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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 9. Oktober 2017

Haltung bleibt ► BPK vom 9. Oktober 2017

Themen: Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Telefonate der Bundeskanzlerin mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission und dem spanischen Ministerpräsidenten zur Lage in Katalonien, Situation des in der Türkei inhaftierten Deutschen Peter Steudtner, Nachrüstungen an Diesel-Pkw, Auswirkungen des Brexit auf Strukturhilfen für Ostdeutschland, Zukunft der Central European University in Budapest

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 9. Oktober 2017:

STS SEIBERT: Meine Damen und Herren, guten Tag! Ich habe einen Termin in dieser Woche nachzutragen. Am Mittwochabend wird die Bundeskanzlerin im Kanzleramt den Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, zu einem informellen Gespräch empfangen. Dabei geht es um europapolitische Fragen im Vorfeld des kommenden Europäischen Rates am 19. und 20. Oktober.

FRAGE SERRA: Guten Tag, Herr Seibert! Ich frage zu dem angekündigten Termin: Wird Katalonien ein Thema in dem Gespräch mit Herrn Tusk sein?

Wir haben am Freitag erfahren, dass Frau Merkel und Herr Juncker über Katalonien geredet haben, weil sie besorgt sind. Über den Inhalt des Telefonats wissen wir nicht viel. Können Sie das bitte ein bisschen erläutern?

STS SEIBERT: Fangen wir erst einmal mit Herrn Tusk an. Dann kommen wir zu Katalonien. Das scheint ja der eigentliche Grund Ihrer Frage zu sein.

Ich kann und werde nicht voraussagen, was im Einzelnen die Themen des Gesprächs der Bundeskanzlerin mit Donald Tusk sind. Es geht um die europapolitischen Fragen im Vorfeld des Europäischen Rates. Es geht sicherlich auch um das Thema der Fortentwicklung der Europäischen Union, das die Staats- und Regierungschefs gerade in Tallinn beim Digital-Sondergipfel miteinander besprochen haben. Dort hatte der EU-Ratspräsident angekündigt, dass er Vorschläge machen werde, in welcher Weise man diesen Prozess in den nächsten Wochen und Monaten gestalten kann. Dies ist sicherlich ein Thema. Dem, was sonst noch am Mittwochabend zur Sprache kommt, will ich hier nicht vorgreifen.

Jetzt zu Ihrer Frage bezüglich Kataloniens: Ja, es stimmt, dass die Bundeskanzlerin am Samstag sowohl mit Kommissionspräsident Juncker als auch mit dem spanischen Ministerpräsidenten Rajoy telefoniert hat. Sie hat mit beiden über die aktuelle Lage in Spanien gesprochen. Insbesondere im Gespräch mit Mariano Rajoy hat sie ihre Unterstützung für die Einheit Spaniens bekräftigt. Sie haben sich über Wege ausgetauscht, wie man den internen spanischen Dialog im Rahmen der Verfassung wieder stärken kann.

FRAGE REIBLE: Herr Seibert, gestern gab es Medienberichte, wonach die türkische Staatsanwaltschaft im Falle von Peter Steudtner und seinen Mitangeklagten bis zu 15 Jahre Haft fordert. Können Sie dies bestätigen? Kennen Sie die Anklageschrift?

Vielleicht an Frau Adebahr: Außenminister Gabriel hat sich gestern dazu geäußert und gesagt, die Bundesregierung habe Kontakt mit den türkischen Behörden aufgenommen. Können Sie uns sagen, in welcher Form und wie dies abgelaufen und wie der Stand der Dinge ist?

STS SEIBERT: Zu der Anklageschrift fragen Sie am besten doch eher Frau Adebahr, weil das Auswärtige Amt ja die konsularische Betreuung der Inhaftierten übernimmt, soweit uns das möglich ist.

Ich will nur ganz grundsätzlich sagen: Der Außenminister hat gestern bereits auf diese Medienberichte reagiert. Die Haltung, die er dabei zum Ausdruck gebracht hat, ist absolut auch die Haltung der Bundeskanzlerin und der ganzen Bundesregierung. Solche Forderungen nach bis zu 15 Jahren Haft sind nicht akzeptabel. Sie sind für uns vollkommen unverständlich.

Die Haltung der Bundesregierung, die im Übrigen der türkischen Regierung sehr gut bekannt ist, bleibt: Wir erwarten von der Türkei, dass die deutschen Staatsangehörigen, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen inhaftiert sind, freigelassen werden. Dafür werden wir uns mit all unseren Möglichkeiten auf allen uns zur Verfügung stehenden Kanälen einsetzen.

ADEBAHR: Uns liegt die Anklageschrift noch nicht vor. Wir hier in Berlin haben sie noch nicht gesehen. Wir wissen von den Anwälten von Peter Steudtner, dass ihm zwei Tatbestände zur Last gelegt werden, und zwar die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung also zwei getrennte Straftatbestände.

Zur Frage der Kontakte, die wir mit der türkischen Regierung hatten: Das war auf ganz vielen Ebenen und das ganze Wochenende über, von der Botschaft, vom Auswärtigen Amt auf verschiedenen Ebenen in das Außenministerium der Türkei hinein. Dazu gab es nichts Presseöffentliches zu sagen, aber so war es.

FRAGE DREBES: Eine Frage an Frau Friedrich vom Verkehrsministerium zur „SPIEGEL“-Berichterstattung zum Thema Diesel: Da war zu lesen, dass sich Beamte Ihres Ministeriums in einer Arbeitsgruppe darauf geeinigt hätten, dass jetzt technische Nachrüstungen also die Nachrüstung mit einem Katalysator doch ermöglicht werden sollen. Zumindest war zu lesen, dass auf die Konzerne Druck ausgeübt werden soll, indem Dieselmodelle daraufhin geprüft werden, ob diese Nachrüstungen möglich oder sinnvoll sind. Trifft diese Berichterstattung zu, können Sie das bestätigen? Was würde das für die weitere Arbeit der Arbeitsgruppe bedeuten?

FRIEDRICH: Zur Berichterstattung vom „SPIEGEL“, auf die Sie sich gerade beziehen, kann ich Ihnen grundsätzlich nur sagen, dass die Arbeitsgruppe 1, von der hier die Rede ist, also die Arbeitsgruppe Emissionsreduzierung bei den im Verkehr befindlichen Fahrzeugflotten, ihre Arbeit aufgenommen hat. Weitere Sitzungen werden folgen. Die Ergebnisse liegen aber noch nicht vor, deshalb kann ich darauf auch nicht weiter eingehen.

ZUSATZFRAGE DREBES: Sie können das, was im „SPIEGEL“ stand, also dass das jetzt Ergebnis dieser Arbeitsgruppe wäre, explizit nicht bestätigen?

FRIEDRICH: Ich kann nur wiederholen, was ich gerade gesagt habe, nämlich dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppe noch nicht vorliegen. Dementsprechend kann ich auf den „SPIEGEL“-Artikel auch nicht weiter eingehen.

ZUSATZFRAGE DREBES: Und wann werden die vorliegen?

FRIEDRICH: Wenn Sie jetzt nach einem Termin für das nächste Nationale Forum Diesel fragen, dann würde ich an den Regierungssprecher verweisen.

ZUSATZFRAGE DREBES: Herr Seibert, gibt es da schon einen Termin?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen da noch keinen genauen Termin nennen, nein.

FRAGE DR. KELLER: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, der Brexit bedrohe die Strukturhilfen für Ostdeutschland. Wie stellt sich das Wirtschaftsministerium dazu und was tut es? Können Sie genaue Summen nennen, um die es da geht?

EINHORN: Nein, genaue Summen kann ich jetzt nicht nennen, und ich kann auch nicht sagen, ob der Brexit die Strukturhilfen bedroht. In den Verhandlungen wird sich ja noch zeigen, zu welchen Ergebnissen man kommt und welche Konsequenzen dann daraus zu ziehen sind.

ZUSATZFRAGE DR. KELLER: Gibt es denn zu diesem Thema insgesamt irgendwelche Stellungnahmen des Ministeriums gegenüber der EU-Kommission?

EINHORN: Das ist mir nicht bekannt.

FRAGE: Ich habe eine Frage zu Ungarn, konkret zur von George Soros finanzierten Central European University: Herr Seibert oder Frau Adebahr, welche Bedeutung räumt die Bundesregierung dieser Universität und auch dem weiteren Fortbestehen dieser Universität ein?

STS SEIBERT: Als die Debatte um diese Universität aufkam das ist ja bereits im April oder jedenfalls im Frühjahr dieses Jahres gewesen , haben wir sehr deutlich gesagt, dass für uns die Wissenschaftsfreiheit ein sehr hohes Gut ist und dass durch die damals in Rede stehenden Gesetzesänderungen der Eindruck entstand, dass man den Betrieb von Hochschulen mit ausländischen Wurzeln erschweren oder im Einzelfall sogar unmöglich machen wollte und dass wir das deswegen sehr genau beobachten würden. Unsere Hoffnung war damals, dass der Lehrbetrieb an dieser Central European University weitergeführt werden kann.

Es gibt ja nun eine neue Entwicklung, die Ihnen wahrscheinlich auch bekannt ist: Diese Central European University hat am 4. Oktober in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass sie eine Einigung mit dem Bard College gefunden hat und dass nun das Abkommen der ungarischen Regierung mit dem amerikanischen Bundestaat New York unterschrieben werden kann. Nun erwarten wir von der ungarischen Regierung, dass dieses Abkommen zügig unterschrieben wird und umgesetzt wird, damit die CEU den Lehrbetrieb in Budapest fortführen kann.

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