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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 8. März 2017

Watergate? ► BPK vom 8. März 2017

Themen: Kabinettssitzung (Ratifizierung der Istanbul-Konvention, Organisation der Informationstechnik der Bundesverwaltung, Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Anteils von Frauen und Männern in Führungsebenen und in Gremien in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, Bericht zu Anerkennungsverfahren in Heilberufen des Bundes, Gespräch von Bundesaußenminister Gabriel mit dem türkischen Außenminister Çavuþoðlu), deutsch-türkische Beziehungen, Berufung von Kurt Beck zum zentralen Ansprechpartner für Opfer und Hinterbliebene des Anschlags auf einen Berliner Weihnachtsmarkt, Anschlag auf ein Militärkrankenhaus in Kabul, Besuch von EU-Kommissar Moscovici in Deutschland, von WikiLeaks veröffentlichte angebliche CIA-Unterlagen, anstehende Neuwahl des Präsidenten des Europäischen Rates, Atomvertrag, Pkw-Maut, Drohnenangriffe im Jemen vonseiten des US-Militärs

Naive Fragen zu:
Deutsch-türkische Beziehungen (ab 9:00 min)
– wie bewertet die Bundesregierung die Demonstrationsverbote in der Türkei am heutigen Frauentag, den Sie hier auch angesprochen haben? (ab 15:00 min)

Deniz Yücel (ab 20:30 min)
– kennen Sie mittlerweile einen Haftprüfungstermin für Herrn Yücel?
– Können Sie bestätigen, dass der Istanbuler Richter, der die Untersuchungshaft verhängt hat, der gleiche ist, der jetzt über die erneute Haftprüfung entscheidet?
– Sie bemühen sich ja jetzt schon seit einigen Tagen, also seit fast zwei Wochen. Wie kann man sich diese Bemühungen vorstellen? Warum dauert das so lange?

Frauenquote (ab 25:10 min)
– etwa 3500 Unternehmen sind ja laut dem Gesetz verpflichtet, sich Quoten für den Anteil von Frauen im Aufsichtsrat zu geben. Sie haben selbst gesagt, dass das bisher 70 Prozent getan haben. Wissen Sie, warum die restlichen 30 Prozent das bisher nicht getan haben? (26:18 min)
– Nachreichung (1:02:28 min)

Angriff auf Militärkrankenhaus in Kabul (ab 30:06 min)
– auf welche Quellen beziehen Sie sich? Sie sagten, dass der IS dafür verantwortlich sei. Laut afghanischem Verteidigungsministerium handelt es sich um die Taliban. (ab 32:38 min)
– Sie haben Ihre eigenen Quellen und die Afghanen haben ihre Quellen?

CIA-Hacking aus Frankfurt (ab 37:25 min)
– wenn die CIA mitten in Deutschland eine spezialisierte IT-Truppe einsetzt, um Computerangriffe gegen Ziele in Europa, Afrika und im Nahen Osten durchzuführen und vorzubereiten, ist das dann legal? (ab 39:40 min)
– wie bewertet die Kanzlerin diese Enthüllungen?
– verbittet sich die Bundesregierung Computerangriffe von den Amerikanern auf deutsche Infrastruktur, deutsche Bürger usw.? Einfach nur, damit wir das klar und deutlich von Ihnen hören. (55:13 min)

US-Drohnenangriffe im Jemen (ab 1:03:37 min)
– das US-Militär hat am 2. März, am 3. März und am Montag nach eigenen Angaben 30 Drohnenangriffe im Jemen durchgeführt. Sie bewerten ja gerne US-Drohnenangriffe am Einzelfall, basierend auf ihrer Beteiligung über Ramstein. Wie ist denn Ihre völkerrechtliche Bewertung dieser 30 Drohnenangriffe im Jemen?
– Wann können wir damit rechnen? Wie informieren Sie sich jetzt darüber?
– Ist aus Ihrer Sicht das US-Militär bzw. sind die Amerikaner Kriegspartei im Jemen? Haben die Amerikaner dem Jemen den Krieg erklärt, sodass dort Kriegsoperationen stattfinden dürfen?

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 8. März 2017:

STS SEIBERT: Guten Tag auch von mir! Am heutigen Internationalen Frauentag hat auch das Kabinett in seinen Beschlüssen da durchaus Zeichen gesetzt. Allen Damen im Saal meinen Glückwunsch zu diesem Internationalen Frauentag.

Passend dazu das erste Thema. Das Bundeskabinett hat die Ratifizierung der sogenannten Istanbul-Konvention besprochen. Sie geht zurück auf das Jahr 2011. Dies ist das erste rechtlich verbindliche Instrument auf europäischer Ebene, ein Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Frauen vor allen Formen von Gewalt und zum Schutz von Frauen, wenn sie Opfer von Gewalt werden. Dies ist, wie gesagt, bereits im Jahr 2011 von Deutschland unterzeichnet worden.

Um nun die Ratifikation vornehmen zu können, musste Deutschland erst einige Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erfüllen, zum Beispiel die Einrichtung des bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“; das ist vor einiger Zeit geschehen. Ich kann Ihnen berichten, dass dieses 24 Stunden am Tag geschaltete Hilfetelefon, das in 15 Sprachen Hilfe anbietet, in zwei Jahren etwa 100 000 Beratungsgespräche geführt hat. Es bedurfte auch noch einiger Änderungen im Sexualstrafrecht. Das alles ist jetzt vollzogen. Deswegen erfolgte jetzt der Kabinettsbeschluss: Deutschland ratifiziert die sogenannte Istanbul-Konvention.

Bei dem zweiten Punkt, vorgetragen vom Bundesinnenminister, geht es um die Organisation der Informationstechnik der Bundesverwaltung. Die Informationstechnik und ihre Organisation werden weiter modernisiert. Dazu hat die Bundesregierung heute den Bericht zur Rechtsform des Informationstechnikzentrums Bund kurz: ITZBund beschlossen. Das ITZBund ist der zentrale IT-Dienstleister des Bundes. Er erbringt IT-Dienstleistungen, beispielsweise für die Behörden im Geschäftsbereich des Finanzministeriums, des Innenministeriums und des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Auch weitere Behörden werden ihre IT-Betriebe später dorthin verlagern.

Das ITZBund bekommt ab 2019 die Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich das muss ich sagen einer vorherigen Evaluierung durch den IT-Rat. Die Rechtsform Anstalt des öffentlichen Rechts ist hinsichtlich der Flexibilität, der Wirtschaftlichkeit und der Abrechnung vorteilhaft. So kann dieses ITZBund die Bedürfnisse seiner Kunden, also der Behörden, die seine Kunden sind, besser bedienen.

Das nächste Kabinettsthema führt uns noch einmal zu dem Thema Gleichberechtigung von Mann und Frau. Es geht um die erste jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Anteils von Frauen und Männern in Führungsebenen und in Gremien in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Sie alle wissen, dass Anfang letzten Jahres das sogenannte Frauenquote-Gesetz in Kraft getreten ist. Es sieht unter anderem vor, dass die Öffentlichkeit jährlich über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils in den entsprechenden Positionen informiert wird.

Das erfolgt nach drei Säulen. Die erste Säule ist die Privatwirtschaft. Dazu kann man sagen: Alle börsennotierten und alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen, die 2016, also nach dem Inkrafttreten des Frauenquote-Gesetzes, neue Aufsichtsratsposten zu besetzen hatten, haben sich an die feste Quote gehalten. Zudem haben sich diejenigen Unternehmen, die die feste Quote von 30 Prozent erfüllen müssen, ehrgeizigere Zielgrößen für die Zukunft gesetzt als die Unternehmen, die nicht unter diese feste Quote fallen.

Die zweite Säule aus diesem Bereich ist die Privatwirtschaft. Dazu lässt sich sagen, dass sich rund 70 Prozent der in diesem Bericht betrachteten Unternehmen, wie vom Gesetz gefordert, Zielgrößen für den Aufsichtsrat, für den Vorstand und für die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands gesetzt haben. Mit Ausnahme der Ebene des Vorstands kann man resümieren, dass diese Ziele ambitioniert gesetzt sind. Das stellt die Weichen für bessere Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen. Das ist ein Indiz dafür, dass in den Unternehmen ein Kulturwandel begonnen hat.

Die dritte Säule ist der öffentliche Dienst. Da hat der Bund, wie vom Gesetz gefordert, die Gremien veröffentlicht, für die er selbst Mitglieder bestimmen kann. Stichtag war der 31. Mai 2015. Damals waren 33 Prozent der vom Bund zu bestimmenden Mitglieder in den Aufsichtsräten der privatwirtschaftlichen Unternehmen weiblich. Laut Gleichstellungsindex 2015 betrug der Anteil der Frauen in Vorgesetzten- und Leistungsfunktionen in obersten Bundesbehörden 32,6 Prozent.

Der Gesundheitsminister hat dem Kabinett seinen Bericht zu Anerkennungsverfahren in Heilberufen des Bundes vorgelegt. Was verbirgt sich dahinter? Egal ob Ärztinnen und Ärzte, Krankenpfleger, Logopäde, MTA oder medizinischer Bademeister – wer in all solchen Berufen seinen Abschluss im Ausland gemacht hat, der muss, um hier in Deutschland arbeiten zu können, diesen Abschluss anerkennen lassen. Erst dann kann er hier arbeiten. Das Verfahren wurde, nachdem wir im April 2012 ein Anerkennungsgesetz beschlossen haben, vereinfacht. Es wurde vor allem unter den Bundesländern vereinheitlicht.

Heute hat der Gesundheitsminister dem Kabinett darüber berichtet, welche Erfahrungen die Länder bei diesen Anerkennungsverfahren gemacht haben. Der Bericht, dem das Kabinett zugestimmt hat, wird nun dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Der Großteil der Anträge auf Anerkennung bezieht sich auf die Berufsfelder Arzt, Ärztin, Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. pflegerin.

Man kann zusammenfassend feststellen, dass die Regelungen bei den Heilberufen im Grundsatz gelungen sind. Es wird ein angemessener Ausgleich zwischen dem Patientenschutz auf der einen Seite und den Interessen der Antragsteller auf der anderen Seite erreicht, die natürlich ihre beruflichen Qualifikationen anerkannt haben wollen, um hier beruflich voranzukommen.

Die Länder benennen beim Vollzug einige Probleme. Aber auch da sind Verbesserungen erkennbar. Es ist eine zentrale Gutachtenstelle errichtet worden. Es werden Absprachen unter den Bundesländern getroffen, um den Vollzug zu vereinheitlichen. Das Ganze geht also voran.

Das Fazit ist, dass derzeit keine weiteren gesetzlichen Maßnahmen erforderlich sind. Aber aus der Sicht der Bundesregierung sind eine weitergehende Zusammenarbeit im Vollzug durch die Länder, eine Bündelung von Kompetenzen sowie eine Vereinheitlichung wichtig und anzustreben.

Als letzten Punkt hat Bundesaußenminister Gabriel den Kollegen im Kabinett kurz über sein Gespräch mit dem türkischen Außenminister Çavuþoðlu berichtet.

FRAGE UPMANN: Ich würde gern direkt an das Treffen von Herrn Çavuþoðlu mit dem deutschen Außenminister Gabriel anknüpfen. Dabei soll es eine Einigung oder zumindest ein Gespräch über einen möglichen Wahlkampfauftritt von Präsident Erdoðan in Deutschland gegeben haben. Wissen Sie Genaueres darüber?

FISCHER: Was ich Ihnen dazu sagen kann, ist, dass in dem Gespräch über eine ganze Reihe von Themen gesprochen worden ist. Es ist über das Referendum, über die Inhaftierung türkischer und auch eines deutschen Journalisten sowie über konsularische Fragen gesprochen worden. Es gab auch das Thema der Auftritte türkischer Politiker bei uns in Deutschland. Das war aber ein Vieraugengespräch. Von daher kann ich Ihnen zu spezifischen Auftritten, die möglicherweise angesprochen worden sind, keine Auskunft erteilen.

ZUSATZFRAGE UPMANN: Das heißt, Sie können auch nicht bestätigen, dass ein solcher Wahlkampfauftritt in Deutschland geplant ist?

FISCHER: Das kann ich nicht bestätigen.

FRAGE JORDANS: Zum Thema Türkei und Auswärtiges Amt. Meine Frage bezieht sich auf einen heutigen Bericht des ZDF. Es zitiert aus einem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, wonach es deutliche Anhaltspunkte gibt für eine Zitat „systematische Verfolgung vermeintlicher Anhänger der Gülen-Bewegung, ohne dass es Kriterien dafür gebe, was einen Anhänger kennzeichnet“.

Ist dieses spezielle Thema in den Gesprächen vorgekommen? Planen Sie, diesen Lagebericht zu veröffentlichen?

FISCHER: Ich denke, Sie sprechen den Asyllagebericht an. Das ist ein internes Dokument. Sie wissen, dass wir zu internen Dokumenten keine Stellung nehmen. Dieser Asyllagebericht ist ganz grundsätzlich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern kommt in individuellen Asylverwaltungsverfahren und Verwaltungsgerichtsverfahren zur Anwendung. Dieser beschränkte Empfängerkreis des Asyllageberichts dient ausdrücklich auch dazu, die Quellen zu schützen. Dementsprechend ist nicht beabsichtigt, den Asyllagebericht zu veröffentlichen, wie wir das auch mit keinem anderen Asyllagebericht getan haben.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Darin soll es auch heißen, die Unabhängigkeit der Justiz sei durch die Notstandsdekrete eingeschränkt worden. Ist das unabhängig von dem Lagebericht die Einschätzung der Bundesregierung?

FISCHER: Was ich zum Asyllagebericht gesagt habe, haben Sie gehört. Der Asyllagebericht ist ein internes Dokument. Dazu nehme ich nicht Stellung.

Ganz grundsätzlich: Wir haben hier wirklich schon häufig über die innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei seit dem Putsch gesprochen. Wir haben den Putsch in der Türkei verurteilt. Die Verantwortlichen für den Putsch müssen durchaus auch zur Rechenschaft gezogen werden. Aber das alles muss nach Recht und Gesetz und unter Einhaltung der Menschenrechte geschehen. Dass es dazu die eine oder andere Frage gibt, haben wir hier schon häufiger deutlich gemacht, und das wissen Sie auch. Dass wir zum Beispiel Fragen hinsichtlich der Inhaftierung eines deutschen Journalisten haben, haben wir sehr deutlich gemacht. Insofern gibt es, denke ich, keine neue Entwicklung, über die ich berichten kann.

FRAGE LANGE: Herr Fischer, der türkische Außenminister hat am Rande der ITB oder auf der ITB ich war nicht dabei, sondern habe es nur gelesen einen Besuch von Herrn Gabriel in der Türkei angekündigt. Können Sie das bestätigen?

FISCHER: Ich kann bestätigen, dass die beiden bei ihrem intensiven Gespräch auch über die Besuchsdiplomatie gesprochen haben. Ich denke, es ist nicht völlig ungewöhnlich, dass ein deutscher Außenminister auch die Türkei besucht. Insofern kann ich das hier weder bestätigen noch dementieren. Aber ich halte es nicht für ausgeschlossen, sondern kann mir gut vorstellen, dass Herr Çavuþoðlu seinen deutschen Amtskollegen, wie es unter Amtskollegen üblich ist, zu einem Besuch in die Türkei eingeladen hat.

FRAGE DANIEL: Auch eine Frage an Herrn Fischer: Herr Schäfer hat vor einer Woche hier ausgeführt, dass neben Herrn Yücel sechs weitere Deutsche darunter vier auch mit türkischer Staatsangehörigkeit inhaftiert seien und dass sich die Bundesregierung um konsularische Betreuung bemühe. Gibt es inzwischen eine konsularische Betreuung?

Ist es bei den sechs geblieben?

Was wissen Sie über die Haftbedigungen? Sind sie in Einzelhaft? Können Sie irgendetwas dazu sagen

FISCHER: Ich denke, die Lage ist unverändert. Nach unserem Kenntnisstand sind inklusive Deniz Yücels derzeit sechs deutsche Staatsangehörige in der Türkei in Haft, die nach dem Putschversuch festgenommen worden sind. Unsere drei Auslandsvertretungen in der Türkei, nämlich in Ankara, in Istanbul und auch in Ýzmir, stehen den Betroffenen so weit wie möglich zur Seite und leisten ihnen konsularische Hilfe. Dazu sind sie auch in laufendem Kontakt mit der türkischen Seite und je nach Einzelfall auch mit dem Anwalt und den Angehörigen.

Aber ich muss dazusagen, dass es bislang nicht in jedem Einzelfall konsularischen Zugang gegeben hat. Hieran arbeiten wir intensiv. Was den Fall Yücel angeht, so hat der Minister dieses Thema heute noch einmal angesprochen bezogen auf Herrn Yücel, aber eben auch auf die anderen inhaftierten deutschen Staatsangehörigen, bei denen es sich teilweise ja um Doppelstaatler handelt.

ZUSATZFRAGE DANIEL: Wissen Sie etwas über die Haftbedingungen?

FISCHER: Die Haftbedingungen sind nach meiner Kenntnis so, wie sie in türkischen Gefängnissen üblich sind, weder besser noch schlechter.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung die Demonstrationsverbote in der Türkei am heutigen Frauentag, den Sie hier auch angesprochen haben?

STS SEIBERT: Das will ich im Einzelnen nicht bewerten. Wir haben uns hier grundsätzlich mehrfach zu unseren Sorgen über die Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei geäußert. Ich kann jetzt nichts zu diesen Demonstrationsverboten sagen, weil ich, ehrlich gesagt, keine Detailkenntnis darüber habe. Aber die grundsätzliche Sorge, dass es immer schwieriger wird, oppositionelle Meinungen in der Türkei zu vertreten, haben wir leider seit geraumer Zeit zu beobachten. Dazu haben wir uns auch geäußert.

ZUSATZFRAGE JUNG: Kann vielleicht Herr Fischer etwas dazu sagen? Kennen Sie diese Nachricht über die Verbote? Sie ist ja schon ein paar Tage alt.

FISCHER: Dieser Einzelfall ist mir nicht bekannt. Das mögen Sie mir nachsehen. Insofern kann ich den Dingen, die Herr Seibert gesagt hat, nichts weiter hinzufügen.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Fischer, noch einmal zur Frage eines möglichen Besuchs von Herrn Erdoðan. Ihr Kollege Schäfer hat hier vor Kurzem ausgeführt, dass man bei solchen Besuchen aus diplomatischen Gepflogenheiten heraus erwarte, dass sie mit einem entsprechenden Zeitvorlauf angekündigt würden. Ist Ihnen bereits ein Besuch von Herrn Erdoðan in den nächsten Wochen angekündigt?

FISCHER: Eine formelle Notifizierung liegt nicht vor.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Heißt das, informell liegt etwas vor?

FISCHER: Nein, das heißt nur, dass auf den bekannten diplomatischen Kanälen, auf denen solch ein Besuch angekündigt wird, nichts vorliegt.

Ansonsten habe ich mich vorhin ja zu dem Inhalt des Gesprächs von Herrn Gabriel mit seinem türkischen Amtskollegen geäußert. Dort ist über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland gesprochen worden. Aber ich kann hier nicht bestätigen, dass es dabei auch um den Auftritt von Herrn Erdoðan in Deutschland ging.

FRAGE STEINER: Dann würde ich doch gern tagesaktuell wissen, welche türkischen Regierungsmitglieder bislang angekündigt haben, dass sie in Deutschland auftreten möchten.

FISCHER: So weit ich weiß, liegt eine offizielle Notifizierung über den Besuch des türkischen Sport- und Jugendministers Kýlýç vor.

ZUSATZFRAGE STEINER: Keine weiteren darüber hinaus?

FISCHER: Offizielle Notifizierungen anderer Besuche sind mir nach jetzigem Stand nicht bekannt.

ZUSATZFRAGE STEINER: Ist die Notifizierung über die Hilfe bei der Durchführung der Abstimmung bereits abgeschlossen?

FISCHER: Nach meiner Kenntnis läuft die Prüfung.

FRAGE VON MALLINCKRODT: Herr Seibert, Sie hatten in der vergangenen Regierungs-PK gesagt, die EU müsse prüfen, ob die Zahlungen an die Türkei zum EU-Beitritt ihren Zweck erreichten. Meine Frage ist: Was ist die Vorgehensweise der Bundesregierung? Wird Deutschland das vorantreiben?

An das Bundesfinanzministerium, wenn ich das gleich hinterherschicken darf: Vergangene Woche hat sich Minister Schäuble mit dem stellvertretenden türkischen Ministerpräsidenten getroffen, der um Wirtschaftshilfen gebeten hat. Ist dabei etwas vereinbart worden? Danke.

STS SEIBERT: Meine Erinnerung an diese Pressekonferenz ist noch ganz gut. Ich wurde nach den EU-Heranführungshilfen an die Türkei gefragt und habe grundsätzlich gesagt, dass bei EU-Zahlungen und bei der Verwendung von EU-Mitteln immer zu prüfen ist, ob mit den Mitteln der intendierte Zweck auch erreicht wird. Das war eine grundsätzliche Bemerkung, die heute ebenso gilt wie auch am Montag.

ZUSATZFRAGE VON MALLINCKRODT: Meine Frage war, was jetzt die Vorgehensweise ist. Will die Bundesregierung es auf EU-Ebene vorantreiben, das intensiver zu überprüfen und diese Heranführungshilfen gegebenenfalls zu stoppen?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen derzeit von keinen Initiativen irgendwelcher Mitgliedsstaaten in Europa berichten. Aber es gibt ständig europäische Runden, bei denen auch das Thema Türkei eine Rolle spielt. Demnächst gibt es einen Europäischen Rat. Ich kann jetzt nicht sagen, ob er das Thema ansprechen wird, aber Möglichkeiten gibt es immer.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Wir haben dieses Thema hier in der Bundespressekonferenz schon gehabt. In der Tat hat es vor zwei Wochen ein Gespräch zwischen Herrn Schäuble und dem stellvertretenden türkischen Premierminister Herrn Þimþek gegeben. Die Inhalte dieses Gesprächs sind vertraulich, wie es üblich ist. Wir haben aber im Nachgang gesagt, dass die Bundesregierung mit der Türkei wie auch mit anderen Partnern einen konstruktiven Dialog über gemeinsame Interessen führt. Darüber hinaus kann ich Ihnen hier nichts zu irgendwelchen Vereinbarungen berichten.

ZUSATZFRAGE VON MALLINCKRODT: Wollen Sie also die Frage nach den Wirtschaftshilfen, auch wenn sie sozusagen schon im Raum steht, gar nicht kommentieren?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Ich sage Ihnen auf Ihre Frage, ob ich Ihnen etwas über Ergebnisse berichten kann, dass ich Ihnen nichts berichten kann.

FRAGE JUNG: Herr Fischer, kennen Sie mittlerweile einen Haftprüfungstermin für Herrn Yücel?

Können Sie bestätigen, dass der Istanbuler Richter, der die Untersuchungshaft verhängt hat, der gleiche ist, der jetzt über die erneute Haftprüfung entscheidet?

FISCHER: Das kann ich nicht bestätigen, weil mir Kenntnis davon fehlt. Was ich glaube, ist, dass es regelmäßige Fristen gibt, um Haftprüfungstermine durchführen zu können, und ich gehe davon aus, dass die türkische Seite diese Fristen auch einhalten wird.

Im Übrigen arbeiten wir derzeit daran, konsularischen Zugang zu Herrn Yücel zu erhalten und bemühen uns mit Hochdruck darum. Das war auch Gegenstand des Gesprächs des Außenministers mit seinem türkischen Amtskollegen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie bemühen sich ja jetzt schon seit einigen Tagen, also seit fast zwei Wochen. Wie kann man sich diese Bemühungen vorstellen? Warum dauert das so lange?

FISCHER: Sie wissen ja, dass wir da auf verschiedensten Ebenen aktiv sind. Ich glaube, das Thema hat auch im Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem türkischen Ministerpräsidenten eine Rolle gespielt. Es hat jetzt eine Rolle gespielt. Rechtlich ist es so, dass Herr Yücel ein Doppelstaatler ist und es dementsprechend keinen rechtlichen Anspruch auf konsularische Betreuung oder einen konsularischen Besuch gibt. Wir reden mit der Türkei darüber, diesen Zugang zu erhalten, und wir hoffen auch, dass dies nach den Gesprächen jetzt rasch gelingen wird. Anderes wurde jedenfalls nicht signalisiert.

Im Übrigen ist es so, dass wir durchaus ein Bild davon haben, wie es Herrn Yücel geht, der ja im regelmäßigen Kontakt mit seinen Anwälten steht. Aber nichtsdestotrotz ist es für uns natürlich unabdingbar, jetzt auch selbst konsularischen Kontakt zu ihm herzustellen und selbst mit ihm zu sprechen.

FRAGE JESSEN: Herr Fischer, der Bundesaußenminister hat nach dem Treffen gesagt, er habe deutlich gemacht, dass sich Vergleiche mit der Nazizeit in Deutschland verbieten und dass sich solche Vorwürfe in den nächsten Tagen nicht wiederholen dürfen. Was bedeutet „in den nächsten Tagen“? Gibt es da irgendeine zeitliche Klausel, ab wann das wieder gesagt werden darf?

Zum Zweiten: Welches Sanktionsinstrumentarium oder Reaktionsinstrumentarium steckt dahinter, wenn man sagt, dass etwas nicht passieren darf? Das ist ja im Grunde ein Verbotskriterium. Haben die Bundesregierung bzw. das Außenministerium irgendeine Möglichkeit, wenn das in den nächsten Tagen dann doch wieder geschehen sollte, eine Sanktion zu verhängen bzw. zu erlassen, oder bliebe es beim abermaligen verbalen Protest?

FISCHER: Erst einmal steht das, was der Minister gesagt hat, für sich. Er hat gesagt, dass sich Vergleiche mit der Nazizeit und Ausfälle gegen Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland verbieten, denn dieses Deutschland ist das freieste Deutschland, das jemals auf deutschem Boden existiert hat. Ich glaube, das ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Das hat er seinem türkischen Amtskollegen auch so mitgeteilt.

Jetzt warten wir doch erst einmal ab, was passieren mag. Aber es ist klar, dass dieser Art des Umgangs mit der deutschen Vergangenheit wirklich schwierig ist und wir einen respektvollen Umgang miteinander erwarten.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das sagt aber noch nichts darüber aus, warum gesagt wird „Das darf sich in den nächsten Tagen nicht wiederholen“. Was haben die nächsten Tage da zu suchen?

FISCHER: Wie gesagt: Die Äußerungen des Ministers stehen für sich. Der Punkt ist, glaube ich, dass er in dem Gespräch sehr, sehr deutlich gemacht hat, dass sich diese Art von Vergleichen verbietet. Jetzt warten wir doch einmal ab, auf was für einen Boden das Gespräch gefallen ist, bevor wir uns darüber unterhalten, was möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt passieren wird. Derzeit ist es ja vor allen Dingen eine Wenn-dann-Frage und eine hypothetische Frage, die Sie da stellen.

FRAGE LANGE: Zur Frauenquote in Unternehmen: Herr Seibert, ich habe Sie so verstanden, dass Sie eine positive Entwicklung festgestellt haben. Nun hat Frau Zypries in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland gesagt, es passiere zu wenig. Gibt es da einen Widerspruch? Sehe ich es also richtig, dass es da einen Widerspruch gibt? Ist dieser Bericht heute im Kabinett kontrovers diskutiert worden, oder ist der glatt durchgegangen?

STS SEIBERT: Es gab keine kontroverse Diskussion darüber, weil sich alle einig sind, dass es richtig war, dieses Frauenquotengesetz Anfang letzten Jahres in Kraft treten zu lassen, weil sich alle einig sind, dass das ein längerer Weg ist. Ich habe von einem Kulturwandel in den Unternehmen, in den Köpfen derer, die Personalentscheidungen fällen, und in den Köpfen derer, die Personen für bestimmte Gremien vorschlagen, gesprochen. Dieser Kulturwandel ist sicherlich in den letzten Jahren vorangekommen und durch dieses Quotengesetz noch einmal angeschoben worden. Aber wir sind da nicht am Ziel; das zeigen die Zahlen dieser jährlichen Information.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, etwa 3500 Unternehmen sind ja laut dem Gesetz verpflichtet, sich Quoten für den Anteil von Frauen im Aufsichtsrat zu geben. Sie haben selbst gesagt, dass das bisher 70 Prozent getan haben. Wissen Sie, warum die restlichen 30 Prozent das bisher nicht getan haben?

STS SEIBERT: Ich kann vielleicht das zuständige Ministerium noch einmal kurz zur Hilfestellung in den Details hinzubitten.

STEFFEN: Ich muss leider im Moment passen, aber ich würde das nachreichen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns dann nachreichen, ob es eventuelle Sanktionsmöglichkeiten gibt, und sagen, bis wann die das umgesetzt haben müssen?

STS SEIBERT: Na gut, das ist ja auch durch einen Blick in das Gesetz herauszufinden.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Seibert, Sie hatten es eben, glaube ich, nicht gesagt, aber Kurt Beck ist ja heute, glaube ich, auch zum Opferbeauftragten für den Weihnachtsmarktanschlag berufen worden. Können Sie noch einmal kurz sagen, was der genau machen soll?

STS SEIBERT: Wir hatten ja neulich Anlass, noch einmal über dieses Thema zu sprechen, als eine italienische Kollegin danach fragte, weil es in der italienischen Presse einen Bericht über die Familie eines jungen Opfers des Anschlags am Breitscheidplatz gab, die sich nicht gut behandelt fühlte, um es einmal so auszudrücken. Was zeigt das? Das zeigt, dass die Nachsorge gegenüber den Verletzten und auch gegenüber den Angehörigen der Todesopfer nicht eine Sache ist, die in wenigen Wochen erledigt ist, dass da oft eine längere Begleitung notwendig ist, dass es vielleicht Probleme geben kann besonders auch für ausländische Betroffene , mit unserem deutschen System und seiner Kompetenzverteilung sowie mit der Spanne von Unterstützungsleistungen, die wir anbieten, zurechtzukommen, und dass es deswegen richtig ist, jemanden zu haben, der noch für eine längere Strecke als eben nur die ersten drei Monate Ansprechpartner für Betroffene ist. Das ist uns wichtig, und das drückt sich in der Bestellung von Herrn Beck für diese Aufgabe aus.

ZUSATZ MÜLLER-THUM: Nun gibt es ja, soweit ich weiß, in Berlin schon einen Opferbeauftragten für diesen Anschlag.

STS SEIBERT: Richtig.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Arbeiten die zusammen? Macht Herr Beck etwas anderes als der? Hat der das einfach nicht gut genug gemacht?

STS SEIBERT: Nein, ich glaube, an dem Berliner Opferbeauftragten, der ehrenamtlich eine unglaublich engagierte Arbeit leistet, ist überhaupt keine Kritik zu üben. Aber es spricht doch nichts dagegen, dass nicht auch ein Beauftragter des Bundes in enger Abstimmung mit ihm gemeinsam an dieser Aufgabe arbeitet. Es gibt ja auch beispielsweise Leistungen das können die Kollegen aus einigen Ministerien hier berichten , die aus Finanztöpfen des Bundes zur Verfügung gestellt werden.

FRAGE DANIEL: Herr Seibert, ist denn schon geplant, dass Herr Beck womöglich in Kürze mit der italienischen Familie zusammentreffen wird?

STS SEIBERT: Davon kann ich Ihnen nicht berichten. Aber ich habe der italienischen Kollegin in der vergangenen Woche gesagt, dass es den Plan gibt, noch einmal auf die Familie zuzugehen. Das wird wahrscheinlich über unsere deutsche Botschaft in Rom geschehen oder ist vielleicht schon geschehen; das kann ich Ihnen nicht sagen.

FISCHER: Ich weiß nicht, ob Sie es schon gesehen haben: Das afghanische Verteidigungsministerium hat vorhin so habe ich es zumindest den Agenturmeldungen entnommen bekannt gegeben, dass mehr als 30 Menschen bei diesem furchtbaren Anschlag auf das Militärkrankenhaus in Kabul getötet worden sind. Wir verurteilen diesen Anschlag auf das Militärkrankenhaus in Kabul in aller Schärfe und Nachdrücklichkeit. Die Kämpfe dauern noch an, soweit wir wissen, was darauf deuten lässt, dass wir möglicherweise auch noch nicht die vollständige Zahl der Opfer kennen und möglicherweise mit noch mehr Opfern und Verletzten rechnen müssen.

Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen dieser Opfer. Den Verletzten wünschen wir rasche Genesung. Vor allen Dingen wünschen wir, dass die Kämpfe um das Krankenhaus so schnell wie möglich enden.

Nach allem, was wir wissen, hat sich die Terrororganisation IS zu der Tat bekannt. Dieser Angriff auf wehrlose Patienten, auf Kranke, Verletzte sowie auf das Personal, das diesen Menschen hilft, ist aus unserer Sicht ein weiterer klarer Beleg für die brutale Unmenschlichkeit dieser Terrorbande. Sich an Wehrlosen zu vergreifen, auch noch in einem Krankenhaus, ist feige, und es ist hinterhältig. Wir stehen in diesen wirklich schweren Stunden an der Seite der Menschen in Kabul und unterstützen Afghanistan auch weiterhin in seinem Kampf gegen den Terrorismus.

FRAGE STEINER: Der Angriff scheint mittlerweile zwar beendet, aber die Region, in der er stattgefunden hat, ist ja eine, in der auch durchaus viele Internationale verkehren. Da wollte ich natürlich gerne fragen, ob Sie irgendwelche Erkenntnisse darüber haben, ob deutsche Bürger in irgendeiner Form von der ganzen Geschichte betroffen sind.

FISCHER: Nach meinem jetzigen Stand sind mir keine Hinweise auf mögliche deutsche Opfer bekannt. Aber ich glaube, die Operation ist auch noch nicht vollständig beendet. Daher reflektiert das tatsächlich den aktuellen Stand.

FRAGE JUNG: Herr Fischer, auf welche Quellen beziehen Sie sich? Sie sagten, dass der IS dafür verantwortlich sei. Laut afghanischem Verteidigungsministerium handelt es sich um die Taliban.

FISCHER: Ich habe vorhin noch einmal mit den Kolleginnen und Kollegen gesprochen, und sie hatten Hinweise darauf, dass sich der IS dazu bekannt hat.

ZUSATZFRAGE JUNG: Heißt das, Sie haben Ihre eigenen Quellen und die Afghanen haben ihre Quellen?

FISCHER: So sieht es derzeit aus. Ich werde das hier also nicht auflösen können.

Wir haben mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen gesprochen, und die sind von einer Tatbeteiligung des IS ausgegangen. Wenn sich das im Nachgang als anders herausstellen sollte, dann mag es noch so kommen. Aber der Stand, bevor ich in die Bundespressekonferenz gegangen bin, war, dass die Kolleginnen und Kollegen so sicher davon ausgegangen sind, dass es der IS gewesen ist, dass ich das hier auch verkünden kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sind das die Kollegen in Kabul oder hier im Auswärtigen Amt?

FISCHER: Wir informieren uns ja über die Dinge, die wir hier sagen, im Gespräch mit den Kollegen – im Auswärtigen Amt, aber auch vor Ort. In solchen Lagen gibt es natürlich ganz enge Gesprächskanäle zwischen Berlin und Kabul, alleine auch, um zum Beispiel die Frage zu klären, ob möglicherweise Deutsche betroffen sind. Insofern können Sie davon ausgehen, dass dabei Informationen aus Kabul, aber eben auch aus unserer Zentrale hier in Berlin eingeflossen sind.

FRAGE DR. TUYALA: Die Situation in Afghanistan scheint ja in letzter Zeit weiter zu eskalieren. Wie bewerten Sie denn das bisherige Engagement Deutschlands in Afghanistan? Welche Erfolge sind vorzuweisen? Welche Misserfolge machen Sie aus?

FISCHER: Ich glaube, dass Afghanistan auf einem langen und schwierigen Weg in eine bessere Zukunft ist; das wissen wir alle. Aber wenn Sie sich anschauen wollen, was für Erfolge es gegeben hat: 2001, als das internationale Engagement begonnen hat, haben die Taliban in Afghanistan geherrscht. Mädchen konnten nicht zur Schule gehen, es gab fast keine Gesundheitsversorgung, die öffentlichen Dienstleistungen waren zusammengebrochen.

All diese Dinge haben sich geändert. Die Taliban sind damals aus Kabul vertrieben worden. Weite Teile des Landes sind von ihnen befreit worden. Die Gesundheitsversorgung hat sich rapide verbessert. Eine ganze Generation von jungen Mädchen in Afghanistan ist mittlerweile zur Schule gegangen. Die Presse in Afghanistan ist deutlich freier als in vielen anderen Ländern in der Region. Es gibt so etwas wie eine öffentliche Diskussion über Themen allgemeinen Interesses. Es gibt politische Diskussionen. Es gibt ein gewähltes Parlament. All das sind ja Dinge, hinsichtlich der wir sicherlich mit unserer Afghanistan-Strategie Erfolge zu verzeichnen haben.

Aber natürlich ist der Weg bis dahin, dass Afghanistan ein stabiles, demokratisches und freies Land ist, ein weiter Weg. Aber genau deswegen unterstützen wir dieses Land, das ja in den letzten Jahren wirklich viele Dinge erreicht hat die Lebenserwartung ist gestiegen, die Kindersterblichkeit ist gesunken , auf diesem Weg weiter.

FRAGE VALASSOPOULOS: Frau Tiesenhausen, gestern ist Herrn Moscovici im Finanzministerium eingetroffen. Warum war er im Finanzministerium? Wen hat er getroffen? War Griechenland ein Thema?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Ich kann Ihnen sagen das können Sie aber auch öffentlich nachvollziehen , dass Herr Moscovici gestern im Bundesfinanzministerium mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Spahn zusammengetroffen ist. Themen waren aktuelle europapolitische Fragen. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

ZUSATZFRAGE VALASSOPOULOS: Herr Fischer, hat Herr Moscovici auch Herrn Gabriel getroffen?

FISCHER: Ja, Herr Moscovici ist gestern auch mit Herrn Gabriel zusammengetroffen. Es wurden alle Themen von gegenseitigem Interesse besprochen, die zu besprechen waren.

FRAGE JORDANS: In Bezug auf die gestern von WikiLeaks veröffentlichten Unterlagen hätte ich eine Frage an das Auswärtige Amt: Ist die Hacker-Tätigkeit der CIA vom Konsulat in Frankfurt aus als nachrichtendienstliche Tätigkeit zu betrachten? Haben Sie schon mit Repräsentanten der amerikanischen Regierung darüber gesprochen?

FISCHER: Ich glaube, erst einmal muss es ja um eine Einordnung dieser Dokumente gehen. Uns liegen zu diesen Dokumenten, die dort veröffentlicht worden sind, keine eigenen Erkenntnisse vor, und dementsprechend kann ich die Authentizität dieser Dokumente auch nicht beurteilen. Sie wissen, dass wir uns zu Themen, die diesen Themenkomplex betreffen, gegenüber den zuständigen Gremien des Bundestags äußern.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Haben Sie sich darüber mit amerikanischen Diplomaten ausgetauscht?

FISCHER: Sie wissen ja, dass wir in einem engen und ständigen Kontakt mit unseren amerikanischen Kollegen stehen. Sie wissen auch, dass immer wieder Themen aus diesem Kreis angesprochen worden sind. Wir nehmen diesen Vorgang natürlich genau wie andere Vorgänge in diesem Zusammenhang sehr ernst und stehen dazu auch in Kontakt mit unseren amerikanischen Partnern.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Gibt es den transatlantischen Dialog noch?

FISCHER: Meinen Sie, ob es einen transatlantischen Cyberdialog gibt?

ZUSATZ JORDANS: Ja.

FISCHER: Es gibt sowohl bei uns als auch im amerikanischen Außenministerium eine Cybereinheit, und die Kollegen treffen sich in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen zu Dialogen; das stimmt. Dabei geht es aber vor allen Dingen darum, völkerrechtliche Normen im Umgang mit der Cyberthematik zu entwickeln.

FRAGE JUNG: Herr Dimroth, gegebenenfalls Herr Seibert, wenn die CIA mitten in Deutschland eine spezialisierte IT-Truppe einsetzt, um Computerangriffe gegen Ziele in Europa, Afrika und im Nahen Osten durchzuführen und vorzubereiten, ist das dann legal?

DR. DIMROTH: Das lässt sich wie so oft in dieser Zugespitztheit, wie sie von Ihnen gerade formuliert wurde, ohnehin nicht so abstrakt beantworten. Ganz grundsätzlich kann ich auch nur darauf verweisen, dass wir über nachrichtendienstliche Erkenntnisse, wie Sie wissen, sehr regelmäßig, sehr umfangreich, sehr transparent, aber eben auch ausschließlich in den dafür nicht ohne Grund vertraulich tagenden Gremien des Deutschen Bundestags berichten und sie darüber unterrichten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, wie bewertet die Kanzlerin diese Enthüllungen?

STS SEIBERT: Ich schließe mich völlig dem an, was Herr Dimroth gerade gesagt hat.

FRAGE SOBOLEWSKI: Herr Dimroth oder Herr Seibert, was raten Sie denn deutschen Bürgern, die in Sorge sind, dass sie Opfer einer US-amerikanischen Spähattacke werden könnten, und was unternimmt die Bundesregierung, um nicht Opfer einer der vielfältigen technischen Möglichkeiten zu werden?

DR. DIMROTH: Zu dem gesamten Thema IT-Sicherheit könnte ich jetzt relativ breit und ausführlich referieren. Der Grundgedanke all dessen, was wir präventiv im Bereich der IT-Sicherheit seitens der Bundesregierung, insbesondere aber auch seitens des dafür zuständigen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik tun, das sich mit weitreichenden Empfehlungen an die Wirtschaft, an die kritische Infrastruktur, aber auch an die Bürgerinnen und Bürger richtet, ist, dass sich ein vernünftiges Maß an IT-Sicherheit immer danach ausrichten muss, dass ein Maß an Resilienz erreicht wird und etabliert ist, dass egal von wem und durch wen die Wahrscheinlichkeit, dass Angriffe erfolgreich stattfinden können, möglichst gering ist. Eine absolute Sicherheit kann es, wie in anderen Zusammenhängen, auch in diesem Kontext natürlich nicht geben.

Sie werden der Cyber-Sicherheitsstrategie sowohl in der ersten als auch in der zweiten Fassung entnehmen: Die Grundannahme ist zunächst einmal, dass es in diesem Kontext wenig Sinn hat, auf mögliche Herkünfte von Angriffen zu schauen, regional oder auch personifiziert. Der Ansatz muss vielmehr immer sein, dass das eigene System derart gehärtet ist, dass es egal von wem und egal mit welcher Zielrichtung, ob staatlich, wirtschaftlich oder politisch motiviert möglichst nicht oder jedenfalls nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand erfolgreich angegriffen werden kann. Das ist der Grundgedanke.

Diesem Grundgedanken folgend, gibt es eine Reihe von Ableitungen. Das betrifft beispielsweise die Sicherheit der Informations- und vor allem der Kommunikationstechnik, die die Bundesregierung selbst nutzt. Ich glaube, da sind wir auch im weltweiten Kontext sehr gut aufgestellt das wird uns von dritter Seite immer wieder bestätigt , nämlich im Informationsverbund Berlin-Bonn, in dem es gerade bestimmte Transformationsprozesse gibt und in dem das Thema Sicherheit frühzeitig, anders als vielleicht in anderen Zusammenhängen, sehr zentral mitgedacht wurde. Dementsprechend hat die Architektur dieses Systems das Thema Sicherheit von vornherein sehr stark in den Fokus gerückt, was uns heute tatsächlich sehr gut dastehen lässt.

Wir verzeichnen tagtäglich eine große Vielzahl von Angriffen unterschiedlicher Intensität und unterschiedlicher Herkunft, soweit sich das überhaupt beweissicher sagen lässt, auch auf die Regierungsnetze, aber glücklicherweise keine nennenswerten erfolgreichen Aktivitäten. Das führen wir schon darauf zurück, dass wir es mit dem Informationsverbund geschafft haben, ein sehr resilientes System zu etablieren.

In Sachen Wirtschaft gibt es verschiedene, sehr enge Austauschplattformen des BSI mit den Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft. Da gibt es etablierte Kreise, die sogenannten KRITIS-Kreise, soweit es um kritische Infrastrukturen geht. Darüber hinaus gibt es inzwischen aber auch etablierte institutionalisierte Zusammenarbeitsplattformen mit der allgemeinen Wirtschaft. Schließlich gibt es, wie gesagt, die Angebote unter dem schönen Namen „BSI für Bürger“, bei denen handfest für jedermann bestimmte Handlungsempfehlungen gegeben werden in Richtung: Wie verbessere ich die IT-Sicherheit in meiner Familie, die IT-Sicherheit der von mir persönlich betriebenen Systeme?

Als Letztes gibt es aus dem Bereich der Spionageabwehr des Bundesamtes für Verfassungsschutz ebenfalls etablierte Zusammenarbeitsplattformen mit den Wirtschaftsvertretungen in Deutschland, um auch hier erstens zu sensibilisieren und zweitens, soweit möglich, zu beraten.

FRAGE STEINER: Herr Dimroth, jetzt haben Sie uns einen großen Aufriss zu der IT-Sicherheit gegeben. Was Sie aber nicht angesprochen haben, ist das Thema Zero-Day-Exploit, was auch zentral bei diesen Veröffentlichungen mit eine Rolle spielt, nämlich bislang unbekannte Schwachstellen auszunutzen. Das ist etwas das richtet sich auch an Herrn Seibert , was meines Wissens sowohl BND als auch BfV durchaus auch für eigene Zwecke nutzen. Am Ende könnte man auch sagen: Selbst der Bundestrojaner setzt ja letzten Endes auf Schwachstellen. Die Policy, diese Dinge für eigene Zwecke weiter zu nutzen, besteht weiterhin fort, wenn ich das richtig weiß. Es gibt keine Benachrichtigungspflicht für Hersteller seitens der Bundesbehörde, sobald eine Schwachstelle ausfindig gemacht wurde, richtig?

DR. DIMROTH: Den allerletzten Teil Ihrer Frage soweit ich das übersehe und überhaupt zuständig bin, weil das in weiten Teilen möglicherweise in anderen Zuständigkeitsbereichen liegen dürfte , nämlich die Frage von bestimmten Unterrichtungspflichten der Privatwirtschaft, würde ich mit Ja beantworten. Dem Rest konnte ich jetzt keine richtige Frage entnehmen. Insofern fällt mir eine Antwort schwer. Diese würde, jedenfalls wenn Sie nach den operativen Maßnahmen des BfV fragen, weitestgehend so ähnlich ausfallen wie die Antwort, die ich schon eingangs zu diesem gesamten Komplex gegeben habe.

ZUSATZFRAGE STEINER: Vielleicht war das keine richtige Frage. Aber die Frage, die sich an dieser Stelle anschließt, ist: Ist es nicht eigentlich fahrlässig, wenn Sie auf der einen Seite zwar sagen, die Sicherheit von Bürgern, Wirtschaft, Unternehmen und auch der Bundesregierung müsse so hoch wie möglich sein, Sie bzw. Ihre nachgeordneten Behörden aber auf der anderen Seite nicht den Weg gehen, in dem Moment, in dem eine Schwachstelle, eine Sicherheitslücke bekannt ist, die Entsprechenden mehr oder weniger verpflichtend in Kenntnis zu setzen?

DR. DIMROTH: Wie gesagt: Diese allgemeine Aussage kann ich nicht mitgehen. Es gibt beispielsweise Informationspflichten und auch Informationstätigkeiten des BSI. Insofern gibt es vergleichbare Regelungen, die das BSI verpflichtet bzw. erst einmal ermächtigt, weil das natürlich ein Eingriff in die Wirtschaft ist. Das ist durchaus auch monetär relevant. Wenn beispielsweise eine solche Warnung herausgegeben wird, dann hat das möglicherweise auch Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle derjenigen, die die betroffene Soft- oder Hardware betreiben. Im BSI-Gesetz gibt es eine entsprechende Befugnis, von der auch Gebrauch gemacht wird. Insofern gibt es eine Regelung, die gerade darauf abzielt, die Allgemeinheit und auch die betroffenen Unternehmen möglichst frühzeitig über solche Erkenntnisse, die im Übrigen nicht exklusiv bei staatlichen Behörden anfallen, sondern in der Regel wahrscheinlich sogar häufiger an dritter Stelle, zu unterrichten und zu warnen.

Das andere Thema, das Sie angesprochen haben, ist die ganz grundsätzliche Frage, die in Richtung Krypto-Eckpunkte geht: Passt es eigentlich zusammen, dass der Staat einerseits, da wo es eine gesetzliche Befugnis gibt, unter engen rechtsstaatlichen Voraussetzungen, beispielsweise bei dem Verdacht schwerer Straftaten, die Telekommunikation überwacht und andererseits die Kryptologie befördert, beispielsweise auch im Rahmen der von mir gerade geschilderten Informationsangebote des BSI? Diesen Widerspruch gibt es aber nicht; er ist konstruiert. Genau das Gegenteil ist der Fall. Zu sagen, dass die IT-Sicherheit per se ein hohes Gut und für jedermann erstrebenswert ist, auch weil jeder Teil eines Ganzen ist und damit das Ganze immer auch Gefahr läuft, schwächer zu werden, wenn Einzelne nicht hinreichend ihre Hausaufgaben machen, was die IT-Sicherheit anbetrifft, ändert doch nichts daran, dass der Staat in bestimmten Einzelfällen, bei denen die entsprechenden Rechtsgrundlagen vorhanden sind, Kenntnis erlangen kann, um entweder Gefahren abzuwehren oder Straftaten aufklären zu können.

FRAGE JESSEN: Herr Fischer, ich glaube, in früheren Zeiten hätte man das, was da jetzt in Rede steht, als eine Klempnertruppe bezeichnet. Haben Sie Informationen darüber oder werden Sie das nachprüfen , ob diese mutmaßlichen Klempner mit Diplomatenpässen ausgestattet worden sind?

FISCHER: Erst einmal geht es darum, die Authentizität dieser Berichte überhaupt bestätigt zu bekommen. Das ist das, woran wir arbeiten. Der Rest wird sich dann zeigen. Was den Begriff des Klempners angeht, so muss das vor meiner Zeit gewesen sein.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wenn sich herausstellt, dass tatsächlich von Menschen gehackt wurde, die mit US-Diplomatenpässen eingereist sind, dann wäre das ein Missbrauch des Diplomatenpasses. Welche Möglichkeit besteht von deutscher Seite, darauf zu reagieren?

FISCHER: Das ist schon wieder eine Wenn-dann-Frage. Wie gesagt: Wir sind ja noch in einer ganz anderen Stufe. Es geht jetzt erst einmal darum zu überprüfen, ob und was an den Dokumenten dran ist und ob sie überhaupt authentisch sind.

FRAGE: Ich habe eine Frage zum Verständnis: Herr Seibert, hat die Bundesregierung generell keine Kenntnisse von CIA-Aktivitäten im Konsulat in Frankfurt am Main oder nur keine Kenntnisse von Hackeraktivitäten?

STS SEIBERT: Beide Kollegen haben schon das Entscheidende dazu gesagt. Da, wo es sich um nachrichtendienstliche Angelegenheiten handelt das betrifft sowohl Aktivitäten als auch nachrichtendienstliche Erkenntnisse , ist dies nicht der Ort, an dem wir darüber Auskunft geben, sondern das tun wir gegenüber den zuständigen Gremien des Deutschen Bundestages.

FRAGE DR. TUYALA: Im Falle Russlands wurde eine einjährige BND-Untersuchung anberaumt, um vermeintliche Destabilisierungskampagnen, Hackerangriffe etc. durch Russland nachzuweisen. Offensichtlich gab es Beweise dafür nicht, jedenfalls wurde nichts anderes kolportiert. Nun gibt es eine US-Hackerbasis mitten in Deutschland, und passieren wird wahrscheinlich nicht viel.

Können Sie nachvollziehen, dass viele Menschen den Eindruck haben, dass bei Russland und den USA mit zweierlei Maß gemessen wird?

STS SEIBERT: Wenn das Ihr Eindruck ist, werde ich ihn Ihnen jetzt nicht ausreden können. Das ist das, das wich dazu zu sagen habe.

FRAGE: Herr Dimroth, auch wenn Sie den zuständigen Gremien berichten, einmal methodisch gefragt: Was passiert jetzt mit diesen Papieren? Wo werden sie ausgewertet? Welchen Strang geht das? Was tun Sie da?

Zweite Frage: Wird der 360-Grad-Blick jetzt noch weiter in Richtung auf die Vereinigten Staaten verschoben? Wie stark ist dafür die Manpower?

DR. DIMROTH: Um mit der zweiten Frage anzufangen: Mehr als 360 Grad ist wenn meine mathematischen Fähigkeiten reichen eher schwierig. Insofern wird es, denke ich, bei 360 Grad bleiben müssen. Für eine Neuausrichtung, was eine Prioritätensetzung, wie von Ihnen angesprochen, anbetrifft, ist es heute sicherlich etwas früh.

Insofern wird man damit komme ich zu Ihrer ersten Frage auch seitens der für die Spionageabwehr berufenen zuständigen Stellen das ist insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz das, was an Veröffentlichungen jetzt vorliegt, noch einmal anschauen natürlich wird man auch das Gespräch mit den amerikanischen Kollegen suchen , um zu verifizieren, welche Substanz dem innewohnt, und das dann sicherlich auf den entsprechenden Wegen auch ansprechen und klären. All das ist jetzt sozusagen die laufende Arbeit, die aber, eben weil sie noch läuft, jedenfalls für heute noch keine Schlüsse in irgendeiner Richtung erlaubt.

Wichtig ist, auch angesprochen auf die Frage von eben weil hier der Eindruck insinuiert wurde, dass man maximal einen 180-Grad-Blick eingenommen habe : Mitnichten ist das der Fall, sondern schon vor geraumer Zeit ist das Aufgabenportfolio des BfV auf alle möglichen Herkunftsstaaten von Spionageaktivitäten in Deutschland erweitert worden. Das ist auch die gängige Praxis des BfV, das eben nicht per se unterscheidet, wiewohl die Erkenntnisse der Vergangenheit selbstverständlich immer auch eine Basis für eine Prognoseentscheidung sind. Natürlich mussten in der Vergangenheit Aktivitäten zur Kenntnis genommen werden, die stärker in bestimmte Herkunftsregionen weisen als in andere. Das ist, ehrlich gesagt, das tägliche Geschäft nachrichtendienstlicher Tätigkeit.

ZUSATZFRAGE: Ich habe noch eine Nachfrage zur Methodik. Wann ist denn der Punkt gekommen, an dem Sie das Gespräch mit Ihren amerikanischen Kollegen suchen? Ist es schon so weit? Wann wäre der Zeitpunkt? Was könnte man darüber gegebenenfalls erfahren?

DR. DIMROTH: Wie Sie sich denken können, gibt es auf unterschiedlichsten Ebenen sehr enge und sehr vertrauliche Gesprächskanäle. Ich kann Ihnen hier nicht über ein konkretes Gespräch oder gar dessen Inhalt, was ohnehin unter den Eingangssatz fiele, berichten. Aber ich kann Ihnen sagen, dass selbstverständlich ganz grundsätzlich im Rahmen dieser Gesprächskanäle auch die jetzt zur Veröffentlichung gekommenen Sachverhalte angesprochen werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Noch einmal: Als Erstes muss man jetzt aber doch etwas Sorgfalt bei der Inaugenscheinnahme und der Verifizierung oder jedenfalls Plausibilisierung der hier in Rede stehenden Dokumente walten lassen.

STS SEIBERT: Ich möchte einmal noch kurz auf Herrn Tuyala eingehen, weil er gerade erneut wie schon bei vergangenen Regierungspressekonferenzen den falschen Schluss aus der Nichtveröffentlichung eines nachrichtendienstlichen Berichtes gezogen hat. Daraus ziehen Sie den Schluss, dann sei an dem Thema wohl nichts dran. Ich möchte noch einmal sagen: Dieser Schluss ist falsch. Das Thema Desinformation, Destabilisierung durch Medien im Zusammenhang mit Russland ist ein reales. Das ist ein Phänomen, das existiert auch im Zusammenhang mit Russland, keineswegs nur im Zusammenhang mit russischen Medien. Wir hatten hier mehrfach Gelegenheit, plastische Beispiele dafür zu besprechen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, verbittet sich die Bundesregierung Computerangriffe von den Amerikanern auf deutsche Infrastruktur, deutsche Bürger usw.? Einfach nur, damit wir das klar und deutlich von Ihnen hören.

STS SEIBERT: Wir haben ein Bundesamt für Verfassungsschutz. Das hat den gesetzlichen Auftrag zur Spionageabwehr, und es arbeitet, wie wir gerade noch einmal gehört haben, im 360-Grad-Beobachtungsmodus.

FRAGE LEPIARZ: Ich habe zunächst eine Frage an das Auswärtige Amt. Herr Fischer, Europaminister Michael Roth hat sich gestern in Brüssel eindeutig für die Wiederwahl von EU-Ratspräsident Tusk ausgesprochen. Steht seine Äußerung auch für den Minister?

FISCHER: Sagen wir einmal so, der Minister wird Gelegenheit haben, dieses Thema heute gegebenenfalls auch in Polen zu besprechen, weil der polnische Außenminister, so wie ich es sehe, auf Twitter schon angekündigt hat, auch dieses Thema besprechen zu wollen. Von daher würde ich erst einmal abwarten, was bei dem Gespräch herauskommt.

ZUSATZFRAGE LEPIARZ: Darf ich fragen, ob Minister Gabriel bei Minister Waszczykowski für die Wiederwahl Tusks werben wird?

FISCHER: Sie wissen, dass es gute Gepflogenheit ist, Gespräche erst einmal abzuwarten, bevor wir über mögliche Gesprächsinhalte oder Gesprächsergebnisse spekulieren.

ZUSATZFRAGE LEPIARZ: Herr Seibert, die polnische Regierungschefin hat gestern einen Brief an ihre europäischen Kollegen geschrieben, auch an die Bundeskanzlerin, in dem sie begründet, warum man Tusk auf keinen Fall wählen sollte und warum der Gegenkandidat viel besser ist. Hat dieser Brief die Bundeskanzlerin erreicht, und wird er Einfluss auf die Meinungsbildung und auf die Entscheidung haben?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen jetzt nicht konkret sagen, ob der Brief im Kanzleramt angekommen ist, weil mir diese Information nicht vorliegt. Das können wir möglicherweise nachreichen. Die Bundeskanzlerin hatte ja schon Gelegenheit, mit der Ministerpräsidentin und auch anderen polnischen politischen Verantwortlichen über dieses Thema zu sprechen. Ich kann hier nur noch einmal ihre Position vortragen. Natürlich greife auch ich nicht dem Ausgang der Beratungen der Staats- und Regierungschefs vor. Die Position der Bundeskanzlerin ist die, dass sie die bisherige Arbeit von Ratspräsident Tusk sehr schätzt und dass aus ihrer Sicht eine Wiederwahl gut für Europa wäre.

FRAGE LANGE: Eine Frage an das Finanzministerium zur Brennelementesteuer und zum Atomvertrag. Frau Hendricks hat heute gesagt, sie sei optimistisch, dass es diese Woche eine Einigung mit den vier großen Konzernen auf den Atomvertrag gebe. Knackpunkt dabei war bis jetzt immer auch die Klage der Energieversorger gegen die Brennelementesteuer. Unser Stand war, dass das Finanzministerium gesagt hat: Wenn ihr die Klage nicht fallenlasst, gibt es keinen Atomvertrag. Das habe ich jetzt arg verkürzt.

Hat sich daran bei Ihnen im Haus irgendetwas geändert? Wenn Frau Alemany etwas dazu sagen kann, dann natürlich auch gern.

ALEMANY: Die Gespräche zu dem Vertrag, den sie ansprechen, laufen noch. Sie dauern noch an. Wann es zu einer Einigung kommt, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Ich habe aber auch die Pressekonferenz von Frau Hendricks nicht verfolgt. So gesehen weiß ich nicht, inwieweit sie sich dort optimistisch geäußert hat.

Ein Teil dieses Vertrags betrifft auch die mögliche Klagerücknahme. Zur Brennelementesteuer kann ich Ihnen nichts sagen. Aber wir versuchen, konstruktiv und zügig zu einer positiven Lösung zu kommen.

FRAGE MÜLLER-THUM: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Wie ich höre, haben Sie Post aus der SPD-Fraktion bekommen. Es geht um das Thema Maut. Die SPD wüsste gern, ob Sie sich den Berechnungen aus dem Verkehrsministerium anschließen, dass die Maut tatsächlich netto 500 Millionen bringt. Haben Sie den Brief bekommen? Haben Sie vor, ihn zu beantworten? Wie?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Post aus Fraktionen beantworten wir den Fraktionen gegenüber. Ich muss an der Stelle sagen, dass ich von diesem Brief im Moment nichts weiß. Das will aber nichts heißen. Aber grundsätzlich werden Anfragen aus den Fraktionen den Fraktionen gegenüber beantwortet.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Na gut, dann stelle ich die Frage auch und bekomme vielleicht auch eine Antwort. Wir hatten kurz vor der Kabinettsbefassung schon einmal über das Thema gesprochen, ob sich das Finanzministerium den Berechnungen anschließt. Damals hieß es: Wir sind in der Abstimmung mit dem Verkehrsministerium. Das war Ende Januar. Ist diese Abstimmung inzwischen beendet?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Wir haben einen Kabinettsbeschluss. Ich kann Ihnen sagen, dass das Bundesverkehrsministerium für die Berechnungen zuständig und verantwortlich ist, das dazu vielleicht noch einmal ausführen kann. Grundsätzlich gibt es einen Kabinettsbeschluss. Damit ist eine eindeutige Positionierung der Bundesregierung vorhanden.

VORS. DR. MAYNTZ: Möchte Verkehr ergänzen?

FRIEDRICH: Ich würde mich jetzt nur wiederholen, was frühere RegPKs angeht. In dem Sinne möchte ich es dabei belassen.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Ich möchte noch einmal nachfragen, weil die SPD relativ deutlich macht, dass sie Berechnungen aus dem Verkehrsministerium erst dann traut, wenn auch der Bundesfinanzminister diese bestätigt hat, der sozusagen Herr über die Zahlen ist. Haben Sie vonseiten des Bundesfinanzministeriums vor, sich zu den Zahlen einmal zu äußern und zu sagen, ob Sie diese Berechnungen für richtig halten?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Da ich diesen Vorgang, den Sie ansprechen, nicht kenne, muss ich einfach auf das verweisen, was ich vorhin gesagt habe: Wir werden Anfragen natürlich gegenüber den Fraktionen beantworten.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Es geht ja gar nicht um den Vorgang. Die Frage ist: Äußern Sie sich vonseiten des Bundesfinanzministeriums einmal selbst zu diesen Zahlen, ob Sie diese für korrekt berechnet halten?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Ich habe doch vorhin schon gesagt, wie Sie das einschätzen sollen. Wir haben einen Kabinettsbeschluss zu diesen Themen gehabt. Damit ist doch die Haltung der Bundesregierung sehr deutlich zum Ausdruck gekommen.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Also nein?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Nein.

ZUSATZ MÜLLER-THUM: Dann habe ich vielleicht eine Frage an das Verkehrsministerium. Die SPD sagt relativ deutlich: Wenn sie aus dem Bundesfinanzministerium nicht hören, dass diese Zahlen stimmen, dann wird es kein Ja der SPD zu diesem Maut-Gesetz in der zweiten und dritten Lesung geben.

FRIEDRICH: Diesen Brief, den Sie gerade auch gegenüber dem BMF ansprechen, kann ich jetzt nicht weiter kommentieren; den kenne ich nicht. Grundsätzlich kann ich zu Aussagen der Fraktionen auch nichts sagen.

FRAGE LANGE: Die Maut ist am Freitag Thema im Bundesrat. Es gibt in den Ausschüssen des Bundesrates erhebliche Bedenken gegen die Maut. Haben Sie sich seitens des Ministeriums mit den Ländern auseinandergesetzt? Gab es diesbezüglich Kontakte, haben Sie noch einmal Überzeugungsarbeit geleistet?

FRIEDRICH: Dazu kann ich im Moment auch nichts sagen. Ich möchte den Beratungen des Bundesrates bzw. der Plenumssitzung am Freitag auch nicht vorgreifen.

VORS. DR. MAYNTZ: Wir gehen noch einmal zum Thema Frauenquote zurück, weil jetzt Informationen vom Bundesjustizministerium vorliegen.

STEFFEN: Herr Jung, es tut mir leid, dass ich die Frage vorhin nicht sofort beantworten konnte.

Der Bericht an sich ist recht umfangreich. Ich verweise auch gerne noch einmal auf die ebenfalls umfangreiche Pressemitteilung aus den beiden Häusern dazu.

Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Sie hatten vorhin, glaube ich, gefragt, was es bedeutet, wenn sich Unternehmen bisher keine Zielgrößen gesetzt haben. Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass aussagekräftigere Zahlen hinsichtlich der Zielgrößen für den Vorstand erst 2017 bzw. 2018 verfügbar werden, sobald die Unternehmen in die zweite Fristphase eingetreten sind und längerfristige Zielgrößen festgelegt werden können.

Grundsätzlich ist es aber so, dass sich die erfassten Unternehmen Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils setzen und die Zielgrößen auch innerhalb einer Erklärung über die Unternehmensführung veröffentlichen müssen. Kommen sie dem nicht nach, kann der Unternehmensbericht unvollständig sein. Dies kann vom Abschlussprüfer beanstandet werden und unter Umständen auch ein Bußgeld nach sich ziehen.

FRAGE JUNG: Herr Fischer, das US-Militär hat am 2. März, am 3. März und am Montag nach eigenen Angaben 30 Drohnenangriffe im Jemen durchgeführt. Sie bewerten ja gerne US-Drohnenangriffe am Einzelfall, basierend auf ihrer Beteiligung über Ramstein. Wie ist denn Ihre völkerrechtliche Bewertung dieser 30 Drohnenangriffe im Jemen?

FISCHER: Um einen Drohnenangriff bewerten zu können, braucht es tatsächlich immer die Kenntnis jedes Einzelfalls, jedes Umstands, der Möglichkeit, dass die Regierung des jeweiligen Landes, in dem dieser Angriff stattgefunden hat, zugestimmt hat sowie viele weitere Informationen. Diese Informationen liegen mir hier nicht vor. Von daher kann ich Ihnen dazu keine völkerrechtliche Bewertung abgeben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wann können wir damit rechnen? Wie informieren Sie sich jetzt darüber?

FISCHER: Sie kennen ja die Lage im Jemen. Es gibt dort ganz heftige und schwierige Auseinandersetzungen zwischen den Huthis, die von einem ehemaligen Präsidenten unterstützt werden, und der jemenitischen Regierung, die von arabischen Kräften unterstützt wird. Das hatte zur Folge, dass wir unsere Botschaft im Jemen schließen mussten und dementsprechend derzeit niemanden vor Ort haben, der diesen Dingen in der Sicherheit, die man dafür braucht, nachgehen kann. Von daher sind wir derzeit nicht der Lage, vollständig belastbare Ergebnisse zu jedem einzelnen Ereignis zu erhalten, das im Jemen passiert. Ich finde aber, dass das durchaus nachvollziehbar ist. Dort, wo wir keine Botschaft haben, werden wir die vollständigen Zusammenhänge auch nicht aufklären können.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist aus Ihrer Sicht das US-Militär bzw. sind die Amerikaner Kriegspartei im Jemen? Haben die Amerikaner dem Jemen den Krieg erklärt, sodass dort Kriegsoperationen stattfinden dürfen?

FISCHER: Erst einmal ist es wahrscheinlich Teil des internationalen Kriegs gegen den Terror, wie die Amerikaner ihn sehen. Dann habe ich ja gesagt: Wenn es überhaupt eine Kriegshandlung wäre, würde das zunächst einmal voraussetzen, dass die jemenitische Seite nicht zufällig zuvor informiert wurde oder Einwände erhoben hat oder solcherlei Dinge. Das sind alles Dinge, die mir hier nicht bekannt sind. Von daher kann ich das, wie gesagt, nicht einschätzen und auch nicht völkerrechtlich bewerten. In der Vergangenheit gab es zumindest eine Zusammenarbeit zwischen der jemenitischen Regierung und den Amerikanern.
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