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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 8. Februar 2017

Irgendein Ergebnis ► BPK vom 8. Februar 2017

Naive Fragen zu:
„Aktionsplan Menschenrechte“ (9:20 min)
– es gäbe viel zu tun, sagen Sie. Gibt es denn außerhalb von der genannten Textilindustrie andere Bereiche in der deutschen Wirtchaft, wo die Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen festgestellt hat? Wenn man in den globalen Top 5 ist, wird es ja noch andere Bereiche geben… (ab 17:22 min)
– ein wichtiger Bereich ist zB der Import von Primärrohstoffen für die Automobil- und Chemieindustrie. Konkretes Beispiel ist die Gewinnung von Kupfer für deutsche Autos. Wie versucht die Bundesregierung da menschenwürdige Bedingungen herzustellen?
– mal konkret: Wenn die Regierung feststellt, dass ein deutsches Unternehmen verstößt – was machen Sie dann? Wird das Unternehmen dann eingeladen und führen einen Dialog?

Griechenlands Schuldenlast (ab 26:35 min)
– hält das deutsche Finanzministerium die griechische Schuldenlast für haltbar? (28:53 min)

Situation in der Ostukraine (ab 29:30 min)
– nur zum Verständnis: Haben Sie Kenntnisse oder Erkenntnisse, dass es reguläre russische Truppen in der Ostukraine gibt oder vielleicht irreguläre? (ab 39:18 min)
– und können Sie über den Vorfall mit dem ukrainischen Abgeordneten mehr Auskunft geben?
– Welcher Abgeordneter war das? was war da los?

A400 ist kaputt (ab 59:01 min)
– Sie sagen: Schadenersatz wurde eingefordert. Wie realistisch ist es, dass der Schadenersatz auch gezahlt wird? (1:01:20 min)

US-Drohnenangriff im Jemen (ab 1:01:50 min)
– da die Bundesregierung gerne US-Drohnenangriffe am Einzelfall bewertet: Wie ist die völkerrechtliche Bewertung dieses Drohnenangriffs im Jemen Ende Januar, wo auch Kinder getötet wurden?
– was ist der “Modus Operandi”, wenn die BR von völkerrechtswidrigen Operationen ausländischer Staaten von deutschem Territorium erfährt?

Russischer Einfluss (ab 1:11:35 min)
– ist davon auszugehen, dass sogenannte Regierungskreise Behauptungen über russischen Einfluss mangels Beweisen nicht mehr verbreiten? (1:14:58 min)

Polnischer Einfluss (1:25:05 min)
– der Parteichef der polnischen Regierungspartei, Herr Kaczinski, hat seinen Wunsch geäußert, dass die Kanzlerin an der Macht bleibt. Befürchtet die Bundesregierung nun polnische Desinformationskampagnen, polnische Manipulation zugunsten der Kanzlerin?

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 8. Februar 2017:

VORS. FELDHOFF: Ich begrüße ganz besonders Nina Wettern als neue Sprecherin des Bundesumweltministeriums, die sich hier heute kurz vorstellen will.

WETTERN: Ich grüße Sie auch, meine Damen und Herren Nina Wettern, Wettern wie Schimpfen. Ich verstärke seit dem 1. Dezember das Team der Pressestelle im Bundesumweltministerium und war vorher für ein Jahr in der Öffentlichkeitsarbeit im gleichen Haus und davor in verschiedenen Positionen in Verbänden zu verschiedenen Themen unterwegs. Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit in Zukunft, und ich glaube, gleich überlassen wir Ihnen das Feld. Danke schön!

VORS. FELDHOFF: Vielen Dank, Frau Wettern! Wir wünschen auch eine gute Zusammenarbeit, und ich darf Ihnen, wie immer, noch unser kleines Willkommensgeschenk unser Mitgliederverzeichnis überreichen.

Dann kommen wir zu den üblichen Tagesordnungspunkten am Mittwoch, und zwar zuerst zu dem Bericht aus dem Kabinett.

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung hat heute Änderungen im Strafgesetzbuch beschlossen. Im Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas geht es um die Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern, konkret um die Möglichkeit der Aufenthaltsüberwachung durch die sogenannte elektronische Fußfessel.

Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist natürlich kein Allheilmittel, um terroristische Anschläge zu verhindern. Als Teil eines Maßnahmenbündels kann sie aber einen Beitrag für mehr Sicherheit leisten, vor allem bei extremistischen Straftätern, von denen auch nach vollständig verbüßter Haftstrafe weiter eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Damit setzen der Bundesjustizminister und der Bundesinnenminister einen Baustein zur Verbesserung der Sicherheitsgesetze um, die sie als Konsequenz nach dem terroristischen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin am 19. Dezember bereits am 10. Januar vereinbart hatten.

Die Möglichkeit zur Anordnung der elektronischen Fußfessel wird in zwei Punkten ausgeweitet: Erstens soll künftig die Anordnung der elektronischen Fußfessel auch nach Entlassung aus der Strafhaft möglich sein, und zwar wenn folgende schwere Staatsschutzdelikte vorliegen: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Terrorismusfinanzierung, Unterstützung in- und ausländischer terroristischer Vereinigungen sowie Werben um Mitglieder oder Unterstützer in- und ausländischer terroristischer Vereinigungen. Zweitens soll bei Staatsschutzdelikten künftig schon eine Verbüßung von zwei Jahren Freiheitsstrafe genügen. Derzeit ist für die Anordnung einer elektronischen Fußfessel eine Vollverbüßung von drei Jahren Freiheitsstrafe erforderlich.

Dann hat das Kabinett heute einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem Vollstreckungsbeamtinnen und beamte sowie Rettungskräfte stärker geschützt werden sollen. Erfasst sind von dieser Vorschrift beispielsweise Polizisten, Gerichtsvollzieher, Hilfskräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste, die besser vor gewalttätigen Übergriffen geschützt werden sollen. Der Gesetzentwurf erfüllt zum einen ein Anliegen aus dem Koalitionsvertrag, er soll aber auch die Wertschätzung und den Respekt gegenüber ebendiesen Personengruppen unterstreichen.

Geändert wird die Vorschrift im § 113 StGB, „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“. Bisher unterfallen tätliche Angriffe auf diese Personengruppen nur dem speziellen Widerstandsparagraphen, wenn sie bei einer Vollstreckungshandlung erfolgen, also bei einer Maßnahme zur Regelung eines konkreten Einzelfalls. Nach der Neuregelung soll es nun genügen, wenn der tätliche Angriff bei einer Vornahme einer allgemeinen Diensthandlung erfolgt. Damit unterfällt beispielsweise auch der normale Streifendienst von Polizeibeamten dem erhöhten Schutzbereich. Mit dem erhöhten Strafmaß wird dem spezifischen Unrechtsgehalts eines Angriffs auf staatliche Repräsentanten, aber auch dem erhöhten Gefährdungspotenzial einer Tätlichkeit Rechnung getragen.

Die Ausdehnung des Schutzniveaus auf Rettungskräfte dient auch der öffentlichen Sicherheit, da ein tätlicher Angriff die Hilfeleistung in Unglücksfällen erschweren oder sogar unmöglich machen kann und damit die Opfer gefährdet.

Dann hat das Kabinett heute den Entwurf eines Gesetzes beschlossen, mit dem der Anspruch auf ein Hinterbliebenengeld eingeführt werden soll. Damit soll ein Entschädigungsanspruch für Menschen, die einen nahen Angehörigen verloren haben, geschaffen werden. Bisher steht bei einer fremdverursachten Tötung den Hinterbliebenen nur dann ein Entschädigungsanspruch gegen den Verantwortlichen zu, wenn der Hinterbliebene selbst in seiner Gesundheit geschädigt ist; das heißt, das seelische Leid muss den Grad einer Krankheit erreicht haben.

Man muss natürlich feststellen: Trauer und seelisches Leid können nie mit Geld aufgewogen werden. Ein Anspruch, der das suggeriert, verspräche mehr, als er halten kann. Das seelische Leid von Hinterbliebenen soll nun künftig aber nicht ohne Anerkennung bleiben. Deswegen haben Hinterbliebene künftig gegen den Verantwortlichen der Schädigung einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung, und zwar auch für das mit dem Tode eines nahestehenden Menschen verbundene seelische Leid.

Der Anspruch wird in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt. Auch mit diesem Gesetzentwurf setzt die Bundesregierung eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag um.

DR. DIMROTH: Ich möchte ganz kurz die Gelegenheit ergreifen, weil aufgrund der medialen Berichterstattung gestern und heute teilweise der Eindruck entstanden ist, es sei mitnichten möglich, bei Flüchtlingen eineindeutige Identitätsfeststellungen zu gewährleisten, die dann im gesamten Verfahren auch eine hinreichende Sicherheit für die an dem Verfahren beteiligten Behörden bietet. Das ist mitnichten der Fall; umgekehrt ist es richtig.

Man muss allerdings unterscheiden: Da geht es einmal um die Frage der Erfassung und um die Frage des Asylverfahrens. Da ist es tatsächlich so, dass es mit dem Ihnen bekannten Datenaustauschverbesserungsgesetz aus dem vergangenen Jahr und dem dahinterliegenden technischen Kerndatensystem einschließlich des ausgegebenen Ankunftsnachweises so ist, dass eine eineindeutige Identifizierung aufgrund von Fingerabdrücken in jedem einzelnen Fall stattfindet, die dann eben auch in dem genannten Kerndatensystem gespeichert werden, sodass für das Asylverfahren für sämtliche Antragsteller sowohl diejenigen, die 2015 eingereist sind, im Rahmen von Nachregistrierungen, als selbstverständlich erst recht für alle die, die heute kommen eine eineindeutige Identität feststeht, die mit Fingerabdrücken hinterlegt ist.

Davon zu unterscheiden ist das Thema Leistungsbezug und weiterer Kontakt mit Leistungsbehörden oder auch den Ausländerbehörden der Länder. Auch hier ist es so, dass aufgrund der rechtlichen Vorgaben die Leistungsbehörden verpflichtet sind, sich von der Identität derjenigen, die hier Leistungen in Anspruch nehmen möchten, zu überzeugen. Auch hier ist es so, dass uns der Ankunftsnachweis der, wie gerade geschildert, mit dem Kerndatennetz und dem Datenaustauschverbesserungsgesetz zusammenhängt , einen wichtigen Schritt nach vorne gebracht hat. Warum ist das so? Das ist so, weil in den einschlägigen Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes festgelegt ist, dass solche Leistungen nur an diejenigen ausgezahlt werden dürfen, die einen solchen Ausweis vorlegen, das heißt, nur an solche Personen, die vorher in dem gerade von mir geschilderten Identifizierungsverfahren des BAMF waren, sodass die Leistungsbehörden jedenfalls auf Grundlage dieses Ausweises in die Lage versetzt sind, eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen beispielsweise, indem man das Lichtbild abgleicht oder indem man den dort angegebenen Herkunftsort oder das dort angegebene Geburtsdatum auf Plausibilität überprüft. Auch hier haben wir mit dem Ankunftsnachweis also ein Instrument geschaffen, das den Missbrauch massiv erschwert zugegebenermaßen nicht zu hundert Prozent ausschließt. Dabei muss man aber sagen, dass selbstverständlich bei hinreichend vorhandener krimineller Energie ein Missbrauch nie zu hundert Prozent auszuschließen ist. Dennoch ist das Instrument des Ankunftsnachweises auch hier, wie gesagt, ein sehr wichtiges und funktionierendes Instrument.

DR. SCHÄFER: Ich würde gerne zwei Themen ansprechen, die nicht immer Gegenstand hier in der Regierungspressekonferenz sind, dessen ungeachtet aber hohe Aufmerksamkeit bei uns im Auswärtigen Amt genießen.

Ich würde gerne anfangen, indem ich Ihnen sage, dass in diesen Tagen im Auswärtigen Amt eine Arbeitseinheit zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“ eingerichtet worden ist. Sie erinnern sich, dass sich die Bundesregierung vor einigen Wochen in Absprache mit der Zivilgesellschaft, der verfassten deutschen Wirtschaft und auch Nichtregierungsorganisationen auf einen solchen Nationalen Aktionsplan geeinigt hat. Außenminister Gabriel begrüßt ausdrücklich, dass damit eine auch ihm persönlich sehr wichtige Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt worden ist. Das Auswärtige Amt als federführendes Ressort nimmt diesen Auftrag sehr ernst, den Aktionsplan jetzt in die Tat umzusetzen und menschenrechtliche Standards weltweit zu stärken.

Dass das notwendig ist und es noch viel zu tun gibt, zeigt etwa ein Blick auf die Textilbranche in Bangladesch, wo nach Streiks im Dezember immer noch Streikende und Gewerkschaftler inhaftiert sind. Wir haben zunehmend Sorge darüber, ob diese Menschen einen fairen Prozess nach rechtsstaatlichen Maßstäben bekommen. Bangladesch hat in den letzten Jahren eine international wettbewerbsfähige Textilbranche aufgebaut und damit große wirtschaftliche Erfolge erzielt. Dieser Erfolg darf aber nicht auf dem Rücken der Menschen ausgetragen werden, die ihn überhaupt erst möglich gemacht haben, nämlich der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Textilfabriken. Seit dem schrecklichen Brand in der Rana-Plaza-Fabrik 2013 hat es durchaus Fortschritte gegeben, aber es bedarf weiterer Verbesserungen beim Arbeitnehmerschutz, bei den Rechten der Gewerkschaftler und bei der Lage in den Fabriken; denn noch immer gibt es keine rechtliche Grundlage für die Gründung funktionsfähiger Gewerkschaften.

Wir appellieren deshalb an die Verantwortung deutscher Unternehmen, Menschenrechte entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette einzuhalten, und wir fordern die Verantwortlichen in Staat und Wirtschaft in Bangladesch auf, weitere Vereinbarungen zu treffen, um die Lage der Arbeiter zu verbessern. Deshalb unterstützen wir einen Dialog zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Regierung zur Verbesserung der Sozial- und Umweltstandards. Daran hat nicht nur das Auswärtige Amt Anteil, sondern auch das BMZ.

Das Zweite, was ich gerne ansprechen möchte darüber haben wir an diesem Ort schon häufiger gesprochen , ist die Lage in Kolumbien. Sie wissen, dass der Bundesregierung der Friedensprozess in Kolumbien ein wichtiges Anliegen ist. Deshalb möchte ich Ihnen für die Bundesregierung sagen, dass wir uns darüber freuen und es sehr begrüßen, dass es gestern in Quito, Ecuador, zu einem weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einem endgültigen Frieden in Kolumbien gekommen ist, nämlich durch die Aufnahme formaler Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerillabewegung der ELN. Ohne die Einbeziehung dieser Guerilla würde der Friedensprozess letztlich unvollständig bleiben. Es ist deshalb gut, dass die offiziellen Gespräche nun begonnen haben. Wir hoffen, dass der Wunsch der Menschen in Kolumbien Umsetzung findet, dass auch mit der ELN ein Friedensabkommen geschlossen werden kann. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Anstrengungen der kolumbianischen Regierung für Frieden im eigenen Land weiter aktiv und konstruktiv begleiten werden. Der Beauftragte des Außenministers zur Unterstützung ebendieses Friedensprozesses, Tom Koenigs, hält sich auf Bitten der kolumbianischen Regierung und der ELN am Rande der ersten Verhandlungsrunde in Quito auf.

Ich danke Ihnen.

FRAGE SAGURNA (zur Identitätsfeststellung bei Flüchtlingen): Eine Frage an das Innenministerium: Das BAMF und seit gestern wohl auch der sächsische Innenminister Ulbig fordern, dass demnächst auch die Kommunen in der Lage sein sollen, Fingerabdrücke von Asylbewerbern vor Ort nehmen zu können, um Leistungsmissbrauch zu vermeiden. Ist das nach dem, was Sie geschildert haben, eine sinnvolle Forderung, unterstützen Sie das?

DR. DIMROTH: Vielen Dank, das gibt mir Gelegenheit, das vielleicht auch noch einmal auszuführen. Ich hatte ja versucht klarzumachen, dass aus unserer Sicht auch für den Kontakt mit Leistungsbehörden und Ausländerbehörden im Land und in den Kommunen der Ankunftsnachweis respektive die dann im weiteren Verfahren erfolgende Aufenthaltsgestattung ein jedenfalls wichtiger Schritt nach vorne sind, weil eben diejenigen, die dann mit den Antragstellern in Kontakt treten, zunächst einmal die Gelegenheit haben anders als es früher der Fall war , sozusagen in Form eines offiziellen Dokuments eine erste Plausibilitätsprüfung durchzuführen. Ich hatte auch darauf hingewiesen, dass nach den gesetzlichen Vorgaben, die wir gemacht haben, eine solche Leistungsgewährung voraussetzt, dass ein solcher Ankunftsnachweis ausgegeben ist und dementsprechend die Erstregistrierung stattgefunden hat.

Dann bleiben im Prinzip ja nur solche Fälle übrig, in denen jemand mit einer gewissen kriminellen Energie entweder einen Ankunftsnachweis fälscht oder sich den Besitz eines Ankunftsnachweises eines anderen Menschen verschafft und dementsprechend in beiden Fällen im Betrugswege versucht, sich hier Leistungen zu erschleichen. In diesen Fällen ist es tatsächlich so, dass ein Abgleich mit den im Rahmen der Registrierung beim BAMF genommenen Fingerabdrücke, die im Kerndatennetz hinterlegt sind, durchaus eine weitere Missbrauchseinschränkung erbrächte. Hierfür sind die gesetzlichen Grundlagen vorhanden; die Behörden dürfen diesen Abgleich durchführen. Dafür bedarf es einer technischen Infrastruktur, die im Grundsatz vom Bund im Kerndatensystem und im Kerndatennetz angelegt ist. Hier hätten die Länder respektive die Kommunen sehr wohl die Möglichkeit, sich anzuschließend und entsprechende Prüfverfahren durchzuführen.

Noch einmal: Nach aller Wahrscheinlichkeit jedenfalls kann das heute eigentlich nur einen ganz geringen Teil von Fällen betreffen. Das war zu Beginn der großen Flüchtlingsbewegungen anders, aber jedenfalls mit Stand Februar 2017 kann das nur solche Fälle betreffen, wie ich sie gerade beschrieben habe. Diese Fälle kann man nicht ausschließen, wenn jemand tatsächlich kriminell agiert. In diesen wenigen Fällen wäre eine Abgleichmöglichkeit für die Leistungsbehörden mit den hinterlegten Fingerabdrücken sicherlich ein noch mehr Klarheit bringendes Instrument, ja.

ZUSATZFRAGE SAGURNA: Bedeutet das, dass dann in jedem Rathaus ein Fingerabdruckscanner stehen müsste, um das für diese wenigen Fälle abgleichen zu können?

DR. DIMROTH: Nicht in jedem Rathaus, aber in den zentralen leistungsgewährenden Stellen. Ich habe jetzt, ehrlich gesagt, keinen Überblick darüber, wie sich die Länder hier aufgestellt haben und wie viele antragsentgegennehmende Stellen für Asylbewerberleistungen es in den Ländern gibt. Möglicherweise wissen das die Kollegen vom Arbeitsministerium, die ja für das Thema Asylbewerberleistungen zuständig sind ich habe darüber keinen Überblick. Wenn dieses System in der Fläche ausgerollt wird, würde das sicherlich bedeuten, dass einige Stellen entsprechende Geräte anschaffen und betreiben müssten. Ich kann Ihnen aber keine Zahl oder Kenngröße nennen, wie viele solche Behörden in den Ländern derzeit aktiv sind, das weiß ich nicht.

VORS. FELDHOFF: Kann das BMAS da etwas ergänzen?

DALDRUP: Ich kann das gerne ergänzen, allerdings kann auch ich jetzt nicht mit Zahlen dienen. Wir sind für das Asylbewerberleistungsgesetz zuständig, das ist richtig. Die Durchführung obliegt aber den Ländern und Kommunen; das heißt, Herren des Verfahrens sind eben die Ämter vor Ort. Es gibt Gespräche auch unseres Hauses mit den entsprechenden Stellen über mögliche Verbesserungen von Verfahren, aber ich muss Sie bitten, sich dazu entsprechend an die Länder und Kommunen zu wenden.

FRAGE JUNG (zum Nationalen Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“): Herr Schäfer, Sie sagen, es gibt viel zu tun. Gibt es denn außerhalb der von Ihnen genannten Textilindustrie andere Bereich in der deutschen Wirtschaft, in denen die Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen festgestellt hat? Deutsche Unternehmen sind laut Menschenrechtsorganisationen ja in den Top 5, insofern wird es ja auch noch andere Bereiche geben.

DR. SCHÄFER: Ich hoffe, Sie haben mir aufmerksam zugehört, so wie Sie das immer tun, Herr Jung.

ZURUF JUNG: Natürlich!

DR. SCHÄFER: Deshalb haben Sie sicherlich nicht vernommen, dass ich gesagt hätte, dass bei dem von mir genannten Beispiel in Bangladesch aus Sicht der Bundesregierung von deutschen Unternehmen die Menschenrechte verletzt worden wären. Es ist vielleicht wichtig, das eingangs der Beantwortung klarzustellen.

Ansonsten gilt: Die deutsche Wirtschaft ist so vielfältig aufgestellt und so international unterwegs, dass das von mir genannte Beispiel ein wichtiges und ein uns auch bewegendes Beispiel unter vielen ist. Ich glaube, es macht jetzt keinen Sinn, die 190 oder vielleicht 200 Länder abzuklappern, in denen die deutsche Wirtschaft international unterwegs ist, und dann gemeinsam mit Ihnen hier in diesem Rahmen zu besprechen, wo vielleicht Probleme sind. Das ist ja gerade die Aufgabe der neuen Arbeitseinheit, die der Koalitionsvertrag vorsieht. Ich kann nur wiederholen: Wir nehmen das sehr ernst. Diese Arbeitseinheit wird im Zusammenwirken mit den an diesem Thema interessierten Nichtregierungsorganisationen, mit der deutschen Wirtschaft, mit Unternehmen, mit der verfassten Wirtschaft und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren, die ein Interesse an diesem Thema haben, jetzt die Arbeit aufnehmen. Da gibt es dicke Bretter zu bohren; denn wie gesagt ist die Verwirklichung der Menschenrechte für uns, für die Bundesregierung, und gerade für den Außenminister Gabriel ein ganz wichtiges Anliegen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ein wichtiger Bereich ist ja zum Beispiel der Import von Primärstoffen für die Automobil- und Chemieindustrie. Ein konkretes Beispiel ist die Gewinner von Kupfer für deutsche Autos. Wie versucht die Bundesregierung da menschenrechtswürdige Import- und Exportbedingungen herzustellen?

DR. SCHÄFER: Ich möchte mich eigentlich an das halten, was ich gerade in Beantwortung Ihrer Frage gesagt habe, also dass wir hier jetzt nicht einzelne Themen durchhecheln sollten. Auch Wertschöpfungsketten und auch Beschaffungsvorgänge sind natürlich Teil dieses Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“. Ich selber habe einige Jahre lang in einem Land gelebt in Chile , das sehr stark vom Kupferabbau lebt; deshalb habe ich eine Vorstellung davon, welche Probleme es bei Arbeitnehmerrechten und auch bei Umweltschutzfragen geben mag. Ich glaube aber, das führt hier jetzt zu weit.

FRAGE KNABE: Herr Dr. Schäfer, werden die geplanten Dialoge, Verhandlungen oder Gespräche nur innerhalb Deutschlands und der deutschen Firmen, die da agieren, geführt, oder ist auch daran gedacht, mit den Organisationen und Firmen, solche Dialoge auch in den jeweiligen betroffenen Ländern anzustoßen oder zu organisieren?

DR. SCHÄFER: Unsere ersten Ansprechpartner bezüglich des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“ sind die deutschen Unternehmen, an die sich der Aktionsplan richtet und mit denen der Aktionsplan ja auch besprochen, ausgehandelt und vereinbart worden ist. Genauso wichtig sind aber natürlich die Kontakte zu den zivilgesellschaftlichen Organisationen, die ja zu Recht immer wieder den Finger in die Wunde legen und darauf hinweisen, dass es an bestimmten Orten vielleicht sogar unter Beteiligung deutscher Unternehmen menschenrechtliche Probleme gibt. Der Fall und das Beispiel, das ich Ihnen genannt habe, genießt seit einigen Jahren in Deutschland deshalb besondere öffentliche Aufmerksamkeit, weil es da diesen furchtbaren Fall des Brandes in der Textilfabrik gegeben hat und der Fokus völlig zu Recht auf die Arbeitsbedingungen gelegt wurde, unter denen die Menschen dort oder in anderen Fabriken arbeiten mussten und arbeiten müssen, die eben sehr schwierig und hier und da eben auch kritikwürdig sind.

Der Dialog, von dem ich bei diesem konkreten Beispiel gesprochen habe, ist ein Dialog, den es in Bangladesch schon gibt und den wir begrüßen, ein Dialog zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und der Regierung, eben so, wie wir das in Deutschland kennen, wo man auch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern nicht oder nicht nur konfrontativ miteinander umgeht, sondern gemeinsam miteinander bespricht, wie man Verbesserungen der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen kann. Wenn wir einen Beitrag dazu leisten können, dass ein solcher trilateraler Dialog in Bangladesch und anderswo entstehen kann vielleicht ein Stück weit nach deutschem Beispiel , dann wäre das aus unserer Sicht schon ein guter Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte. Hilfe zur Selbsthilfe ist nämlich immer besser. Wenn die Menschen in diesem Falle in Bangladesch dieses Thema sozusagen für sich selbst erkennen und es in diesem Dialog zu konkreten Ergebnissen und Fortschritten kommt, dann ist das absolut in unserem Sinne.

ZUSATZFRAGE KNABE: Herr Dr. Schäfer, viele der Firmen, ohne jetzt einzelne Namen zu nennen, sind ja international tätig und aufgestellt, nicht unbedingt deutsch orientiert und mit deutschen Kapital arbeitend. Ist daran gedacht und gibt es irgendwelche Möglichkeiten dafür, diese internationalen Konzerne in irgendeiner Form einzubeziehen?

DR. SCHÄFER: Ja. Der Nationale Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“ nimmt das insofern in den Blick, als er den Fokus natürlich auf die komplizierten, international globalisierten Wertschöpfungsketten legt, an denen deutsche Unternehmen an entscheidender Stelle vielmillionenfach beteiligt sind. Er möchte eigentlich den Fokus darauf richten, dass was schon geschieht, aber vielleicht noch nicht in einem Umfang, in dem wir es uns jetzt wünschen auch die deutschen Unternehmen ihre gesamten Handelsbeziehungen mit Partnern bei der Beschaffung, dem Vertrieb und anderswo auf den Prüfstand stellen und unter dem Blickwinkel betrachten, welche menschenrechtlichen Fragestellungen sich daraus ergeben. Es ist also durchaus nicht nur so, dass wir uns nur auf die Aktivitäten der deutschen Unternehmen selbst fokussieren würden, sondern wir haben durchaus im Blick, dass diese Unternehmen Teile von Wertschöpfungsketten sind, in denen es auch zu menschenrechtlichen Fragestellungen kommen kann.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, können Sie einmal konkret etwas sagen? Wenn die Bundesregierung feststellt, dass ein deutsches Unternehmen Menschenrechtsverletzungen in einem Land billigt oder sogar aktiv fördert, was machen Sie dann? Laden Sie das Unternehmen ein und führen einen Dialog, oder haben Sie da auch irgendwelche ~ ~

DR. SCHÄFER: Zurzeit sind wir noch nicht an diesem Punkt, sondern wir haben jetzt den Nationalen Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“ ~ ~

ZURUF JUNG: Im Plan wird ja stehen, was dann passiert!

DR. SCHÄFER: Möchten Sie, dass ich etwas sage, oder wollen Sie noch etwas fragen?

ZURUF JUNG: Bitte!

DR. SCHÄFER: Darf ich jetzt, ja? Das ist lieb. – Dieser Nationale Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“ sieht vor, dass Unternehmen einer bestimmten Größenordnung sich selbst und dann auch uns und der Öffentlichkeit Bericht darüber ablegen, wie dieser Blick auf Menschenrechte in dem konkreten Kontext dieses Unternehmens tatsächlich aussieht. Wenn aufgrund solcher Berichte oder anderer Quellen Anhaltspunkte dafür auftreten, dass es hier und da in einer Branche, in einem Sektor, in einem Land Probleme gibt, dann liegt es doch auf der Hand, dass das Gespräch darüber dann vom Auswärtigen Amt innerhalb der Strukturen, die sich die Bundesregierung hinsichtlich der Abstimmung über diese Themen gegeben hat, mit den Verbänden oder den betroffenen Institutionen und Unternehmen aufgenommen wird, um zu schauen, ob man nicht gemeinsam Verbesserungen erreichen kann.

Als wir hier vor einigen Monaten miteinander über dieses Thema gesprochen hatten, lautete die Frage von Ihnen von Ihnen persönlich, Herr Jung, und auch von einigen anderen Journalisten immer: Warum hat dieses Ding, dieser Nationale Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“, keine Zähne? Warum gibt es keine Sanktionen? – Meine Antwort und die Antwort von dieser Bank lautete dann: Wir wollen das zunächst erst einmal in einem Verfahren der Konzertation, der Abstimmung und des Dialogs miteinander versuchen, weil wir doch von vornherein gar nicht den Eindruck haben, dass deutsche Unternehmen in ihren Wertschöpfungsketten und im Rahmen ihrer Tätigkeiten bewusst Menschenrechte verletzen wollten. Wir wollen vielmehr gemeinsam den Fokus auf diesen wichtigen Bereich der Verwirklichung von Menschenrechten legen und tun das in der Erwartung auch in der Hoffnung und der Zuversicht , dass wir das gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, den Unternehmen und den Verbänden auch so hinbekommen werden.

FRAGE HELLER: Ich würde gerne das Finanzministerium etwas fragen. Es gab gestern einen Länderbericht des Internationalen Währungsfonds zu Griechenland. Mich würde interessieren: Wie bewertet das Bundesfinanzministerium diesen Bericht? Gibt er nach Ihrer Analyse irgendwelche Aufschlüsse hinsichtlich des Verhaltens des IWF in der Frage einer Beteiligung am Griechenland-Paket oder nicht?

Mich würde zum Zweiten interessieren, welche Bedeutung die Feststellung in diesem Bericht hat, dass die Schulden Griechenlands per Ende 2016 nicht tragfähig gewesen seien. Weist das darauf hin, dass eine Beteiligung des IWF möglicherweise nach den Statuten aktuell gar nicht möglich ist?

DR. KALWEY: Herr Heller, vielen Dank für Ihre Frage. Vielleicht ganz kurz vorweg: Artikel-4-Länderberichte kommentieren wir grundsätzlich nicht, nicht hier und auch nicht an anderer Stelle.

Zu dem anderen Komplex Ihrer Frage, zum Griechenland-Programm, kann ich Ihnen nur sagen: Es gibt hierzu keinen neuen Stand. Die zweite Programmüberprüfung läuft weiterhin. Sie wissen, dass die Institutionen Gespräche führen. Griechenland ist am Zug. Es gibt hier keinen neuen Stand und nichts, was ich Ihnen hier berichten kann.

ZUSATZFRAGE HELLER: Um noch einmal ganz klar zu fragen: Gibt es denn für Sie nach diesem Bericht zumindest neue Erkenntnisse, was eine etwaige Beteiligung des Internationalen Währungsfonds am Griechenland-Programm betrifft?

DR. KALWEY: Noch einmal: Es gibt keinen neuen Stand.

FRAGE: Laut Informationen aus Brüssel plant Herr Dijsselbloem für Freitag ein Sondertreffen zwischen Athen und den Institutionen in der belgischen Hauptstadt. Was sagen Sie dazu, oder was dürfen Sie sagen?

DR. KALWEY: Es tut mir leid: Auch davon ist mir nichts bekannt. Ich kann Ihnen an dieser Stelle dazu auch nichts sagen.

FRAGE JUNG: Hält das deutsche Finanzministerium die griechische Schuldenlast für tragbar?

DR. KALWEY: Ich habe alles zu Griechenland gesagt, was ich zu Griechenland zu sagen habe. Noch einmal: Die Diskussionen werden auf Ebene der Eurogruppe geführt, und ich werde mich hier an dieser Stelle jetzt nicht zum Thema Griechenland äußern.

FRAGE: Ein Interview des deutschen Botschafters in der Ukraine hat zu einem Skandal geführt. Das ukrainische Außenministerium bestellte ihn zu Konsultationen ein. Herr Schäfer, teilt das Auswärtige Amt die Einschätzungen von Herrn Reichel, oder widersprechen die der offiziellen Position Berlins?

DR. SCHÄFER: Ich bin nicht sicher, ob alle im Saal wissen, um was es geht. Es gibt ein Interview des deutschen Botschafters in Kiew mit einem ukrainischen Medium, nach dem Sie fragen. Ich möchte dazu zunächst einmal sagen, dass alle innerhalb der Bundesregierung, die Bundesregierung als Ganzes die Bundeskanzlerin, der Außenminister und natürlich unsere Botschaft in Kiew all ihre Bemühungen im Hinblick auf den Konflikt in der Ostukraine, im Donbass, darauf abzielen lassen, eine Beruhigung des Konflikts hinzubekommen und die vom ukrainischen und russischen Präsidenten in Minsk im Februar 2015 ausverhandelten Minsker Vereinbarungen voranzubringen. Das ist der Grund oder das Motiv, der Zweck und das politische Ziel, für das wir uns in Kiew, in Berlin, bei den Normandie-Treffen und überall einsetzen. Ich möchte ausdrücklich noch einmal sagen, dass niemand einschließlich unseres Botschafters in Kiew irgendwelche Zweifel daran hat, wer letztlich die Verantwortung für den Ausbruch dieses Konflikts trägt.

Die Kontroverse Sie sprechen von „Skandal“, und ich bin nicht sicher, ob Skandal das richtige Wort ist; ich würde einen solchen Begriff nicht wählen bezieht sich auf eine Passage in dem Interview des Botschafters, in dem er zu Lokalwahlen Stellung genommen hat, die auch nach den Minsker Vereinbarungen vom Februar 2015 in der von Separatisten de facto besetzten Region stattfinden sollen. Was ich dazu sagen möchte, ist, dass solche Regionalwahlen nach den Regeln der Minsker Vereinbarung natürlich nur dann und erst dann durchgeführt werden und durchgeführt werden können, wenn sich beide Seiten auf einen entsprechenden Modus geeinigt haben. Dafür gibt es in den 13 Punkten von Minsk eine Menge von Vereinbarungen. Darüber hinaus gibt es über diese Frage im Rahmen des Normandie-Formats zahlreiche Gespräche, die wir seit vielen Monaten immer wieder führen.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, zwischen Moskau und Kiew zu vermitteln. Deshalb hat es bereits eine fast schwer zählbare Zahl von Normandie-Treffen gegeben. Aber es hängt letztlich ausschließlich am politischen Willen der beteiligten Konfliktparteien, ob es gelingt, sich tatsächlich auf einen Modus zu einigen, nach dem dann die in Minsk vereinbarten Lokalwahlen stattfinden können.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang aber auch sagen, dass wir es doch sehr bedauern, dass ein ukrainischer Abgeordneter heute auf dem Gelände der deutschen Botschaft ein historisches Stück der Berliner Mauer beschmiert hat. Wir sind der festen Überzeugung, dass das selbst wenn es eine Reaktion auf eine Äußerung eines deutschen Botschafters gewesen sein mag ein in jeder Hinsicht unangemessenes Verhalten ist. Deutschland feiert mit der Ukraine zurzeit 25 Jahre der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Deutschland war das erste Land, das diplomatische Beziehungen mit der Ukraine aufgenommen hat, heute oder jedenfalls fast auf den Tag genau vor 25 Jahren. Die Ukraine ist für Deutschland in diesem Vierteljahrhundert immer ein enger Partner gewesen. Unsere Unterstützung für die Reformen der Regierung Poroschenko Reformen an Haupt und Gliedern der ukrainischen Wirtschaft, der ukrainischen Gesellschaft und der ukrainischen Ministerialbürokratie ist absolut präzedenzlos, und dazu stehen wir auch.

ZUSATZFRAGE: Herr Erler hat heute in einem Interview gesagt, dass ein Treffen der Außenminister im Normandie Format vielleicht am Rande des G20-Gipfels stattfinden könnte, schon nächste Woche in Bonn. Können Sie das bestätigen oder nicht?

DR. SCHÄFER: Wir führen zurzeit Gespräche im Normandie-Format mit unseren Partnern in Paris, Moskau und Kiew über die politische Zweckmäßigkeit und die logistische Durchführbarkeit eines solchen Treffens. Es ist für mich jetzt noch zu früh, um zu bestätigen, dass es so ist, wie Herr Erler das gesagt hat. Aber es ist durchaus möglich, dass es dazu kommen könnte. Jedenfalls ist es aus Sicht des deutschen Außenministers eine gute Idee, im Normandie-Format auch auf Ebene der Außenminister zügig zusammenzutreffen, um für eine Beruhigung der militärischen Lage vor Ort zu sorgen und einen neuen Impuls für die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vom Februar 2015 zu geben. Seien wir ehrlich: Die Fortschritte bei der Umsetzung von Minsk sind, vorsichtig gesprochen, zu langsam erfolgt. Es hat auch lange Stillstand gegeben. Wir wollen schauen, ob die Konfliktparteien und ob die Außenminister Russlands und der Ukraine bereit sind, auf dem von ihnen selbst vorgegebenen Weg weitere Schritte zu gehen. Es ist durchaus möglich, dass uns das vielleicht schon nächste Woche Donnerstag oder Freitag gelingen mag.

FRAGE REMME: Herr Schäfer, ich will den Satz, um den es geht, noch einmal kurz zitieren. Der Botschafter sagte: „Wahlen im Donbass können nicht unbedingt nur dann stattfinden, wenn es dort keine russischen Truppen mehr gibt oder wenn auf jeder Stadtverwaltung die ukrainische Flagge weht.“ In der Ukraine wird das als Widerspruch zur offiziellen deutschen Politik angesehen. Zwei Fragen dazu: Können Sie die Verärgerung in der Ukraine nachvollziehen? Gibt es diesen Widerspruch?

DR. SCHÄFER: Einen solchen Widerspruch gibt es nicht. Vielleicht sage ich dann werden Sie, Herr Remme, sicherlich sehen, dass auch das, was Botschafter Reichel gesagt hat, in keinerlei Weise im Widerspruch zu unserer politischen Haltung steht noch einmal in aller Deutlichkeit: Unsere Bemühungen zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zielen darauf ab, die Souveränität der Ukraine über ihr gesamtes Hoheitsgebiet wiederherzustellen. Niemand innerhalb der Bundesregierung hat irgendwelche Zweifel daran, dass es für die Separatisten im Donbass logistische, finanzielle und auch militärische Unterstützung aus Russland gibt.

Was der Botschafter gesagt hat, ist, dass der Prozess der Regionalwahlen, den die Minsker Vereinbarungen vorsehen und der auch aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in diesem Teil der Ukraine ist, nach den Vereinbarungen der Konfliktparteien in Minsk und darüber hinaus stattfinden muss und stattfinden kann. Die Regelungen von Minsk sehen vor, und dazu hat sich der ukrainische Präsident ausdrücklich bekannt, dass eine Wiedergewinnung der Kontrolle über die ukrainisch-russische Grenze im Separatistengebiet das Ende eines Prozesses ist, den die Konfliktparteien im Februar 2015 in Minsk mit 13 Punkten beschrieben haben. Für uns ist das die Richtschnur und der Maßstab dafür, wie wir als deutsch-französisches Paar mit Moskau und mit Kiew verhandeln und wie wir Schritte zur Beruhigung und letztlich auch zur Überwindung der Krise und des Konflikts in der Ostukraine erreichen möchten.

ZUSATZFRAGE REMME: Hält die Bundesregierung die Durchführung dieser Wahlen mit der Präsenz russischer Truppen in der Ostukraine für vereinbar?

DR. SCHÄFER: Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich für die Bundesregierung sagen kann, dass wir davon ausgehen müssen das wird ja letztlich auch von russischer Seite gar nicht bestritten , dass es unterschiedliche Formen der Unterstützung der Separatisten gibt. Sozusagen regierungsamtlich festzustellen, ob oder dass es solche regulären russischen Truppen in den Separatistengebieten und auch im Hoheitsgebiet der Ukraine gibt, das hat Botschafter Reichel nicht getan, und ich tue es auch nicht.

Wir halten uns an die Vereinbarungen von Minsk. Die sehen vor, dass es ein beschriebenes Verfahren zur Durchführung von Lokalwahlen in den betroffenen Gebieten geben soll. Das sieht unter anderem vor, dass Parteien und Kandidaten einen freien Wahlkampf führen können müssen. Es gehört dazu, dass sich auch die internationale Gemeinschaft, die OSZE und wir aktiv daran beteiligen, solche Bedingungen herzustellen, und daran arbeiten wir.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, hat die Bundesregierung Kenntnis davon oder Erkenntnisse darüber, dass es reguläre russische Truppen in der Ostukraine gibt, vielleicht auch irreguläre?

Könnten Sie über den Vorfall mit diesem ukrainischen Abgeordneten bei der deutschen Botschaft noch ein bisschen mehr Auskunft geben?

DR. SCHÄFER: Das mache ich gerne: Über das hinaus, was ich zu Ihrer ersten Frage oder der Frage von Herrn Remme gesagt habe, möchte und kann ich jetzt gar nichts sagen.

Zu Ihrer zweiten Frage kann ich sagen, dass einige Personen, einige Ukrainer, auf das Gelände der deutschen Botschaft gekommen sind. Unser Versuch, den Abgeordneten davon abzuhalten, das zu tun, was er getan hat, nämlich mit roter Farbe dieses historische Mauerstück zu beschmieren, ist unter Verweis auf seine Immunität zurückgewiesen worden. Wir werden uns darum bemühen, dieses Relikt, dieses historische Stück aus der Berliner Mauer, das, wie wir glauben, auch politische und symbolhafte Bedeutung für die Ukraine und für die Wiedergewinnung ihrer Unabhängigkeit und Souveränität hat, wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen, dass wir es sehr bedauern, dass ein Vertreter der politischen Ukraine, ein Abgeordneter der obersten Rada, zu solchen Aktionen greift. Wir halten das für unangemessen und würden uns wünschen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr geschieht; denn die Berliner Mauer steht für den Kalten Krieg, für die Ost-West-Konfrontation, für die Blockkonfrontation. Es ist letztlich dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges zu verdanken, dass die Ukraine die Chance bekommen hat, ihre historische Bestimmung als ein souveräner Staat zurückzugewinnen. Deshalb glauben wir, dass dieses Stück der Berliner Mauer an und auf dem Gelände unserer Botschaft durchaus ein positives Zeichen für die Ukraine und für die deutsch-ukrainischen Beziehungen ist. Wir sehen gar keinen Grund, weshalb man dieses Symbol beschmieren müsste.

ZUSATZFRAGE JUNG: Weiß die Bundesregierung, welcher konkreter Abgeordnete aus welchem politischen Lager das war?

Zum Verständnis: Waren das mehrere Menschen, mehrere Abgeordnete? Haben die sich Zugang verschafft, sind also über einen Zaun geklettert? Können Sie das auch noch einmal sagen?

DR. SCHÄFER: Ich kann den Namen hier nennen, aber es gibt darüber auch in den ukrainischen Medien eine ausreichende Berichterstattung. Ich nehme an, der Abgeordnete hat das getan, um damit öffentliche Aufmerksamkeit zu erwecken. Es ist der Abgeordnete Goncharenko aus dem Block des Präsidenten, aus dem Block Poroschenko.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die andere Frage war: War das eine Gruppe von Abgeordneten?

DR. SCHÄFER: Ob auch noch andere Abgeordnete dabei waren, kann ich Ihnen jetzt aus dem Stand heraus nicht sagen. Jedenfalls kann ich Ihnen sagen, dass er nicht der einzige Gast auf dem Gelände unserer deutschen Botschaft gewesen ist.

FRAGE: Frau Demmer, heute hat ein provinzielles Gericht den bekannten russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny schuldig gesprochen. Damit ist sein Weg, sich im nächsten Jahr als Kandidat für das Präsidentenamt zu bewerben, wohl versperrt. Wie bewerten Sie diesen Vorgang?

SRS’IN DEMMER: Wie Sie wissen, kommentieren wir so etwas nicht.

ZUSATZFRAGE: Hält die Bundesregierung Russland denn für einen Rechtsstaat und die russische Justiz für unabhängig?

SRS’IN DEMMER: Da würde ich Herrn Schäfer um das Wort bitten.

DR. SCHÄFER: Das hatte ich mir gedacht! – Vielleicht zum Fall Nawalny nur so viel: Es gibt dazu noch keinen internen Bericht unserer Auslandsvertretung in Moskau. Deshalb sind die einzige Informationen, die ich habe, sozusagen die Informationen, die Sie vielleicht auch haben, nämlich die Agenturmeldungen und die Berichterstattung darüber. Soweit ich es beurteilen kann, gibt es noch keine Verkündung des Strafmaßes. Solange es keine Verkündung des Strafmaßes gibt, gibt es nach den Regeln der russischen Strafprozessordnung und des russischen Wahlrechts auch noch kein endgültiges Wissen darüber, was das für die Möglichkeit von Herrn Nawalny bedeutet, das passive Wahlrecht auszuüben, nämlich sich zur Wahl zu stellen, bei welchen Wahlen auch immer, ob es die Präsidentschaftswahlen oder andere sind. Ich glaube, es ergibt durchaus Sinn, abzuwarten, was diese Frage angeht, und dann auch abzuwarten, ob es dazu von welcher Seite auch immer noch eine Berufung oder eine Revision geben kann. Ich glaube auch nicht, dass das ein letztinstanzliches Urteil ist.

Grundsätzlich kann man nur sagen, dass wir uns wünschen würden, dass sich diejenigen, die sich das wünschen, in Russland für Wahlen zur Wahl stellen können, ob es die Präsidentschaftswahlen, Wahlen für die Duma oder für Wahlen für regionale Parlamente sind. Das ist das Wesen einer Demokratie, und so würden wir uns das auch wünschen.

ZUSATZ: Meine zweite Frage blieb unbeantwortet.

DR. SCHÄFER: Auch in Deutschland gibt es Regelungen der Strafprozessordnung und des Wahlrechts, die Straftätern das passive Wahlrecht für einen gewissen Zeitraum entziehen können. Insofern ist das nichts, das einem Rechtsstaat wie Deutschland grundsätzlich fremd wäre.

Ich glaube, was die konkrete Frage angeht, die Sie zu Herrn Nawalny gestellt haben, ergibt es Sinn, dass wir jetzt erst einmal abwarten, wie das tatsächlich und letztendlich ausgehen wird.

Ich glaube, über das Thema Russland, über das Thema Justiz und über das Rechtsstaatlichkeit haben wir an dieser Stelle schon relativ häufig miteinander gesprochen, und ich glaube, das müssen wir jetzt nicht wiederholen.

FRAGE DR. TUYALA: Trotzdem stelle ich noch einmal eine Frage zum Thema Russland an Frau ~ ~

DR. SCHÄFER: Trotzdem was?

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Ich möchte einfach ganz gerne fortfahren. An Frau Demmer: Wie nun bekannt wurde, gibt es laut BND keine Beweise für eine Destabilisierungskampagne der russischen Regierung. Der entsprechende Bericht soll jedoch nicht veröffentlicht werden. Kann man daraus schließen, dass Sie nichts an die Öffentlichkeit gelangen lassen möchten, was zur Entspannung des deutsch-russischen ~ ~

VORS. FELDHOFF: Herr Tuyala, ich will Sie nicht enttäuschen, aber ich glaube, das ist ein neuer Komplex und hat im engeren Sinne nichts mit diesem Prozess gegen Herrn Nawalny zu tun. Deswegen würde ich Sie gerne an das Ende der Fragerunde setzen, weil sich ganz viele Kollegen gemeldet haben.

ZUSATZ DR. TUYALA: Sehr gerne, kein Problem. Entschuldigen Sie bitte.

FRAGE KAUTZ: Frau Demmer, Herr Kaczyński hat in der „FAZ“ gefordert, dass Europa zur Atom-Supermacht werden solle. Dazu hätte ich ganz gerne eine Stellungnahme der Bundesregierung gehört. Muss sich Europa mittelfristig darauf einstellen, eigenständig einen nuklearen Abwehrschirm aufzuspannen? Ist das realistisch? Ist das sinnvoll?

SRS’IN DEMMER: Die Forderungen von Herrn Kaczyński stehen für sich. Die kommentiere ich hier nicht konkret. Ich kann Ihnen aber gerne ~ ~

ZURUF KAUTZ: Dann streichen Sie den ersten Teil der Frage!

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen aber gerne sagen, dass die Fortsetzung der engen und erfolgreichen Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem polnischen Nachbarn grundsätzlich von hoher Bedeutung ist. Diesem Ziel sieht sich auch der Vorsitzende der Regierungspartei Polens verpflichtet. In diesem Sinne ist gestern ein Gespräch geführt worden. Im Zentrum stand der Austausch europapolitischer Fragen. Die Details des Gesprächs bleiben vertraulich, wie es üblich ist.

ZUSATZFRAGE KAUTZ: Dann wiederhole ich einfach den zweiten Teil der Frage, weil es mir jetzt nicht um das deutsch-polnische Verhältnis ging. Es ging mir schon um die nukleare Abschreckung. Ist es sinnvoll, dass sich Europa und auch Deutschland daran beteiligen, einen eigenständigen nuklearen Abwehrschirm aufzuspannen?

SRS’IN DEMMER: Wie Sie wissen, ist ja in dem Reflexionsprozess, in dem sich die gesamte Europäische Union gerade befindet, die innere und äußere Sicherheit Europas ein zentraler Punkt. Dazu haben wir schon viel gesagt. Zu den Details, die sich ja doch auf die Aussagen von Herrn Kaczyński beziehen, möchte ich nichts sagen.

ZUSATZFRAGE KAUTZ: Ich halte es nicht für ein Detail, wie die nukleare Abschreckung aussieht. Vielleicht mag sich Herr Schäfer auch dazu äußern, ob das Auswärtige Amt Verschiebungen sieht, was die Tektonik betrifft.

DR. SCHÄFER: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei hat sich für die Kanzlerin bei der Wahl ausgesprochen. Befürchtet die Bundesregierung polnischen Einfluss, polnische Desinformationskampagnen gegen die Gegner von Frau Merkel im anstehenden Wahlkampf oder durch Geheimdienste?

VORS. FELDHOFF: Entschuldigung, Herr Jung, das ist, glaube ich, auch ein neues Thema.

ZURUF JUNG: Nein!

VORS. FELDHOFF: Doch, es ist wirklich ein neues Thema.

ZURUF JUNG: Nein.

VORS. FELDHOFF: Das ist ein neues Thema. Herr Kautz hat nach einem atomaren Abwehrschirm gefragt, und Sie fragen nach Unterstützung ~ ~

ZURUF JUNG: Es geht um Herrn Kaczyński!

VORS. FELDHOFF: Es tut mir leid; diese Frage stelle ich gerne hintan, und dann können wir sie auch beantworten.

Herr Jordans, Sie hatten noch eine Frage zu Herrn Nawalny. Habe ich das richtig gesehen? Ich habe das leider übersehen; es tut mir leid. Dann wären Sie jetzt dran.

FRAGE JORDANS: Um die Verwirrung jetzt komplett zu machen, wollte ich noch einmal auf das Thema zurückkommen und fragen, ob die Bundesregierung die Strafverfolgung gegen Herrn Nawalny als politisch motiviert ansieht.

DR. SCHÄFER: Sie wollen uns hier sozusagen zu agenturfähigen Aussagen nötigen.

ZURUF JORDANS: Das ist mein Job.

VORS. FELDHOFF: Das ist Sinn dieser Pressekonferenz, Herr Schäfer!

DR. SCHÄFER: Ich weiß nicht, ob Nötigung wirklich Sinn und Zweck ist. Dann sollten Sie vielleicht einmal den Kollegen aus dem BMJV fragen, was § 240 StGB für die Straftat der Nötigung für ein Strafmaß vorsieht.

Dass Herr Nawalny ein Fall ist, der auch aus Sicht der russischen Öffentlichkeit nicht nur Bedeutung für Fragen der Justiz hat, ist offensichtlich. Aber ich werde mich jetzt nicht darauf festlegen, ob das ein politisches Verfahren oder politische Justiz ist; das tue ich nicht.

FRAGE: Ich hätte eine Frage zum 16-Punkte-Plan, der durch die Medien geht, an Frau Demmer. Es heißt, es gäbe einen 16-Punkte-Plan von Frau Merkel, in dem unter anderem ein gemeinsames Zentrum von Bund und Ländern zur Koordinierung von Sammelabschiebungen geplant sei das soll in Berlin eingerichtet werden , in einem zweiten Schritt auch Ausreisezentren sowie ein beschleunigtes Verfahren zur Feststellung der Reisefähigkeit von ausreisepflichtigen Asylbewerbern, also Abzuschiebenden. Können Sie das bestätigen?

SRS’IN DEMMER: Grundsätzlich würde ich gerne vorweg sagen: Die Bundeskanzlerin wird sich ja am Donnerstag, also morgen, zu einem Gespräch mit den Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder im Bundeskanzleramt treffen. Dabei wird es wie auch schon am Montag beim Koalitionstreffen insbesondere um das Thema „Rückführung abgelehnter Asylbewerber“ gehen. Den Ergebnissen dieses Gesprächs von morgen möchte ich hier jetzt nicht vorgreifen.

Grundsätzlich ist es so, dass Bund und Länder bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht schon wirklich Verbesserungen erreicht haben. Die Zahl der Ausreisepflichtigen, die in ihre Herkunftsstaaten zurückgeführt wurden oder freiwillig zurückgekehrt sind, lag 2016, also im vergangenen Jahr, schon deutlich höher als in den Vorjahren. Die Bundesregierung begrüßt diese Entwicklung natürlich. Aber auch das Instrument der freiwilligen Rückkehr funktioniert natürlich nur dann, wenn wir auch ausreisepflichtige Personen, die nicht freiwillig zurückkehren, durch Abschiebungen in ihr Heimatland zurückführen. Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland erwarten natürlich völlig zu Recht, dass unsere rechtsstaatlichen Urteile auch vom Staat umgesetzt werden und dass diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht bei uns bekommen, die nicht als Asylbewerber anerkannt werden, die keinen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention genießen oder auch keinen subsidiären Schutz bei uns erhalten, unser Land wieder verlassen müssen. Die Erwartung der Bürger in diesem Punkt ist ja völlig gerechtfertigt, und nur dadurch wird auch die Bereitschaft dafür erhöht, dass diejenigen, die Hilfe brauchen, diese auch bekommen.

In diesem Kontext arbeitet die Bundesregierung jetzt schon seit geraumer Zeit, und Details werden dann eben morgen noch einmal bei der Begegnung der Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder mit der Bundeskanzlerin im Kanzleramt besprochen werden.

ZUSATZFRAGE: Erwarten Sie morgen ein Ergebnis?

SRS’IN DEMMER: Irgendein Ergebnis hat es noch immer gegeben.

ZUSATZFRAGE: Also erwarten Sie einen Beschluss?

SRS’IN DEMMER: Wir werden Sie über die Ergebnisse dieses Treffens auf dem Laufenden halten.

FRAGE BOESE: Ich habe dazu auch eine Frage an Herrn Dimroth. In dem 16-Punkte-Plan soll es auch darum gehen, dass das BAMF in Zukunft Handys und SIM-Karten auswerten darf, um die Identität von Flüchtlingen zu klären. Dürfen die das?

DR. DIMROTH: Zunächst einmal kann auch ich nur an das anknüpfen, was Frau Demmer gerade gesagt hat: Ich kenne keinen 16-Punkte-Plan. Ich weiß, dass morgen eine Ministerpräsidentenkonferenz hier in Berlin stattfinden wird, die sich unter anderem auch um das Thema Rückkehr drehen wird. Ich weiß auch, dass hierbei in der Vergangenheit tatsächlich schon einiges erreicht wurde und dass die Zahlen im vergangenen Jahr deutlich gesteigert werden konnten. Ich weiß auch, dass wir es im laufenden Jahr 2017 aufgrund der großen Effizienzsteigerungen im BAMF mit einer Vielzahl von Entscheidungen zu tun haben werden, darunter auch mit einer nennenswerten Zahl von ablehnenden Bescheiden, sodass die Zahl der Ausreisepflichtigen also tendenziell eher steigen als sinken wird. Umso wichtiger ist es, dass wir im Rahmen einer nationalen Kraftanstrengung gemeinsam Bund, Länder und Kommunen weiter voranschreiten, um den bestehenden Ausreisepflichten dann auch auf dem Wege der freiwilligen Rückkehr oder der Abschiebung nachzukommen.

Ganz konkret zu Ihrer Frage: Nach geltendem Recht ist es so, dass es eine entsprechende Befugnis für die Ausländerbehörden gibt, zur Identitätsfeststellung im weiteren Verfahren unter hohen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen richterliche Anordnung, Kernbereichsschutz und all dies auch solche Schritte durchzuführen. Eine vergleichbare Befugnis gibt es für das BAMF im derzeit geltenden Recht nicht. Es gibt die Befugnis also sozusagen in dem Gesamtprozess, aber sie ist ausdrücklich den Ausländerbehörden zugewiesen, nicht dem Bundesamt.

ZUSATZFRAGE: Darf ich noch einmal bezüglich der Bundesausreisezentren nachfragen? Die Kollegin hatte ja auch schon danach gefragt. Bislang waren die Länder oder zumindest einige Länder eher skeptisch. Herr Dimroth, haben Sie, wenn das jetzt in diesem möglichen 16-Punkte-Plan steht, Signale dafür erhalten, dass man dabei aufeinander zugeht?

DR. DIMROTH: Auch da gilt das, was Frau Demmer gesagt hat: Die Gespräche zwischen den Regierungschefs unter Beteiligung unter anderem auch des Bundesinnenministers werden morgen stattfinden. Warten wir doch einmal ab, mit welchem Ergebnis diese Gespräche morgen zu Ende gehen werden.

FRAGE DECKER: Ist dieser 16-Punkte-Plan, den Sie angeblich nicht kennen, trotzdem mit Ihrem Haus abgestimmt?

DR. DIMROTH: Wow, das ist jetzt aber ein sehr kreativer Versuch! Ich hatte jetzt wirklich mehrfach darauf hingewiesen, dass es natürlich auch Vorbereitungen solcher Konferenzen gibt; das ist ja völlig selbstverständlich. Die Regierungschefs setzen sich ja nicht an einen Tisch, ohne dass im Vorhinein sozusagen schon bestimmte Grundpositionen angesprochen wurden. Ich kann Ihnen hier aber nicht über einen 16-Punkte-Plan der Bundeskanzlerin berichten, und ich kann Ihnen auch nicht über Ergebnisse eines Gesprächs berichten, dass morgen stattfinden wird. Selbstverständlich können Sie davon ausgehen, dass an solchen Vorbereitungsmaßnahmen dann auch die zuständigen Fachministerien beteiligt werden, soweit es entsprechende Prozesse gibt; das ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit.

FRAGE REUTER: Frau Demmer, von Herrn Dimroth habe ich jetzt gerade gehört, dass er den 16-Punkte-Plan nicht kennt. Bei Ihren Äußerungen hatte ich vielleicht einen Kurzeit-Blackout oder habe das noch nicht so präzise gehört. Gibt es einen 16-Punkte-Plan? Gibt es einen Plan, der vielleicht aus weniger oder mehr Punkten besteht? Stimmt die Prämisse der Berichterstattung, dass die Kanzlerin es als besondere Priorität ansieht, dass die Zahl der Rückführungen in diesem begonnenen Jahr im Sinne einer nationalen Kraftanstrengung deutlich gesteigert werden wird? Ist das die Haltung der Kanzlerin?

SRS’IN DEMMER: Grundsätzlich stimmt es, dass das Thema Rückführungen natürlich ein wichtiger und zentraler Punkt bei der Lösung des Problems ist; das habe ich ja eben auch geschildert. Es ist eben auch eine völlig berechtigte Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, dass in einem rechtsstaatlichen Prozess, der ja im Rahmen von Einzelfallprüfungen abläuft, klar ist, dass jemand, der kein Aufenthaltsrecht bei uns bekommt, dann auch abgeschoben wird und dass unsere rechtsstaatlichen Urteile eben auch vom Staat umgesetzt werden.

Dazu, wie viele Punkte der Plan jetzt hat: Es gibt jedenfalls einen Plan.

FRAGE BRODBECK: Frau Demmer, wenn ich es richtig verstanden habe, dann hat Punkt 16 zum Inhalt, dass Ende März ein Zwischenbericht über die Gespräche, die morgen beginnen, abgeliefert werden soll. Soll das bedeuten, dass wir uns nicht so sehr viel Hoffnung machen sollen, dass wir morgen schon ein konkretes Ergebnis haben werden?

SRS’IN DEMMER: Ich möchte den Gesprächen, wie gesagt, jetzt nicht vorgreifen. Sie werden über die Ergebnisse dieses Treffens ganz bestimmt auf dem Laufenden gehalten werden.

Ich möchte auf die Frage Ihres Kollegen von vorhin noch gern klarstellen damit das nicht im Vagen bleibt , dass es natürlich keine Pläne zur nuklearen Aufrüstung in Europa unter Beteiligung der Bundesregierung gibt.

FRAGE JENNEN: Eine Frage an das Verteidigungsministerium: Die Ministerin ist in Litauen mit einer Airbus A400M liegen geblieben. Können Sie das bestätigen?

Gibt es Informationen zu den Hintergründen, insbesondere: Sind das die bekannten Triebwerkprobleme?

Gibt es auch für diese Maschine schon Entschädigungszahlungen, die ja normalerweise immer schon bei Lieferung einbehalten wurden?

NANNT: Bei allen Maschinen, die später gekommen sind, haben wir mögliche Schadensersatzleistungen, die wir einfordern können, immer eingefordert. Ich meine, auch diese Maschine ist später gekommen. Sie ist im Dezember vor Weihnachten ausgeliefert worden. Insofern gilt das bei dieser Maschine auch. Da, wo wir die Möglichkeiten haben wir haben einen guten Vertrag , machen wir unsere Schadensersatzansprüche geltend.

Zu bestätigen brauche ich das, denke ich, nicht. Herr Kautz war ja bei der Reise gestern dabei. Insofern: Klar, der Flieger ist gestern aufgrund einer Panne ausgefallen. Das ist natürlich superärgerlich.

Der Flieger steht derzeit noch in Kaunas. Gerade ist ein Team unterwegs, um zu untersuchen, was die Ursache war. Insofern kann ich nicht sagen, ob es ein bekannter oder ein neuer Fehler ist. Wir müssen die Untersuchungsergebnisse noch abwarten. Fakt ist, dass bei einer so komplexen Technik natürlich Schäden vorkommen können das ist so und der A400M auch insgesamt noch viele Kinderkrankheiten hat. Dazu sind wir auch mit dem Hersteller in Gesprächen. Der Hersteller weiß, was er zu leisten hat. Wir wollen natürlich insgesamt ein zuverlässiges und leistungsfähiges Flugzeug haben. Aber leider kommen eben auch Pannen vor. Das ist natürlich mehr als ärgerlich.

FRAGE KAUTZ: Gibt es Erkenntnisse darüber, ob dieses Triebwerk schon beim Hinflug oder während des Hinfluges Aussetzer hatte? Eine Frage in eigener Sache sozusagen.

NANNT: Ich dachte auch gerade, ob das in eigener Sache gefragt ist. Der Schaden wurde entdeckt, als die Besatzung im Rahmen einer Routineinspektion nach dem Flug festgestellt hat, dass Öl im Getriebe war. Das wurde nach der Landung festgestellt.

FRAGE JUNG: Herr Nannt, Sie haben gesagt, Schadensersatz sei eingefordert worden. Wie realistisch ist es, dass der Schadensersatz gezahlt wird?

NANNT: Ich hatte es gerade eben gesagt, dass wir gute Vertragsgrundlagen dafür haben. Unsere Position ist: Natürlich wird dieser Schadensanspruch aus unserer Sicht auch bezahlt. Klar. Dazu sind wir auch in Gesprächen. Es gibt überhaupt keinen Grund, jetzt zu mutmaßen, dass das nicht so sein könnte. Wir sind gut abgesichert.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Schäfer, zum US-Drohnenangriff unter Donald Trump im Jemen: Jetzt sind schon anderthalb Wochen vergangen. Da die Bundesregierung US-Drohnenangriffe gern im Einzelfall bewertet, würde ich gern wissen, wie die völkerrechtliche Bewertung dieses Drohnenangriffes im Jemen Ende Januar aussieht. Dabei wurden ja auch Kinder getötet.

DR. SCHÄFER: Ich bin nicht sicher, worüber genau Sie sprechen. Ich kenne Medienberichte über eine Aktion amerikanischer Elitekräfte im Jemen, die angeblich laut diesen Medienberichte vom amerikanischen Präsidenten höchstselbst angeordnet worden sei. Spreche Sie davon?

ZUSATZ JUNG: Das sind zwei separate Dinge.

DR. SCHÄFER: Wie jetzt? Worüber sprechen wir jetzt?

ZUSATZ JUNG: Über einen Drohnenangriff im Jemen.

DR. SCHÄFER: Der ist mir nicht bekannt, und weil er mir nicht bekannt ist, kann ich dazu schlecht eine völkerrechtliche oder politische Einschätzung abgeben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie kennen ihn, Herr Schäfer, weil Sie am 27. Januar dazu geantwortet haben, dass Sie dazu keine weiteren Erkenntnisse haben.

Wie ist denn der Modus Operandi, wenn die Bundesregierung von völkerrechtswidrigen Operationen ausländischer Staaten von deutschem Territorium aus erfährt?

DR. SCHÄFER: Was hätte das, was am 27. Januar passiert ist, mit Ihrer Frage zu tun?

ZUSATZ JUNG: Ramstein dient als Relaisstation für die US-Drohnenangriffe, was Sie selber anerkannt haben. Ein Drohnenangriff hat im Jemen stattgefunden. Deutschland ist damit Teil dieses Angriffs gewesen. Ist dieser Angriff völkerrechtswidrig? Wenn ja, was tun Sie dafür, dass dies aufhört?

DR. SCHÄFER: Das ist ja, wie soll ich es sagen, die perfekte Verknüpfung Ihrer beiden Lieblingsthemen: Ramstein und Drohnen. Glückwunsch! Wie oft hatten wir das jetzt schon in den letzten sechs Monaten? 20, 25, vielleicht auch 30 Mal? Eigentlich kommt es mindestens jede zweite Woche auf jeden Fall vor.

Die Haltung der Bundesregierung zu Ramstein ist unverändert. Ich weise ausdrücklich sämtliche Unterstellungen, die Ihrer Frage zugrunde liegen, zurück.

Zu dem Drohnenangriff, den Sie schildern, bin ich nicht in der Lage, Ihnen eine völkerrechtliche Bewertung abzugeben, weil mir dazu die notwendigen Details fehlen.

ZUSATZ JUNG: Es geht nicht um die Haltung der Bundesregierung gegenüber Ramstein. Die kennen wir mittlerweile. Es geht darum: Sie äußern sich ja gern am Einzelfall orientiert über Drohnenangriffe. Jetzt gibt es einen neuen Einzelfall.

DR. SCHÄFER: Dessen Umstände mir jetzt hier und heute nicht verfügbar sind, und ich bin nicht sicher ~ ~

ZUSATZFRAGE JUNG: Ihnen nicht. Dem Auswärtigen Amt allgemein nicht?

DR. SCHÄFER: Gut, dass Sie nachfragen. Ich bin nicht sicher, ob das Auswärtige Amt in hinreichender Weise dafür gibt es ja keinen völkerrechtlichen Anspruch von den Amerikanern über die einzelnen Umstände dieses Falles unterrichtet worden ist, sodass wir in der Lage wären, das wirklich mit der nötigen Detailschärfe und Detailtiefe zu beurteilen.

ZUSATZ JUNG: Aber sie wollen das doch immer am Einzelfall bewerten. Jetzt sagen Sie, dass Sie von dem Amerikanern nicht über jeden Einzelfall informiert werden.

DR. SCHÄFER: Ich finde, das ist kein Widerspruch. Es kann doch durchaus sein, dass man sagt, dass man Dinge nur beurteilen kann, wenn man die Informationen über konkrete Einzelfälle hat, aber dann gleichzeitig diese Informationen nicht zur Hand hat. Das finde ich nicht widersprüchlich, sondern das finde ich, ehrlich gesagt, sogar ziemlich kohärent.

ZUSATZFRAGE JUNG: Fordern Sie diese Einzelinformationen ein?

DR. SCHÄFER: Auch dazu gibt es eigentlich gar keinen neuen Stand, sondern der Stand ist, dass wir zu Fragen im Zusammenhang mit Ramstein, auch zu Fragen im Zusammenhang mit der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik, im Dialog mit der amerikanischen Regierung stehen.

Auch an dieser Stelle haben wir schon sehr häufig in den letzten Monaten darüber gesprochen, dass es eine neue amerikanische Administration gibt, mit der es angesichts einer Vielzahl von neu zu besetzenden Posten und Funktionen noch keinen so flüssigen Dialogzustand gibt wie mit der Vorgängerregierung. Ich hoffe und bin ich zuversichtlich, dass wir in dem Moment, in dem all die Posten im State Department, im Nationalen Sicherheitsrat, vielleicht auch im Verteidigungsministerium, im Weißen Haus und anderswo besetzt sind, das gleiche Niveau an Dialogbreite und Dialogtiefe hinbekommen. Dann ist das natürlich auch Gegenstand unserer vertrauensvollen Gespräche mit der amerikanischen Regierung.

FRAGE JORDANS: Das Thema Nawalny war schon dran. Ich hätte dazu aber noch eine Frage, weil ich jetzt manchmal muss man das in Echtzeit recherchieren doch auf die Antworten der Bundesregierung von vor vier Jahren gestoßen bin, in denen die Bundesregierung nach dem Urteil gegen Herrn Nawalny ganz deutlich Stellung bezogen hat. Mich wundert, dass es von der Regierungsbank dieses Mal nichts in dieser Hinsicht gibt.

Ich zitiere: Herr Seibert hat damals gesagt, es gebe Zweifel, ob bei diesem Prozess strafrechtliche Motive im Vordergrund gestanden haben.

DR. SCHÄFER: Ich habe in aller Geduld und mit der Bitte um ganz viel Verständnis versucht, Ihnen zu sagen das habe ich auch auf die Frage von Herrn Jolkver gesagt : Wir kennen das Ergebnis dieses Prozesses genau wie Sie ausschließlich aus Agenturen. Wir haben keinen Zweifel an der sachlichen Korrektheit dieser Agenturen. Aber sie müssen uns schon die Gelegenheit geben auch bei den konkreten und technischen Fragen, die Herr Jolkver gestellt hat und die Sie dann selber auch gestellt haben , das gegenzuchecken, oder? Das finde ich einen fairen Umgang miteinander.

Jetzt haben wir ich weiß nicht, seit wie vielen Minuten, vielleicht seit einer Stunde die Informationen über einen vermeintlichen Ausgang dieses Prozesses. Dann werden wir Ihnen gegenüber natürlich zu gegebener Zeit, nachdem wir uns das mit all den rechtlichen, vielleicht auch politischen Implikationen in Ruhe angeschaut haben, ein Urteil dazu abgeben, das Sie dann hoffentlich zufriedenstellt.

ZUSATZ JORDANS: Na ja, dann wird es vielleicht keine Geschichte mehr sein.

DR. SCHÄFER: Das wäre dann aber eher Ihr Problem und nicht meines.

FRAGE JOLKVER: Herr Schäfer, können wir denn erwarten, dass wir innerhalb der nächsten zwei Stunden, wenn auch das Strafmaß verkündet ist der Schuldspruch ist ja schon da, nur das Strafmaß wohl noch nicht , eine Reaktion vielleicht schriftlich über E-Mail vom Auswärtigen Amt bekommen können?

DR. SCHÄFER: Ich denke, Sie kennen das Auswärtige Amt lange und gut genug, um zu wissen, dass Sie, wenn Sie eine Anfrage an uns richten, in aller Regel eine Antwort auf diese Anfrage bekommen, oder?

ZUSATZ JOLKVER: Manchmal dauert es.

FRAGE SAGURNA: Eine Frage an das Gesundheitsministerium; es geht um die Forderung des Verbandes der Ersatzkassen, die mit Blick auf die absehbaren Beitragssteigerungen besagt, dass sich die Arbeitgeber an den Beiträgen zur Krankenversicherung stärker beteiligen sollen. Ist das aus Sicht des Gesundheitsministeriums eine sinnvolle Forderung?

ANGELI: Vielen Dank für die Frage. Sie wissen, dass wir gesetzlich im vorletzten Jahr die Finanzierung der Krankenkassen bereits geregelt haben. Gegenwärtig gibt es keine Überlegungen, das noch einmal zu ändern.

FRAGE HELLER: Ich denke, meine Frage betrifft das Wirtschaftsministerium. Es geht darum: Die EU hat heute wohl entschieden, die Importzölle für Solarmodule aus China zu verlängern. Die Bundesregierung hat sich zu ihrer Positionierung im Vorfeld sehr zurückgehalten. Vielleicht können Sie jetzt sagen, ob Sie diese Entscheidung der EU-Kommission für richtig halten und ob Sie sie unterstützen. 18 Monate lautet die Verlängerung; danach sollen sie auslaufen.

DR. BARON: Vielen Dank für die Frage. In der Tat haben wir hierzu schon einmal Stellung genommen. Die Kommission hat jetzt Vorschläge vorgelegt, die den Umfang haben, den Sie beschreiben. Das ist aber noch keine abschließende Beschlussfassung, sondern es geht jetzt weiter in den Beschlussfassungen zwischen Mitgliedsstaaten und Kommission. Aller Voraussicht nach werden in der ersten Märzwoche Entscheidungen getroffen. Bis dahin läuft das Verfahren, sodass ich es zu diesem Zeitpunkt jetzt noch nicht näher kommentieren oder bewerten kann.

ZUSATZFRAGE HELLER: Heißt das, dass Sie immer noch keine Notwendigkeit sehen, die Position der Bundesregierung zu dieser Frage zu klären?

DR. BARON: Ich kann Ihnen allgemein sagen: Das ist ein sehr langes Verfahren, das seit 2013 gilt. Unsere Auffassung ist, dass letztlich die Kommission die Bewertung vornehmen und den Mitgliedsstaaten zur Abstimmung stellen muss und dass Maßstab natürlich der faire Handel und gleiche Wettbewerbsbedingungen sein müssen, auch in der Solarbranche. Aber für diesen konkreten Fall kann ich die Bewertung jetzt nicht vorwegnehmen.

FRAGE DR. TUYALA: An Frau Demmer noch einmal: Wie nun bekannt wurde, gibt es laut BND keine Beweise für eine Destabilisierungskampagne durch die russische Regierung. Der entsprechende Bericht soll allerdings nicht veröffentlicht werden.

Soll man daraus schließen, dass nichts an die Öffentlichkeit gelangen soll, was das deutsch-russische Verhältnis verbessern könnte?

SRS’IN DEMMER: Diese Analyse teile ich nicht. Einer der häufigsten Sätze, die hier in der Regierungspressekonferenz fallen, ist doch der: Im Übrigen äußert sich die Bundesregierung nicht zu nachrichtendienstlichen Angelegenheiten oder jedenfalls nur grundsätzlich gegenüber den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages.

Der Bericht liegt der Bundesregierung vor, ist aber ein eingestufter Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Die ganze Untersuchung basiert auch auf einer Anfrage des Kanzleramts. In der „Süddeutschen Zeitung“ steht jetzt zum Beispiel:

„angesichts fehlender Beweise sei eine Veröffentlichung des 50-seitigen Geheimdienstpapiers nicht sinnvoll.“

Warum ist es nicht sinnvoll, sozusagen entlastendes Material zu veröffentlichen?

SRS’IN DEMMER: Ich kommentiere jetzt nicht die Kommentierung, die Sie vorgelesen haben.

Wie gesagt, ich teile Ihre Analyse nicht. Es handelt sich um einen eingestuften Bericht. Deshalb äußere ich mich und äußert sich die Bundesregierung insgesamt hier nicht dazu, sondern wie üblich nur gegenüber den zuständigen und geheim tagenden Gremien des Bundestages.

FRAGE JOLKVER: Frau Demmer, da muss ich vielleicht widersprechen. Vor genau einem Monat ich meine, es war am 9. Januar hat uns Steffen Seibert hier an dieser Stelle gesagt, dass der Bericht dieser Lisa-Bericht vorliegt. Er wird geprüft und danach der Öffentlichkeit vorgestellt. Was ist seit dem 9. Januar passiert, dass dieses Versprechen, dass er uns hier gegeben hat, nicht eingelöst wird?

SRS’IN DEMMER: Tatsächlich habe ich nicht die gesamten Regierungspressekonferenzen der letzten Wochen memoriert. Ich erinnere mich an dieses Versprechen nicht. Aber wenn dem so sein sollte ~ ~ Ich kann es Ihnen jetzt nicht sagen. Der Bericht ist eingestuft.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Herr Seibert hat uns versprochen, nicht nur den Bericht zu veröffentlichen, sondern auch zu erzählen, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus diesem Bericht ziehen möchte. Können Sie uns jetzt sagen, welche Konsequenzen aus dem Bericht gezogen werden? Das ist ja nichts Eingestuftes.

SRS’IN DEMMER: Nein. Aber darüber kann ich Sie jetzt nicht in Kenntnis setzen, sondern auch dazu würden wir uns gegenüber den zuständigen und geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages äußern.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, könnten Sie, basierend auf Herrn Jolkvers Frage, bei Herrn Seibert nachfragen, ob Herr Seibert damals vor ein paar Wochen gelogen hat?

SRS’IN DEMMER: Das wollte ich damit nicht insinuieren. Ich kläre das.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Dimroth, ist davon auszugehen, dass die sogenannten Regierungskreise Verfassungsschutz, Kanzleramt, Innenministerium denn weiterhin sogenannt Fake News verbreiten werden, dass die Russen in Deutschland manipulieren und Desinformation verbreiten, wenn es dafür keine Beweise gibt?

Wir haben in den letzten Wochen ja schon öfter gemerkt, dass auch an BPK-Mitglieder solche Informationen gestreut werden, die veröffentlicht werden und sich im Nachhinein als nicht belegbar oder sogar falsch herausstellen.

DR. DIMROTH: Es hat mich etwas überfordert, mitzuzählen. Deswegen weiß ich nicht, ob es 16 Dinge waren, die ich jetzt gern zurückweisen würde. Ich muss es vielleicht einfach pauschal tun und sagen: Jedenfalls insoweit hier von Ihnen in Ihrer Frage Tatsachen insinuiert sind, weise ich sie als jedenfalls aus meiner Sicht so nicht zutreffend einfach einmal pauschal zurück.

Im Übrigen kann ich aus meiner Sicht nur allgemein darauf hinweisen: Wenn Sie aufmerksam noch einmal die Protokolle der vergangenen Regierungspressekonferenzen, die hier gerade zitiert werden, studieren, werden Sie feststellen, dass jedenfalls vom Innenministerium nie behauptet wurde, dass es entsprechende Beweise gibt. Ich denke, das steht für sich. Da bitte ich, tatsächlich einfach noch einmal nachzublättern. Dann werden Sie nach Ihrem Vortrag vielleicht überrascht feststellen, dass es diesen Widerspruch in der Form überhaupt nicht gibt.

ZUSATZ JUNG: Es geht um die anonymen Quellen, die aus Ihrem Hause, aus dem Verfassungsschutz, aus dem Kanzleramt mit Medien reden. Dass Sie das jetzt zum Beispiel in der BPK wieder klarstellen müssen, erkenne ich an.

DR. DIMROTH: Vielen Dank.

FRAGE DR. TUYALA: Auf EU-Ebene und in Deutschland konnten hauptamtliche Mitarbeiter, die über ein Jahr hinweg extra dafür eingesetzt wurden, keine fehlerhaften Informationen bei RT Deutsch, also dem Medium, für das ich tätig bin, finden. Jetzt auch der BND nicht. Trotzdem wird die Berichterstattung von RT Deutsch nach wie vor als feindselig eingestuft.

Jetzt stellt sich die einfache Frage: Worin besteht Ihrer Ansicht nach diese Feindseligkeit?

SRS’IN DEMMER: Auch da würde ich Ihre Analyse nicht teilen das Wort „feindselig“ ist hier der Regierungspressekonferenz bestimmt noch nicht gefallen.

ZUSATZ DR. TUYALA: Das ist hier durchaus gefallen; das könnte ich jetzt auch schnell zitieren. Es hieß, die Berichterstattung russischer Medien und deren deutscher Ableger wie etwa RT Deutsch oder Sputiknews sei regelrecht feindselig. Obwohl es keine Beweise gibt, wird

SRS’IN DEMMER: Ich glaube, Sie werfen da jetzt zwei verschiedene Dinge in einen Topf.

ZURUF DR. TUYALA: Nein!

SRS’IN DEMMER: Grundsätzlich kann man schon sagen, dass wir eine tendenziöse Berichterstattung in russischen Medien wahrnehmen. Aufgrund der Eigentumsverhältnisse und Funktionsweisen der russischen Medien können wir auch davon ausgehen, dass es sich dabei nicht um spontane oder zufällige Entwicklungen handelt. Aber das ist ja etwas anderes als das, was der Bericht untersucht.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Eben deshalb: Es gibt keine Beweise, und trotzdem sagt das Kanzleramt, dass weiter untersucht werden soll was ja kurios ist. Der Fall ist also rechtlich eigentlich beendet, aber es soll jetzt weiter untersucht werden, und zwar aufgrund der Tatsache, dass die Berichterstattung feindselig sei. Das ist kurios, und das betrifft unser eigenes Haus. Da stellt sich jetzt schlicht und ergreifend die Frage: Wie definieren Sie jetzt Feindseligkeit? Das hat ja durchaus mit diesem Fall zu tun.

SRS’IN DEMMER: Ich habe jetzt mein Bestes gegeben, die Lage zu erklären. Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Sie oder Ihr Haus sagten jetzt, Sie hätten bei RT Deutsch eine tendenziöse Berichterstattung festgestellt.

SRS’IN DEMMER: Nein, ich habe gesagt: Ganz allgemein in russischen Medien beobachten wir das.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Und diese tendenziöse Berichterstattung rechtfertigt jetzt sozusagen eine weitere Untersuchung durch die Geheimdienste, verstehe ich das richtig?

SRS’IN DEMMER: Den Zusammenhang haben Sie hergestellt, nicht ich.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Nein, das ist der Zusammenhang, der sich sozusagen durch das Rechercheteam unter Leitung von Herrn Mascolo ergibt.

SRS’IN DEMMER: Dann müssen Sie vielleicht einmal bei Herrn Mascolo nachfragen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Ach so, ich dachte aber das basiert doch auch

SRS’IN DEMMER: Wenn Herr Mascolo Zusammenhänge herstellt

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Es tut mir leid, aber diese gesamte Untersuchung ist ja wirklich auch auf eine Initiative des Kanzleramts zurückgegangen. Deswegen dachte ich, Sie wären die richtige Ansprechpartnerin.

SRS’IN DEMMER: Genau, und zu dem Bericht, der nun vorliegt, habe ich Ihnen jetzt alles gesagt.

FRAGE JOLKVER: Herr Dimroth, ich will jetzt keine Erbsenzählerei anstellen, aber Sie haben das Wort „Beweise“ unterstrichen die Geheimdienste haben also keine Beweise. Danach habe ich auch Ihren Minister mehrmals gefragt, und er hat das Wort „Hinweise“ verwendet es gebe Hinweise, dass die russischen Geheimdienste hinter bestimmten propagandistischen Aktivitäten steckten, zum Beispiel auch hinter den Hackerattacken auf den Bundestag. Bleibt Ihr Haus bei dieser Bewertung?

DR. DIMROTH: Zunächst einmal bleibt mein Haus und mit ihm sicherlich die ganze Bundesregierung bei der Bewertung, dass es sich nicht um Erbsenzählerei handelt, wenn man zwischen Hinweisen und Beweisen differenziert wenn ich das so deutlich sagen darf ; denn es ist für eine rechtsstaatliche Bewertung ein sehr signifikanter Unterschied, ob es sich um Hinweise oder um Beweise handelt. Dem möchte ich noch hinzufügen, dass ich hier mehrfach von Herrn Jung gefragt wurde, ob es entsprechende Beweise gibt, und dementsprechend habe ich auf die Frage nach mir vorliegenden Beweisen geantwortet, dass solche Beweise mir nicht vorliegen. Das hat also wirklich mit vielem zu tun, aber sicherlich nicht mit Erbsenzählerei jedenfalls nicht nach unserem Verständnis. Das möchte ich einmal ganz deutlich voranstellen.

Im Übrigen verweise ich, wie ich das auch in der Vergangenheit getan habe, zu Ihrer allgemeinen Frage auf die veröffentlichten Verfassungsschutzberichte. Da werden Sie zu verschiedenen Staaten und möglichen Spionage- oder Sabotagetätigkeiten, soweit der Aufgabenbereich des Bundesamts für Verfassungsschutz berührt ist, viel Interessantes nachlesen können. Diese Berichte veröffentlichen wir; das sind also keine Geheimdokumente, sondern die dienen eben gerade der Aufgabenerfüllung und der transparenten Aufgabenerledigung des BfV. Deswegen sind die im Internet veröffentlicht, als Broschüren ausgelegt und für jedermann einsehbar, und darin werden Sie entsprechende Hinweise studieren können, die die Antwort auf Ihre Frage darlegen.

DR. SCHÄFER: Vielleicht darf ich für das Auswärtige Amt noch etwas ergänzen. Ich sage es einmal so: Wir haben ganz viel Erfahrung mit Pressefreiheit in der Welt, weil wir da ganz viele Botschaften und Auslandsvertretungen haben, die uns darüber berichten, wie die Lage der Presse ist. Ich würde mir wünschen, dass es in ganz vielen Ländern so gut um die Pressefreiheit die bei uns für nationale und internationale durch den Artikel 5 des Grundgesetzes umfassend geschützt wird bestellt wäre, wie das in Deutschland der Fall ist. Ich bin ganz stolz darauf, dass wir in Deutschland eine solche breite Vielfalt von Medien haben, die im Rahmen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten vollen Gebrauch von all dem machen können was uns manchmal Schwierigkeiten macht, was uns vielleicht auch manchmal ärgert, aber was jedenfalls absolut von der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit abgedeckt ist. Es gibt leider ganz viele Länder, auch gar nicht so weit weg von Deutschland, in denen das leider Gottes etwas anders ist.

FRAGE DR. TUYALA: Dr. Schäfer, Sie sprechen gerade ja die Pressefreiheit an. Deswegen ist es ja umso verwunderlicher, dass Medien wie zum Beispiel RT Deutsch als feindselig eingestuft werden und rein inhaltlich überhaupt nicht nachgewiesen wird, worin diese Feindseligkeit bestehen soll. Sie haben es ja angesprochen: Die Pressefreiheit besteht ja eigentlich im Konzert verschiedenartigster Perspektiven, die dargestellt werden und die zu einer umfänglichen Meinungsbildung beitragen. Aus ganz persönlichen Interesse möchte ich da die Frage stellen: Was macht uns denn jetzt sozusagen zu einem Feind, der durch den BND observiert werden muss, wobei sogar zutage tritt, dass es keine Beweise gibt?

DR. SCHÄFER: Ich kann über das hinaus, was die Kolleginnen und Kollegen hier gesagt haben, überhaupt nichts sagen. Ich kann nur nicht erkennen, dass es in Deutschland gegenüber Ihren Medien oder anderen Medien grundrechtsrelevante Einschränkungen der Pressefreiheit gegeben hätte. Ich habe in meinem Job als Sprecher des Auswärtigen tagtäglich damit zu tun, dass deutsche Journalisten und manchmal auch ausländische Journalisten im Ausland in einer Weise behandelt werden, die wir für völlig inakzeptabel politisch inakzeptabel und auch rechtlich inakzeptabel halten. Es ist unsere vornehme Aufgabe und Pflicht und ich mache das gerne , uns für diese deutschen oder ausländischen Journalisten im Rahmen des möglichen einzusetzen. Manchmal sind unsere Mittel da beschränkt, manchmal klappt das ganz gut. Aber jedenfalls kann ich nicht erkennen, dass irgendjemand aus dem Kreise der Bundespressekonferenz oder sonst wo in Deutschland jemals auf eine solche Hilfe angewiesen gewesen wäre; denn das funktioniert hier von selbst und sehr gut.

FRAGE JUNG: Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal die Frage von vorhin zu Polen stellen: Herr Kaczyński, der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei, hat sich jetzt offen für die Kanzlerin ausgesprochen. Befürchtet die Bundesregierung polnische Desinformationskampagnen, polnische Manipulation zugunsten der Kanzlerin, Herr Schäfer? Herr Dimroth, beobachtet der Verfassungsschutz etwaige Aktionen oder gibt es da schon irgendetwas?

DR. SCHÄFER: Über den Verfassungsschutz kann ich nichts sagen. Ich wäre fast versucht zu sagen: Jetzt müssen wir nur noch klären, ob die Unterstützung von Herrn Kaczyński für die Bundeskanzlerin für sie von Vorteil oder von Nachteil ist das wissen wir ja nicht, das können wir nicht wissen.

ZUSATZ JUNG: Das ist eine gute Frage.

DR. SCHÄFER: Ich glaube, es gibt ein sehr einvernehmliches Miteinander innerhalb der Europäischen Union, dass sich Freunde und Partner beim Umgang mit innenpolitischen Ereignissen im jeweils anderen Land sehr zurückhalten. Wir haben ein Common, dass man sich da zurückhält, aber dann, wenn man Sorgen hat, durchaus das eine oder andere sagt. Das tun wir auch bei unseren europäischen Nachbarn. Wir haben an dieser Stelle schon sehr häufig über innenpolitische Verhältnisse in Polen gesprochen, etwa über die Rechtsstaatlichkeit im Zusammenhang mit dem Verfassungsgerichtsgesetz oder über den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Polen; das tun wir hier und da. Wenn andere Partner das vom Ausland her tun, dann nehmen wir das mit der gebotenen Fassung im Spirit von Freundschaft und Partnerschaft.

DR. DIMROTH: Ich kann nicht erkennen, dass sich aus dem von Ihnen beschriebenen Sachverhalt, Herr Jung, eine Aufgabe eröffnen würde, die dem Bundesamt für Verfassungsschutz in dem entsprechenden zugrundeliegenden Gesetz zugeschrieben ist.

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