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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 15. Juli 2022

Themen: Reise des Bundesgesundheitsministers in die USA, COVID-19-Pandemie, Reform der gesetzlichen Krankenversicherung, Termine des Bundeskanzlers (Petersberger Klimadialog, Empfang des ägyptischen Präsidenten), Stabilisierungsmaßnahmen für UNIPER, Energieversorgungssicherheit, russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine, Neuberechnung des Hartz-IV-Satzes/Bürgergeld, Personalwechsel von Blauhelmsoldaten im Rahmen von MINUSMA in Mali, Nahostreise des US-Präsidenten, angekündigter Rücktritt von Mario Draghi vom Amt des italienischen Ministerpräsidenten, Vorschlag zur Einführung eines 69-Euro-Tickets für den ÖPNV, geplante Lkw-Blockabfertigung in Österreich, inflationsindexierte Anleihen des Bundes, Begegnung des Bundeskanzlers mit dem Vorsitzenden der britischen Labour Party, Partnerland der Hannover Messe für 2024, Empfang des Sultans von Oman durch den Bundeskanzler, Kürzung der Bundesförderung im Wissenschaftsbereich

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 15. Juli 2022:

VORS. SZENT-IVÁNYI eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS BÜCHNER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

GÜLDE: Ich darf eine Reiseankündigung machen: Herr Minister Lauterbach wird am kommenden Dienstag zu einer sechstägigen Reise in die USA aufbrechen. Hierbei geht es im Wesentlichen um einen Erfahrungsaustausch und einen Strategieabgleich mit Top-Beratern der US-Regierung in Vorbereitung auf den Herbst. Zudem soll es einen engen Austausch mit den amerikanischen Partnern hinsichtlich der kommenden Impfstrategie geben.

Auf dem Programm der Reise stehen unter anderem Gespräche mit US-Gesundheitsminister Xavier Becerra sowie mit Anthony Fauci und weiteren Regierungsvertretern. Es wird Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Weltbank und IWF sowie Expertinnen und Experten in den Bereichen Virologie und Epidemiologie geben. Darüber hinaus stehen der Besuch mehrerer medizinischer Einrichtungen darunter das Montefioe Medical Center und das Mount Sinai Hospital , der Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie ein Vortrag an der Harvard School of Public Health auf dem Programm. Auch ein Treffen mit Vertretern von Moderna sowie eine Besichtigung der Produktionsanlage sind Gegenstand der Reise.

Die gegenseitigen Erfahrungen aus den vergangenen zweieinhalb Pandemiejahren sollen eine weitere Möglichkeit bieten, Schlüsse über Erfolge und Lerneffekte in der Pandemiebekämpfung zu ziehen.

FRAGE BÄSECKE: Herr Gülde, ich würde von Ihnen wissen wollen: Wie genau lautet derzeit die Empfehlung des Ministeriums für die vierte Impfung der unter 60-Jährigen? Wieso geht der Minister dabei derzeit über die Empfehlung der STIKO hinaus, die, glaube ich, immer noch eine Impfung für über 70-Jährige empfiehlt?

GÜLDE: Ich kann Ihnen die Empfehlung der STIKO erläutern. Diese besagt, wie Sie schon richtig gesagt haben, eine zweite Boosterimpfung für über 70-Jährige sowie für besonders vulnerable Gruppen, also vorerkrankte Menschen. Darüber hinaus das haben wir auch in der Vergangenheit immer deutlich gemacht gibt es natürlich auch für Menschen unter diesem Alter die Möglichkeit, sich ein zweites Mal boostern zu lassen. Diese Möglichkeit sieht die Impfverordnung ausdrücklich vor.

Zurzeit ist es so das zeigt die wissenschaftliche Datenlage deutlich , dass wir eine Impfempfehlung, also eine zweite Boosterimpfung, für über 60-Jährige geben können. Darüber hinaus besteht natürlich weiterhin für Menschen unter 60 Jahren die Möglichkeit, sich ein zweites Mal boostern zu lassen. Der Minister hat ja deutlich gemacht, dass das in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt erfolgen sollte. Die Datenlage gibt es durchaus her, dass man das tun und auch empfehlen kann.

ZUSATZFRAGE BÄSECKE: Es ist dezidiert eine Empfehlung auch für unter 60-Jährige?

Steht denn nach heutigem Stand schon die Infrastruktur, die wir in Deutschland dafür brauchen, also Impfzentren, Impfdosen, für eine flächendeckende Impfung unter 60-Jähriger zur Verfügung?

GÜLDE: Grundsätzlich ist es so: Die Infrastruktur ist eine Angelegenheit der Länder. Was Rückmeldungen der Ärzte angeht, lassen sich die Impfungen durchführen. Es gibt diesbezüglich keine Hinweise auf irgendwelche Engpässe.

Was beispielsweise Fragen zum Betrieb von Impfzentren angeht, müsste ich Sie bitten, diese an die Länder zu richten, die für den Betrieb zuständig sind. Wir haben zwar Rückmeldungen aus einigen Ländern, dass einige Impfzentren zumindest auf Stand-by gesetzt oder auch abgebaut wurden, aber nach unserem Kenntnisstand ist die Infrastruktur weiterhin vorhanden, um auch kurzfristig mehr Impfungen durchführen zu können.

ZUSATZFRAGE BÄSECKE: Aber die Empfehlung für unter 60-Jährige war noch nicht konkretisiert worden?

GÜLDE: Herr Minister Lauterbach hat sich gestern in dem Interview, auf das Sie sich beziehen, für eine stärkere Dynamik ausgesprochen, was die Impfempfehlung anbelangt. Darüber wird es natürlich weiterhin Gespräche geben. Sie wissen, es gibt seitens der Europäischen Arzneimittelagentur und des ECDC eine Empfehlung für über 60-Jährige. Darüber hinaus erfolgt die Impfung für unter 60-Jährige in Abstimmung mit dem Arzt. Wie gesagt, das ist eine individuell zu treffende Entscheidung. Wir können keine grundsätzliche Empfehlung geben; das sollte mit dem Arzt besprochen werden. Die Datenlage gibt das auch her.

FRAGE DR. RINKE: Herr Gülde, eine Frage zu den angepassten Impfstoffen, die im Herbst zur Verfügung stehen sollen. Der Minister hat ja gesagt, darauf solle man nicht warten. Aber können Sie uns bitte einmal einen Überblick geben, was in welchen Mengen eigentlich im Herbst zur Verfügung stehen wird? Sind diese angepassten Impfstoffe dann Impfstoffe, die auf die neueste Omikronvariante angepasst sind, oder gibt es sogar verschiedene angepasste Impfstoffe?

GÜLDE: Herr Rinke, konkrete Zahlen kann ich Ihnen nicht nennen. Aber Herr Minister Lauterbach hat sehr deutlich gemacht, dass im Herbst ausreichend Impfstoff zur Verfügung gestellt wird. Es soll nicht ein weiteres Mal zu einem Engpass kommen. Darüber hinaus stehen wir in entsprechenden Verhandlungen mit den Herstellern.

Es wird im Wesentlichen zwei angepasste Impfstoffe geben. Der eine ist der bivalante Impfstoff, das heißt Wildtyp plus BA.1. Der zweite ist ein Impfstoff, der auf die Omikronvariante BA.5 angepasst ist. Beide werden in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Der bivalente Impfstoff wird wahrscheinlich etwas früher zur Verfügung stehen, ungefähr Anfang September, möglicherweise etwas früher. Der BA.5-Impfstoff wird eher Ende September/Anfang Oktober zur Verfügung stehen.

Zu Ihrer Frage nach den neuesten Omikronvarianten: Es wird zurzeit über die Variante BA.2.75 berichtet. Das wird kein Impfstoff sein, der konkret auf diese Variante angepasst ist. Wir sehen aber zurzeit bei dieser neuen Variante, dass sie sehr, sehr eng an der BA.1-Variante dran ist, was unsere Strategie bezüglich der Impfstoffbeschaffung bestätigt. Ein Impfstoff, der gegebenenfalls besser auf diese Variante anspricht, wäre dann möglicherweise dieser bivalente Impfstoff.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Wer verwendet dann welchen Impfstoff? Ist das die Entscheidung des Arztes oder des Patienten?

GÜLDE: Im Grunde genommen wird darüber zu reden sein. Zurzeit wissen wir ja noch nicht, welche Variante dann vorherrscht. Das wird im Wesentlichen bestimmen, welcher Impfstoff dann tatsächlich eingesetzt wird.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Eine Frage von Andreas Reuter vom ARD-Hauptstadtstudio: Er fragt zur vierten Impfung für unter 60-Jährige: Wie weit unter 60, zum Beispiel für die Gruppe der 50- bis 60-Jährigen oder generell für alle unter 60?

GÜLDE: Noch einmal: Das ist eine Entscheidung, die individuell mit dem behandelnden Arzt zu treffen ist. Wir treffen keine Altersabstufungen, sondern im Alter von unter 60 Jahren sollte das individuell mit dem Arzt abgeklärt werden.

FRAGE RATZ: Der Minister hat auch gesagt, die vierte Impfung sei wichtig, weil man dann ein deutlich verringertes Infektionsrisiko und ein geringeres Long-Covid-Risiko hätte. Können Sie erklären, worauf er sich bei den Aussagen stützt?

GÜLDE: Das sind Datenlagen zur Impfeffektivität, die seitens des Robert-Koch-Instituts in einem fortwährenden Prozess ausgewertet werden. Anhand dieser Datenlagen sehen wir, dass es eine geringere Infektionswahrscheinlichkeit im Vergleich zu ungeimpften oder nur zweifach oder dreifach Geimpften gibt und auch das Long-Covid-Risiko bzw. die Symptomschwere bezüglich Long Covid deutlich zurückgeht.

FRAGE BÄSECKE: In der Bevölkerung genießt Herr Lauterbach eine sehr große Expertise. Wenn er so etwas empfiehlt und das öffentlich tut, sind viele Leute zumindest hellhörig. Was kann man den Leuten an die Hand geben, die sich fragen, ob sie erst einmal die vierte Impfung machen lassen und dann vielleicht die fünfte mit dem Variantenimpfstoff oder ob sie lieber jetzt auf den Variantenimpfstoff warten? Oder gibt es am Ende immer den Verweis auf den Hausarzt? Ich frage nur, was man der Bevölkerung an die Hand gibt, wenn man so etwas empfiehlt.

GÜLDE: Herr Bäsecke, als Erstes würde ich immer sagen: Fragen Sie Ihren Arzt.

Zweitens zu Ihrer Frage bezüglich warten oder nicht warten: Auch das ist eine individuell zu treffende Entscheidung. Herr Minister Lauterbach hat es deutlich gemacht: Allen über 60-Jährigen würde er nicht empfehlen, auf den angepassten Impfstoff zu warten. Gegebenenfalls ist auch eine fünfte Impfung möglich. Man impft jetzt mit dem Wuhan-Impfstoff, und zu einem späteren Zeitpunkt kann man sich noch einmal mit einem angepassten Impfstoff boostern lassen.

Was die Frage für die unter 60-Jährigen anbelangt, so ist das eine individuell zu treffende Entscheidung. Zurzeit sehen wir da verrate ich Ihnen kein Geheimnis eine sehr hohe Inzidenz. Diese steigt auch weiter. Herr Minister Lauterbach hat gestern im Interview gesagt: Menschen, die sich einen entspannten Sommer wünschen, würde er durchaus empfehlen, das mit dem Arzt abzuklären und sich entsprechend impfen zu lassen, weil das das Infektionsrisiko noch einmal deutlich senkt. Das ist aber, wie gesagt, eine individuell zu treffende Entscheidung, die mit dem Arzt besprochen werden sollte.

ZUSATZ BÄSECKE: Wir wünschen uns doch allen einen entspannten Sommer.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage zu den Bürgertests, die inzwischen nicht mehr kostenlos, sondern zuzahlpflichtig sind. Es ist ja wohl so, dass drei Euro zugezahlt werden, wenn entweder eine Warnung der Warnapp vorliegt oder ein Arztbesuch ansteht. In den anderen Fällen wird eine Zuzahlung von 13 Euro fällig. Das bedeutet das sagen Berichte aus Teststationen , dass die sich sozusagen genötigt sehen, Kunden zu fragen: Sie wollen doch aber bestimmt zum Arzt? – Dann sagen die: Ja, ich will zum Arzt. – Dann werden nur drei Euro gezahlt. Das heißt, diese Differenzierung schafft Umgehungstatbestände. Ist das ein Problem, das Sie im Blick haben? Das ist ja eigentlich nicht im Sinne des Erfinders.

GÜLDE: Das ist tatsächlich ein Problem, das wir im Blick haben. Das Problem des Abrechnungsbetrugs gab es bereits vorher schon. Insofern ist mit der neuen Testverordnung eine nachgelagerte Abrechnungsprüfung eingeführt worden. Es gibt weiterhin Abrechnungsprüfungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Das heißt, es müssen Nachweise für die durchgeführten Tests und den Anspruch auf den vergünstigten Bürgertest nachgehalten werden. Diese werden durch die Kassenärztlichen Vereinigungen überprüft. Es gibt noch eine nachgelagerte Prüfung des Bundes. Insofern wird diesem Problem Rechnung getragen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das Problem wäre ja nicht mehr in der Welt, wenn Sie einen einheitlichen niedrigeren Zuzahlbetrag einführen würden. Warum machen Sie das nicht?

GÜLDE: Letztlich war es so Herr Minister Lauterbach hat das immer wieder deutlich gemacht : Wir hatten, was die Bürgertests anbelangt, Kosten von ungefähr einer Milliarde Euro pro Monat. Das war auf Dauer nicht finanzierbar, und es musste eine entsprechende Abstufung geben. Wir haben gesagt: Es gilt, besonders vulnerable Gruppen weiter zu schützen. Was andere Bereiche angeht sei es beispielsweise der Besuch einer Veranstaltung oder Ähnliches , ist es durchaus möglich, eine solche Eigenbeteiligung einzuführen.

FRAGE DR. RINKE: Kurze Nachfrage zu den nachgelagerten Abrechnungsprüfungen, die Sie erwähnten: Stimmt es, dass das RKI das machen soll? Können Sie, falls das stimmt, sagen, worin die besondere Expertise von RKI-Wissenschaftlern besteht, Rechnungen zu überprüfen?

GÜLDE: Herr Rinke, die nachgelagerte Abrechnungsprüfung wird vom Bund vollzogen. Die genauen Details werden derzeit noch verhandelt. Insofern muss ich Sie leider noch um ein bisschen Geduld bitten.

FRAGE JESSEN: Was die Krankenkassenreform angeht, ist die Situation so, dass sowohl die Kassen als auch die Ärzte Reformvorschläge Ihres Hauses als „Stückwerk“, „Flickwerk“ und „völlig unzureichend“ bezeichnen. Wenn Menschen mit durchaus nicht identischen Interessen das gleichermaßen so beurteilen, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

GÜLDE: Herr Jessen, wir haben einen Vorschlag zur GKV-Finanzreform vorgelegt. Dieser wird derzeit abgestimmt. Grundsätzlich ist es so: Es gibt ein Defizit von 17 Milliarden Euro. Es gilt, dieses Defizit irgendwie auszugleichen. Dabei müssen wir alle möglichst entsprechend gleichmäßig belasten. Dass das natürlich auf Widerstand stößt, überrascht uns jetzt nicht großartig. Zurzeit wird dieser Referentenentwurf noch abgestimmt und dann ins Kabinett gebracht. Ob es noch entsprechende Änderungen geben wird, kann ich jetzt nicht sagen. Aber wir sind mit diesem Entwurf rausgegangen und sehen auch die Notwendigkeit, dass es zu Einsparungen kommt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Gibt es Alternativmodelle, Gegenvorschläge, sei es von mehreren Beteiligten oder betroffenen Institutionen gemeinsam oder einzeln, die Sie mitdiskutieren oder sagen Sie: „Das ist unser Vorschlag, und jetzt gucken wir intern“?

GÜLDE: Es ist ja in einem Gesetzgebungsverfahren üblich, dass man mit einem Referentenentwurf rausgeht. Dieser geht dann in die Ressort-, Verbände- und Länderanhörung. Aus diesen Anhörungen werden Vorschläge eingebracht, und diese gilt es auszuwerten und daraus Schlüsse zu ziehen. Ich bitte um Verständnis: Das sind laufende Prozesse. Ich kann zu einzelnen Details noch keine Stellung nehmen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Dann kommen wir jetzt zu dem eigentlich ersten Programmpunkt, nämlich zu den öffentlichen Terminen des Kanzlers.

SRS BÜCHNER: Wie immer hier freitags der Überblick über die Termine des Bundeskanzlers in der kommenden Woche.

Der Bundeskanzler wird am Montag, dem 18. Juli, von 12 Uhr bis 13.30 Uhr am Petersberger Klimadialog teilnehmen und eine Rede halten. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, wird per Video ein Grußwort senden. Erwartet wird der Staatspräsident Ägyptens, Abdel Fattah Al-Sisi, der ebenfalls zu den Delegierten aus über 40 Ländern sprechen wird. Ägypten ist in diesem Jahr als Gastgeber der Weltklimakonferenz im November Co-Ausrichter des Petersberger Klimadialoges.

Die Redebeiträge können per Livestream unter www.diplo.de/livestream verfolgt werden.

Der Petersberger Klimadialog bringt seit 2010 jährlich eine repräsentative Auswahl an Ländern zusammen, um die Ende des Jahres stattfindenden Weltklimaverhandlungen vorzubereiten. Der erste fand auf dem namensgebenden Petersberg in Bonn statt; seitdem findet das Treffen jährlich in Berlin statt.

In diesem Jahr geht es vor allem darum, die Weltklimakonferenz COP27 in Scharm el-Scheich in Ägypten vorzubereiten. Sie soll zu einem Katalysator für den weltweiten Klimaschutz und einer zentralen Wegmarke werden, um die Welt auf den 1,5-Grad Pfad zu führen. Im Fokus stehen dabei unter anderem Fragen der Klimaanpassung, der Klimafinanzierung und zum Umgang mit Verlusten und Schäden. Dieser Austausch und die aktive Zusammenarbeit für den Klimaschutz weltweit ist der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen.

Am Nachmittag wird der Bundeskanzler dann um 14.30 Uhr den ägyptischen Präsidenten Al-Sisi im Bundeskanzleramt empfangen. Eine gemeinsame Pressekonferenz ist für 15.30 Uhr geplant.

Da Sie mich jetzt vermutlich gleich fragen werden, warum es ab Dienstag keine weiteren Termine gibt, kann ich Ihnen sagen, dass sich der Bundeskanzler für einige Tage zur Entspannung im Allgäu aufhalten wird. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich darüber hinaus nicht äußern kann. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass gerade auch mit Blick auf diese Zeiten der Bundeskanzler immer im Dienst und immer erreichbar ist.

Das sind die Termine für die kommende Woche.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Das ist übersichtlich. Gleichwohl gibt es schon eine Onlinefrage, und zwar von Frank Jordans von AP zu dem Petersberger Klimadialog: Es ist zu erwarten, dass UNO-Generalsekretär den reichen Ländern wieder die Leviten lesen wird, was die Finanzierung von Klimamaßnahmen in armen Ländern angeht, weil hier immer wieder Versprechen gebrochen wurden. Wird sich der Kanzler bemühen, dort zumindest einen klaren Zeitplan für diese Finanzierungszusagen zu vereinbaren?

Wird er mit dem ägyptischen Präsidenten Al-Sisi darüber sprechen, wie zivilgesellschaftliche Gruppen an dem bevorstehenden COP ohne Druck teilnehmen können? Menschenrechtsgruppen haben da Sorgen geäußert.

SRS BÜCHNER: Das ist eine nachvollziehbare Frage, aber wie immer bei Gesprächen, die erst anstehen, möchte ich dem, was da möglicherweise gesagt wird, nicht vorgreifen und möchte das nicht im Vorhinein kommentieren.

FRAGE DR. RINKE: Noch einmal zum Thema Ägypten: Können Sie sagen, inwieweit in den bilateralen Gesprächen, die ja auch stattfinden werden, das Thema Gas eine Rolle spielen wird?

SRS BÜCHNER: Ich bitte um Verständnis: Auch da möchte ich noch nicht darüber reden oder spekulieren, worüber gesprochen wird. Wir berichten ja anschließend in einer Pressekonferenz über die Gespräche.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Aber können Sie zumindest sagen, mit welcher Haltung die Bundesregierung in die Gespräche geht? Denn Ägypten ist ja mittlerweile das ist ja öffentlich bekannt ein wichtiger Gasexporteur und soll künftig auch israelisches Gas nach Europa bringen. Man müsste doch zumindest sagen können, ob das auf der Agenda stehen soll.

SRS BÜCHNER: Ich kann tatsächlich den Details nicht vorgreifen. Es ist aber natürlich naheliegend, dass die großen globalen Probleme dieser Zeit in den Gesprächen eine Rolle spielen werden. Dazu gehört natürlich auch das von Ihnen angesprochene Thema.

FRAGE DR. RINKE: An Herrn Säverin zu den UNIPER-Gesprächen: Können Sie sagen, wie Sie die Gespräche beurteilen, die gestern mit der finnischen Europaministerin hier in Berlin stattgefunden haben? Finnland dringt ja auf eine sehr schnelle Lösung bei der UNIPER-Rettung. Ist das auch die Position der Bundesregierung? Wie sehen Sie da den Zeitplan?

DR. SÄVERIN: Zum Zeitplan habe ich mich am Mittwoch geäußert. Dazu gibt es keine neuen Erkenntnisse. Wir können bestätigen, dass die finnische Ministerin hier in Berlin war und verschiedene Gespräche geführt hat. Über den Inhalt der Gespräche kann ich nichts sagen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sie haben Sie hier am Mittwoch geäußert und das Gespräch hat am Donnerstag stattgefunden. Deswegen würde mich interessieren, ob im Nachgang dieser Gespräche, die stattgefunden haben, der Zeitdruck bei der UNIPER-Rettung noch ein bisschen größer geworden ist oder ob Sie die Lage jetzt entspannter sehen?

DR. SÄVERIN: Ich habe mich am Mittwoch nicht ohne Absicht sehr unklar darüber geäußert, wie viele Tage wir noch brauchen, um da zu einem Abschluss zu kommen. Daran hat sich tatsächlich nichts geändert, und auch der Besuch der Ministerin hat an dem Zeitplan bzw. es gibt keinen echten Zeitplan an der Zeitvorstellung nichts geändert.

FRAGE RATZ: Inwiefern plant Ihr Ministerium Verordnungen zum Einsparen von Energie? Sind zum Beispiel Vorgaben geplant, dass Mindesttemperaturen in Werkshallen abgesenkt werden?

DR. SÄVERIN: Minister Habeck hat sich dazu ja mehrfach geäußert. Erst einmal das habe ich auch am Mittwoch schon gesagt ist es ja Sache eines jeden Bürgers und eines jeden Unternehmens, in eigener Verantwortung Energie und insbesondere auch Gas zu sparen. Darüber hinaus ist klar dafür gibt es auch verschiedene gesetzliche Grundlagen , dass eine Priorisierung des Gasverbrauchs vorgenommen werden muss. Die Rechtsgrundlagen dafür sind in der EU zu suchen, aber auch in unseren Gesetzen und Verordnungen. Momentan kommt es darauf an, innerhalb dieser Priorisierung nach intelligenten Ideen zu suchen und diese notfalls auch in Form von Verordnungen durchzusetzen. Konkrete Pläne dazu kann ich Ihnen aber nicht nennen.

Wie gesagt, die Diskussionen darüber sind vielfältig. Das ist auch nicht einfach, wie ich zugeben muss. Wir sind aber noch nicht so weit, dass wir schon sagen könnten, welche Verordnung wir wann erlassen und was da drinsteht.

FRAGE MÄURER: Mich interessieren Details zur Siemens-Turbine für Nord Stream 1. Was können Sie über den Transport und den gegenwärtigen Ort, an dem die Turbine ist, sagen? Unterstützt die Bundesregierung bzw. Deutschland den Transport? Rechnen Sie damit, dass die gewartete Turbine rechtzeitig zum Ende der turnusmäßigen Wartung einsatzbereit ist?

DR. SÄVERIN: Unser Minister hat sich bei der kanadischen Regierung ja sehr dafür eingesetzt, dass dort eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird. In dem dichten Netz der Sanktionsverordnungen sowohl auf kanadischer Seite als auch seitens der EU gibt es ja immer Korridore wirtschaftlicher Betätigung, die offen geblieben sind. Einer davon ist Gas und auch Gasausrüstung, sodass es auf Grundlage der rechtlichen Situation in Kanada und auch der rechtlichen Situation in der EU möglich ist, diese Turbine zu liefern. Dafür hat der Minister sich eingesetzt. Die Kommission hat das bestätigt.

Dann hat Siemens, wie Sie wissen, kommuniziert, dass es sich nun, da die Genehmigungen und die rechtlichen Situationen geklärt sind, dafür einsetzen wird, die Turbine möglichst schnell zu liefern. Über Einzelheiten des Lieferweges kann ich nichts sagen; das ist Sache von Siemens. Wir vertrauen darauf, dass Siemens die politische und die wirtschaftliche Bedeutung dieser Turbine erkannt hat und alles daransetzen wird, diese möglichst schnell an den Ort zu bringen, an dem sie dann eingesetzt wird.

ZUSATZFRAGE MÄURER: Im Fokus ist bislang immer eine einzelne Turbine. Aus Kanada hört man Meldungen, dass diese Ausnahme der Ausfuhrgenehmigung für sechs Turbinen erteilt wurde. Rechnet die Bundesregierung, rechnet Ihr Ministerium da jetzt mit einer „never ending story“ von Turbine zu Turbine?

DR. SÄVERIN: Nein, keineswegs. Bis jetzt geht es um diese eine Turbine, die nach Aussage der russischen Seite erforderlich ist, um die Wartungsarbeiten bei Nord Stream 1 abzuschließen. Um diese Turbine dreht es sich. Dafür sind die Genehmigungen erteilt worden. Über weitere Turbinen wird konkret nicht gesprochen.

FRAGE JESSEN: Gibt es eigentlich Wege des Austauschs entweder mit der russischen Regierung oder den zuständigen Unternehmen, aus denen Sie halbwegs belastbar ablesen können, ob nach Abschluss der Wartungsarbeiten die Lieferungen wieder aufgenommen werden? Oder ist das eine Art moderner Kreml-Astrologie unter Kriegsbedingungen? Stehen Sie da sozusagen komplett im Wald und wissen nichts?

DR. SÄVERIN: Wir haben mit dieser Turbine sozusagen einen Vorwand genommen, nach der regulären Wartung den Betrieb weiterhin nicht aufzunehmen. Dieser Vorwand entfällt damit, und wir warten das ab.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Frage war aber: Bestehen regelmäßige belastbare Informationskanäle sei es auf Arbeitsebene oder gibt es die gar nicht? Können Sie wirklich nur sagen: Da war ein Vorwand, den haben wir ausgeräumt, und nun warten wir einmal ab?

DR. SÄVERIN: Herr Jessen, ich selber kenne diese Kanäle nicht, und ich bin mir ganz sicher, dass wir, wenn es sie gäbe, nicht öffentlich über sie sprechen würden.

FRAGE DR. RINKE: Herr Säverin, das russische Außenministerium hat gestern ja wieder eine neue Variante ins Spiel gebracht und gesagt, die Wiederaufnahme von Lieferungen hänge jetzt nicht mehr unbedingt von der Turbine ab, sondern von einseitigen Sanktionsschritten. Wie beurteilen Sie diese Aussage? Ist das ein weiteres Indiz dafür, dass Russland die Gaslieferungen möglicherweise nicht wieder aufnimmt?

DR. SÄVERIN: Ich kann diese Äußerungen natürlich nicht kommentieren. Wir haben ja seit Kriegsbeginn immer wieder Äußerungen in der einen und der anderen Richtung; es gibt ja kein konsistentes Muster der Äußerungen aus Moskau. Wir kümmern uns um die Fakten. Wir treffen alle Maßnahmen, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wir kümmern uns nicht um einzelne Aussagen und kommentieren die auch nicht.

FRAGE DR. RINKE: Können Sie uns eine Einschätzung geben, ob es für Russland möglich ist, den Gasfluss für eine gewisse Zeit zu unterbrechen? Oder gerät dann die Gasproduktion selber in Russland in Probleme, weil man dann möglicherweise den Druck, den man in den Leitungen aufgebaut hat, nicht aufrechterhalten kann? Was wären die Konsequenzen?

DR. SÄVERIN: Ich kenne diese Diskussion, kann dazu aber selber nichts beitragen. Es geht um den Punkt, ob man tatsächlich auf Seiten der Produktion den Hahn zudrehen kann. Darüber weiß ich nichts und darüber habe ich auch keine Erkenntnisse.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Gibt es zum Thema Energie noch Fragen? Das ist nicht der Fall. Dann Herr Büchner noch einmal, bitte.

SRS BÜCHNER: Ich möchte mich hier gerne zu den russischen Angriffen auf Winnyzja in der Zentralukraine äußern. Wir sind entsetzt über den russischen Raketenbeschuss auf das Zentrum der zentralukrainischen Großstadt Winnyzja und verurteilen diesen auf das Schärfste. Viele Menschen, darunter auch Kinder, haben Berichten zufolge ihr Leben verloren. Viele Menschen werden unter den Trümmern eingestürzter Gebäude noch vermisst. Die Stadt Winnyzja liegt weitab jeglicher Frontlinien. Der russische Angriff traf die ukrainische Zivilbevölkerung und zeigt einmal mehr, dass Russland in diesem Krieg massiv gegen die Regeln des Völkerrechts verstößt. Wir verurteilen den Raketenangriff als Akt der Grausamkeit und fordern Russland auf, jegliche Angriffe gegen zivile Ziele zu unterlassen. Wir unterstützen die Aufarbeitungs- und Ermittlungsbemühungen zu Kriegsverbrechen durch nationale und internationale Strafverfolgungsbehörden.

FRAGE DR. RINKE: Herr Büchner, können Sie sagen, ob das jenseits der Verurteilung zu neuen Schritten der Bundesregierung bei der Unterstützung der Ukraine führt, also zu weiteren Waffenlieferungen, Finanzhilfen oder was auch immer?

SRS BÜCHNER: Wir unterstützen die Ukraine kontinuierlich, auch wenn wir nicht über jeden Schritt detailliert berichten, und zwar sowohl mit Waffen als auch finanziell als auch auf der Ebene humanitärer Hilfe. Das setzen wir auch fort.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Die EU-Kommission hat den Entwurf für ein siebtes Sanktionspaket vorgelegt, das unter anderem ein Goldembargo gegen Russland enthält. Stößt das auf Zustimmung der Bundesregierung?

SRS BÜCHNER: Da würden wir abwarten, bis der Entwurf der EU-Kommission vorliegt, und dann werden wir uns dazu äußern.

FRAGE RATZ: Herr Büchner, wie schätzt die Bundesregierung die Unterstützung in der Bevölkerung für die aktuelle Politik gegenüber Russland ein?

SRS BÜCHNER: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Politik der klaren Verurteilung dieses russischen Angriffskrieges und die Unterstützung der Ukraine bei ihrer berechtigten Selbstverteidigung groß ist und dass wir auf einen breiten Rückhalt in der deutschen Bevölkerung setzen können.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an das Verteidigungsministerium: Herr Collatz, es gibt einen Bericht von „Business Insider“, dass in Ihrem Haus neue Waffenlieferungen an die Ukraine geprüft werden. Und zwar geht es da um Raketenwerfer des Typs Fletcher, die auf Pickups aufgebockt sind. Können Sie bestätigen, dass das bei Ihnen im Haus geprüft wird?

COLLATZ: Mir wäre nicht bekannt, dass ein solches Waffensystem in der Bundeswehr eingeführt ist. Insofern entfällt es auch nicht auf uns, eine Lieferung solcher Systeme zu prüfen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Könnte ich die Frage an das BMWK weiterreichen?

DR. SÄVERIN: Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung ihre Informationspolitik insofern geändert, als jetzt eine Liste der gelieferten Güter im Internet verfügbar ist. Details darüber hinaus veröffentlichen wir weiterhin nicht, insbesondere nicht Details über Antrags-, Genehmigungs-, Prüf- und sonstige Entscheidungsverfahren aus Sicherheitsgründen; das sind die Argumente, die immer wieder vorgetragen werden.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Es gibt mehrere Fragen zu der Ankündigung von Arbeitsminister Heil, unter anderem von Tobias Schulze von der „taz“ und von Johannes Kuhn vom Deutschlandradio: Minister Heil hat angekündigt, den Hartz-IV-Satz neu berechnen zu wollen. Welche Faktoren sollen hier einfließen? Betrifft die Veränderung auch die bisherige Orientierung an den unteren 15 bzw. 20 Prozent der Haushalte?

CHAGHERI: Es ist richtig, dass der Minister sich heute in einem Interview geäußert hat. Ich kann das gern noch einmal zitieren. Er hat gesagt:

„Mit dem Bürgergeld werden wir das System entbürokratisieren und dafür sorgen, dass Menschen in der Not verlässlich abgesichert sind. Ich werde den Gesetzentwurf in diesem Sommer vorlegen, und es wird zu Beginn des nächsten Jahres eine deutliche Erhöhung der Regelsätze geben. Unser Sozialstaat muss dafür sorgen, dass Menschen, die keine Rücklagen haben, auch über die Runden kommen können. Ich bin fest entschlossen, die Art, wie wir den Regelsatz berechnen, zu verändern. Der bisherige Mechanismus hinkt der Preisentwicklung zu sehr hinterher.“

Jetzt noch ganz direkt zu Ihrer Frage: Das BMAS arbeitet im Moment mit Hochdruck an dem Gesetzentwurf. Das heißt, zu Detailfragen kann ich im Moment noch nichts sagen.

FRAGE JESSEN: Hat sich der Minister inzwischen eine Meinung zu dem Vorschlag gebildet, den die Diakonie gestern gemacht hat, für die unteren etwa 20 Prozent der Bevölkerung eine temporäre Direktzahlung von 100 Euro pro Monat für sechs Monate zu leisten, um die Inflationsfolgen zu dämpfen?

CHAGHERI: Wir kennen die Äußerungen aus dem politischen und gesellschaftlichen Raum. Zu Entlastungen allgemein: Das ist im Moment eines der Fokusthemen des BMAS, des Sozialministeriums; das ist ganz klar. Wir wissen, wie belastend die Situation für viele Menschen gerade ist. Es ist aber auch ein Thema für die gesamte Bundesregierung. Dazu hat sich auch der Regierungssprecher am Mittwoch schon geäußert. Darüber hinaus kann ich dazu heute nichts sagen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Deswegen frage ich nach, denn am Mittwoch sagte der Regierungssprecher, er kenne den Vorschlag noch nicht. Das war nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass die Regierung und speziell Ihr Haus den Vorschlag inzwischen kennt. Deswegen interessiert mich: Unterstützt Ihr Haus diesen Ansatz?

CHAGHERI: Zu einzelnen Forderungen aus dem politischen Raum kann ich Ihnen heute nichts ankündigen.

FRAGE HANDEL: An das BMF: Diese Erhöhung war ja zuletzt nicht unbedingt Konsens Herr Lindner hatte sich dazu skeptisch geäußert, man müsse da erst einmal eine Finanzierung finden. Ist diese Erhöhung inzwischen Konsens im Kabinett, auch bei Ihnen im BMF?

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Sie haben ja schon auf die Äußerung des Ministers in dieser Sache verwiesen, und die Kollegin hat sich dazu geäußert. Dazu habe ich bisher keinen neuen Stand. Insofern bleibt es bei dem, was dazu bisher aus unserem Haus kommuniziert worden ist.

ZUSATZFRAGE HANDEL: „Kein neuer Stand“ heißt, dass es weiterhin keinen Konsens gibt?

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Richtig ist, dass der Finanzminister sich dazu geäußert hat, und die Kollegin hat gerade ja auf das Interview von Herrn Heil rekurriert. Das ist der aktuelle Stand.

FRAGE BUSCHOW: Ich würde gerne noch einmal beim BMF nachfragen, weil mir das nicht so klar ist: Werden die Hartz-IV-Regelsätze jetzt noch einmal regulär erhöht, und können Sie vielleicht schon sagen, wann die Berechnung zu diesen Anpassungen vorliegt? Ich meine, das geschieht ja immer zu einem bestimmten Stichtag. Oder ist das dann quasi schon eine völlig neue Berechnung auf Grundlage des Bürgergeldes und heißt dann gar nicht mehr Hartz IV? Können Sie also noch einmal erläutern, wie beides, Bürgergeld und Hartz-IV-Erhöhung, jetzt im Zusammenhang stehen?

CHAGHERI: Heute kann ich sagen, dass wir an dem Entwurf zum Bürgergeld arbeiten. Zu allen Fragen zur inhaltlichen Ausgestaltung das betrifft auch die Regelsätze kann ich heute noch nichts sagen.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Das heißt, es gibt ab 2023 weiter Hartz IV, oder gibt es ab 2023 Bürgergeld? Das ist mir immer noch nicht klar.

CHAGHERI: Dass der Entwurf zum Bürgergeld 2023 in Kraft treten soll, wurde von uns ja schon geäußert. Da wäre mir jetzt kein neuer Stand bekannt.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Entschuldigung, ich muss noch einmal nachfragen: Der Minister hat ja eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für 2023 angekündigt. Also rechnet er damit, dass es dann noch kein Bürgergeld gibt?

CHAGHERI: Über das hinaus, was ich Ihnen jetzt vorgetragen habe, kann ich Ihnen inhaltlich noch nicht mehr sagen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Es gibt dazu noch eine Onlinefrage von Herrn Schulze von der „taz“ an das Finanzministerium: Wie plant das BMF die von Arbeitsminister Heil heute angekündigte Erhöhung der Hartz-IV-Bezüge im Haushalt zu stemmen?

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Eben habe ich mich ja schon grundsätzlich dazu geäußert. Anfang des Monats hat das Kabinett den Haushaltsentwurf für 2023 beschlossen. Wir haben jetzt den Haushalt 2022. Zu Ankündigungen auf politischer Ebene kann ich über das hinaus, was ich eben gesagt habe, aktuell nichts hinzufügen. Die Worte des Ministers stehen erst einmal für sich, und das ist eine Ankündigung des Bundesarbeitsministers.

FRAGE HAUCK: Ich habe eine Frage an Frau Sasse und auch Herrn Collatz zum Stichwort Mali. Gestern gab es Meldungen darüber, dass die Militärjunta diese Rotationen für die UN-MINUSMA-Truppen aussetzen würde. Können Sie einmal konkretisieren, was das kurz- bis mittelfristig für Folgen für die Bundeswehr hat, und sagen, ob grundsätzlich das ganze Mali-Engagement infrage gestellt wird, weil es eine Verlängerung des Mandats ja letztlich auch unter Vorbehalt gegeben hat?

COLLATZ: Vielleicht kann ich einmal einsteigen. Ich verweise auch gerne auf die Worte der Ministerin, die sich ja erst kürzlich zu den Vorgängen in Mali geäußert hat. Wir haben Kenntnis davon, dass die Übergangsregierung in Mali MINUSMA angezeigt hat, dass sie entsprechend vorhat, die Rotationen einzuschränken oder gar zu verhindern. Dort liegt der Ball jetzt. Die Vereinten Nationen müssen jetzt mit der malischen Übergangsregierung in Verhandlungen eintreten und die Voraussetzungen schaffen, damit die Operationsführung des Kontingents vor Ort insgesamt das betrifft ja nicht nur Deutsche fortgeführt werden kann. Erst dann, wenn diese Gespräche abgeschlossen sind, können wir etwas dazu sagen, was für Konsequenzen sich daraus für den Einsatz deutscher Soldatinnen und Soldaten in Mali ergeben. Vorher wäre es reine Spekulation, hier darüber zu sprechen. Aber vielleicht haben Sie noch Ergänzungen zu machen, Frau Sasse.

SASSE: Ich kann dem eigentlich nur wenig hinzufügen und auch nur noch einmal bestätigen, dass es diese Information an MINUSMA von der malischen Seite gab. Das ist alles auf dem Wege einer Verbalnote passiert. In dieser Verbalnote hat die malische Regierung auch versichert, dass sie alles daransetzen wird, schnellstmöglich sicherzustellen, dass die Rotation wieder aufgenommen werden kann. Selbstverständlich nehmen wir die malische Regierung da beim Wort.

Sie wissen, und wir haben an dieser Stelle schon öfter deutlich gemacht, welch große Bedeutung die UN-Mission MINUSMA für die Menschen in Mali bei der Stabilisierung des Landes gerade im Norden des Landes hat. Unser Einsatz ist insofern immer noch relevant und wichtig. Wir haben das ja auch im Rahmen von verschiedenen Reisen in den letzten Monaten immer wieder deutlich gemacht.

ZUSATZFRAGE HAUCK: Haben Sie denn einen Termin dafür, wann diese klärenden Gespräche stattfinden sollen?

Noch einmal zu der Rotation: Können Sie in etwa beschreiben, in welchem Umfang und welchem Rhythmus Truppen aus Deutschland jeweils gewechselt werden? Steht so ein Wechsel an?

COLLATZ: Ich kann Ihnen nur die allgemein gültigen Zeitrhythmen nennen. Das sind für bis sechs Monate, innerhalb der sich Personalwechsel üblicherweise vollziehen. Den Rest können Sie auch dem Mandat entnehmen. Das sind die Rahmenbedingungen. Aber es kommt, wie Frau Sasse auch sagte, jetzt darauf an, dass sich die malische Transitionsregierung hier eindeutig verhält.

ZUSATZFRAGE HAUCK: Einen Termin gibt es noch nicht?

SASSE: Die technischen Gespräche der Vereinten Nationen laufen. Wir werden darüber informiert. Aber das läuft, wie gesagt, bei den Vereinten Nationen als denjenigen, unter deren sozusagen Herrschaft die Mission läuft.

FRAGE BUSCHOW: Frau Sasse, wenn Sie sagen, dass die malische Regierung auch versichert, dass das wieder sichergestellt werden kann, wurden in der Verbalnote denn dann Gründe genannt, warum man das einschränkt oder sogar aussetzt, und welche waren das?

Herr Collatz, wann steht denn die nächste Rotation für die Bundeswehr an?

SASSE: Was die Details dieser Verbalnote angeht, muss ich Sie um Verständnis bitten. Das war natürlich eine Verbalnote, die an die Vereinten Nationen gerichtet war. Insoweit kann ich da keine weiteren Details nennen.

Es gibt im Moment mit Blick auf Mali relativ viele Entwicklungen und auch immer wieder Vorkommnisse und Ereignisse, die Anlass zumindest zu Verwirrung geben und um deren Aufklärung wir uns auch in direkten Gesprächen mit der malischen Regierung bemühen.

COLLATZ: Zum genauen Zeitpunkt größerer Kontingentwechsel kann ich im Moment nichts sagen. Ich bin sicher, dass das Team vielleicht gleich etwas nachliefern kann. Ansonsten werde ich das später nachliefern.

FRAGE DR. RINKE: Frau Sasse, Sie haben eben gesagt, es gebe relativ viele Entwicklungen in Mali, die Anlass zumindest zu Verwirrung geben. Können Sie uns zwei oder drei Beispiele nennen? Es gab ja diesen Konflikt um französische Truppen und andere im Rahmen der Ausbildungsmission der EU. Meinten Sie die oder andere Probleme?

SASSE: Ich meinte in erster Linie vor allem diese Entwicklung rund um die Rotation.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Nicht etwa russische Söldner, die dort jetzt in verstärktem Maße

SASSE: Ich habe in meinen Ausführungen konkret diesen Anlass gemeint. Was weitere Anlässe angeht, sind das Anlässe und Ereignisse, über die wir mit der malischen Regierung sprechen.

FRAGE JESSEN: Zur Nahostreise des US-Präsidenten: Joe Biden hat gestern gesagt, man werde notfalls mit Gewalt verhindern, dass Iran atomar aufrüsten könne. Ist das auch die Position der Bundesregierung? Erhöht das die Kriegsgefahr in der Region?

SASSE: Herr Jessen, da muss ich Sie um Verständnis bitten. Sie kennen unsere Linie dazu: Wir werden Äußerungen anderer Staats- und Regierungschefs an dieser Stelle nicht kommentieren.

Was die grundsätzliche Position zum Iran angeht, wissen Sie das haben wir an dieser Stelle in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht , dass unser gemeinsames Ziel ist, dass Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen gelangt. Dieses Ziel eint uns als Partner unter anderem in den Verhandlungen um das JCPOA. Dieses Ziel hat weiterhin Bestand. Hinter dem stehen wir als E3, und hinter dem stehen auch die Amerikaner.

Was die Verhandlungen rund um das JCPOA angeht, kennen Sie den Stand. Sie wissen, dass da ein Vorschlag auf dem Tisch liegt. Es liegt in der Hand des Iran, diesen Vorschlag jetzt anzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist unsere Position dazu, glaube ich, relativ klar.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wenn Joe Biden den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman trifft, halten Sie es für geboten, dass in diesem Gespräch auch explizit dessen Rolle bei der Ermordung von Khashoggi angesprochen wird?

SASSE: Es ist nicht an mir, zu bewerten, was die Amerikaner tun oder lassen sollen. Ich glaube, die amerikanische Seite hat sich zu genau dieser Frage geäußert, und das möchte ich an dieser Stelle nicht kommentieren.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Herr Nehls fragt dazu: Sieht die Außenministerin den Besuch Bidens in Saudi-Arabien für eine Friedenslösung im Nahen Osten zwischen Israel und Palästina als hilfreich oder, im Gegenteil, als kontraproduktiv an? Falls Ersteres, warum?

SASSE: Auch Herrn Nehls muss ich um Verständnis dafür bitten, dass wir natürlich nicht über das Für und Wider von Reiseplanungen anderer Staaten urteilen und urteilen möchten. Es ist so, und das liegt, glaube ich, auf der Hand, dass Saudi-Arabien eine entscheidende Rolle in der Region und für die Sicherheit der Region spielt. Es spielt auch im Zusammenhang mit dem Thema Energie eine große Rolle. Vor diesem Hintergrund gibt es sicherlich Argumente, die für einen solchen Besuch sprechen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Dann habe ich eine Frage von Frau Pugliese an Herrn Büchner. – Mario Draghi will zurücktreten, und Brüssel hat schon Erstaunen und Sorge über die Ankündigung ausgedrückt. Teil der Bundeskanzler die Sorge, dass Italien gerade in diesem schwierigen Moment, der von unterschiedlichen Krisen geprägt ist, in eine innenpolitische Krise rutscht? Draghi gilt ja als Garant für die Stabilität und Glaubwürdigkeit Italiens in Europa.

SRS BÜCHNER: Zu den politischen Vorgängen in befreundeten Staaten wie Italien äußern wir uns von dieser Stelle aus nicht.

FRAGE MASTROBUONI: Ich will noch einmal nachhaken. Die Märkte haben ja schon sehr klar reagiert. Die Renditen auf italienische Staatsanleihen sind in die Höhe geschossen. Die Mailänder Börse ist gestern zusammengekracht. Glauben Sie nicht, dass zum Beispiel der europäische Zusammenhalt sehr infrage gestellt wird, wenn Mario Draghi nicht mehr Regierungschef ist und wenn dabei eine geschwächte Regierung oder sogar Neuwahlen herauskommen? Bisher war das frage ich auch das Auswärtige Amt der europäische Zusammenhalt auch durch Mario Draghi und durch eine sehr starke Mehrheit im Parlament gegeben. Da müssen Sie doch ein paar Befürchtungen haben, wenn das nicht mehr so ist, dass in einem sehr schwierigen Winter auch Europa ein starkes Element abhandenkommt.

SRS BÜCHNER: Ich kann Ihnen insofern zustimmen, als der europäische Zusammenhalt im überragenden Interesse der Bundesregierung ist und wir großen Wert darauf legen, dass wir uns eng mit unseren Freunden und Partnern in Europa abstimmen. Ich muss aber dabei bleiben, dass wir innenpolitische Vorgänge in Italien von dieser Stelle aus nicht kommentieren.

SASSE: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE DR. RINKE: Ich versuche es noch einmal, weil sich die Frage ja gar nicht auf innenpolitische Vorgänge bezog, Herr Büchner, sondern sich auf mögliche Konsequenzen innerhalb der EU bezog. Deshalb würde ich die Frage gerne noch einmal wiederholen: Gibt es die Sorge, dass die EU-Stabilität gefährdet sein könnte, wenn ein wichtiges Mitgliedsland in eine Regierungskrise schlittert?

SRS BÜCHNER: Ich verstehe Ihre Fragen dazu sehr gut, und ich kann leider trotzdem nicht darüber hinausgehen, weil das hieße, worauf Sie in Ihrer Frage mit „die möglichen Konsequenzen“ schon hindeuteten, dass wir darüber spekulieren, was passieren könnte. Das entzieht sich eigentlich sowieso einer Beantwortung. Darüber hinaus würden sich solche Konsequenzen ja aus der innenpolitischen Situation in Italien ergeben, zu der ich mich eben nicht äußern möchte. Dafür bitte ich um Verständnis.

Was Sie, glaube ich, alle wissen, ist, dass der Bundeskanzler sehr gut mit Mario Draghi zusammengearbeitet hat, genauso wie mit den anderen Staats- und Regierungschefs in der EU. Nicht zuletzt waren die beiden ja gemeinsam mit Emmanuel Macron in der Ukraine zu Besuch. All das zeigt ja, dass es ein gutes und enges Verhältnis gibt. Aber darüber hinaus kann ich wirklich nicht auf innenpolitische Vorgänge in Italien eingehen.

FRAGE MASTROBUONI: Ich habe noch die technische Frage, ob Bundeskanzler Scholz in diesen Stunden oder Tagen mit Herrn Draghi telefoniert hat. Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Präsidenten der Republik, Herrn Mattarella, und Draghi. Hat es gestern und heute irgendwelche Kontakte zwischen Italien und Deutschland gegeben?

SRS BÜCHNER: Das wäre mir nicht bekannt.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das BMDV. Die Verkehrsunternehmen haben einen Vorschlag für ein 69-Euro-Ticket vorgelegt. Wie bewertet das BMDV das? Liegt das in einem Bereich, der sowohl bezahlbar ist als auch weitere Investitionen ermöglicht? Ist das also ein sinnvoller Vorschlag, der auch als Anreiz gesehen werden kann?

ALEXANDRIN: Vielen Dank für die Frage. – Bundesminister Wissing hat sich bereits am Mittwoch zu den diversen Vorschlägen, die gerade bezüglich der Nachfolge des 9-Euro-Tickets im Raum stehen, geäußert, nämlich dahingehend, dass wir ein sehr festgeschriebenes Verfahren haben, wie wir mit der Unterstützung des ÖPNV und der Regionalisierungsmittel in Zukunft umgehen. Das sieht folgendermaßen aus: Es gibt eben eine laufende Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in der derzeit verschiedene Vorschläge erarbeitet werden. Diese soll im Herbst tagen, und dabei wird man dann über die Ergebnisse dessen beraten, wie in Zukunft die Finanzierung des ÖPNV ausgestaltet werden kann.

Darüber hinaus haben wir ja in der Zwischenzeit ein 9-Euro-Ticket eingeführt. Es ist unbestritten, dass dieses 9-Euro-Ticket eben ein großer Erfolg ist. Wir haben, wie Sie wissen, bereits mehr als 31 Millionen Tickets verkauft. Wir sehen verschiedene Auswirkungen, beispielsweise die Reduktion von Staus. Das heißt, dass diese Maßnahme ein Erfolg ist, ist unbestritten. Wie es dann weitergeht, müssen wir abwarten.

ZUSATZ: Die Verkehrsunternehmen haben im gleichen Zug gesagt: Wenn es einen Nachfolger direkt im September geben soll, dann müssten sie es jetzt wissen und jetzt einen Auftrag von der Politik erhalten. Das heißt, eine Art von Nachfolgeticket im September ist für Sie dann schon einmal vom Tisch.

ALEXANDRIN: Grundsätzlich geht es ja um die Gestaltung der Ticketpreise bei dieser Frage. Das heißt, hier ist der Bund vorrangig nicht im Lead, sondern die Organisation des ÖPNV liegt bei den Ländern. Wie die Länder damit umgehen und wie der Bund damit umgeht, dafür gibt es ein festes Verfahren, und dieses Verfahren wollen wir auch einhalten.

FRAGE DR. KELLER: Geht denn das Verkehrsministerium davon aus, dass es vom Finanzministerium für das Ganze langfristig mehr Geld bekommt?

ALEXANDRIN: Ich würde Ihnen empfehlen, diese Frage an das Finanzministerium zu richten.

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Der Kollege hat sich ja schon grundsätzlich zum Verfahren und zur Finanzierung des ÖPNV geäußert und gesagt, wie die Verantwortlichkeiten dort grundsätzlich sind. Sie kennen ja auch die Beschlüsse des Koalitionsausschusses im Zusammenhang mit dem Ergänzungshaushalt. Das Verfahren läuft so ab, wie der Kollege es beschrieben hat, und dann wird man sehen, welche Entscheidungen überhaupt zu treffen sind. Davor werde ich mich hier nicht an irgendwelchen Spekulationen beteiligen. Das Verfahren hat der Kollege beschrieben. Der Ball liegt erst einmal bei den Ländern, zusammen mit dem Verkehrsministerium.

FRAGE MÄURER: Sie haben das Verfahren gerade beschrieben. Ich kann mir die Zeiträume noch nicht vorstellen. Mit welchem Zeitraum kann Deutschland also rechnen, bis eine Entscheidung getroffen worden sein wird?

ALEXANDRIN: Das wird sehr stark von den Beratungen abhängen.

ZUSATZFRAGE MÄURER: Geht es um Monate, oder welche Zeiträume sind das?

ALEXANDRIN: Glaskugelaussagen sind an dieser Stelle, wie gesagt, immer sehr schwierig zu treffen. Wir haben beim letzten Mal festgestellt, als wir über die Einführung eines deutschlandweiten günstigen Tickets diskutiert haben, dass die Diskussionen sehr hitzig und bisweilen auch schwierig waren. Deswegen hat man sich ja eben darauf verständigt, dass man ein Verfahren findet und einen Austausch findet, in den die Länder sehr eng eingebunden sind, in den die Verkehrsunternehmen sehr eng eingebunden sind und in den auch die Bundesregierung sehr eng eingebunden ist, um eben zu schauen, wie man den ÖPNV zukunftsfähig ausgestaltet. Ich glaube, dieses Verfahren sollte dann tatsächlich auch eingehalten werden.

FRAGE: Österreich bzw. Tirol plant ab Montag wieder eine Blockabfertigung. Jetzt kommt von Markus Söder, dem bayerischen Ministerpräsidenten, der Vorschlag, dass man für überregionalen Lkw-Verkehr die Abfahrten auf deutscher Seite sperrt, also die A 8 und die A 93. Wie verhält sich die Bundesregierung dazu? Die Bayern planen nämlich unter anderem auch, dort, wo sie zuständig sind, Landstraßen entsprechend für überregionalen Lkw-Verkehr zu sperren. Es gibt die Aufforderung aus Bayern, dass eben auch der Bund das quasi für die Autobahnen übernehmen solle. Wie verhält sich das Ministerium dazu? Was halten Sie von diesen Vorstoß?

ALEXANDRIN: Ich bitte um Verständnis, dass ich zu Aussagen aus dem politischen Raum keine Stellung nehmen kann. Ich hatte mich aber schon einmal grundsätzlich dazu geäußert, dass sowohl das Ministerium als auch der Minister mit allen Seiten in Verbindung steht, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.

ZUSATZFRAGE: Dann mache ich es ohne Herrn Söder: Ergibt es aus Ihrer Sicht Sinn, um die Staus bei der Blockabfertigung auf deutscher Seite zu verhindern, dass man Autobahnabfahrten, die ja im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen, sperrt, oder nicht?

ALEXANDRIN: Guter Versuch! Aber trotzdem bleibe ich bei der Antwort, die ich gerade gegeben habe.

FRAGE RATZ: Ich habe noch eine Frage an das Finanzministerium. Nach einem RND-Bericht muss der Bund für die Rückzahlung von inflationsindexierten Anleihen im nächsten Jahr rund 7,6 Milliarden Euro reservieren. Können Sie das bestätigen? Das wäre ja deutlich mehr als im laufenden Jahr. Inwiefern haben die früheren Finanzminister Scholz und Schäuble die Inflationsgefahr vielleicht unterschätzt?

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Vielen Dank für die Frage. – Einzelne Berichterstattung kommentieren wir an dieser Stelle grundsätzlich nicht. Ich äußere mich hier auch nur zum Handeln der aktuellen Bundesregierung. Grundsätzlich kann ich aber Folgendes mitteilen: Inflationsindexierte Bundeswertpapiere leisten einen Beitrag zur langfristigen Balance von Kosten und Risiken und vor allem auch zur Diversifizierung im Schuldenportfolio des Bundes.

Darüber hinaus möchte ich auch noch erwähnen, dass inflationsindexierte Anleihen an den internationalen Kapitalmärkten etablierte Produkte sind. Auch mit dem Bund vergleichbare Benchmarkemittenten nutzen sie wie zum Beispiel Spanien zu 5,7 Prozent, Frankreich zu 10,9 Prozent, Italien zu 11 Prozent, aber auch die USA zu 7,5 Prozent und das Vereinigte Königreich zu 18,4 Prozent, die teilweise einen deutlich höheren Anteil ihrer ausstehenden Schulden über inflationsindexierte Papiere aufgenommen haben.

Die Wirtschaftlichkeit der Begehung von inflationsindexierten Papieren muss im Vergleich zu nominal verzinslichen Papieren bewertet werden. Eine abschließende Bewertung ist immer erst zum Ende der Laufzeit möglich. Ich kann aber schon mitteilen, dass der Bund aus den bisher fällig gewordenen inflationsindexierten Bundeswertpapieren einen Kostenvorteil in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro realisieren konnte. Die Wirtschaftlichkeit der ausstehenden Papiere hängt wie gesagt immer von der Inflationsentwicklung bis zum Laufzeitende ab.

Dabei würde ich es hier erst einmal belassen wollen.

FRAGE DR. RINKE: Wir haben jahrelang mit niedrigen Inflationsraten gelebt, und Sie konnten sich darauf verlassen. Jetzt kommen wir in eine neue Periode. Hat dies Auswirkungen darauf, wie Sie sich künftig verhalten? Werden solche inflationsindizierten Papiere noch verwendet, oder steigen Sie daraus jetzt aus?

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Herr Rinke, ich hatte eben schon gesagt, inflationsindexierte Bundeswertpapiere seien etablierte Produkte. Dazu berichtet der Bund regelmäßig gegenüber dem zuständigen Gremium des Haushaltsausschusses, dem Bundesfinanzierungsgremium, und öffentlich jeweils auch im Kreditaufnahmebericht über alle Kennzahlen der Kreditaufnahme. Das erfolgt entsprechend der üblichen Verfahren.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das glaube ich. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob der Bund vorhat, solche Anleihen auch künftig noch auszugeben, oder wird er sein Verhalten diesbezüglich ändern?

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Die Ausgabe von Bundeswertpapieren erfolgt über die Finanzagentur, selbstverständlich in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen. Zu etwaigen Spekulationen kann ich mich hier dafür bitte ich um Verständnis nicht äußern.

Ich hoffe, dass ich im Hinblick auf die Berichterstattung das grundsätzliche Prozedere und die Natur inflationsindexierter Anleihen sowie die Tatsache richtiggestellt habe, dass es etablierte Produkte für das Schuldenportfolio des Bundes sind.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Frank Jordans fragt Herrn Büchner:

Der Chef der britischen Labour Party ist derzeit in Berlin und hat sich eben mit dem Kanzler getroffen. Was haben die beiden besprochen?

Wie bewertet die Bundesregierung die Absage der britischen Regierung, Partnerland der Hannover Messe 2024 zu werden, weil ihr angeblich das Geld fehle?

SRS BÜCHNER: Zur ersten Frage: Mir sind keine Details der Besprechung bekannt. Wenn sie gerade eben stattgefunden hat, wäre das auch schwierig, weil ich gerade hier sitze.

Zu der Absage: Darüber das muss ich Ihnen ehrlich sagen ist mir auch nichts bekannt. Von daher kann ich auch das nicht kommentieren.

VORS. SZENT-IVANYI: Wollen Sie das nachreichen?

SRS BÜCHNER: Wenn wir dazu etwas sagen können, reichen wir es nach.

FRAGE DR. RINKE: Meine Frage bezieht sich auf das Treffen des Kanzlers mit dem Sultan von Oman gestern. Danach gab es überhaupt keine Presseunterrichtung. Können Sie uns etwas zu dem Treffen sagen? Hat dabei das Gasthema oder zum Beispiel das Thema des Irans eine Rolle gespielt?

SRS BÜCHNER: Ich bin über dieses Treffen leider nicht informiert. Dazu kann ich hier nichts sagen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie dazu vielleicht etwas nachreichen? Denn es war ja relativ ungewöhnlich, dass es nur einen Bildtermin gab.

SRS BÜCHNER: Es gibt manchmal auch Besprechungen, die vertraulich sind und über die dann nicht berichtet wird. Wenn wir können, liefern wir etwas nach. Aber ich bin mir relativ sicher, dass wir dazu nichts berichten können.

Entschuldigung! Ein Nachtrag: Es gibt zu dem Treffen mit dem Sultan eine Pressemitteilung von gestern, Herr Rinke. Darüber hinaus wird es aber nichts zu berichten geben.

FRAGE BUSCHOW: Es war das zweite Mal, dass es keine Pressekonferenz gab. Gibt es Kriterien dafür? Legt der ausländische Staatsgast, oder legt das Kanzleramt fest, wann man eine Pressekonferenz gibt und wann nicht? Denn früher gab es sie in aller Regel.

SRS BÜCHNER: Das besprechen die beiden Seiten jeweils miteinander und legen es dann fest.

FRAGE HAUCK: Unter anderem bei den Kollegen vom „Tagesspiegel“ gab es die Kritik, dass es Kürzungen im Wissenschaftsbereich gibt und verschiedene Uniforschungsprogramme gekürzt werden. Das sei eine Verschwendung wissenschaftlicher Arbeit, weil beispielsweise bereits begonnene Studien nicht abgeschlossen werden könnten. Dabei geht es so liest sich das zumindest unter anderem um Coronaforschung.

Wie begründen Sie diese Kürzungen, und wie steht Ihr Ministerium dazu?

DR. REICHEL: Vielen Dank für die Frage. Die Berichterstattung ist in Teilen etwas lückenhaft. Tatsächlich gibt es keinen Bewilligungs- oder Förderstopp, wie zum Teil berichtet wird. Es gibt auch keine neue Schwerpunktsetzung der Hausleitung hin zu einem schnelleren Impact, wie zum Teil berichtet wird. Auch das ist nicht der Fall.

Das Haushaltsjahr ist von besonderen Herausforderungen geprägt. Wir müssen jetzt die Schuldenbremse wieder einhalten usw. Dennoch müssen mit dem Haushalt 2023 keine aktuell laufenden Forschungsvorhaben aus Kostengründen abgebrochen werden. Im Einzelfall kann es vorkommen, dass Anschlussprojekte nicht oder nicht im bisherigen Umfang gefördert werden können. Allerdings ist es weiterhin möglich, dass diese sich in Folgejahren um eine weitere Förderung bewerben. Insgesamt geht es aber um Projektförderung, und dieses ist immer zeitlich begrenzt. In den Förderrichtlinien ist auch immer beschrieben, dass sie über eine bestimmte Anzahl von Jahren laufen und die Förderung jeweils eine bestimmte Zeit läuft. Diese wird auch nicht vorzeitig abgebrochen oder gestoppt, sondern alle laufenden werden so, wie es vorgesehen war, zu Ende geführt werden können.

ZUSATZFRAGE HAUCK: Können Sie beziffern, welche Einsparung Sie dadurch letztlich erzielen können?

DR. REICHEL: Das müsste ich Ihnen nachreichen. Dazu habe ich keine konkreten Zahlen.

COLLATZ: Frau Buschow hatte nach dem Kontingentwechsel gefragt. Der nächste größere Wechsel im deutschen MINUSMA-Anteil steht für den Frühherbst an, also für September bzw. Oktober.

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