1, 2, 3 machen! ► BPK vom 6. Februar 2017
Themen: Situation in der Ostukraine, Flüchtlings- und Asylpolitik, Banken- und Finanzmarktregulierung, Sicherheitslage in Afghanistan, Ausschreitungen bei einem Erstligafußballspiel in Dortmund, Finanzlage Griechenlands, Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, PR-Kampagne „Neue Bauernregeln“ des Bundesumweltministeriums, Homöopathie, Handel deutscher Unternehmen mit dem Iran, Vorratsdatenspeicherung, Treffen der Bundeskanzlerin mit den griechischen Ministerpräsidenten
Heute ohne naive Fragen.
Themen:
00:38 Ost-Ukraine
09:27 Flüchtlinge auf dem Mittelmeer / Migration
25:30 Bankenregulierung
29:44 Sicherheitslage in Afghanistan
34:50 „Fan“-Krawalle (Dortmund)
39:40 IWF-Beteiligung an der „Rettung“ Griechenlands
44:13 Förderung von Nahverkehrsbetrieben
46:00 Landwirtschaftsministerium vs. Umweltministerium
49:49 Homöopathie
50:58 Maastricht-Kriterien
55:24 Iran
01:00:30 Vorratsdatenspeicherung
01:01:35 Merkel & Tsipras
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 6. Februar 2017:
STS SEIBERT: Es ist gut, dass das Auswärtige Amt hier vertreten ist, denn das, was ich Ihnen zu sagen habe, betrifft die Situation in der Ostukraine. Sie wissen, dass die Bundesregierung die Entwicklung der Lage im Osten der Ukraine sehr aufmerksam beobachtet. Wir haben das Aufflammen schwerer Kämpfe seit einer Woche im Raum Awdijiwka und Donezk scharf verurteilt. Nun begrüßen wir zugleich, dass es jüngst zu einem Rückgang der Kampfhandlungen gekommen ist und dass es gelungen ist, die Stromleitungen in Awdijiwka zu reparieren. Wenn man an die große Not der betroffenen Bevölkerung denkt, dann ist es von besonderer Bedeutung, dass die Kampfmaßnahmen dauerhaft eingestellt werden, um eben genau solche Arbeiten an der beschädigten Infrastruktur zum Beispiel auch der Wasserversorgung zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang dankt die Bundesregierung dem Einsatz der OSZE-Beobachter vor Ort. Sie sind rund um die Uhr im Einsatz. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass lokale Feuerpausen verabredet und respektiert wurden. Daraus folgt dann die Forderung, die wir hier schon mehrfach gestellt haben, nämlich dass die Beobachter der OSZE auch weiterhin sicheren Zugang und ungehinderten Zugang zu den umkämpften Gebieten erhalten müssen, vor allem zu Awdijiwka und Jassynuwata.
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die Hauptverantwortung für den Konflikt in der Ostukraine, die ja nach wie vor einen integralen Bestandteil des ukrainischen Staatsgebiets darstellt, bei den von Russland bis heute massiv unterstützten Separatisten liegt.
FRAGE JOLKVER: Herr Schäfer, plant der Außenminister denn einen neuen Vorstoß, zum Beispiel, die Vierer-Gruppe der Minister im Normandie-Format wieder einzuberufen?
DR. SCHÄFER: Zunächst einmal kann ich mich nur eins zu eins dem anschließen, was Herr Seibert gerade für die Bundesregierung gesagt hat. Das tue ich ausdrücklich auch für den Außenminister; das ist selbstverständlich. Die Danksagungen würde ich gerne noch ergänzen wollen, und ich bin sicher, dass dies auch im Sinne von Herrn Seibert ist: Unser Dank gilt auch dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und der Caritas, die in den schwierigen Zeiten ohne Wasser, ohne Wärme und ohne Strom für die Menschen in Awdijiwka dafür gesorgt haben, dass eine Notversorgung sichergestellt war. Das zeigt auch, dass die internationale Gemeinschaft und die internationalen Hilfsorganisationen funktionieren auch im Winter, auch wenn es kalt ist und wir dabei alle gemeinsam unserer humanitären Verantwortung gerecht werden.
Zu Ihrer konkreten Frage: Ja, natürlich hat Herr Gabriel das Thema Ukraine auf dem Schirm. Natürlich ist er in Sorge über das, was dort in den letzten sieben Tagen passiert ist. Herr Seibert hat es gerade schon geschildert: Wir haben über das Wochenende hinweg glücklicherweise ein Abflauen der Kämpfe zu verzeichnen gehabt. Die Zahl der Waffenstillstandsverletzungen ist am Samstag und am Sonntag substanziell gesunken. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen, aber sicherlich keine Entwarnung. Herr Gabriel hat gestern auch schon öffentlich in einem Fernsehinterview gesagt, dass das Aufflammen der Kämpfe aus seiner Sicht auch damit im Zusammenhang stehen könnte, dass aufseiten der Rebellen und vielleicht auch aufseiten der ukrainischen Regierung Unsicherheit darüber besteht, wie sich eine neue amerikanische Regierung in diesem Konflikt einbringen mag. Da gibt es ja durchaus unterschiedliche Zeichen, Anzeichen und Anhaltspunkte, die wir aus Washington über das Verhältnis Russlands und Moskaus zu diesem Konflikt haben.
Ob und wann es zu einem nächsten politischen Treffen im Normandie-Format kommen wird, vermag ich Ihnen nicht zu sagen. Davon, dass so etwas irgendwann in absehbarer Zeit auf der Tagesordnung stehen wird, können Sie ausgehen, weil wir einfach sehr sicher sind, dass es weiterhin der deutschen und der französischen Vermittlungsbemühungen bedarf, um diesen Konflikt entlang der Linie der Minsker Vereinbarung in friedlicheres Fahrwasser zu überführen, und weil wir ja auch immer wieder sehen, dass die Gefahr einer militärischen Eskalation eben noch bei Weitem nicht gebannt ist.
FRAGE DR. ZWEIGLER: Herr Dr. Schäfer, hat der Bundesaußenminister bei seinem Besuch in Washington in den Gesprächen denn Anzeichen dafür und Hinweise darauf erhalten, dass sich die US-Administration anders als bisher zum Problem Ostukraine verhalten wird?
DR. SCHÄFER: Ich hatte eben schon auf die Frage von Herrn Jolkver gesagt, dass es ja durchaus die eine oder andere unterschiedliche Meinung aus Washington zum Thema Ukraine gegeben hat. Die Gesprächspartner von Herrn Gabriel insbesondere der neue Außenminister, aber auch der Vizepräsident haben in den Gesprächen mit ihm deutlich gemacht, dass sie die deutschen und die französischen Vermittlungsbemühungen im Normandie-Format würdigen, dass sie das Engagement Deutschlands und Frankreichs für richtig halten und dass sie es auch weiterhin zu unterstützen gedenken. Herr Gabriel hat sich für die Bundesregierung ich denke, auch für das deutsch-französische Doppel bei den Bemühungen um eine Befriedung des Konflikts in der Ostukraine für das Vertrauen und die Unterstützung bedankt, die es dafür aus Washington gibt. Selbstverständlich, weil die Amerikaner ein ganz wichtiger politischer Faktor sind, wird es so wie auch in der Vergangenheit sein, dass die Amerikaner ganz eng in all unsere Bemühungen um eine Verbesserung der Lage vor Ort, um eine Beruhigung der militärischen Lage und um unsere politischen Bemühungen zur Durchsetzung der Vereinbarungen von Minsk eingebunden werden.
FRAGE JOLKVER: Herr Schäfer, ich habe Ihren Minister gestern so verstanden, dass er die Verantwortung für die Verschärfung der Krise auf beiden Seiten liegen sieht, und zwar gleichmäßig. Das würde nach meiner Einschätzung mit dem kollidieren, was Herr Seibert gerade gesagt hat. Könnten Sie das aufklären?
DR. SCHÄFER: Aber es gibt doch gar keinen Zweifel daran auch nicht beim neuen Außenminister , dass die Verantwortung für den Ausbruch der Krise in der Ukraine, die Verantwortung für die Annexion der Krim und auch die Verantwortung für die Lage in der Ostukraine ganz wesentlich ja, überwiegend, ja, eindeutig bei Moskau liegt. Das hat, glaube ich, auch der deutsche Außenminister in seinem Interview gestern Abend nicht bestritten.
Die Vermittlungsrolle, die Deutschland im Normandie-Format einnimmt, bringt es mit sich, bestimmte Dinge am liebsten hinter den Kulissen zu erörtern und zu besprechen. Die täglichen Berichte, die die zivile Beobachtermission der OSZE von der Lage in Awdijiwka und anderswo liefert, zeichnen ein Bild, bei dem Waffenstillstandsverletzungen von beiden begangen werden. Das ist, glaube ich, eine objektive Tatsache, an der wir nicht vorbeikommen. Die Frage der Verantwortung, wer für was verantwortlich ist, wer angefangen hat und wer reagiert, ist für alle und auch für uns hier in Berlin extrem schwierig zu beantworten, weil die Möglichkeiten der Beobachtung dessen, was dort passiert, eben doch begrenzt sind. Man weiß etwa, dass die Separatisten Angriffe auf ukrainische Truppen aus bewohnten Gebieten heraus durchführen. Da ist es dann schon eine berechtigte Frage, warum die Separatisten so etwas tun, weil das natürlich bedeutet, dass die Menschen, die um diese militärischen Einrichtungen herum wohnen, de facto als menschliche Schutzschilde verwandt werden, und das können wir nur in aller Form verurteilen.
Ansonsten ist die Rolle, die wir im Normandie-Format einnehmen, wie gesagt, die, zwischen Moskau und Kiew in diesem Konflikt im Osten der Ukraine zu vermitteln. Das macht es, glaube ich, erforderlich, sich auch bei der Sprache nach außen zurückzuhalten.
FRAGE WACKET: Zum Mittelmeer und den Flüchtlingen: Wie bewertet der Außenminister eigentlich den Beitrag von Herrn Oppermann, in dem der sich dafür eingesetzt hat, Flüchtlinge nach Nordafrika zurückzubringen, um die Schleuserkriminalität zu bekämpfen? Nordafrika ist natürlich nicht nur Libyen, wo die Situation besonders schwierig ist, sondern auch Marokko, Algerien oder Tunesien. Teilt der Außenminister diese Auffassung?
DR. SCHÄFER: Zunächst einmal danke ich Ihnen für die Frage, weil sie mir die Gelegenheit gibt, auch hier an dieser Stelle zu sagen, dass Herr Gabriel heute Morgen bei seinem Doorstep vor dem Beginn seines ersten Außenministerrats in Brüssel keineswegs Herrn Oppermann widersprochen hat, wie das eine große angelsächsische Agentur heute Morgen gerade vor einer halben Stunde berichtet hat. Herr Gabriel hat auf die Frage ich paraphrasiere das nur ein wenig „Wieso denken Sie, Herr Gabriel, dass Libyen ein sicherer Ort sei?“ gesagt: „Ich denke nicht, dass Libyen ein sicherer Ort ist, sondern ich denke, dass Libyen ein unsicherer Ort ist.“ Daraus herzuleiten, dass irgendetwas gegen Herrn Oppermann gesagt wurde, finde ich schräg, und es ist schlicht unzutreffend.
Jetzt zu Ihrer konkreten Frage: Es gibt Beschlüsse, an denen die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin in Valletta beim Europäischen Rat beteiligt gewesen sind, die dem Ziel dienen, die zentrale Mittelmeerroute als Tummelplatz für Schleuser und als einem Ort, an dem Tausende von Menschen im vergangenen Jahr im Mittelmeer wegen der grausamen, menschenverachtenden Tätigkeiten von Schleppern ertrunken sind, zu schließen. Das sind Bemühungen der Europäischen Union, die richtig sind und die auch erforderlich sind. Dazu, was jetzt mit den vermutlich Hunderttausenden Menschen passiert, die sich derzeit in Libyen befinden oder die auf dem Weg nach Libyen oder durch Libyen sind oder die auch den sehr gefährlichen ja, lebensgefährlichen Versuch starten, durch andere Mittelmeeranrainerstaaten im nördlichen Afrika zu kommen, um nach Europa zu gelangen, hat es jetzt in Valletta Beschlüsse gegeben, die den Weg weisen. Da sind wir erst am Anfang der Geschichte. Sie können für das Auswärtige Amt und für den amtierenden Außenminister sicher sein, dass man darauf achten wird, dass das in einer Weise geschieht, die gleichzeitig unseren Werten und unseren Interessen entspricht. Dass wir darauf achten werden, kann ich, glaube ich, auch guten Gewissens für die gesamte Bundesregierung sagen.
Beschlüsse gibt es noch nicht. Es gibt jetzt Pläne. Es gibt Überlegungen. An diesen Plänen beteiligt sich die Bundesregierung sehr konstruktiv mit dem Ziel, Lösungen zu finden, die die zentrale Mittelmeerroute als lebensgefährlichen Ort für Migration und Flüchtlinge sowie das Schlepperunwesen eben beendet.
STS SEIBERT: Weil Valletta und das EU-Treffen, an dem die Bundeskanzlerin teilgenommen hat, angesprochen wurde, würde ich das in diesen Zusammenhang vielleicht auch noch einmal für die Bundeskanzlerin einordnen wollen. Ich denke, wenn man, wie Herr Schäfer das gerade getan hat, über dieses Thema spricht, dann muss man sich erst einmal vor Augen führen, was die derzeitige Situation ist. Die ist so, dass im Jahr 2016 beinahe 5000 Menschen auf der Route, die wir die zentrale Mittelmeerroute nennen, bei dem Versuch, von Nordafrika aus über diese Route nach Europa zu gelangen, ertrunken sind. Es sind an die 5000 Ertrunkene, obwohl deutsche und andere Marineschiffe ihrerseits Tausende aus Seenot in dieser Region retten. Die Situation in den Einrichtungen oder Lagern, in denen Migranten in Libyen ihr Leben fristen müssen, ist sehr schlecht. Es gibt Berichte von empörenden Lebensbedingungen; die haben Sie alle zur Kenntnis genommen.
Diejenigen, die auf dieser Route nach Europa gelangen, haben dann hier in Europa meist sehr geringe Chancen, als Asylbewerber oder als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt zu werden und damit ein Bleiberecht zu bekommen. Die Einzigen, die in der derzeitigen Lage gewinnen, sind also die kriminellen Schlepper, die ein Vermögen mit dem Schicksal und dem Leid der Migranten machen.
Ähnlich verheerende Verhältnisse haben ja in der Ägäis geherrscht, bevor die EU und die Türkei ihr Flüchtlingsabkommen geschlossen haben. Seitdem ist das Schleppergeschäft dort weitgehend beendet worden; ihm ist weitgehend die Grundlage entzogen worden. Auch die Zahl der Ertrunkenen in der Ägäis ist, Gott sei Dank, drastisch geringer geworden. Es ist also folgerichtig, dass die Europäische Union mit den nordafrikanischen Nachbarländern eine ebenso geordnete Zusammenarbeit anstrebt, und ein Teil dieser Bemühungen war ja auch Thema beim EU-Treffen auf Malta. Der Grundsatz einer verstärkten Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Partnern ist also richtig, ebenso die Perspektive, dass Migranten dort unter menschenwürdigen Bedingungen Aufenthalt haben, anstatt ihr Leben auf hoher See zu riskieren.
Aber wir müssen natürlich klar sagen: So weit sind wir noch nicht. Wir stehen am Anfang dieser Zusammenarbeit. Noch hat die libysche Regierung nicht die Stabilität, noch hat sie nicht den Zugriff auf das gesamte Staatsgebiet, vor allem auf die gesamte Küste, und das sind natürlich Voraussetzungen dafür, dass man konkrete Verbesserungen erreichen kann.
Aber es ist gut und wichtig, dass jetzt erste Schritte gemacht worden sind. Deswegen unterstützen wir wie alle europäischen Partner, dass Italien mit seiner besonderen, auch historischen Beziehung zu Libyen ein Abkommen mit diesem Staat geschlossen hat. Wir werden die italienischen Bemühungen um Stabilität in Libyen mit aller Kraft unterstützen. Sie ergänzen gut unsere Zusammenarbeit in den Migrationspartnerschaften, beispielsweise mit einem wichtigen Durchgangsland wie Niger, beispielsweise bei der Sicherung der libysch-nigrischen Grenze. Natürlich werden wir auch die Ausbildung der libyschen Küstenwache durch die Mission Sophia mit unseren Mitteln unterstützen.
Noch einmal zu dem Thema, das ja ganz wichtig ist, nämlich den Bedingungen in den libyschen Aufnahme- oder Auffanglagern: Diese Bedingungen sind oft sehr schlecht; wir alle kennen die Berichte. Das ist der Bundeskanzlerin sehr bewusst; denn sie hat bei ihrem Besuch in Niger mit Menschen in einer Einrichtung, der internationalen Einrichtung für Migration, gesprochen, die nach entsetzlichen persönlichen Erlebnissen aus Libyen zurückgekommen sind und den Rückweg in ihre Heimat in verschiedenen Ländern Schwarzafrikas angetreten haben. Deswegen ist ganz klar, dass das auch ein Zustand ist, der natürlich nicht so bleiben kann, den man nicht hinnehmen kann. Als erster Schritt wäre es wichtig, dass Organisationen wie die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR oder die Internationale Organisation für Migration Zugang zu diesen Einrichtungen in Libyen bekommen. Das ist es, woran die Bundesregierung und die EU nun arbeiten. Das sind also, wie gesagt, die Anfänge einer Partnerschaft mit den Ländern Nordafrikas, die sich in die Hilfe einfügt, die wir Herkunfts- und Transitländern geben, damit Menschen dort bessere Bedingungen für ihr Leben vorfinden und eine Alternative zur Flucht oder Migration haben.
Es geht immer um diese drei Punkte, erstens dem schrecklichen, beinahe täglichen Sterben in diesem Teil des Mittelmeers ein Ende zu bereiten, zweitens Flüchtlingen und Migranten Alternativen zu bieten und drittens natürlich auch unsere europäischen Außengrenzen besser zu kontrollieren.
ZUSATZFRAGE WACKET: Ich möchte doch noch einmal auf den Punkt von Herrn Oppermann zurückkommen. Der Punkt von Herr Oppermann war ja zentral, dass man Flüchtlinge, die im Mittelmeer gerettet werden, perspektivisch sicherlich nicht heute oder morgen nach Nordafrika das heißt nicht unbedingt Libyen; es gibt ja noch andere nordafrikanische Länder zurückbringen kann. Dazu würde ich gerne die Haltung des Auswärtigen Amtes erfahren. Sollte das am Ende der Überlegungen das Ziel sein?
DR. SCHÄFER: Herr Seibert hat gerade sehr viel zu Libyen und Nordafrika gesagt. Ich möchte zu Libyen nur noch etwas ergänzen. Libyen ist zurzeit nur der Form nach ein Staat. In der Sache ist es kein Staat; es hat keine funktionsfähigen staatlichen Strukturen. Solange das nicht der Fall ist, wird es uns nicht oder nur unter allergrößtem Aufwand und allergrößten Schwierigkeiten und nur auf Umwegen gelingen können, überhaupt etwas für gestrandete Flüchtlinge zu tun, diese armen Teufel, die Ärmsten der Armen, die durch Libyen durchwollen, weil sie sich ein besseres Los auf der Flucht vor Armut und anderer Unbill erhoffen.
Das wird uns nur gelingen, wenn wir in unseren Bemühungen, in Libyen ein Staatswesen wiederaufzubauen, nicht nachlassen. Darüber haben wir an dieser Stelle schon ganz häufig geredet. Das kann man aber gar nicht oft genug sagen, weil auch all diejenigen, die sich mit gutem Recht, mit allem Recht dafür einsetzen, dass es den Flüchtlingen in Libyen gut geht, nicht um den Umstand herumkommen, dass das libysche Staatswesen nicht funktioniert. Deshalb müssen wir alles Interesse daran haben, den libyschen Staat zu stabilisieren.
Jetzt kann ich nur sagen: Am Wochenende sind im Europäischen Rat Entscheidungen getroffen worden. Diese Entscheidungen sind in einer Prüf- und Planphase, in einer Phase, in der noch überhaupt keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch liegen. Dass wir Lösungen brauchen, die im Einklang mit unseren Werten und unseren Interessen stehen, dass wir Lösungen brauchen, die auch menschenrechtliche Aspekte Herr Seibert hat dazu für die Bundeskanzlerin gerade ausführlich ausgeführt beim Umgang mit diesen Flüchtlingen zu berücksichtigen haben, ist doch völlig selbstverständlich.
FRAGE STEINER: Vielleicht habe ich es verpasst. Herr Oppermann sprach in seinem Beitrag explizit davon, dass es um die legalen Migrationswege gehe. Ich wüsste gern, wie dazu der aktuelle Stand innerhalb der Bundesregierung ist, wie weit die Absprachen sind, was die Schaffung solcher legalen Migrationswege speziell aus Afrika angeht. Ich weiß nicht, wer von Ihnen etwas dazu sagen kann, Herr Schäfer, Herr Dimroth, Herr Seibert.
STS SEIBERT: Dazu kann ich Ihnen sagen, dass genau wie beim EU-Türkei-Abkommen, das auch legale Kontingente vorsieht, aber nicht als ersten Schritt, dies perspektivisch auch ein Teil unserer Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Staaten sein kann.
Aber ich habe es versucht darzulegen: Wir sind am Anfang. Jetzt müssen wir uns auf die vielen kleinen Schritte konzentrieren, die jetzt zu machen sind, um Libyen zu stabilisieren und um in konkreten Fragen der migrationspolitischen Zusammenarbeit auch mit anderen nordafrikanischen Staaten voranzukommen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Sie schildern uns hier intensiv die Dringlichkeit der Lösung der ganzen Geschichte, immer unter Verweis auf die Schlepper- und Schleuserkriminalität und darauf, dass davon auch die Flüchtlinge am Ende nicht profitieren. Jetzt sagen Sie aber gleichzeitig, dass das Thema der legalen Migrationswege auch etwas ist, was wohl nicht kurzfristig zu lösen sein wird. Wie kriegen Sie das zusammen? Ich verstehe es einfach logisch nicht. Wenn Sie sagen, es gebe aktuell ein Schleuser- und Schlepperproblem, müssten sie dann nicht jetzt bereits Alternativen aufzeigen?
STS SEIBERT: Ich fürchte, es geht kein Weg daran vorbei, die Sache in ihrer ganzen Komplexität zu betrachten. Natürlich müssen wir gleichzeitig verschiedene Handlungsrichtungen verfolgen: Ja, an den europäischen Außengrenzen müssen wir die Grenzkontrolle besser in den Griff bekommen. Ja, wir müssen eine intensive Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Durchgangsländern auf die Beine stellen, damit in diesen Ländern bessere Bedingungen herrschen, damit Menschen nicht so stark wie bisher den Druck zur Auswanderung empfinden, damit Menschen, die bisher im Schlepperwesen tätig sind das betrifft zum Beispiel Agadez, die Region in Zentralniger, wo das, wenn man so sagen will, eine der Hauptindustrien ist , Alternativen dazu haben, ihr Leben als Schlepper zu verdienen. Das ist ganz genauso notwendig wie die Frage der Sicherung der Seegrenzen, wie die Frage der Zusammenarbeit und der Verbesserung der Situation in den Auffanglagern, die derzeit in Libyen sehr schlecht ist.
Sie fragen, als wäre es ganz einfach und als müsse man nur eins, zwei, drei machen. Ich fürchte, man muss eins, zwei, drei gleichzeitig machen. Und wenn Sie die gesamten Bemühungen sowohl der deutschen als auch der europäischen Politik sehen, dann werden Sie, denke ich, auch sehen, dass wir all diese Themen ins Auge gefasst haben und dass die Sache auf vielen Gebieten inzwischen sehr konkret zu werden begonnen hat.
FRAGE REICHE: Vor dem Hintergrund eines Medienberichtes über illegale Einreisen per Fernbus aus Österreich wüsste ich gern vom Bundesinnenministerium, ob man dort die Zahlen bestätigen kann. Ich meine, dort wurden 6309 für 2016 genannt.
Eine zweite Frage, auch an das Innenressort bzw. an das Verkehrsressort: Gibt es Überlegungen, dass man Transportunternehmen dafür verantwortlich machen könnte, künftig im grenzüberschreitenden Verkehr zu prüfen, wen sie ins Land hineinbringen?
DR. DIMROTH: Herr Vorsitzender, das ist zwar, denke ich, nicht ganz unmittelbar das Thema, das wir bis jetzt besprochen haben, aber wenn Sie erlauben, würde ich trotzdem schon antworten.
Vielen Dank für die Frage. Ich kann tatsächlich bestätigen, dass im Jahr 2016 durch die Bundespolizei bei Kontrolle von Fernbussen 5933 unerlaubte Einreisen festgestellt worden sind.
Ihre zweite Frage, ob wir aus dieser Erkenntnis oder auch ganz grundlegend die Notwendigkeit ableiten, eine entsprechende Regelung zu schaffen, kann ich ganz klar mit Nein beantworten. Warum ist das so? Weil es eine entsprechende Verpflichtung schon gibt. Insofern stellt sich die Frage überhaupt nicht. Paragraf 63 des Aufenthaltsgesetzes enthält eine entsprechende Verpflichtung für Beförderungsunternehmer bereits heute jedenfalls im Zusammenhang mit stattfindenden Grenzkontrollen, die, wie Sie wissen, derzeit und voraussichtlich auch noch einen geraumen weiteren Zeitraum an der deutsch-österreichischen Grenze stattfinden. Im Kontext solcher Grenzkontrollen besteht diese Verpflichtung aus Paragraf 63 des Aufenthaltsgesetzes. Es gibt auch entsprechende rechtliche Schritte, die die Bundespolizei in Einzelfällen gegen Beförderungsunternehmen in der Vergangenheit bereits eingeleitet hat, die dieser Pflicht aus Sicht der Bundespolizei nicht hinreichend nachgekommen sind. Insofern stellt sich keine Frage nach einem möglichen Gesetzgebungsbedarf in Richtung einer Norm, die es schon gibt.
VORS. DETJEN: Noch Ergänzungen vom Verkehrsministerium?
FRIEDRICH: Nein, keine Ergänzungen aus unserer Sicht.
FRAGE PICHLER: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Herr Weißgerber, es geht um das Thema der Bankenregulierung und die Ankündigung der USA, die Regulierung wieder zurückzuschrauben. Sind die Finanzinstitute jetzt robust genug, dass man da sozusagen wieder nachlassen kann? Wie bewertet das Ministerium das?
An Herrn Seibert die Frage: Was bedeutet das für die G20-Präsidentschaft? Auf dem Plan der G20 steht ja auch das Thema der Finanzmarktregulierung. Bleibt das weiterhin auf der Tagesordnung der G20?
DR. WEISSGERBER: Das Thema wurde hier vergangenen Freitag schon von meiner Kollegin Frau Kalwey angesprochen. Die Position ist erst einmal unverändert. Nach dem, was wir lesen, sind es erst einmal Ankündigungen bzw. Prüfaufträge des Präsidenten. Diese kommentieren wir jetzt und hier nicht. Wenn wir konkrete Änderungsvorschläge sehen, dann werden wir uns damit beschäftigen.
Wenn der designierte US-Finanzminister offiziell ernannt ist, dann wird Minister Schäuble natürlich auch mit ihm in Kontakt treten und natürlich auch zu diesem Thema das Gespräch suchen.
STS SEIBERT: Ich will gar nicht viel dazu sagen, weil ich denke, dass der Sprecher des Finanzministeriums, aber auch der Finanzminister selber dazu in den vergangenen Tagen das Wesentliche gesagt haben. Aus unserer Sicht bleibt es dabei, dass ein wichtiger Teil der gemeinsamen Arbeit der G20 die Kooperation in internationalen Finanz- und Steuerfragen ist, ebenso auch, dass man sich mit Handels- und Investitionsfragen beschäftigt. Das bleibt. Das werden wir weiterhin verfolgen und werden mit unseren Argumenten für eine gute multilaterale Arbeit werben.
FRAGE JENNEN: Der Prozess zu Basel III ist ja ein bisschen ins Stocken geraten, auch vonseiten Deutschlands, auch weil man eigentlich eine ein wenig lockerere Regulierung für die Banken will. Wie schätzen Sie jetzt die Entwicklung in den USA ein? Kommt das dem Ganzen entgegen? Erwarten Sie, dass Sie jetzt vielleicht sogar mehr Chancen haben, die deutsche Linie durchzusetzen?
DR. WEISSGERBER: Zur Einordnung dessen, was Sie meinen: Diese Diskussionen finden im Baseler Ausschuss statt. Daran nimmt das Bundesfinanzministerium nicht teil, sondern es nehmen teil die Bundesbank und die BaFin.
Ich möchte das zurückweisen, was Sie in Ihrer Frage unterstellen, dass wir eine lockerere Regulierung für Banken hier in Deutschland wollen. Denn es geht darum, dass es international ein „level playing field“ gibt, dass also die Basel-III-Regelungen zur Bankenregulierung nicht zu Wettbewerbsvorteilen in einigen Regionen der Welt führen. Darum geht es.
Aber das Bundesfinanzministerium als solches ist nicht Teil des Baseler Ausschusses. Das sind Bundesbank und BaFin. Deswegen halten wir uns hier zurück.
FRAGE WACKET: Macht sich die Wirtschaftsministerin Sorgen darüber, dass die Wettbewerbsfähigkeit bzw. Wettbewerbsgleichheit zwischen den Banken hier in Europa und in den USA verzerrt wird, wenn der Dodd-Frank Act aufgeweicht oder geändert wird?
DR. BARON: Vielen Dank. Zu Basel III hat sich der Kollege schon geäußert. Das kann ich nicht näher kommentieren. Die Verhandlungen dazu laufen im entsprechenden Ausschuss.
Allgemein für die wirtschaftliche Entwicklung gilt Ministerin Zypries hat sich dazu mehrfach geäußert : Sie hat darauf hingewiesen, dass man zunächst einmal nicht in Hektik verfallen sollte, sondern abwarten muss, was aus den verschiedenen Ankündigungen wird. Denn wir haben eine starke Wirtschaft und bieten einen sachlichen und selbstbewussten Dialog an. Unsere Wirtschaft hat allen Grund, hier selbstbewusst aufzutreten. Die Europäische Union und der Binnenmarkt sind stark. So werden wir in diesen Gesprächen auftreten. Das gilt für die gesamte Wirtschaft.
FRAGE: Es gibt einen Medienbericht aufgrund eines UN-Berichtes, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan verändert hat und einige Bundesländer darauf reagiert hätten und Abschiebungen dorthin verhindern wollen. Herr Dr. Schäfer, gibt es eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan?
An das Innenministerium: Wie wollen Sie denn die Länder dazu bringen, weiterhin dorthin abzuschieben?
DR. SCHÄFER: Bei Staaten wie Afghanistan nehmen wir täglich Neubewertungen vor. Denn zum Bedauern für die Menschen in Afghanistan ist die Lage dort nicht so stabil wie bei uns. Deshalb ist es eine tägliche Aufgabe, zu verstehen, was dort passiert, was dort politisch passiert und welche Folgen das in erster Linie auch für die Bürgerinnen und Bürger Afghanistans hat.
Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht genau ich habe das zwar gelesen, worauf Sie Ihre Frage gründen , welcher Bericht damit gemeint sein mag. Natürlich ist die Lage in Afghanistan nicht gut. Natürlich gibt es Regionen, in denen die Taliban in den letzten Monaten militärische Fortschritte gemacht haben. Ich glaube aber nicht, dass das aus Sicht der Bundesregierung eine generelle Neubewertung innenpolitischer Maßnahmen nach sich ziehen muss. Die Lagebewertung bleibt, was das angeht, aus meiner Sicht die gleiche wie noch vor Veröffentlichung eines solchen Berichtes.
STS SEIBERT: Wenn ich darf, möchte ich gern ein Element in die Diskussion zu diesem Thema einbringen, das gern übersehen wird: Im vergangenen Jahr sind deutlich mehr als 3000 Menschen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt. Diese Entwicklung begrüßt die Bundesregierung. Wir werden unser Engagement zur Förderung der freiwilligen Rückkehr nicht nur fortsetzen, sondern wir werden es ausbauen.
Seit dem 1. Februar, also seit wenigen Tagen, gibt es in Ergänzung zu einem Bund-Länder-Programm in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration auch das neue Rückkehrförderprogramm StarthilfePlus.
DR. DIMROTH: Wenn ich noch ergänzen darf: Zunächst ist es so, dass im Rahmen der Innenministerkonferenz, also der zuständigen Fachministerkonferenz, zwischen Bund und Ländern verabredet ist, dass eine Rückführung nach Afghanistan grundsätzlich wieder möglich sein soll. Der Bundesinnenminister hat seinerseits den Ländern zugesagt, sie sehr transparent und fortlaufend über Erkenntnisse der Bundesregierung zur Sicherheitslage in Afghanistan zu unterrichten. Das tun wir auch. Das tut der Bundesinnenminister im Rahmen dieser Gespräche der Innenministerkonferenz regelmäßig, sodass allen das gleiche Bild vorliegen sollte. Das Bild ist volatil; das hat Herr Schäfer gerade sehr zutreffend ausgeführt.
Neben der Tatsache, dass aber dennoch eine Vielzahl von Menschen, wie gerade von Herrn Seibert ausgeführt, freiwillig zurückkehrt, ist ein Punkt schon auch noch wichtig: Solche Abschiebemaßnahmen sind das Ergebnis vielschichtiger Überprüfungen aufgrund der dafür einschlägigen gesetzlichen Vorgaben, die selbstverständlich auch zu berücksichtigen haben, wie die Situation in dem Herkunftsland ist. Bevor eine solche Abschiebung vollzogen wird, ist das also Gegenstand einer Reihe von behördlichen Überprüfungen gewesen, regelmäßig überdies auch einer Reihe von gerichtlichen Überprüfungen.
Es ist ja mitnichten so, dass das Argument der Sicherheitslage im Herkunftsland keine Rolle spielen würde bei der Frage, ob jemand überhaupt vollziehbar ausreisepflichtig ist und ob eine Abschiebung vollzogen werden kann. Das Gegenteil ist der Fall. Insofern ist es genau so, wie es Herr Schäfer und Herr Seibert gesagt haben. Es gibt keinerlei Grund, die grundlegende Haltung der Bundesregierung infrage zu stellen. Das Bundesinnenministerium jedenfalls wird weiterhin darum bemüht sein, die Länder davon zu überzeugen, sich weiterhin zu beteiligen.
FRAGE STEINER: Herr Dimroth, ich will daran direkt anschließen: Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, lag die Gesamtschutzquote für Afghanen in den letzten Monaten bei über 50 Prozent und damit in der Marge, ab der ein Integrationskursanspruch entstehen könnte.
Nachdem der Innenminister das in seinem Facebook-Stream auch thematisiert hat, würde ich gern wissen, wie weit Sie mit der Bewertung dessen gekommen sind, ob das ein dauerhaft erwartbarer Zustand ist oder ob es dabei bleibt, dass Afghanen keine Integrationskurse in Anspruch nehmen können.
DR. DIMROTH: Vielen Dank. Das kann ich nur ganz kurz und knapp beantworten. Die Prüfung dieses Sachverhalts ist noch nicht abgeschlossen, sodass es dazu noch keine Neubewertung oder abschließende Entscheidung gibt. Sollte das der Fall sein, werde ich Sie darüber gern in Kenntnis setzen.
FRAGE: Herr Dimroth, zwei Fragen zu den Vorfällen, die es in Dortmund gegeben hat. Der Innenminister hat sich in der „BILD“-Zeitung ja schon geäußert. Kann er mehr tun als an die Justiz zu appellieren? Zu verhindern, dass Krawalle in Stadien auftauchen, ist natürlich schwierig. Aber kann er verhindern, dass solche aggressiven Spruchbänder in der Zukunft weiterhin auftauchen? Gibt es Möglichkeiten, auf die Länder einzuwirken?
Zweite Frage als Lernfrage: Soweit ich weiß, ist die Bundespolizei auch in diesem Umfeld nur in Bahnhöfen aktiv. War die Bundespolizei hierbei irgendwie beteiligt? Ist die Bundespolizei bei Fußballspielen gut aufgestellt?
DR. DIMROTH: Vielen Dank für die Frage. Der Bundesinnenminister hat tatsächlich sehr deutliche Worte zu dem, was in Dortmund passiert ist, gefunden, auch zu seiner Erwartungshaltung, was die Konsequenzen eines solch brutalen Vorgehens gegenüber Polizistinnen und Polizisten sowie, mindestens genauso schlimm, gegenüber unbeteiligten Familien und Kindern betrifft. Ich denke, das steht, ehrlich gesagt, für sich.
Was die Frage der Zuständigkeit anbetrifft, ist es tatsächlich so, dass für die Sicherheit auf öffentlichen Plätzen in diesem Fall Straßen selbstverständlich völlig unabhängig davon, welches Großereignis möglicherweise Grund für das Zusammentreffen von Personengruppen ist, die Bundesländer zuständig sind. So ist das auch hier. Es gibt auch hier im Rahmen der Innenministerkonferenz die ja eine Konferenz der Landesinnenminister ist, bei der der Bundesinnenminister Gast ist einen fortgesetzten Dialog insbesondere auch mit dem DFB und der Deutschen Fußball Liga zu der Frage, wie man hier zu mehr Sicherheit kommen kann. Da sind aus unserer Sicht insbesondere auch die Vereine ganz stark gefordert, ihrerseits über entsprechende Maßnahmen Präventionsmaßnahmen, Fanmaßnahmen zu einer Deeskalation beizutragen. Was aber die polizeiliche Verantwortung vor Ort anbetrifft, so liegt die bei den jeweiligen Landesbehörden.
Das beantwortet dann vermutlich weitestgehend auch schon Ihre zweite Frage. Ich sehe jedenfalls nicht, wo der Bund hier außerhalb der originären Zuständigkeiten, die es gibt, tätig werden könnte. Diese Zuständigkeiten sind auch bei der Bundespolizei gegeben, soweit es um bahnpolizeiliche Aufgaben geht, das ist richtig. Soweit es darüber hinaus um bereitschaftspolizeiliche Aufgaben geht, ist es tatsächlich regelmäßig so, dass die Bundespolizei im Rahmen von Amtshilfe die zuständigen Bundesländer bei der Sicherung von Reisebewegungen gerade zum und vom Stadium im Zusammenhang mit Fußballspielen unterstützt. Das geschieht im Übrigen nicht nur in der 1. Bundesliga; wir beklagen ja mindestens so sehr die Gewalt in den unteren Ligen, die auch regelmäßig nur mit einem wirklich immensen Polizeiaufgebot einzuhegen ist. Da unterstützt die Bundespolizei tatsächlich jedes Wochenende die Landesbehörden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
Wenn Sie mich jetzt fragen, ob die Bundespolizei richtig aufgestellt ist, kann ich noch einmal auf das verweisen, was hier am Freitag schon Thema war: Es gab in der Geschichte der Bundespolizei noch nie eine Legislaturperiode, in der so viel Personalverstärkung und so viele zusätzliche Ressourcen von einer Bundesregierung beschlossen wurden, wie in der laufenden. Das zeigt Ihnen, dass die Bundesregierung, zuvorderst der Bundesinnenminister, sehr wohl anerkannt und frühzeitig erkannt hat, dass es hier einen Handlungsbedarf gibt. Der ist sozusagen politisch eingehegt und abgedeckt. Jetzt geht es aber darum, den auch mit tatsächlichem Personal zu unterlegen. Das passiert; während wird hier sitzen, wird an vielen Stellen in Deutschland Bundespolizei ausgebildet. Auch da haben wir entsprechende Verstärkungsmaßnahmen unternommen, um hier möglichst rasch die ersten Kolleginnen und Kollegen auf die Straße zu bekommen. Dass hier natürlich dennoch eine sorgfältige Ausbildung nötig ist, die auch einen Moment dauert, erklärt sich, denke ich, von selbst. Aber wenn Sie mich fragen „Ist hier was zu tun?“, dann lautet meine Antwort so ähnlich wie bei Herrn Reiche vorhin : Hier ist schon sehr viel geschehen, und zwar in einem Maße, wie vorher noch nicht dagewesen.
ZUSATZFRAGE: Wenn ich es in den Agenturmeldungen richtig gesehen habe, fordert der Bundesinnenminister Gefängnis für die Täter von Dortmund. Ist das eine adäquate Forderung an die Justiz, oder weiß die Justiz nicht selbst, was sie zu tun hat?
DR. DIMROTH: Ich sagte eingangs ja: Das, was der Minister gesagt hat, steht, glaube ich, für sich. Er hat gesagt: Wenn Menschen ohne Rücksicht auf mögliche Folgen Getränkekisten oder Flaschen gegen andere Menschen werfen, dann gehören solche Menschen nicht ins Stadion, sondern hinter Schloss und Riegel. Ich glaube, dieses Statement ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten, und es ist nicht an mir, das jetzt hier für Sie weiter zu kommentieren oder zu interpretieren.
FRAGE KOUPARANIS: Herr Weißgerber, mir liegt eine etwa elf Tage alte Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vor. Diese Einschätzung beantwortet die Frage, ob sich eine etwaige Entscheidung des IWF, sich nicht am laufenden Griechenland-Programm zu beteiligen, unmittelbar zu einer Plenarsitzung des Bundestages führen müsste. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages weist darauf hin, dass sich der IWF niemals rechtlich verpflichtet hat, am griechischen Programm teilzunehmen, und dass sowohl in der Erklärung der Eurogruppe vom 14. August 2015 als auch im Beschluss des Bundestages vom 19. August 2015 eine politische Erwartung ausgesprochen worden ist, dass der IWF sich beteiligen sollte. Der entscheidende Satz dieser Einschätzung lautet: „Unter beteiligungsrechtlichen Gesichtspunkten nach dem ESM-Finanzierungsgesetz macht die Nichtteilnahme des IWF für den Bundestag unmittelbar keine Plenarbefassung erforderlich.“ Steht das nicht im Widerspruch zu den Erklärungen Ihres Ministers?
DR. WEISSGERBER: Ich kann an dieser Stelle nur das wiederholen, was wir hier schon öfter gesagt haben und was auch der Minister selbst gesagt hat: Das allgemeine Verständnis aller beteiligten Parteien, die dies im Mai 2015 in der Erklärung der Eurogruppe zusammengefasst haben, ist gewesen: Der IWF ist „indispensable“ für dieses Programm so wurde es damals ausgedrückt. Insofern gehen wir auch weiterhin davon aus, dass er an Bord bleibt. Für den Fall, dass er dies nicht tut, hat der Minister klar gemacht, dass das Programm dann beendet ist und dann natürlich der Bundestag mit allem Weiteren befasst wird. Mehr habe ich dem nicht hinzuzufügen; aber wir haben das ja an dieser Stelle jetzt schon sehr häufig gesagt.
ZUSATZFRAGE KOUPARANIS: Das ist also keine rechtliche Frage, sondern eine politische Frage?
DR. WEISSGERBER: Ich kann an dieser Stelle jetzt nicht den Unterschied zwischen rechtlich und politisch erkennen.
ZUSATZFRAGE KOUPARANIS: Wenn der Wissenschaftliche Dienst sagt, rechtlich gesehen müsste der Bundestag deswegen nicht tagen, dann ist es doch eine politische Entscheidung?
DR. WEISSGERBER: Ich weiß jetzt gar nicht, wohin diese Debatte führen soll. Es ist doch immer besser, wenn der Bundestag befasst wird, als wenn er nicht befasst wird. Insofern weiß ich auch gar nicht, worum es in Ihrer Frage jetzt eigentlich geht. Normalerweise kommt ja immer der Vorwurf, man wolle den Bundestag nicht beteiligen. Wenn wir jetzt klar sagen „Gesetzt den hypothetischen Fall, dass der IWF nicht an Bord ginge, würde auf jeden Fall der Bundestag befasst“, dann ist das doch eine klare Aussage.
FRAGE VALASSOPOULOS: Herr Weißgerber, der IWF berät heute über seine Haltung zur Griechenland-Rettung. In einem neuesten Bericht spricht er über explosionsartige Schulden, und diese Schulden seien absolut nicht tragfähig. Was sagen Sie dazu?
DR. WEISSGERBER: Auch dazu haben wir hier schon Stellung genommen. Zur Befassung des IWF heute: Es ist ja nicht an mir, das hier zu bestätigen. Meines Wissens beschäftigt sich der IWF nicht mit dem dritten Hilfsprogramm für Griechenland, wenn, dann geht es um die Artikel-4-Konsultation. Das ist eine reguläre Befassung, die der IWF mit jedem seiner Mitgliedstaaten regelmäßig macht; auch Deutschland wird ja gerade vom IWF im Rahmen der Artikel-4-Konsultation überprüft. Ob und inwieweit sich der IWF überhaupt mit Griechenland befasst, muss die Pressestelle beim IWF sagen, das können wir hier nicht machen. Zu den Berichten des IWF haben wir auch schon alles gesagt; dem habe ich hier auch nichts hinzuzufügen.
FRAGE: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Frau Friedrich, es gibt Klagen aus Nahverkehrsunternehmen, dass das Förderprogramm für Nahverkehrsbetriebe 2019 auslaufen könnte. Soll das fortgeführt werden? In welcher Höhe und nach welchen Kriterien werden diese Gelder eigentlich verteilt?
FRIEDRICH: Zu Ihrer ersten Frage kann ich Folgendes sagen: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz kurz: GVFG , um das es hier offenbar geht, soll über 2019 hinaus bis zu seiner Aufhebung fortgelten. Eine Änderung des aktuell gültigen GVFG ist ab dem 1. Januar 2025 möglich. Das GVFG war Teil der Beschlüsse der Regierungschefs vom 14. Oktober 2016 zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, und mit dem Kabinettsbeschluss vom 13. Dezember 2016 wurde diese Entscheidung umgesetzt. Das GVFG-Bundesprogramm nur um das noch zu ergänzen umfasst jährlich rund 332,6 Millionen Euro. Damit können auf Antrag der Länder Infrastrukturinvestitionen im ÖPNV-Bereich Schienenverkehrswege und kommunale ÖPNV-Vorhaben finanziert werden.
Zu Ihrer zweiten Frage, ob es einen Verteilungsschlüssel gibt, kann ich Folgendes sagen: Es gibt keinen festen Schlüssel für die Vergabe der Mittel, vielmehr reichen die Länder sozusagen ihre Anträge ein. Unter anderem muss dabei die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden, und die Gesamtfinanzierung der Projekte muss sichergestellt sein. Auf dieser Basis wird der Antrag geprüft und am Ende auch entschieden.
FRAGE DR. ZWEIGLER: Ich würde gern zwei Nachfragen an das Bundeslandwirtschaftsministerium und an das Bundesumweltministerium stellen. Wir hatten ja am Freitag schon über die Kampagne „Neue Bauernregeln“ aus dem Hause der Bundesumweltministerin gesprochen. Wie ich höre, gibt es inzwischen einen regen Briefwechsel zwischen den beiden Ministern.
Herr Reymann, ich wüsste gerne: Warum schreibt Ihr Minister einen Brief an seine Kabinettskollegin? Er hätte mit ihr ja beispielsweise auch telefonieren können.
Herr Fichtner, nicht nur vom Bauernverband, sondern auch von anderen gibt es die Forderung, diese Kampagne zu stoppen. Werden Sie diese Kampagne stoppen?
REYMANN: Zunächst: Die Art und Weise, wie die Häuser der Bundesregierung miteinander kommunizieren, ist hier, glaube ich, nicht Anlass zur Kommentierung.
Zweitens: Die Aussagen des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft sind ja überall in den Medien nachzulesen unter anderem in der „Mittelbayerischen Zeitung“, von einem Herrn Zweigler geschrieben , und diese Aussagen stehen für sich. Deswegen haben wir hier jetzt auch keinen Grund und keinen Anlass, das weiter zu kommentieren.
FICHTNER: Ich kann das gern ergänzen. Wir sehen dazu keinen Anlass. Ich kann nur wiederholen, was ich am Freitag schon gesagt habe: Es wird hier niemand persönlich angegriffen, und es geht nicht darum, einen ganzen Berufsstand zu diffamieren, wie teilweise vermutet wird, sondern um Fehler im System, die wir ansprechen. Die Debatte findet in der Gesellschaft statt, und sie findet auch in der Bundesregierung statt. Dem habe ich hier heute nichts hinzuzufügen.
ZUSATZFRAGE DR. ZWEIGLER: Halten Sie die Kritik daran, dass man dafür 1,6 Millionen Euro Steuergeld ausgeben wird, für berechtigt? Halten Sie es für angemessen, einen solchen Betrag für so eine Kampagne auszugeben, oder denken Sie noch einmal darüber nach?
FICHTNER: Das ist absolut angemessen. Es geht aus unserer Sicht darum, wichtige Umweltschutzgüter zu schützen. Das geht zum Teil auch nur mit einer öffentlichen Debatte. Es geht darum, für die Reformschritte, die anstehen, die nötige öffentliche Debatte auch mit unserer Position zu bereichern.
FRAGE WACKET: Sieht das Kanzleramt Grund, da einmal einzugreifen? Schließlich verlangt der Minister von der Ministerin eine öffentliche Entschuldigung, während die Ministerin dem Minister Unvermögen und Blockadehaltung vorwirft. Ist das jetzt sozusagen auf der Zielgeraden dieser Legislaturperiode der Umgang in der Regierung miteinander, oder sehen Sie Anlass dafür, dass da einmal ein Moderationsgespräch geführt wird?
STS SEIBERT: Zunächst einmal ist es eine Debatte zwischen zwei Ressorts dieser Bundesregierung bzw. zwischen zwei Kabinettsmitgliedern, die ich nicht kommentiere.
ZUSATZFRAGE WACKET: Die Frage war ja nicht, ob Sie das kommentieren, sondern die Frage war, ob das Kanzleramt insgesamt Anlass sieht, da vielleicht einmal moderierend einzugreifen.
STS SEIBERT: Das ist jetzt eine Debatte zwischen diesen beiden Häusern, die von den beiden Häusern sicherlich im vollen Bewusstsein der Bedeutung dieses Thema für die deutsche Landwirtschaft und für die deutsche Öffentlichkeit geführt wird.
FRAGE JOLKVER: An das Gesundheitsministerium: Heute hat die Russische Akademie der Wissenschaft die Homöopathie als Pseudowissenschaft gebrandmarkt. Ich weiß, dass im Herbst letzten Jahres nach einigen Todesfällen eine ähnliche Diskussion auch in Deutschland geführt wurde. Wie steht der Minister heute dazu? Er hat ja damals versprochen, die Zulassungsregeln für Heilpraktiker zu verschärfen. Ist seitdem etwas passiert, und welchen Stellenwert hat die Homöopathie jetzt für den Minister?
ANGELI: Angesichts der Tatsache, dass ich die von Ihnen zitierte Aussage nicht kenne und auch mit dem Minister darüber noch nicht sprechen konnte, fällt es mir jetzt schwer, dazu Stellung zu nehmen. Ich kann Ihnen dazu aber gerne, sofern Sie mir das zur Verfügung stellen, noch etwas schriftlich nachreichen.
ZUSATZ JOLKVER: Das kann ich gerne machen.
FRAGE WACKET: Ich habe noch einmal eine Frage an das Finanzministerium: Herr Weißgerber, Herr Gabriel hat sich ja dafür ausgesprochen, die Einhaltung der Maastricht-Kriterien für die Südländer sprich Frankreich, Portugal, Italien etwas zu verschieben. Ist das eine Option, die auch das Finanzministerium für richtig hält?
DR. WEISSGERBER: Grundsätzlich muss man dazu vielleicht erst einmal sagen: Das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Europäischen Währungsunion basiert eben auf der Einhaltung der gemeinsam beschlossenen Regeln zur Begrenzung der Staatsverschuldung. Diese sind im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgehalten. Die Europäische Kommission überwacht als Hüterin der Verträge die Einhaltung der Regeln durch die Mitgliedstaaten; das ist also keine bilaterale Angelegenheit zwischen Deutschland und den Mitgliedstaaten. Wir gehen davon aus, dass die Kommission ihrer Aufgabe hier auch vollumfänglich gerecht wird.
Nur so viel: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt weist bereits heute ausreichend Flexibilität aus. Es gibt Flexibilitätsklauseln, die die Länder unter bestimmten Voraussetzungen beantragen können. Dazu gehört zum Beispiel eine Flexibilität für strukturelle Reformen oder auch für Investitionen, die bei der Bemessung des strukturellen Defizits berücksichtigt werden können.
Wenn ich das auch noch ergänzen darf: Wir haben in Europa keine Austerität, die Haushaltspolitik der großen Eurostaaten ist neutral bis expansiv.
Vielleicht kann ich zum Thema Investition auch das noch ergänzen: Wir haben den sogenannten Juncker-Fonds, also den europäischen Fonds für strategische Investitionen, EFSI, der ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Investitionen ist. Gerade auch Italien profitiert sehr von diesem Fonds.
Insofern ist das unser Standpunkt.
FRAGE CHILAS: Es tut mir leid, ich muss auf eine vorherige Frage zurückkommen: Herr Weißgerber, die Expertise des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages war nicht zufällig und auch nicht ohne Grund; sie war die Antwort auf eine von den vielen und für mich widersprüchlichen Aussagen des Finanzministers, und zwar auf die Aussage, dass im Falle der Nichtbeteiligung des IWF am Griechenland-Programm die Fortsetzung des Programms die Einberufung des Bundestages erfordern würde. Darauf wollten wir eine Antwort haben; die Frage ist also, ob diese Expertise nicht tatsächlich im diametralen Gegensatz zu der Aussage des Ministers steht.
DR. WEISSGERBER: Ich habe die Frage ja schon beantwortet. Ich kann es Ihnen auch noch einmal genauer sagen: Das Erfordernis, dass der IWF sich beteiligt, ergibt sich aus dem Eurogruppen-Statement für das ESM-Hilfsprogramm, das wir an den Bundestag am 17. August 2015 übermittelt haben. Im Statement heißt es, dass die Eurogruppe die Beteiligung des IWF als „indispensable“ ansieht. „(…) the full re-engagement of the IMF is expected to reduce subsequently the ESM financing envelope accordingly.“
Im Antrag schreibt das BMF in der Begründung: Die Bundesregierung teilt die Bewertung der Eurogruppe, darunter die Einschätzung, dass das weitere Engagement des IWF für unabdingbar erachtet wird.
Das ist die Grundlage dafür, dass, wenn der IWF sich nicht beteiligt, dies eine relevante Änderung des bestehenden Hilfsprogramms wäre und wir auf dieser Basis entsprechend den Bundestag wieder befassen würden. Falls, wie gesagt, der IWF sich nicht beteiligt, wovon wir aber ja nicht ausgehen.
FRAGE WACKET: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium, nachdem die USA neue Sanktionen gegen den Iran verhängt haben. Erwartet die Bundesregierung Auswirkungen auf den Iran-Handel für deutsche Unternehmen?
DR. BARON: Genauere Fragen zum Iran müsste das Auswärtige Amt beurteilen.
Natürlich gibt es eine klare Vereinbarung aus dem vergangenen Jahr. Alle Partner sind gehalten, diese einzuhalten und zu fördern. Sie ist Mittel und Instrument, dass wir wieder engere Beziehungen zum Iran haben. Aber es gilt eben, dass sich alle Seiten daran halten müssen.
Näheres zu dem Thema müsste, glaube ich, das Auswärtige Amt ausführen.
ZUSATZFRAGE WACKET: Meine Frage bezog sich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Sie erwarten, und zwar unabhängig davon, ob diese Maßnahme gerechtfertigt ist oder nicht. Sie ist aber ja nun einmal entschieden.
DR. BARON: Wie gesagt, es gibt eine Vereinbarung aus dem letzten Jahr. Diesbezüglich ist die Umsetzung im guten Gange. Es gibt wieder Wirtschaftsaufbau. Dieser kann aber natürlich nur dann fortgesetzt werden, wenn diese Vereinbarung weiterhin gut von allen Partnern umgesetzt werden kann.
DR. SCHÄFER: Ich glaube, man muss da schon genau hinschauen, bevor man vorschnelle Urteile fällt. Ich will Ihnen damit nicht unterstellen, Herr Wacket, dass Sie vorschnelle Urteile gefällt haben.
Worum es bei den amerikanischen Sanktionen geht, ist eine Reaktion auf einen wohl am 29. Januar durchgeführten Raketentest. Es ist streitig diskutiert worden, auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, ob dieser Raketentest, mit dem die Iraner wohl eine iranische Mittelstreckenrakete getestet haben, im Einklang mit einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen steht oder nicht.
Das heißt, meine erste Schlussfolgerung daraus ist: Es geht auch aus amerikanischer Sicht bei den Sanktionen nicht um eine Sanktion im Zusammenhang mit dem Nuklear-Deal. Nun haben natürlich Mittelstreckenraketen und Atombomben etwas miteinander zu tun. Daher rührt auch unsere Sorge auch die Sorge der Vereinigten Staaten von Amerika, auch die Sorge unserer E3+3-Partner über das, was die Iraner dort gemacht haben. Der Iran-Deal hatte das Ziel, nukleare Proliferation im Nahen und Mittleren Osten zu vermeiden und zu verhindern. Das ist uns auch gelungen. Aber diese Raketentests, die die Iraner nicht gerade zufällig durchführen so vermuten wir jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt mit Blick auf den dortigen Wahlkampf und die anstehenden Präsidentschaftswahlen , sind ja nun wirklich kein gutes Zeichen. Deshalb hat die Bundesregierung bereits letzte Woche und der Bundesaußenminister am Freitag in New York zum Ausdruck gebracht, dass auch aus unserer Sicht dieser Raketentest unvereinbar mit einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ist und die Iraner aufgefordert, dass doch bitte in Zukunft zu unterlassen.
Nur: Die Sanktionen, die die Amerikaner verhängt haben, sind im Wesentlichen Einreisesperren und personenbezogene Sanktionen gegen Unternehmen oder Personen, die unmittelbar mit iranischer Raketentechnologie zu tun haben. Das mag als ein politisches Signal zu verstehen sein ich kann auch verstehen, dass es so ist , aber rein technisch ist das so. Deshalb gibt es über das hinaus, was die Kollegin aus dem Bundeswirtschaftsministerium gesagt hat, auch gar nichts zu sagen.
Diese Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika behindern nicht mehr und nicht weniger als die bereits in diesem Bereich bestehenden Sanktionen der Amerikaner den deutsch-iranischen oder den europäisch-iranischen Handel. Wir haben aus guten Gründen ein Interesse daran, diesen Handel mit dem Iran zu beleben, weil wir glauben, dass dieser Handel und das Engagement, das wir politisch, kulturell, wirtschaftlich und in anderer Weise im Iran und mit dem Iran pflegen, ein Beitrag dazu ist, diejenigen zu stärken, die wir im Iran lieber an der Macht sehen als andere. Das ist, glaube ich, auch das vereinigte Ziel mit unseren Partnern in der Europäischen Union, allen voran Frankreich und Großbritannien, die ja mit uns im E3+3-Rahmen diesen Atom-Deal ausgehandelt haben und deren gemeinsames Ziel es ist, wie gesagt, den Iran dazu zu bringen, irgendwann einmal ein konstruktiver Partner und Nahen und Mittleren Osten zu werden. Da sind wir bei Weitem noch nicht. Wir hoffen aber, dass das Ergebnis des Wahlkampfes jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung sein könnte.
FRAGE STEINER: Frau Krüger, es scheint vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages erneut eine Einschätzung zum Thema Vorratsdatenspeicherung und dem derzeit in der Umsetzung befindlichen Gesetz, für das Ihr Haus federführend ist, zu geben. Mich würde natürlich interessieren, ob Sie weiterhin an Ihrer Sichtweise festhalten, dass die bisher getroffenen Regelungen auch nach dem EuGH-Urteil vom 21. Dezember 2016 weiterhin europarechtlich zulässig sind oder ob Sie jetzt doch Handlungsbedarf sehen.
DR. KRÜGER: Vielen Dank für diese Frage. Ich kann Ihnen dazu nichts Neues sagen. Wir hatten uns ja im Dezember dazu geäußert, nachdem der EuGH das Urteil verkündet hat. Sie haben es gerade richtig gesagt: Es ist die Auffassung der Bundesregierung, dass dieses Gesetzen verfassungs- und europarechtskonform ist. Wir werten das Urteil des EuGH gerade noch sorgfältig aus. Diese Auswertung läuft also noch.
ZUSATZFRAGE STEINER: Bis wann denken Sie denn, dass Sie diese Auswertung abgeschlossen haben werden?
DR. KRÜGER: Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Wir sind dabei, das auszuwerten.
FRAGE VALASSOPOULOS: Herr Seibert, auf Malta hat ein Treffen zwischen Frau Merkel und Herrn Tsipras stattgefunden. Können wir mehr über dieses Treffen erfahren? Waren die Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei in der Ägäis ein Thema?
STS SEIBERT: Ja, es hat ein solches Treffen stattgefunden eines von mehreren vertraulichen Treffen, die die Bundeskanzlerin typischerweise am Rande eines solchen Gipfels hat. Deswegen werde ich die Vertraulichkeit hier auch nicht aufheben.