates sehr wünschen und es unterstützen würden. Unser Angebot dazu besteht seit langer Zeit. Auch das wäre sicherlich ein geeignetes Forum, um möglicherweise nicht speziell über die Situation in der Ukraine, aber über die darüber hinausgehende grundsätzliche Frage, wie Sicherheit in Europa kooperativ gestaltet werden kann, wieder ins Gespräch zu kommen.
ZUSATZFRAGE KÜFNER: Herr Hebestreit, werden die Kommunikationskanäle nach Moskau oder zu Herrn Putin und in die andere Richtung vom neuen Bundeskanzler denn als ausreichend empfunden?
STS HEBESTREIT: Ob die Kanäle ausreichen, kann ich schlecht beurteilen. Man versucht, intensiver ins Gespräch zu kommen, und das sind jetzt unsere Bemühungen. Alles Weitere wird sich erweisen.
FRAGE FISCHER: Zur Formatfrage, Herr Burger und Herr Hebestreit: Es hat ja immer wieder Überlegungen gegeben, auch die USA in das Normandie-Format einzubeziehen. Das ist vor allen Dingen von der Ukraine befürwortet worden. Ist das eine Option für Sie?
BURGER: Die USA spielen eine wichtige Rolle. Der amerikanische Präsident hat ja auch Gespräche mit dem russischen Präsidenten geführt. Sie werden auch Meldungen darüber gesehen haben, dass die USA auch weiterhin auf hochrangiger diplomatischer Ebene Gespräche in der Region führen. Wir befinden uns da in einem sehr engen Austausch. Die USA haben immer wieder in der Vergangenheit und auch jüngst noch einmal ihre Unterstützung für die Arbeit im Normandie Format zum Ausdruck gebracht. Das ist, wie gesagt, das Format, das derzeit existiert und das auch die internationale Unterstützung hat. Von möglichen anderen Formaten kann ich an dieser Stelle nicht berichten.
FRAGE JOLKVER: Herr Hebestreit, Herr Burger, bleibt die neue Bundesregierung bei der gleichen Beurteilung des Nord-Stream-2-Projekts wie die alte, das heißt, dass das ein privatwirtschaftliches Projekt mit einer gewissen politischen Komponente ist, oder gibt es eine andere Sichtweise?
Gibt es zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Kanzleramt Unterschiede in der Beurteilung, was die Möglichkeit angeht, dieses Projekt als ein gewisses Druckmittel zu nutzen, um Russland zu einem Gesprächsangebot zu drängen?
STS HEBESTREIT: Ich glaube, die Sichtweise auf die Nord-Stream-2-Pipeline ist hinterlegt, unter anderem im Sondierungspapier der drei regierungsführenden Parteien. Darin ist klar geregelt, dass eine Prüfung nach europäischen energierechtlichen Kriterien aussteht, und die gilt es abzuwarten.
FRAGE DETJEN: Herr Hebestreit, meine Frage bezieht sich auf Weißrussland und Alexander Lukaschenko. Es ist ja aufgefallen, dass die frühere Regierung von Angela Merkel von Lukaschenko immer nur noch als Herrn Lukaschenko gesprochen hat und damit ja in der diplomatischen Sprache, in der es auf Feinheiten ankommt, etwas zum Ausdruck gebracht hat, nämlich dass man ihm kein legitimiertes Amt zugesteht. Bundeskanzler Scholz hat jetzt vom weißrussischen Regierungschef Lukaschenko gesprochen, gestern in Polen und auch vorhin im Fernsehinterview. Welchen politischen und völkerrechtlichen Status billigt die Bundesregierung Lukaschenko zu? Wäre der Bundeskanzler auch bereit, an den direkten Gesprächsdraht zu Lukaschenko anzuknüpfen?
STS HEBESTREIT: Wenn Sie am Freitag in Frankreich dabei gewesen wären, Herr Detjen, hätten Sie gehört, dass er ihn, glaube ich, einen Machthaber genannt hat. Er hat auch klar gesagt, dass er nicht als Präsident Weißrusslands oder Belarus legitimiert ist. Insofern, glaube ich, ist das jetzt eine Auslegung, die doch sehr fein ziseliert ist. Da gibt es keinen Wechsel, was jetzt die alte oder die neue Regierung angeht. Wir betrachten Herrn Lukaschenko nicht als legitimen Herrscher in Belarus.
ZUSATZFRAGE DETJEN: Sie telefonieren mit ihm, Sie sprechen mit ihm?
STS HEBESTREIT: Sollte es da etwas zu berichten geben, würde ich das zu gegebener Zeit machen. Mir ist davon im Augenblick nichts bekannt.
FRAGE JOLKVER: Herr Hebestreit, eine ganz kurze Frage: Sieht sich der Kanzler in der Tradition der Ostpolitik von Willy Brandt?
STS HEBESTREIT: Ja.
VORS. FELDHOFF: Dann habe ich eine Frage von Herrn Kain an Herrn Alter. Herr Alter, die Innenministerin hat ein konsequentes Vorgehen gegen Gewaltsaufrufe beim Messengerdienst Telegram angekündigt. Welche konkreten Maßnahmen sind diesbezüglich im BMI geplant? Welche rechtlichen, technischen und gesetzlichen Möglichkeiten sieht die Ministerin bei der Kontrolle?
ALTER: Die Bundesinnenministerin hat am vergangenen Wochenende deutlich gemacht, dass sie Bedrohungen und Einschüchterungen für absolut inakzeptabel hält. Dabei spielt es zunächst einmal keine Rolle, wo diese stattfinden. Wir wissen aus den Medienberichten der vergangenen Tage, dass solche Bedrohungen auch über den Messengerdienst Telegram erfolgen. Insofern ist die Linie der Innenministerin damit deutlich gemacht. Es besteht ja in der Bundesregierung Einigkeit darüber, dass gegen Hass, Hetze und Gewalt im Netz konsequent vorgegangen werden muss. Die Bundesinnenministerin hat deutlich gemacht, dass das ein Schwerpunkt ihrer Politik sein wird, die sie jetzt angeht und über die sie mit den Experten reden wird. Sie wird auch innerhalb der Bundesregierung darüber sprechen, was man tun kann, um diesem Phänomen noch stärker als bisher zu begegnen.
FRAGE STEINER: Herr Alter, betrachtet die Bundesinnenministerin Telegram denn als einen Messengerdienst, wie Sie gerade gesagt haben, oder als Plattform im Sinne des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes?
ALTER: Telegram ist ein Dienst, der im Prinzip unterschiedliche Funktionen erfüllt. Es ist ein Messengerdienst in dem Sinne, dass es unter anderem um Individualkommunikation geht, also um Kommunikation zwischen zwei Personen, zwischen wenigen Personen oder zwischen überschaubar vielen Personen. Andererseits bietet Telegram auch öffentliche Kanäle oder Chatgruppen an, in denen sich mehrere Hunderttausend Nutzer eintragen können. Das ist im Prinzip öffentliche Kommunikation. Insofern kann dieser Dienst in unterschiedlicher Hinsicht betrachtet werden.
ZUSATZFRAGE STEINER: Dann muss ich noch einmal nachfragen, an dieser Stelle allerdings beim BMJ, ob es dies genauso sieht.
DR. KRÜGER: Vielen Dank für die Frage. – Ja, ich kann mich dem anschließen. Auch das BMJ vertritt die Rechtsauffassung, dass Telegram als soziales Netzwerk im Sinne des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes gilt.
FRAGE FRIED: Herr Alter, mich würde interessieren, ob die Ministerin die Gefahr sieht, dass sich eine regelrechte Terrorbewegung aus dieser militanten „Querdenker“-Szene entwickelt.
Herr Hebestreit, das ist ja jetzt quasi eine Entwicklung, wie sie von dem einen oder anderen mit Blick auf die Einführung der Impfpflicht befürchtet bzw. vorausgesagt wurde. Sieht der Bundeskanzler da die Notwendigkeit, seine Position noch einmal zu überdenken, um zu deeskalieren?
ALTER: Die Bundesinnenministerin sieht zumindest, dass die Gewaltbereitschaft steigt. Das zeigt sich insbesondere bei den Demonstrationen, die wir Wochenende für Wochenende beobachten. Dort werden Polizisten, Journalisten und auch Menschen, die einfach eine andere Meinung zu dem Thema haben, zum Teil grob angegriffen. Es ist festzustellen, dass viele der sogenannten „Querdenker“ auch radikaler werden.
Die Bundesinnenministerin wird sich am morgigen Tage mit den Chefs ihrer Sicherheitsbehörden treffen, dort noch einmal eine intensive Lageeinschätzung vornehmen und sich informieren lassen. Dann wird man sehen, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind.
STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler hat es ja unter anderem in einem Interview dann noch einmal deutlich differenziert und gesagt: Natürlich kann es auch Kritik am Impfen geben. Natürlich gibt es Sorgen und Ängste, die damit bei Einzelnen verbunden sind. Dafür gibt es Aufklärungskampagnen. Darüber kann man auch mit Ärzten, mit Apothekern oder mit Freundinnen und Freunden sprechen, die sich haben impfen lassen. Das ist völlig berechtigt. Man darf das auch wie jede andere demokratische Entscheidung oder Diskussion kritisieren. Man darf auch demonstrieren, solange man sich an die Vorgaben und Auflagen hält. Das ist völlig in Ordnung. Was nicht in Ordnung ist, was nicht geht und gegen was wir uns sehr wenden, sind Einschüchterungsversuche, sind Fackelzüge vor die Häuser von Politikerinnen und Politikern, ist Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten, wie wir sie am Wochenende gesehen haben. Das sind Dinge, die dann auch eine harte Konsequenz und eine harte Reaktion hervorrufen. Aber das sollte man nicht mit einer Kritik an der Frage in einen Topf werfen, ob man eine Impfpflicht einführt oder nicht. Bundeskanzler Scholz hat in dem Interview auch noch einmal deutlich gemacht, dass er persönlich eine Impfpflicht für richtig hält und auch als Abgeordneter im Deutschen Bundestag, wenn es soweit kommt, dass der Bundestag darüber befindet, dafür stimmen wird.
FRAGE JESSEN: Herr Alter, das Unternehmen Telegram hat seinen Sitz in Dubai. Es hat seit Frühjahr nicht auf Schreiben der Bundesregierung reagiert. Welche Handhabe sieht die Innenministerin denn dafür, ihre Forderungen tatsächlich durchzusetzen?
ALTER: Zum Stand des Verfahrens würde ich gerne an meine Kollegin aus dem BMJ abgeben, weil dort die Federführung liegt.
Um Ihre Frage gleich vorweg zu beantworten: Das ist im Moment zunächst einmal eine Aussage der Ministerin gewesen, die deutlich macht, dass sie dieses Thema in Angriff nehmen wird, dass sie das Thema entsprechend gewichten wird und dass sie darüber Gespräche führen wird. Es ist im Moment nicht so, dass fertige Maßnahmenpläne auf dem Tisch liegen, aber es wird Gespräche dazu geben, wie man da vorgeht.
DR. KRÜGER: Hier kann ich gerne ergänzen. In der Tat führt das Bundesamt für Justiz zwei Bußgeldverfahren gegen den Anbieter Telegram: eines wegen des Fehlens eines unmittelbaren und leicht auffindbaren Meldeweges, ein anderes wegen der Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland. Diese beiden Bußgeldverfahren befinden sich zurzeit im Stadium der Anhörung. Wie Sie richtig gesagt haben, sind Anhörungsschreiben (in diesem Jahr) der VAE-Seite übergeben worden. Das Verfahren läuft, und aus diesem Grunde kann ich Ihnen jetzt auch keine Details mitteilen. Es ist aber aus der Erfahrung heraus zu berichten, dass Rechtshilfeverfahren mit den Vereinigten Arabischen Emirate durchaus auch etwas länger dauern können. Insofern warten wir die Reaktion ab.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Ist das jetzt das Prinzip Hoffnung, dass über die Länge der Zeit dann doch noch was kommt? Oder können Sie uns sagen, welche konkreten Handhabungen es gibt, um eine Äußerung zu erzwingen oder Sanktionen durchzusetzen?
DR. KRÜGER: Ich möchte hier über weitere Schritte jetzt nicht spekulieren. Wie gesagt befinden sich diese Verfahren im Stadium der Anhörung. Details kann ich aus laufenden Verfahren wie üblich nicht berichten. Aber wie Herr Alter gerade schon gesagt hat, werden zügig auch innerhalb der Bundesregierung Gespräche dazu stattfinden, welche weiteren möglichen Maßnahmen wie Klarstellungen oder gegebenenfalls auch gesetzgeberischer Handlungsbedarf erforderlich sind, um diesem Problem zu begegnen.
Ich möchte auch darauf hinweisen auch dazu hatte sich Minister Buschmann schon am Wochenende geäußert , dass auf europäischer Ebene zurzeit der Digital Services Act verhandelt wird, der auch diesbezüglich Regelungen mit sich bringen wird. Denn wir sind uns, denke ich, alle einig, dass wir hier einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen brauchen, um diesem internationalen Phänomen zu begegnen.
FRAGE BUSCH: Eine kurze Frage zu dem Rechtshilfeverfahren: Können Sie sagen, worum es da genau geht? Ist es so, dass Telegram für die deutschen Behörden quasi gar nicht erreichbar ist und Sie gar nicht wissen, ob diese Schreiben überhaupt zugestellt wurden?
DR. KRÜGER: Es ist ein ganz üblicher Weg, solche Ersuchen im Wege der Rechtshilfe über das Auswärtige Amt vielleicht möchte der Kollege dazu gleich noch ergänzen , über die deutsche Botschaft in den VAE an das dortige Außenministerium zu übergeben. Dort wird es die weiteren Wege der beteiligten Behörden gehen. Es ist also der übliche Weg, dass die deutsche Behörde nicht direkt auf ein im Ausland ansässiges Unternehmen zugeht, sondern dass diese Zustellungen im Wege der Rechtshilfe erfolgen.
BURGER: Ich habe dazu nichts zu ergänzen.
FRAGE STEINER: Noch einmal ganz zum DSA, wenn Sie es schon ansprechen: In der Ratsposition gibt es eben keine Regulierung für Over-the-top-Messenger wie zum Beispiel eben Telegram. Die Definition der Plattform scheint auch nicht annähernd Telegram mit zu erfassen. Insofern ist es interessant, dass das BMJ, wenn es diese Ratsposition mitverhandelt hat, uns jetzt diesen Vortrag macht. Welche konkreten Möglichkeiten sehen Sie denn?
Als Nachfrage zu dem, was der Kollege eben gefragt hat: Gab es denn tatsächlich eine förmliche Zustellung oder war es quasi eine öffentliche Bekanntmachung?
DR. KRÜGER: Zum ersten Teil Ihrer Frage: Der DSA wird, wie Sie wissen, noch verhandelt und wir gehen im nächsten Jahr in den Trilog. Insofern kann ich hier natürlich über das Endergebnis nicht spekulieren und nicht sprechen. Die allgemeine Ausrichtung enthält auch eine Pflicht zur vorübergehenden Sperrung von Accounts bei Missbrauch das nur als Beispiel dafür, dass hier durchaus auch Regulierung mitgedacht wird.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Ich kann jetzt, wie gesagt, keine Details aus diesen Rechtshilfeersuchen bzw. aus diesen Verfahren berichten. Wir haben derzeit keine Erkenntnisse, dass die Anhörungsschreiben bereits zugestellt wurden. Jedoch möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Erfahrung mit Rechtshilfeverfahren mit den Vereinigten Arabischen Emirate durchaus gezeigt hat, dass es länger dauern kann.
FRAGE FISCHER: Auch noch einmal an das Justizministerium zu weiteren Maßnahmen: Wäre es theoretisch auch denkbar, Apple und Google aufzufordern, die App nicht mehr anzubieten? Oder ist das eher unrealistisch?
DR. KRÜGER: Das ist jetzt keine Frage für das Justizministerium; dazu kann ich Ihnen jetzt nichts mitteilen. Wie gesagt, wir werden insgesamt innerhalb der Bundesregierung darüber sprechen, wie mit diesen Phänomenen weiter umgegangen werden soll. Wir werden uns alle dafür einsetzen das ist hier ein klares, erklärtes Ziel und auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben , dass wir uns mit allen Mitteln und Möglichkeiten gegen Hass und Hetze im Netz wenden werden.
FRAGE KOCH: Wie lange ist es denn genau her, dass sich die Bundesregierung mit den Schreiben, die Sie gerade nannten, an Telegram gewandt hat?
DR. KRÜGER: Im Mai dieses Jahres wurden diese Schreiben per Verbalnote der deutschen Botschaft an das Außenministerium der VAE übergeben.
ZUSATZFRAGE KOCH: Wie lange ist es her, dass die Bundesregierung oder die zuständige Behörde sich an das Unternehmen Telegram in Dubai gewandt hat, was ja diesem Verfahren vorausgegangen sein muss? Seit welcher Zeit haben Sie also keine Antwort erhalten?
DR. KRÜGER: Nein, die Bundesregierung wendet sich ja nicht direkt an das Unternehmen, sondern das läuft im Wege dieser Anhörungsschreiben, die als Rechtshilfeersuchen an die VAE-Seite übergeben werden mit der Bitte, ebendiese Anhörungsschreiben dem Unternehmen zuzustellen. Insofern sind wir als Bundesregierung oder als BMJ nicht direkt auf das Unternehmen zugegangen.
ZUSATZFRAGE KOCH: Wie lange dauert es denn erfahrungsgemäß, bis die Vereinigten Arabischen Emirate sich melden?
DR. KRÜGER: Da möchte ich jetzt auch keinen Durchschnittswert angeben. Wie gesagt, die Verfahren können durchaus länger dauern.
FRAGE WIEGOLD: Wenn ich das richtig sehe, hat das Kabinett mindestens zwei Personalentscheidungen getroffen, nämlich die Personalien Hebestreit und Büchner, die als Regierungssprecher bestätigt wurden. Da würde mir noch ein dritter Name fehlen, denn die Koalition umfasst ja drei Parteien.
STS HEBESTREIT: Jetzt muss ich natürlich aufpassen, weil die Bundesregierung grundsätzlich zu Personalien von dieser Stelle aus, glaube ich, keine Stellung nimmt. Jetzt mache ich einmal eine Ausnahme: Da wir hier ja eine besondere Situation haben, kann ich bestätigen, dass das Kabinett sowohl meine Personalie als auch die Personalie Büchner heute bestätigt hat. Einen dritten Kandidaten, eine dritte Kandidatin, bzw. einen zweiten Stellvertreter, eine zweite Stellvertreterin, ist mir im Augenblick noch nicht bekannt. Da befindet man sich sozusagen noch in der Suche. Ich kann aber versichern, dass das auch zu einem guten Ende kommen wird und wir uns diesen Platz hier demnächst zu dritt teilen können.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Die wird hier dann öffentlich bekannt gegeben, auch wenn das Kabinett seine Personalentscheidungen sonst nicht bekannt macht?
STS HEBESTREIT: Wir haben auch die anderen beiden Personalien erst bestätigt, nachdem sie in Amt und Würden waren, und so würden wir es auch bei der dritten Person halten. Ich wollte nur klarstellen, dass es auch eine dritte Person geben wird nicht, dass Sie jetzt denken, dass Sie hier künftig nur von Wolfgang Büchner und mir bespielt werden, weil die heute nicht im Kabinett war.
FRAGE JOACHIM: Ich habe eine Frage zu der Sicherheitslücke, die in der Java-Software entdeckt worden ist: Wie schätzt die Bundesregierung speziell wahrscheinlich das Innenministerium, aber auch das Ministerium für Digitales und Verkehr kann dazu gern Stellung nehmen die Gefahrenlage konkret ein? Gab es da schon erfolgreiche Angriffsversuche? Sind davon zum Beispiel auch staatliche Stellen der Bundestag etc. oder auch kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Kraftwerke betroffen?
ALTER: Ja, es gibt eine kritische Schwachstelle in der weit verbreiteten Java-Bibliothek Log4j, die nach Einschätzung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik zu einer extrem kritischen Bedrohungslage führt. Eine erfolgreiche Ausnutzung dieser Schwachstelle würde dazu führen, dass man das jeweils betroffene System vollständig übernehmen könnte. Das BSI hat eine Cybersicherheitswarnung herausgegeben und die Warnstufe am vergangenen Wochenende auf Rot hochgesetzt. Dem BSI sind mittlerweile weltweite Massenscans und Kompromittierungsversuche bekannt geworden, und auch erfolgreiche Kompromittierungen haben bereits stattgefunden bzw. wurden öffentlich gemeldet.
Die IT-Bedrohungslage ist extrem kritisch. Es sind sofortige Schutzmaßnahmen notwendig. Das ergibt sich daraus, dass das betroffene Produkt sehr weit verbreitet ist und andererseits mit sehr einfachen Mitteln ausgenutzt werden kann. Das BSI hat die jeweils betroffenen Stellen kontaktiert und auch Fachanwendungen zur genaueren Analyse abgeschaltet. Wichtig ist, dass mit den Sicherheitsmaßnahmen, die das BSI empfiehlt, der erforderliche Schutz wiederhergestellt werden kann. Das heißt praktisch, dass die vorhandenen Sicherheitsupdates jetzt sehr schnell installiert werden müssen. Das BSI hat das nationale IT-Krisenreaktionszentrum aktiviert, das Nationale Cyber-Abwehrzentrum befasst sich mit dem Thema und es wird fortlaufend Sicherheitswarnungen und Aktualisierungen geben. Es wird jetzt in zeitlicher Nähe auch Informationen geben, die für Verbraucher sehr leicht zu verstehen sind und nicht nur für Fachexperten. Das ist die derzeitige Einschätzung der Lage.
ZUSATZFRAGE JOACHIM: Und was ist mit konkreten Angriffen auf staatliche Stellen oder kritische Infrastruktur?
ALTER: In Deutschland sind solche erfolgreichen Angriffe bisher nicht bekannt.
VORS. FELDHOFF: Gibt es eine Ergänzung des Ministeriums für Digitales?
NIEKE: Mein Namensschild ist noch nicht ganz korrekt, aber ich spreche gerne auch für diesen Bereich mit. Mein Kollege hat zu all dem ja schon ausgeführt, aber ich kann an dieser Stelle vielleicht nur am Rande zum Thema Deutsche Bahn ergänzen. Auch die Deutsche Bahn ist an diesem Thema natürlich dran, und da sind natürlich auch schon Kontakte seitens der IT-Notfallmanager aus dem Geschäftsbereich auch mit dem BSI hergestellt worden. Da läuft also auch schon der Austausch. Die Systeme werden natürlich überprüft, und gegebenenfalls werden, sollte es dazu kommen, noch Sicherheitsupdates eingespielt. Aktuell ist es so, dass uns keinerlei Auswirkungen bekannt sind. Sollte sich dies ändern, dann würden wir natürlich darüber informieren.
FRAGE DR. RINKE: Herr Alter, Bundesbehörden sind also nicht betroffen, habe ich Sie da richtig verstanden?
Noch einmal eine präzise Nachfrage zu KRITIS-Unternehmen: Haben Sie irgendwelche Informationen, dass die betroffen sind? Denn wenn eine Warnstufe Rot ausgesprochen wird, dann würde man ja vermuten auch angesichts der Wortwahl, die Sie genutzt haben , dass es schon Fälle in Deutschland gibt.
ALTER: Nein, wir haben im Moment keine Informationen darüber, dass in Deutschland erfolgreiche Angriffsversuche auf Bundesbehörden oder kritische Infrastrukturen erfolgt sind. Nichtsdestotrotz ist es die Aufgabe des BSI, über die Bedrohungslage zu informieren. Ich wiederhole es gern: Das betroffene Produkt ist sehr weit verbreitet und kann sehr einfach ausgenutzt werden. Daraus ergibt sich diese sehr kritische Lage. Das ist eine Einschätzung, die zunächst einmal unabhängig davon gilt, ob es inzwischen einen erfolgreichen Angriffsversuch gab.
FRAGE WIEGOLD: Herr Alter, das Bundesarchiv hat heute Vormittag mitgeteilt, dass die Recherchesoftwareanwendung vorsorglich vorübergehend vom Netz genommen wurde. Haben Sie einen groben Überblick, wie viele Bundesbehörden oder welcher Anteil zwar keine erfolgreichen Angriffsversuche verzeichnet hatte, aber eben vorsorglich Aktivitäten, Zugänglichkeiten herunterfahren musste, um diesen Versuchen zu begegnen?
ALTER: Das BSI geht im Moment davon aus, dass in der Bundesverwaltung die Betroffenheit im einstelligen Bereich liegt. Wie ich gerade sagte, werden in solchen Fällen diejenigen Systeme, die betroffen sein könnten, also bei denen diese Schwachstelle vorliegt und die per Sicherheitsupdate gepatcht werden müssen, in der Regel vom Netz genommen, dann wird die entsprechende Sicherung vorgenommen und dann werden sie wieder hochgefahren. Das ist das übliche Verfahren.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Eine kurze Verständnisfrage: Der einstellige Bereich heißt jetzt was gefährdet oder betroffen oder vorsorglich abgeschaltet? Das habe ich nicht verstanden.
ALTER: Es gibt in der Bundesverwaltung im einstelligen Bereich Behörden, bei denen diese Schwachstelle vorliegt, die also jedenfalls theoretisch angegriffen werden könnten, auch wenn bisher noch kein erfolgreicher Angriffsversuch bekannt ist. Wie ich gerade aber schon sagte: Die Software, die betroffen ist, also die Java-Bibliothek, ist so weit verbreitet, dass es viele Stellen trifft, unter anderem auch im einstelligen Bereich die Bundesverwaltung.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Das ist jetzt ein bisschen unklar. Wir reden über eine extrem verbreitete Software, die eigentlich mehr oder weniger überall auftaucht, aber für die Bundesverwaltung ist es sozusagen ein Minimalproblem, weil nur im einstelligen Bereich? Das bekomme ich jetzt nicht übereinander.
ALTER: Aber das ist der aktuelle Stand des BSI, den ich hier wiedergeben kann. Das sind ja unsere Experten für diese Thematik. Ich kann jetzt nicht ganz erklären, ob sozusagen eine Betroffenheit allein durch die Tatsache entsteht, dass diese Java-Bibliothek vorhanden ist, oder ob es sozusagen zusätzliche Parameter gibt, die eine Betroffenheit in dem Sinne auslösen. Das können Sie aber gern auch noch einmal bei der Pressestelle des BSI erfragen. Die Information, die ich Ihnen hier bekanntgeben kann, ist die, dass dem BSI derzeit Erkenntnisse zu einer einstelligen Anzahl von Betroffenheiten innerhalb der Bundesverwaltung vorliegen.
FRAGE JORDANS: Herr Alter, können Sie uns sagen, wann und von wem die Bundesregierung bzw. die Sicherheitsbehörden von diesem Problem erfahren haben? Denn ich habe gelesen, dass dieses Problem zum ersten Mal vor etwa einem Monat den Behörden in den USA mitgeteilt wurde und die recht zögerlich reagiert haben, wenn überhaupt.
ALTER: Darüber liegen mir keine konkreten Informationen vor. Ich kann aber bestätigen, dass das BSI mit zahlreichen nationalen und internationalen Partnern in engem Austausch steht. Dieses Thema betrifft, wie ich schon sagte, Stellen weltweit, und da tauscht man sich auch regelmäßig und intensiv aus. Ich weiß aber jetzt an dieser Stelle nicht, wann und durch wen die Information bekannt geworden ist; das müsste ich schriftlich nachreichen.
FRAGE JESSEN: Zu einem nicht vorgetragenen, aber vielleicht behandelten Thema: Herr Hebestreit, war die Causa Julian Assange Gesprächsgegenstand im Kabinett? Mit Stand vom Freitag soll er ja wohl an die US-Justiz ausgeliefert werden.
STS HEBESTREIT: Nein, diese Frage ist heute im Kabinett nicht angesprochen worden.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Können Sie uns die Position des Kanzlers dazu mitteilen?
STS HEBESTREIT: Ich kann Ihnen dazu mitteilen, dass das jetzt ja erst einmal eine Entscheidung der britischen Gerichtsbarkeit gewesen ist, die den Fall zurück an die untere Instanz verwiesen hat. Ansonsten haben wir keinerlei Zweifel daran, dass alles rechtsstaatlich ordentlich in Großbritannien abläuft, und deshalb glauben wir da auch an die Gerichtsbarkeit.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Herr Burger, fast auf den Tag genau vor drei Monaten hat Frau Baerbock unter Berufung auch auf einen Appell des UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer und eine Resolution des Europarates die sofortige Freilassung von Julian Assange gefordert. Gilt diese Position auch für die Außenministerin Baerbock?
BURGER: Ich kann Ihnen dazu sagen, dass Außenministerin Baerbock über dieses Thema am Rande des G7-Außenministertreffens auch mit ihrer britischen Amtskollegin gesprochen hat. Wir sehen, dass es international große Anteilnahme an dem Fall gibt, gerade auch mit Blick auf die Gesundheit von Julian Assange. Aber grundsätzlich gilt für die Bundesregierung, so wie es der Regierungssprecher eben gesagt hat, dass in einem Rechtsstaat die Entscheidungen unabhängiger Gerichte zu achten sind, egal ob man diese im Einzelfall persönlich für richtig oder für falsch hält. Die britische Rechtsordnung selbst auch darauf hat Herr Hebestreit hingewiesen bietet hier auch weitere Möglichkeiten zum Rechtsschutz bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Insofern kann ich in der Sache die Entscheidungen jetzt nicht weiter kommentieren. Wie gesagt, das ist ein Thema, das uns beschäftigt, und das auch die Außenministerin persönlich
ZUSATZFRAGE JESSEN: Können Sie uns sagen, ob Frau Baerbock nach wie vor die sofortige Freilassung von Julian Assange fordert, auch vor dem Hintergrund, dass er offenbar kürzlich einen Herzinfarkt in der Haft erlitten hat?
BURGER: Genau darauf habe ich gerade geantwortet.
FRAGE WARWEG: Frau Baerbock hat ja immer wieder auf ihre wertebasierte Außenpolitik insistiert. Jetzt ist Assange ein Journalist, der eklatante US-Kriegsverbrechen an die Öffentlichkeit gebracht hat. Deswegen noch einmal zum Verständnis: Inwieweit wird sich Frau Baerbock auch angesichts ihrer neuen Consigna der wertebasierten Außenpolitik in diesem Sinne mit den britischen und auch US-amerikanischen Partnern in der Causa Assange austauschen?
BURGER: Zu dem, was die Außenministerin dazu bisher getan hat, habe ich gerade Auskunft gegeben. Für die Zukunft möchte ich dem jetzt nicht vorgreifen.
FRAGE FISCHER: Herr Hebestreit, morgen tagt ja der Coronaexpertenrat zum ersten Mal. Vielleicht können Sie kurz sagen, wann er tagt, welche Experten ihm angehören und wie morgen die Öffentlichkeit darüber informiert wird. Gibt es da eine Pressemitteilung oder eine Pressekonferenz?
STS HEBESTREIT: Das ist einer dieser Faktoren, bei denen ich mich jetzt darauf berufen muss, dass ich das gern nachreiche. Ich weiß, dass er tagt. Ich weiß aber nicht, ob er physisch tagt oder man sich virtuell in einer Konferenz zusammenschaltet. Das muss ich nachtragen. Das ist mir bisher durchgerutscht.
KAUTZ: Herr Hebestreit, er wird virtuell morgen Mittag tagen. Die Namen, die kursierten, haben wir schon am Wochenende bestätigt. Insofern ist die Zusammensetzung auch klar. Der Minister hat ausgedrückt, dass ihm die wissenschaftliche Basierung von Politik in dieser Pandemie sehr wichtig ist und der Expertenbeirat dafür Ausdruck ist.
FRAGE: Ich würde gern noch einmal zum Expertengremium fragen. Der Bundeskanzler hat ja gesagt, dort soll eine gewisse Form von Konsens formuliert werden. Wird es da etwas Schriftliches geben? Wie werden dann quasi das Bundesgesundheitsministerium oder der Bundeskanzler über die Ergebnisse informiert?
STS HEBESTREIT: Erst einmal geht es, glaube ich, morgen um eine Auftaktsitzung, in der sich die Kolleginnen und Kollegen kennenlernen die meisten kennen sich ja und auch eine Arbeitsstruktur finden werden. Dann so hat es der Bundeskanzler ausgedrückt möchte man auch, dass da die aktuelle Forschung diskutiert wird, sodass man zu möglichst einhelligen Empfehlungen für die Politik kommen kann.
Wir haben immer wieder die Situation, dass viele verschiedene Meinungen über den Umgang mit dieser Coronapandemie im öffentlichen Raum sind. Die Hoffnung ist ein wenig, dass man das konsolidieren kann. Ob das in jedem Fall gelingen wird, da muss man abwarten. Aber es ist erst einmal ein Bestreben vorhanden, sich untereinander auszutauschen die Wissenschaftler, der Bundesgesundheitsminister und andere und zu möglichst einhelligen Empfehlungen zu kommen.
FRAGE JORDANS: Werden die Protokolle der Sitzungen des Expertenrats veröffentlicht?
STS HEBESTREIT: Das weiß ich nicht. Das halte ich nicht für sehr wahrscheinlich. Aber das klären wir.
ZUSATZFRAGE JORDANS: Das wäre ja im Sinne der Transparenz.
STS HEBESTREIT: Ich kann zumindest Ihr Interesse verstehen.
FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an das Gesundheitsministerium zum Thema Impfstoff für Kinder. Die Länder haben ja jetzt sehr unterschiedliche Zeitpunkte angekündigt, wann denn die Impfungen für Kinder losgehen. Vielleicht können Sie uns noch einmal einen Überblick darüber geben, welche Mengen den Ländern überhaupt zur Verfügung stehen und wann sie geliefert werden – speziell jetzt der Impfstoff für Kinder.
KAUTZ: Die Impfstoffkampagne für Kinder startet heute. Ab heute wird der Kinderimpfstoff ausgeliefert, in dieser Woche insgesamt 2,4 Millionen Impfstoffdosen. Angesichts der Zahl von Kindern in der Alterskategorie von 5 bis 12 Jahren das sind 4,4 Millionen denken wir, dass das im ersten Zug ausreichend sein wird. Anfang des kommenden Jahres kommen weitere Impfstoffdosen dazu.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Hätten Sie sich gewünscht oder würden Sie sich wünschen, dass die Bundesländer ein einheitliches Vorgehen verabreden? Dazu wäre morgen bei der Gesundheitsministerkonferenz Gelegenheit.
KAUTZ: Sicherlich ist das Thema Kinderimpfung morgen auch Gegenstand der Gesundheitsministerkonferenz. Dem kann ich natürlich nicht vorgreifen.
FRAGE: Auch noch an Herrn Kautz: Es besteht ein bisschen Unklarheit, auf welches Datum sich eigentlich die geplanten 30 Millionen Impfungen bis Jahresende beziehen. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, bezog das der Kanzler auf eine Ministerpräsidentenkonferenz irgendwann Mitte November. Da stellt sich die Frage: Wie weit sind wir eigentlich Stand heute in der Erreichung des Ziels?
KAUTZ: Das ist in der Tat richtig. Das ist die MPK vom 18. November. Seitdem gibt es 18,1 Millionen Impfungen. Wir sind schon relativ weit. In der letzten Woche haben wir 6,4 Millionen Impfungen verzeichnet. Das war ein neuer Rekord, ein erfreulicher Rekord. Im System selber sind 16 Millionen mRNA-Dosen, Boosterdosen, noch nicht verimpft oder noch nicht gemeldet. Es kommen in dieser Woche weitere 8 Millionen BioNTech-Dosen und 10 Millionen Boosterdosen von Moderna dazu.
Das heißt, dieses Ziel von 30 Millionen Impfungen ist bis Jahresende zu erreichen, wenn der Impfstoff, der unterwegs ist, der schon an den Impfstellen ist, auch verimpft wird.
FRAGE FRIED: Ich würde gern direkt daran anschließen. Herr Hebestreit, der Bundeskanzler hat in der Pressekonferenz der MPK diesen Beginn des 30 Millionen-Impfungszeitraums folgendermaßen definiert wörtliches Zitat“:
„damit wir das ehrgeizige Ziel erreichen, beginnend von dem Zeitpunkt an, zu dem die Impfung aller Erwachsenen möglich gewesen ist, tatsächlich auch 30 Millionen Impfungen zu erreichen“
Können Sie mir bitte erklären, was damit gemeint ist und wie sich das mit dem 18. November deckt?
STS HEBESTREIT: Ich wüsste jetzt nicht, ob es klug ist, da eine Differenzierung vorzunehmen. Wichtig ist: In der letzten Ministerpräsidentenkonferenz, in der Bundeskanzler Scholz gemeinsam mit der jetzt muss man sagen früheren Bundeskanzlerin war, ist klar als Stichtag für den Beginn dieser Boostergeschichte der 18. November genannt worden. Ich müsste jetzt mutmaßen, worauf er sich bezieht, weil wir diesen Punkt nicht explizit miteinander besprochen haben. Wichtig ist und das ist das Ziel , dass man bis Weihnachten bis zu so ist, glaube ich, die Formulierung 30 Millionen Impfungen hinbekommt. Wir sind da auf einem sehr guten Weg, wie es gerade auch Herr Kautz für das BMG noch einmal deutlich gemacht hat.
Darum geht es, dass sich jetzt möglichst viele Bürgerinnen und Bürger boostern lassen. Das ist der Weg nicht nur aus dieser vierten Welle, sondern wenn man noch erste wissenschaftliche Erkenntnisse aus Großbritannien jetzt hinzuzieht, ist das auch ein guter Weg, um gegen die neue noch aggressivere Variante geschützt zu sein. Das muss unser Bestreben sein, dass wir möglichst schnell möglichst viele Auffrischungsimpfungen hinbekommen. Da sind wir im Augenblick auf einem sehr ordentlichen Weg. Die hohen Impfzahlen der letzten Tage haben das gezeigt. Darin werden wir auch nicht nachlassen. Ob der Stichtag jetzt ab dem 18., 19. oder 20. November gerechnet wird, kann ich Ihnen schwer sagen.
ZUSATZFRAGE FRIED: Da hätte ich noch einmal eine Nachfrage. Sie sprachen von der letzten MPK mit der Bundeskanzlerin. Diese war ja meines Wissens am 30. November oder am 1. Dezember. In den Beschlüssen ist dieses Ziel zwar noch einmal genannt worden, aber nicht mit Rückgriff auf den 18. November. Ich glaube, dadurch entsteht eine gewisse Konfusion.
Zum anderen: Herr Kautz sprach gerade vom Ende des Jahres, Sie sagten „bis Weihnachten“. Was gilt denn nun? Das kann ja einen Unterschied von bis zu 5 Millionen Dosen ausmachen.
STS HEBESTREIT: Am Ende ist es, glaube ich, unerheblich, ob wir das bis Weihnachten oder bis Silvester schaffen. „The sooner the better“, je schneller, desto besser.
Die Bundeskanzlerin a. D. hat an diesem 30. November den Stichtag 18. November genannt. Das war mein Hinweis darauf, dass sie sagte: Ab 18. November geht es los. Ich glaube, der jetzige, damals noch designierte, Bundeskanzler hatte sich dazu nicht eingelassen. Ich meine mich allerdings zu erinnern, dass er von bis zu 30 Millionen Impfdosen bis Weihnachten gesprochen hat. Zuletzt waren wir einfach für den Stichtag, dass wir also sagen, wenn wir es bis Silvester schaffen, dann ist das auch in Ordnung.
FRAGE FISCHER: Herr Hebestreit, es gab ja bei der alten Regierung in unregelmäßigen Abständen Sitzungen des sogenannten Coronakabinetts. Wird es sie in der neuen Regierung weiterhin geben?
STS HEBESTREIT: Dazu habe ich im Augenblick keine Informationen. Sobald ich dazu etwas weiß, liefere ich das nach.
Allerdings muss man sagen: Im Augenblick hat ja diese Bundesregierung das Thema Corona mit höchster Priorität genannt und hat auch heute in der Kabinettssitzung intensiv darüber gesprochen, ohne dass ich hier Inhalte wiedergeben kann. Insofern habe ich im Augenblick nicht den Eindruck, dass man gerade ein gesondertes Coronakabinett braucht. Aber auch das wird sich in den nächsten Tagen und Wochen weisen müssen.
FRAGE JESSEN: Herr Kautz, wird Minister Lauterbach die Tradition der regelmäßigen, manchmal fast wöchentlichen Auftritte hier zusammen mit dem RKI-Chef und möglicherweise anderen Experten fortsetzen?
KAUTZ: Herr Jessen, ich kann Ihnen noch kein konkretes Datum nennen. Aber gehen Sie einmal davon aus, dass der neue Bundesgesundheitsminister auch zusammen mit dem RKI-Chef die Öffentlichkeit informieren wird.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Auch hier?
VORS. FELDHOFF: Herr Jessen, wir sind darüber mit dem Bundesgesundheitsminister im Gespräch, wie man so schön sagt, und hoffen auf ein gutes Ergebnis, wenn ich das so sagen darf.
KAUTZ: Wenn, dann wären wir ja nur Gast.
FRAGE WIEGOLD: Eigentlich eher eine technische Frage: Der Krisenstab arbeitet ja schon einige Tage. Aber ist er formal jetzt mit dem neuen Kabinett quasi bestätigt und damit formal abgesegnet oder war das alles gar nicht nötig, weil er schon existierte?
STS HEBESTREIT: Ich weiß auf jeden Fall, dass er sich in dieser Woche treffen wird. Insofern gab es bei der Ministerpräsidentenkonferenz vergangenen Donnerstag dazu eine Einlassung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, die jeweils Vertreter aus ihren Ländern dorthin entsenden werden. Insofern ist davon auszugehen, dass er bereits in Arbeit ist und die erste Sitzung, in der alles Weitere geklärt wird, Ende dieser Woche meine ich stattfindet.
FRAGE WARWEG: Am 16. Dezember ist der offizielle Sendestart des TV-Nachrichtensenders RT auf Deutsch. Mich würde interessieren: Begrüßt der Bundeskanzler diese Erweiterung im News-Geschäft hier in der Bundesrepublik?
STS HEBESTREIT: Da ich noch keine Gelegenheit hatte, mit ihm darüber zu sprechen, kann ich Ihnen darüber keine Auskunft geben.
FRAGE JENNEN: Eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Der Minister hat sich häufig zum Thema Inflation geäußert und hat gesagt, dass man da eventuell etwas machen muss. Heute findet ein G7-Call statt. Hat der Minister das Thema dort angesprochen? Können Sie vielleicht sagen, in welche Richtung man da auch auf internationaler Ebene eventuell etwas machen könnte?
NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Zum jetzigen Stand habe ich den Worten des Ministers zu diesem Komplex nichts hinzuzufügen.
Ich kann aber bei der Gelegenheit vielleicht zu einer eingangs gestellten Frage zum Nachtragshaushalt etwas nachreichen. Mir wurde wiederholt bestätigt: Sowohl der O-Ton des Ministers als auch die Pressekonferenz sind auf unserer Internetseite abrufbar. Darauf würde ich dann hier noch einmal verweisen. Wie üblich kommentieren wir einzelne Gerichtsurteile nicht. Das wollte ich hier noch kurz nachreichen. – Vielen Dank.
FRAGE WEFERS: Ich hatte schon beim Ministerium angerufen und hatte, bevor die Pressekonferenz hier anfing, gesagt, dass es nicht geht.
Vielleicht können Sie auch noch etwas zum Zeitplan nachreichen und sagen, wie der Verlauf sein wird.
STS HEBESTREIT: Da weiß ich mehr. Die korrekte Antwort wäre: Das befindet sich ja im parlamentarischen Raum, und wir sprechen für die Regierung.
Das Zweite ist, dass im Moment, wie wir erfahren haben, geplant ist, dass man hofft, bis Ende Januar mit dem Haushalt durch zu sein. Das ist aber, wie gesagt, nur Hörensagen.
FRAGE: Eine Frage zur Medienstrategie: Werden Sie in Zukunft für Herrn Scholz twittern, oder wer wird das alles tun? Zum Beispiel hat ja die Altbundeskanzlerin ihren Podcast veröffentlicht. Wird Herr Scholz das weiter verfolgen oder gibt es eine neue Medienstrategie?
STS HEBESTREIT: Im Augenblick sind wir genau in der Phase, in der wir uns diese Fragen, die Sie mir gerade gestellt haben, auch fragen. Sobald ich mehr weiß, kriegen Sie auch die Antworten. Im Augenblick ist es etwas früh dafür. Wir versuchen im Augenblick, viele Pressekonferenzen zu machen, ein paar Auslandsreisen, am Mittwoch eine Regierungserklärung und heute die erste Regierungspressekonferenz. So fügt sich das eine zum anderen.
FRAGE FISCHER: Herr Hebestreit, der Bundespräsident hat ja schon angekündigt, dass er nicht zu den Olympischen Spielen nach China reisen wird und das auch nie vorhatte. Mich würde unabhängig von der Grundsatzfrage eines diplomatischen Boykotts der Spiele interessieren, ob der Bundeskanzler für sich schon entschieden hat, möglicherweise nicht zu reisen. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist die Bundeskanzlerin in 16 Jahren nicht einmal zu Olympischen Spielen gereist.
An Sie, Herr Burger, auch die Frage, ob die Außenministerin schon entschieden hat, ob sie reisen wird oder nicht.
STS HEBESTREIT: Jetzt mache ich das wieder mit dem Grundsätzlichen und dem Besonderen: Grundsätzlich werden wir über Reisen dann sprechen, wenn wir sie ankündigen können. In dem besonderen Fall kenne ich keinerlei Planung, dass er bislang geplant hätte, zu den Olympischen Spielen nach Peking zu reisen.
BURGER: Zu dem ganzen Themenkomplex hat sich die Ministerin gestern Abend geäußert. Ich will noch einmal ausdrücklich in Ihrem Namen sagen: Olympia sollte ein Fest des Sports sein. Die Athletinnen und Athleten haben dafür jahrelang trainiert, und Politik sollte für sie keine Hindernisse schaffen.
Zu der Frage im Speziellen kann ich mich dem, was Herr Hebestreit gesagt hat, nur anschließen. Sie wissen das hat sowohl der Bundeskanzler als auch die Ministerin gesagt , dass wir über die Frage von möglichen Besuchen dort im Moment mit unseren europäischen Partnern im Gespräch sind und uns bemühen, dabei möglichst abgestimmt zu handeln.
FRAGE DR. RINKE: Frau Baron, es geht um die Eigentümerstruktur bei Daimler, weil sich heute herausgestellt hat, dass der chinesische Konzern BAIC fast 10 Prozent an dem Unternehmen hält. Das war vorher nicht bekannt gewesen. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob Sie darin ein Problem sehen, dass offenbar Aktien durch chinesische Unternehmen gekauft und dann weitergegeben wurden, ohne dass das hier registriert wurde. Wird das irgendwelche Konsequenzen für die Regeln über den Einstieg ausländischer Konzerne haben?
DR. BARON: Vielen Dank. Ich kann das von dieser Stelle aus nicht kommentieren. Wenn Sie fragen, wie die Aktienkäufe nach aktienrechtlichen Vorschriften gemeldet wurden oder nicht gemeldet wurden, dann sind dafür die relevanten Behörden zuständig. Ich kann das von dieser Stelle aus nicht kommentieren.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sehen Sie angesichts diese Falls eine Notwendigkeit, dass man die Schwellen, bei der sie meldepflichtig werden, auf unter 10 Prozent absenkt?
DR. BARON: Aktuell kann ich darüber nicht berichten.
Wenn ich die Gelegenheit nutzen kann, hätte ich noch eine Nachreichung zur Frage von Herrn Jordans, was die Wallboxen in Bezug auf die E-Autos angeht: Das war eine Förderung, die bislang über die KfW abgewickelt wurde, aber im Verkehrsministerium lag. Deshalb lag ich an dieser Stelle falsch. Ich dachte, KfW liegt bei uns. Das war es an dieser Stelle nicht. Insofern müsste ich hier an die Kollegen verweisen.