Hoch konkret ► RegPK vom 17. August 2018
Themen: Personalien, Termine der Bundeskanzlerin (Besuch des russischen Präsidenten in Deutschland, Kabinettssitzung, Antrittsbesuch des angolanischen Staatspräsidenten, Reise nach Georgien, Armenien und Aserbaidschan; Tag der offenen Tür der Bundesregierung, Gespräch mit der Bürgerinitiative „Pulse of Europe“), Besuch des Bundesaußenministers im ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Abschiebung von 46 Afghanen aus Deutschland, Masterplan Migration, geplante Rücknahmeabkommen mit Griechenland und Italien, Fall Ashwaq Ta’lo, Fall Sami A., Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung, Beendigung der Geschäfte der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn mit dem Iran, Fachkräftezuwanderungsgesetz, Fall Ilhami A., türkische Militäroffensive auf Afrin, Vereinbarung zur Flüchtlingsrücknahme mit Griechenland
Naive Fragen zu:
Putin bei Merkel (ab 8:45 min)
– Ich weiß, dass Sie zu Inhalten nicht so viel sagen wollen. Aber wird der Fall Skripal ein Thema für die Kanzlerin sein? Die Bundesregierung hat sich ja recht festgelegt, wer dabei die Schuldigen sind. (ab 15:15 min)
BMI Nachreichung (19:10 min)
Seehofers EU-Deals (ab 20:28 min)
– kennt die Kanzlerin das Abkommen mit den Griechen schon? (ab 26:27 min)
– Jetzt haben Sie die abstrakte Ebene erklärt. Ich möchte konkret wissen, ob sie dieses konkrete Abkommen kennt und gut findet.
Geschäfte mit Iran (ab 45:00 min)
– die Telekom und die Deutsche Bahn ziehen sich jetzt auf Druck der USA aus den Iran-Geschäften zurück. Wie bewerten Sie diese Tatsache? Sieht die Bundesregierung ihre Bemühungen, genau so etwas zu vermeiden, als gescheitert an?
– Die Bundesregierung hat sich ja bemüht, dass sich diese deutschen Unternehmen nicht aus dem Iran zurückziehen. Jetzt tun sie das doch. Sehen Sie ihre Strategie als gescheitert an? Wird es eine neue Strategie geben? Wie sieht sie aus?
Deutsche Gefangene in der Türkei (ab 54:14 min)
– Hat er schon konsularische Betreuung? (55:00 min)
Afrin (ab 55:20 min)
– Der Einmarsch der Türkei in Afrin ist jetzt fast ein halbes Jahr her, Herr Breul. Sie haben uns hier versprochen, dass wir irgendwann eine völkerrechtliche Bewertung der Bundesregierung bekommen. Haben Sie sie dabei?
– Wann können wir damit rechnen?
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 17. August 2018:
VORS. MAIER eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
WESTHOFF: Ich wollte mich heute verabschieden, auch wenn von Wollen nicht wirklich die Rede sein kann. Ich verabschiede mich heute. Ich tue das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich war 13 Jahre lang in der Pressestelle des Bundesarbeitsministeriums und auch knapp 13 Jahre lang hier in der Bundespressekonferenz. Ich habe jetzt nicht gezählt, wie oft. Ich weiß nur, dass es eine gute Zeit war, manchmal eine anstrengende, aber vor allem eine erfüllende und gute Zeit.
Ich habe den Job in der Pressestelle gerne gemacht, was ja 13 Jahre in der Pressestelle eines Ministeriums eher ungewöhnlich ist. Ich habe das gerne gemacht, weil die Themen eigentlich immer interessant und auch relevant waren, weil immer frischer Wind wehte und weil die Arbeit zwischen den Fragen im Haus, dem Einbinden der Fachabteilungen und dem Sprechen nach außen ziemlich vielfältig war, also als Scharnier zu wirken. Das hat mir viel Freude bereitet.
In den 13 Jahren, in denen ich hierhin gekommen bin, gab es eigentlich auch nur zwei hauptamtliche, erste Regierungssprecher, nämlich Ulrich Wilhelm und Steffen Seibert. Es gab auch nur zwei Vorsitzende der Bundespressekonferenz mit Werner Gößling und jetzt eben Gregor Mayntz. Das kann man in Zeiten wie diesen auch als Zeichen der Stabilität werten. Ich tue das jedenfalls gerne.
Ich habe hier einmal links und einmal rechts gesessen, und einmal vorne und einmal hinten. Ich kenne insofern sozusagen zumindest diesen Platz hier oben aus verschiedenen Perspektiven. Angespannt war ich dann eigentlich immer noch ein bisschen, nicht mehr so wie am Anfang, egal, ob eine Frage kam oder nicht. Aber ich glaube, diese Anspannung gehört auch dazu, wenn man seine Rolle hier ernst nimmt. Ich habe das jedenfalls versucht.
Dass die Bundespressekonferenz eine ganz wichtige Rolle für die Vermittlung von Politik, aber auch das Hinterfragen von Politik einnimmt, haben hier schon viele bei Abschieden betont. Ich will mich dem einfach nur anschließen.
Ich danke allen Verantwortlichen in der Bundespressekonferenz für den jederzeit fairen und freundlichen Umgang, und auch bei allen Journalistinnen und Journalisten, mit denen ich in der Zeit zu tun hatte, hier oder am Telefon oder anderweitig im persönlichen Kontakt, bedanke ich mich ebenso für den konstruktiven und professionellen Umgang.
Ich werde am Montag in das Bundesinnenministerium wechseln und dort nicht mehr in der Leitung arbeiten, sondern in ein Fachreferat gehen, in dem Fall in das Referat, das die Deutsche Islam Konferenz plant und durchführt. Darauf freue ich mich. Darauf bin ich auch ein bisschen gespannt. Das ist auch ein bisschen ein Sprung ins kalte Wasser. Aber nichtsdestotrotz sehe ich dem mit Zuversicht und Tatendrang entgegen.
Ich danke noch einmal an dieser Stelle und wünsche Ihnen alles Gute, beruflich und privat. Machen Sie es gut. Bis bald!
HERB: Ich möchte mich heute auch von Ihnen verabschieden. Ich habe nicht 13 Jahre auf dem Buckel. Es sind fünf. Das war auch eine schöne Zeit. Es war meistens spannend und aufregend, manchmal auch ziemlich kräftezehrend. Ich habe heute tatsächlich meinen letzten Tag im Ministerium und werde dann ab dem 1. September die Leitung der Hamburger Landesvertretung übernehmen. Das ist für mich ein bisschen wie „Zurück in die Zukunft“. Wie vielleicht einige wissen, war ich ja vorher für den Deutschlandfunk als Landeskorrespondentin in Hamburg, werde jetzt auch wieder für Hamburg arbeiten, dann aber in einer anderen Funktion. Darauf freue ich mich auch. Es schließt sich also so ein bisschen der Kreis.
Ich habe das echt gerne gemacht. Ich habe in den letzten fünf Jahren viel gelernt. Ich habe vor allen Dingen gelernt, dass es wirklich sehr hilfreich ist, wenn man als Journalistin auch einmal die andere Seite kennenlernt. Das kann ich also nur empfehlen, um auch einmal zu wissen, wie da so gearbeitet wird. Das ist nämlich vielleicht manchmal ein bisschen anders, als man es sich so vorstellt.
Wie dem auch sei: Ich bin mir sicher, dass wir ich und der eine oder andere uns auch in meiner neuen Funktion noch einmal sehen werden. Darauf freue ich mich. Ich freue mich jetzt auch auf die neue Aufgabe.
Ich verlasse das Familienministerium auch mit einem weinenden Auge. Ich habe da sehr gerne unter drei Ministerinnen gearbeitet, freue mich jetzt aber auch, etwas ganz Neues zu machen. Ihnen also alles Gute. Vielen Dank. Es hat Spaß gemacht. Wir sehen uns!
STS SEIBERT: Ich habe keine persönliche Erklärung abzugeben, wünsche aber beiden Kollegen von Herzen alles Gute!
Zu den öffentlichen Terminen der Bundeskanzlerin: Wir hatten Sie ja schon darüber informiert, dass die Bundeskanzlerin am Samstagabend auf Schloss Meseberg den russischen Präsidenten Putin zum Gespräch erwartet.
Ansonsten kann ich Ihnen für Mittwoch, den 22. August, ankündigen, dass es zunächst um 9.30 Uhr, also zur üblichen Zeit, die Sitzung des Bundeskabinetts geben wird.
Dann wird am Mittwoch der angolanische Staatspräsident João Lourenço zu seinem Antrittsbesuch ins Kanzleramt kommen. Er wird deswegen auch mit militärischen Ehren empfangen werden, und zwar um 12.30 Uhr. Man kann sich vorstellen, dass es um die bilateralen deutsch-angolanischen Beziehungen, die wirtschaftspolitischen Reformen, die der neue Staatspräsident dort eingeleitet hat, sowie die politische Entwicklung in Angola und in der Region gehen wird. Es wird dann gegen 13.45 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz geben.
Von Donnerstag bis Samstag wird die Bundeskanzlerin in der südkaukasischen Region auf Reisen sein und Georgien, Armenien und Aserbaidschan besuchen. Die erste Station wird Tiflis in Georgien sein, dann geht es nach Jerewan, Armenien, und nach Baku, Aserbaidschan. Dazu und zum genaueren Programm, wenn Sie das interessiert, werden wir am Dienstag der nächsten Woche um 10 Uhr hier ein Briefing mit Herrn Hecker und Herrn Röller anbieten.
Dann sind wir auch schon beim nächsten Wochenende. Das steht wieder einmal ganz im Zeichen des Tages der offenen Tür, schon das 20. Mal. Das kann man wirklich eine Tradition nennen. Die Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, das Bundeskanzleramt, das Bundespresseamt und die Bundesministerien hier in der Hauptstadt zu besuchen und auch mit vielen Ministerinnen und Ministern ins Gespräch zu kommen. Ich glaube, auch hier werden wir wieder eine Bürgerpressekonferenz machen, jedenfalls hoffe ich das.
VORS. MAIER: Ja. Sie sind hoffentlich auch da!
STS SEIBERT: Darauf freue ich mich auch; das ist immer sehr schön.
Die Bundeskanzlerin wird das ist auch schon traditionell am Sonntagnachmittag einen Rundgang im Kanzleramt machen und dann auch auf der Bühne im Kanzlerpark im Gespräch mit Gästen sein.
Ebenfalls am Sonntag wird die Bundeskanzlerin um 17 Uhr Vertreter der Bürgerinitiative „Pulse of Europe“ im Kanzleramt zu einem Gespräch empfangen. Das ist, wie Sie wissen, eine Nichtregierungsorganisation und ein wunderbarer Fall von europäischem Bürgerengagement. Es wird um die Zukunft Europas gehen. Das ist ein nicht presseöffentliches Treffen.
BREUL: Ich habe auch eine Reise anzukündigen. Außenminister Maas wird am kommenden Montag nach Auschwitz reisen. Er wird dort das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau besuchen. Nach seinem Besuch in Auschwitz wird er noch den polnischen Außenministers Czaputowicz zu einem Gespräch über bilaterale und europapolitische Fragen treffen.
Außenminister Maas wird von deutschen Anwärtern für den diplomatischen und konsularischen Dienst begleitet. Mit diesen sowie deutschen und polnischen Auszubildenden und Freiwilligen ist in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte eine Gesprächsrunde geplant.
Es ist die zweite Reise von Außenminister Maas nach Polen. Zuvor war er nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt in Warschau.
FRAGE BLANK: Herr Seibert, zu dem Treffen mit dem russischen Präsidenten morgen Abend: Könnten Sie sagen, um was es konkret beim Thema Syrien geht? Geht es dabei schon um den Wiederaufbau, oder erst einmal um die politische Lösung?
Zu dem Treffen auf Vierer-Ebene von Deutschland, Russland, der Türkei und wer auch immer noch dabei war ich weiß es nicht , jedenfalls ohne die USA, das für Anfang September im Gespräch war und möglicherweise verschoben wird: Ergibt das noch einen Sinn?
Zum Thema Ukraine, um das es ja auch gehen soll: Ist da ein Gipfeltreffen auf Vierer-Ebene im Herbst denkbar, nachdem das letzte 2016 stattfand?
STS SEIBERT: Eine Menge auf einmal! – Die Bundeskanzlerin freut sich, Präsident Putin am Samstag auf Schloss Meseberg begrüßen zu können. Die beiden werden ihre Gespräche sowohl zu den bilateralen Themen der deutsch-russischen Beziehungen als auch zu den großen internationalen Herausforderungen fortsetzen.
Sie wissen: Das letzte Treffen fand Mitte Mai in Sotschi statt. Es wird auch immer wieder einmal am Telefon miteinander gesprochen. Russland ist ein internationaler Akteur, ohne den die Lösung verschiedener Probleme nicht denkbar ist. Dem, dabei voranzukommen, internationalen Prozessen der Konfliktlösung zuzuarbeiten, dienen solche Begegnungen wie die in Meseberg, und darin liegt auch ihr Wert.
Über konkrete inhaltliche Punkte kann ich Ihnen heute vor dem Gespräch noch nichts sagen. Ich kann Ihnen aber auch keine weiteren Termine ankündigen; das waren ja Ihre beiden weiteren Fragen.
ZUSATZFRAGE BLANK: Herr Breul, habe ich richtig verstanden, dass der polnische Außenminister bei dem Besuch von Herrn Maas in Auschwitz nicht dabei ist?
BREUL: Richtig.
FRAGE FIEBRIG: Herr Seibert, das Thema der Ostukraine wird auch angesprochen. Hat die Bundeskanzlerin vor, das Thema der UNO-Friedensmission voranzutreiben?
Zum Thema der politischen Gefangenen: Es geht gerade um Oleg Senzow, den ukrainischen Filmregisseur. Der französische Präsident hat sich für seine Freilassung eingesetzt. Wird sich die Bundeskanzlerin dieser Forderung anschließen?
STS SEIBERT: Also zwei verschiedene Fragen. Ich gebe trotzdem noch einmal zu Bedenken, dass ich den Gesprächen am Samstag hier nicht vorgreifen will. Das Thema Ukraine/Ostukraine wird sicherlich ein Thema sein. Ich denke, das ist keine Überraschung. In den vergangenen Wochen und Monaten ist ja immer wieder einmal über die Möglichkeit und vielleicht auch Notwendigkeit einer Blauhelmmission gesprochen worden. Nach meinen Informationen ist noch keine Gemeinsamkeit bei der genauen Formulierung des Mandats dieser Blauhelmmission erreicht. Das heißt, daran bleibt weiter zu arbeiten. Aber die grundsätzliche Sicht, dass das sinnvoll sein könnte, gibt es bei der Bundesregierung. Dazu hat sich auch die russische Regierung schon geäußert.
Fragen der Menschenrechte spielen insgesamt immer wieder eine Rolle bei deutsch-russischen Begegnungen, auch bei Begegnungen der Bundeskanzlerin mit Präsident Putin. Über den konkreten Fall Senzow ist hier ja schon gesprochen worden. Wie viele andere Regierungen auf der Welt, wie beispielsweise auch die französische Regierung, wünschen wir uns, dass es in diesem Fall zu einer humanitären Lösung kommt.
FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, die Kanzlerin empfängt ja nachher den Ministerpräsidenten von Montenegro. Deswegen die Anschlussfrage, ob nicht nur die Ostukraine, sondern auch der Westbalkan und die immer wieder kritisierten russischen Einflussnahmen in der Westbalkanregion Thema sein werden.
Eine kleine Zusatzfrage: Wie zuversichtlich ist die Kanzlerin, dass das Treffen wirklich um 18 Uhr beginnt, weil Putin vorher anscheinend noch auf der Hochzeit der österreichischen Außenministerin sein wird?
STS SEIBERT: Beide Seiten haben sich auf den Ablauf am Samstagabend geeinigt. Wir arbeiten natürlich daran, dass das auch eingehalten wird.
Zu der ersten Frage: Die Bundeskanzlerin trifft in einer Dreiviertelstunde den Ministerpräsidenten von Montenegro. Anschließend gibt es eine Pressebegegnung. Ich würde Sie jetzt wirklich vertrösten wollen und nicht eine Dreiviertelstunde vor dieser Begegnung dazu irgendetwas sagen.
Ich habe hier auch keine abschließende Aufzählung der Themen, die sie mit Präsident Putin besprechen wird, vorzunehmen. Ich habe gesagt, dass es sicherlich um das Thema Syrien, sicherlich um das Thema der Ukraine und um energiepolitische Fragen gehen wird. Aber das ist nicht abschließend, und weitere Themen sind möglich, werden jetzt aber von mir hier nicht definiert.
FRAGE JESSEN: Können Sie uns etwas zum Format des Gespräches zwischen der Kanzlerin und Herrn Putin sagen? Putin führt ja manchmal auch Spitzengespräche, bei denen nur zwei Personen plus Dolmetscher anwesend sind. Gehe ich recht in der Annahme, dass in diesem Gespräch der übliche Kreis der Experten aus den jeweiligen Regierungen mit dabei sein wird?
STS SEIBERT: Der Präsident reist mit einer kleinen Delegation an. Die Bundeskanzlerin wird auch in Begleitung sein. Dennoch kann ich Ihnen, weil sich das an Ort und Stelle entscheidet, nicht sagen, ob ein Teil des Gesprächs unter vier Augen läuft das ist auch immer wieder vorgekommen oder ob man gleich im Delegationsgespräch zusammenkommt. Aber es wird ein kleiner Rahmen sein.
FRAGE FALLOIS: Noch eine Frage zum Ablauf: Wird der russische Präsident auch angesichts der Schwierigkeiten seiner Anreise hier in Deutschland übernachten, oder ist er an dem Abend noch in der Lage, wieder wegzufliegen?
STS SEIBERT: Ich würde Sie bitten, die Fragen des Reiseplans des russischen Präsidenten an die russische Botschaft zu richten.
ZUSATZFRAGE FALLOIS: Ich formuliere es einmal anders: Für wie lang ist das Gespräch intern bei Ihnen denn geplant?
STS SEIBERT: Es wird ein ausführliches Gespräch.
FRAGE JUNG: Ich weiß, dass Sie zu Inhalten nicht so viel sagen wollen. Aber wird der Fall Skripal ein Thema für die Kanzlerin sein? Die Bundesregierung hat sich ja recht festgelegt, wer dabei die Schuldigen sind.
STS SEIBERT: Ich habe zu möglichen inhaltlichen Elementen des Gesprächs jetzt das gesagt, was ich zu sagen habe.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ist der Fall Skripal für die Kanzlerin ein sehr wichtiges Thema?
STS SEIBERT: Wir haben zu diesem Fall hier über Wochen, fast schon, glaube ich, über Monate ausführlich berichtet.
FRAGE LEPIARZ: Ich habe eine Frage zur Polenreise des Außenministers. Herr Breul, könnten Sie die Aufnahme von Auschwitz ins Programm des Außenministers ein bisschen ausführlicher begründen? 73 Jahre nach Kriegsende ist es nicht mehr selbstverständlich, auch nicht für deutsche Politiker, dass sie Auschwitz zum Hauptpunkt eines Polenbesuches machen.
BREUL: Ich denke, Herr Maas hat schon in seiner Antrittsrede im Auswärtigen Amt deutlich gemacht, dass er auch eine durchaus persönliche Beziehung bzw. auch eine entscheidende politische Motivation aus der Geschichte bezieht, und dabei insbesondere Auschwitz hervorgehoben. Das ist mit Sicherheit auch eine persönliche Note, die Herr Maas setzen will.
Ich habe es erwähnt: Es geht nicht nur darum, dass er dieses Signal setzt, sondern es geht auch darum, den Blick in die Zukunft zu richten und mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Ich habe es gesagt: Er wird von Deutschen begleitet und trifft dort auf polnische Jugendliche. Er will das Gespräch zum Thema der Erinnerungskultur suchen, zu der Frage, wie wir das bewahren können, was wir in den vergangenen Jahren erfolgreich praktiziert haben.
Das (akustisch unverständlich) die Punkte. Ansonsten würde ich Sie gern auf das Programm am Montag verweisen. Teile davon werden auch presseöffentlich sein. Eine Pressedelegation wird den Minister begleiten. Es wird also genug Gelegenheit geben, sich darüber noch einmal auszutauschen.
ZUSATZFRAGE LEPIARZ: Wird Herr Maas auch die Frage der Rechtsstaatlichkeit in Polen ansprechen, und, wenn ja, wie wird er diesen Spagat meistern? Denn einerseits warnt er immer wieder vor Belehrungen deutscherseits, während er andererseits eine sehr klare Stellung in der Frage des Obersten Gerichtes und der Rechtsstaatlichkeit in Polen hat. In Auschwitz wird es besonders ungünstig sein, Kritik an Polen zu üben.
BREUL: Ich habe schon gesagt, dass eine ganze Bandbreite internationaler europäischer Themen auf der Agenda steht. Sie wissen, dass die Frage der Rechtsstaatlichkeit Teil von Meinungsverschiedenheiten auch der europäischen Institutionen und der polnischen Regierung ist. Von daher denke ich also, dass auch dieses Thema angesprochen wird. Auf der anderen Seite ist es jetzt nicht Ziel des Außenministers, die wenn ich es einmal so sagen darf besondere Bühne Auschwitz zu nutzen, um von dort innenpolitische Signale in Polen zu senden. Das ist nicht der Fall.
PETERMANN: Ein Nachtrag von Mittwoch: Wir sprachen hier über den Rückführungsflug nach Afghanistan. Die Frage wurde gestellt, ob ich bekanntgeben darf, welche Bundesländer beteiligt sind und wie viele Personen sie zurückgeführt haben. Das kann ich gern an dieser Stelle nachholen.
Brandenburg war mit drei Personen beteiligt, davon ein Haftfall, Berlin mit einer Person auch ein Haftfall , Baden-Württemberg mit drei Personen und drei Haftfällen, Bayern mit 25 Personen, davon sechs Haftfälle, Hessen mit zwei Personen zwei Haftfälle , Hamburg mit einer Person, einem Haftfall, Nordrhein-Westfalen mit fünf Personen und einem Haftfall, Rheinland-Pfalz mit zwei Personen kein Haftfall , Schleswig-Holstein mit einer Person kein Haftfall , das Saarland mit einer Person kein Haftfall und Sachsen mit zwei Personen kein Haftfall. Also insgesamt 46 Personen, davon 15 Haftfälle. Bei insgesamt 22 Personen lagen rechtskräftige Verurteilungen vor.
FRAGE REIFENRATH: Zum Thema Masterplan Migration und Umsetzung: Im Masterplan ist die Rede von dem Rückkehrbereich, der die Bundeszuständigkeiten ausweiten soll. Ich wüsste gern, was sich davon schon in konkreter Umsetzung befindet, beispielsweise eben im Bereich der Sammelabschiebungen.
PETERMANN: Wir haben im vergangenen halben Jahr eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Thema der Rückführung besprochen, auch mit den Ländern. Zum Beispiel wurde bei der jüngsten IMK in Quedlinburg besprochen, dass der Bund, wenn die Länder es wünschen, die Passersatzpapierbeschaffung durchführen wird. Außerdem wurde im zweiten Koalitionsgespräch beschlossen, dass die Rückführung von Dublin-Fällen aus den AnKER-Zentren durch den Bund erfolgen soll. Die Frage der Rückführung durch den Bund hatten wir, meine ich, hier auch schon einmal angesprochen. Ansonsten wiederhole ich es gern: Der Minister hat durchaus Sympathie dafür zum Ausdruck gebracht.
ZUSATZFRAGE REIFENRATH: Ist das damit verknüpft, dass sich die abgelehnten Asylbewerber in den AnKER-Zentren befinden, oder kann der Bund auch helfen, wenn sie noch nicht dort, sondern zum Beispiel noch in der Kommune sind? Gibt es dazu Gespräche mit den Ländern?
PETERMANN: Das weiß ich im Augenblick nicht. Den aktuellen Stand, inwieweit es dazu Gespräche gibt, müsste ich nachfragen. Vorgesehen ist es für die AnKER-Zentren. Ob es in anderen Fällen auch so ist, müsste ich nachliefern.
FRAGE KREUTZMANN: Frau Petermann, wie zufrieden sind Sie mit dem Echo auf die Initiative AnKER-Zentren bei den Bundesländern außerhalb Bayerns? Sachsen plant jetzt ja zwei AnKER-Zentren. Läuft das für Sie positiv an?
PETERMANN: Mit allen Ländern wurden und werden Gespräche geführt. Es gab eine Staatssekretärsrunde, in der auch noch einmal dargestellt wurde, inwieweit der Bund hierbei initiativ und tätig wird. Von verschiedenen Seiten wurde uns ja so will ich es einmal bezeichnen vorgeworfen oder gesagt, dass das Konzept fehle. Dazu haben wir immer wieder gesagt ich möchte es an dieser Stelle auch noch einmal betonen : Der Koalitionsvertrag nimmt hinreichend deutlich zu den AnKER-Zentren und deren Ausgestaltung Stellung. Darüber hinaus haben wir nicht die Absicht, in die Zuständigkeit der Länder einzugreifen. Das heißt also, wie ein AnKER-Zentrum im Einzelfall in einem Bundesland ausgestaltet wird, hängt von den Gesprächen, die mit dem Bundesland geführt werden, und den Wünschen des Bundeslandes ab. Das wollen und das können wir auch nicht bestimmen, weil die Bundesländer für die AnKER-Zentren zuständig sind und wir diese Zuständigkeit natürlich respektieren.
ZUSATZFRAGE KREUTZMANN: Die SPD-Innenminister hatten vor zwei Tagen ein Treffen in Wiesbaden. Boris Pistorius hat erklärt, noch sei nicht erkennbar, wie sich die Asylverfahren durch die AnKER-Zentren beschleunigen könnten. Haben Sie gute Argumente, die Herrn Pistorius weiterhelfen könnten?
PETERMANN: Ich möchte das jetzt gar nicht auf Herrn Pistorius beziehen, sondern ganz allgemein sagen: Bei den Gesprächen, die mit den Ländern geführt werden, zeigt sich: Wenn man zusammenkommt und Einigkeit besteht, welche Verfahrensschritte in den AnKER-Zentren durchgeführt werden sollen, mit welchem Personal und natürlich auch, soweit der Bund dazu in der Lage ist, mit durch das BAMF verstärktem Personal, dann wird es auch zu einer Beschleunigung kommen.
FRAGE BLANK: Frau Petermann, ich möchte zum Stand der Abschiebeabkommen mit Italien und Griechenland nachfragen. Gibt es dazu etwas Neues?
PETERMANN: Ich beginne mit Griechenland. Wir haben uns mit Griechenland geeinigt. Die Innenministerien haben sich geeinigt. Der Abschluss steht unmittelbar bevor. Es fehlt noch ein letzter Briefwechsel. Aber wir haben uns geeinigt.
ZUSATZFRAGE BLANK: Können Sie dazu ein paar Details nennen? Was würde in diesem Briefwechsel enthalten sein?
Hat Griechenland Gegenleistungen verlangt? Gibt es irgendeine Form von Gegenleistung?
PETERMANN: Ich bitte um Verständnis, dass wir natürlich sofort, sobald die Unterzeichnung erfolgt ist, darüber und auch über die Inhalte informieren werden, dass ich das aber an dieser Stelle noch nicht tun werde, bevor nicht die Unterschrift darunter ist. Ich wollte nur das Signal in die Runde geben: Wir haben uns geeinigt.
ZUSATZFRAGE BLANK: Wird das heute noch der Fall sein?
(Frau Petermann zuckt mit den Schultern.)
Und Italien?
PETERMANN: Zu Italien: Wir sind weiterhin in Verhandlungen und in diesen Verhandlungen sehr weit fortgeschritten. Dazu gibt es auch Gespräche auf Ministerebene. Wir gehen davon aus, dass diese Vereinbarungen auch mit Italien zustande kommen.
ZUSATZFRAGE BLANK: Gehen Sie denn auch davon aus, dass ein Einschreiten und Eingreifen der Kanzlerin, das sie ja durchaus angeboten hat, im Zusammenhang mit Italien noch notwendig ist, oder meinen Sie, dass das Innenministerium das mit Italien quasi auf eigene Faust hinbekommt?
PETERMANN: Eigentlich habe ich meine Antwort dazu gegeben. Wir sind weit fortgeschritten und gehen davon aus, dass der Vertrag auch zustande kommt.
FRAGE JUNG: Herr Seibert, kennt die Kanzlerin das Abkommen mit den Griechen schon?
STS SEIBERT: Die gleiche Frage wie am Mittwoch zu dem Abkommen mit den Spaniern, und deswegen bekommen Sie auch die gleiche Antwort: Es war ja die Bundeskanzlerin, die beim Europäischen Rat mit ihren europäischen Kollegen Regierungschefs über die Möglichkeit solcher Vereinbarungen gesprochen hat. Deswegen weiß sie natürlich genau, was wir mit diesen Vereinbarungen erreichen wollen. Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann.
ZUSATZFRAGE JUNG: Jetzt haben Sie die abstrakte Ebene erklärt. Ich möchte konkret wissen, ob sie dieses konkrete Abkommen kennt und gut findet.
STS SEIBERT: Das ist ja nicht abstrakt, sondern das ist hoch konkret. Das BMI hat hier in der vergangenen Woche auch sehr konkret gesagt, worum es bei der Vereinbarung mit Spanien geht. Das wissen Sie konkret. Das ist konkret genau das, was damit auch erzielt werden sollte.
FRAGE REESE: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium, und zwar geht es um den Fall Ashwaq Ta’lo, ein jesidisches Mädchen, das in der Sindschar-Region vom IS entführt und als Sklavin verkauft und missbraucht wurde. Sie kam 2014 als Flüchtling nach Deutschland und hatte später einen anerkannten Asylstatus. Ihr ist 2016 in Stuttgart ihr damaliger Entführer und, so möchte ich sagen, Kinderschänder, da sie damals 15 war, begegnet. Sie hat das der deutschen Polizei gemeldet. Die deutsche Polizei hat daraufhin so reagiert, dass sie gegen den Mann namens Abu Humam nichts tun könne.
Ich wüsste vom Innenministerium gern, ob Ihnen dieser Fall bekannt ist, inwieweit Sie diese Vorwürfe vielleicht verfolgen bzw. wie Sie darauf reagieren und ob Ihnen weitere ähnliche Vorfälle bekannt sind, in denen Opfer von Gewalt, die im Ausland passiert ist, und die jetzt hier Schutzsuchende sind, ihren Tätern, Vergewaltigern etc. gegenübertreten.
PETERMANN: Mir ist dieser Fall nicht bekannt. Ich denke, Sie haben auch Verständnis dafür, dass mir nicht jeder Einzelfall bekannt ist, zumal in der Bundesrepublik ja zunächst einmal die Länder für Polizeiangelegenheiten zuständig sind. Aber ich will mich hier gar nicht im Detail zu Fragen der Zuständigkeit einlassen. Ich kenne den Fall schlichtweg nicht. Ich nehme es mit.
ZUSATZFRAGE BREESE: Was könnte das Ministerium tun, um vor allen Dingen Opfer solcher Gewalt in dem Fall zu schützen?
Eine Zusatzfrage auch an das Justizministerium: Welche rechtlichen Möglichkeiten hätten denn Opfer wie Ashwaq und weitere, um ihre Verfolger und Täter vielleicht in Deutschland zu rechtlichen Konsequenzen zu ziehen?
PETERMANN: Ich hatte schon auf die grundsätzlichen Fragen der Zuständigkeit hingewiesen. Innerhalb der Bundesrepublik sind die Länder für polizeiliche Angelegenheiten zuständig und nicht der Bund. Das ist alles, was ich jetzt erst einmal dazu sagen kann.
MALACHOWSKI: Sie werden vielleicht verstehen, dass ich jetzt hier keinen Rechtsbeistand leisten kann und auch den Fall nicht kenne. Aber so, wie Sie es geschildert haben, gibt es, würde ich sagen, ein grundsätzliches Problem der Anwendbarkeit von deutschem Strafrecht. Denn grundsätzlich würde ich natürlich raten, eine Strafanzeige zu stellen. Die Frage würde hier allerdings sein, inwiefern deutsche Strafermittlungsbehörden überhaupt zuständig sind und ermitteln dürfen. Diese Fragen, inwiefern deutsches Strafrecht auch auf Auslandsfälle anwendbar ist, werden in den ersten Paragrafen des Strafgesetzbuches beantwortet. Das wäre hier durchaus denkbar, aber ich kenne den Fall nicht und möchte ungern spekulieren. Zu konkreten Fällen kann ich hier ohnehin nichts sagen.
FRAGE SCHNEIDER: Frau Petermann, ich würde gern eine Frage zum aktuellen Stand bzw. zur Diskussion über den Fall Sami A. stellen. Aus Nordrhein-Westfalen wurden vom dort zuständigen Minister schwere Vorwürfe gegen Herrn Seehofer erhoben, er sei sehr enttäuscht, man habe nicht die nötigen Bemühungen angestellt, um die Antifolternote aus dem Heimatland von Sami A. zu bekommen.
Gab es ein Versäumnis? Wie gehen Sie mit dieser Kritik um?
Damit verbunden ist die Forderung, dass das Bundesinnenministerium in dieser Angelegenheit tätig werden solle. Wie ist der Stand der Dinge?
PETERMANN: Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach gesagt, dass das BMI in Fragen der Abschiebung nicht zuständig ist, sondern dass die Länder dafür zuständig sind. Operativ konnten wir nichts tun. Dennoch haben wir beraten. Wir haben den Vorgang begleitet, so kann man es durchaus sagen, und zwar durchaus auch ständig.
FRAGE BLANK: Hat das Innenministerium das Außenministerium gebeten, dass eine diplomatische Zusage von Tunesien übermittelt wird, dass es keine Folterandrohung gegenüber Sami A. gibt? Das ist die erste Frage.
Im Zusammenhang mit dem etwas erweiterten Thema, dass es nach einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen in diesem Jahr bereits fünf rechtswidrige Abschiebungen gegeben hat: Können Sie sagen, aus welchen Bundesländern diese Fälle kommen und warum es in zwei Fällen noch keine Entscheidung über eine Rückholung gegeben hat?
PETERMANN: Ich beginne mit der ersten Frage. Wir stehen innerhalb der Bundesregierung und auch zu NRW in engem Kontakt.
ZUSATZFRAGE BLANK: An das Außenministerium: Haben Sie vielleicht Kontakt mit Tunesien gehabt?
BREUL: Wir haben laufend Kontakt mit Tunesien, schließlich unterhalten wir dort auch eine Botschaft. Aber ich kann für den Fall vielleicht noch einmal betonen, dass das Auswärtige Amt an dieser Stelle im Rahmen der Amtshilfe tätig wird und die Innenbehörden und Gerichte dabei unterstützt. Aber dies ist eine unterstützende Funktion.
ZUSATZFRAGE BLANK: Können Sie trotzdem inhaltlich etwas sagen? Gibt es schon solch eine Erklärung der Tunesier, dass dem Menschen keine Folter droht?
BREUL: Ich kann vielleicht einmal generell sagen, dass eine diplomatische Zusicherung üblicherweise immer auf Grundlage eines gesetzlichen Maßgabebeschlusses eingeholt wird, in dem das Gericht genau festlegt, wie der Inhalt der geforderten Zusicherung auszusehen hat. Dies ist im Fall von Sami A. bisher nicht erfolgt.
STS SEIBERT: Ich möchte vielleicht auch grundsätzlich sagen: Es ist ja jetzt klar geworden, dass die beiden Häuser miteinander und natürlich auch mit dem Land Nordrhein-Westfalen in Kontakt sind. Die Bundesregierung ist über unsere Botschaft in Tunis natürlich mit den tunesischen Behörden im Gespräch. Wir werden mit der tunesischen Seite den weiteren Weg vertrauensvoll besprechen.
Ich bitte um Verständnis: Wir wollen nicht über, sondern wir werden mit der tunesischen Regierung reden.
ZUSATZFRAGE BLANK: Herr Breul, Sie sagen im Prinzip, Sie warten jetzt darauf, dass das Gericht in Nordrhein-Westfalen eine genaue Formulierung findet, damit Sie überhaupt an Tunesien herantreten können. Richtig?
BREUL: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe das übliche Verfahren dargestellt.
ZUSATZ BLANK: Das hat in diesem Fall noch nicht gezogen!
BREUL: Genau. Das übliche Verfahren hat in diesem Fall nicht gezogen. Im Weiteren gilt das, was Herr Seibert gesagt hat. Wir sind in engem Gespräch mit der tunesischen Seite.
Man muss vielleicht auch noch einmal betonen, dass es natürlich um einen tunesischen Staatsangehörigen geht. Daher gibt es im Gegensatz zu deutschen Staatsangehörigen keine Auskunftspflicht oder etwas Ähnliches, worauf wir uns berufen könnten. Der Fall ist also etwas anders gelagert als die konsularischen Fälle, die wir hier sonst besprechen.
Nichtsdestoweniger sind wir dazu in engem Kontakt. Die tunesische Seite bekommt natürlich auch mit, wie die Debatte hier läuft, und sieht unser Interesse. Die Gespräche laufen.
STS SEIBERT: Nur zur Ergänzung: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seinem Urteil, das natürlich unbedingt zu respektieren ist, nicht festgestellt, dass Sami A. in Tunesien Folter oder unmenschliche Behandlung drohe. Diese Frage ist in dem Hauptsacheverfahren des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen noch zu entscheiden.
FRAGE JESSEN: Auch in Bezug auf die Zahl der von der Bundesregierung festgestellten fünf offenbar rechtswidrigen Abschiebungen in diesem Jahr: Auch wenn die absolute Zahl nicht so hoch erscheint, ist das deutlich mehr als im Vorjahr. In den Vorjahren gab es, glaube ich, keine.
Ist der Bundesinnenminister besorgt über diesen Anstieg? Sieht er Möglichkeiten, aus dem Ressort darauf hinzuwirken, dass Verfahrensvorschriften zukünftig eingehalten werden? Denn jeder dieser Fälle stellt ja sozusagen Rechtsstaatlichkeit infrage.
Ist das auch ein Thema für die Kanzlerin, Herr Seibert?
STS SEIBERT: Ich denke, da kann man nicht zwischen einzelnen Teilen der Bundesregierung unterscheiden. Wir alle in der Bundesregierung sehen uns natürlich in der Pflicht, rechtsstaatlich und gründlich zu handeln.
PETERMANN: Ich kann gern ergänzen. Die Zahl der Abschiebungen hat zugenommen. Das kann eine Erklärung sein, dass dann auch die Zahl der fehlerhaften zunimmt. Das kann ich aber im Augenblick nicht beweisen, sondern das ist vielleicht eine Antwort, die sich aufdrängt.
Jeder einzelne Fall ist schlecht, ohne Frage. Sie wissen, die Länder führen die Abschiebungen durch, oder sie führen sie uns zu, die dann durch die Bundespolizei begleitet werden. Wir haben aus dem Fall des Afghanen, der zu Unrecht abgeschoben wurde, gelernt, dass zukünftig Abgleiche mit laufenden Gerichtsverfahren durchgeführt werden. Aber ich kenne jetzt nicht im Einzelnen die Hintergründe der Fälle. Das müssen wir noch aufarbeiten.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Wenn Sie sagen, jeder einzelne Fall ist natürlich schlecht, bedeutet das, dass es eine erhöhte Sensibilität des Innenministers und vielleicht auch einen Kontakt mit den jeweiligen Landesbehörden darüber gibt, dass verstärkt auf die Einhaltung rechtstaatlicher Verfahrensvorschriften zu achten ist?
PETERMANN: Natürlich sollen Abschiebungen nur rechtmäßig erfolgen. Was wir vonseiten des Bundes dafür tun können, das werden wir auch tun.
FRAGE DR. RINKE: Es geht um das Thema Türkei, und es ist eine Frage sowohl an das Wirtschafts- als auch an das Finanzministerium. Nachdem die türkische Seite gestern bekanntgegeben hat, dass sich am 21. die Finanzminister beider Länder treffen, möchte ich fragen, ob das auch von deutscher Seite bestätigt wurde. Das Wirtschaftsministerium möchte ich fragen, ob es auch einen Termin für ein Treffen der Wirtschaftsminister gibt.
Arbeiten Ihre Ministerien schon an einem Paket, wie man der Türkei in der derzeitigen Zeit der Währungs- und Wirtschaftsturbulenzen helfen kann?
EINHORN: Was das Treffen angeht, dazu kann ich noch keine näheren Aussagen treffen.
Ansonsten gilt mit Blick auf die Entwicklungen in der Türkei das, was der Minister kürzlich in einem Interview gesagt hat und was wir hier auch schon wiederholt haben, dass wir die Entwicklungen dort sehr genau beobachten, aber uns jetzt nicht weiter inhaltlich dazu äußern. Unser Interesse ist natürlich weiterhin, dass die Türkei ein stabiles und demokratisches Land ist. Dazu tragen gute wirtschaftliche Beziehungen bei. Daran arbeiten wir wie gewohnt.
DR. FEHLING: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sie können das Treffen am 21. August nicht bestätigen?
DR. FEHLING: Ich gebe hier keine konkreten Daten bekannt.
FRAGE JENNEN: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium und an Herrn Seibert dazu: Es gab ja auch schon ein Telefonat. Könnten Sie vielleicht sagen, ob darin das Thema Hilfen von deutscher oder europäischer Seite in irgendeiner Art und Weise angesprochen wurde?
An Herrn Seibert habe ich noch eine Frage. Welche Rolle sehen Sie für den IWF in der ganzen Frage der Türkei?
DR. FEHLING: Da kann ich anfangen.
Zu konkreten Inhalten des gestrigen Telefonats möchte ich hier keine weitere Auskunft geben. Aber weil Sie es angesprochen haben: Über einen möglichen Antrag eines IWF-Programms ist gestern nicht gesprochen worden. Das wäre auch Sache des betreffenden Mitgliedstaates, darüber zu befinden.
STS SEIBERT: Dem schließe ich mich vollkommen an. – Den anderen Teil der Frage an mich habe ich jetzt vergessen.
ZURUF JENNEN: IWF.
STS SEIBERT: Dem, was der Kollege zum IWF-Programm gesagt hat, schließe ich mich vollkommen an. Das Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem türkischen Staatspräsidenten war wie immer vertraulich. Wir haben danach nur eine kurze Pressemeldung herausgegeben. Es ist allerdings auch bekannt, dass die beiden übereingekommen sind, dass die Wirtschafts- und Finanzminister sich vor dem Besuch des Präsidenten in Deutschland noch einmal treffen sollen.
FRAGE DR. RINKE: Ich habe eine Frage an das Bundesarbeitsministerium, und zwar zum Beitragssatz der Arbeitslosenversicherung. Herr Heil hat sich ja in einem Interview geäußert und seine Bereitschaft erneut erklärt wie Anfang Juni , den Beitrag um mehr als 0,3 Prozentpunkte zu senken. Ich hätte ganz gern gewusst, nachdem es ja Forderungen aus der CDU und CSU gibt, den Beitrag um 0,6 Prozentpunkte zu senken, ob Herr Heil auch damit einverstanden wäre.
WESTHOFF: Ich kann und will dem, was der Minister im Interview gesagt hat, jetzt nicht viel anfügen, etwas andichten oder irgendetwas in die Länge interpretieren. Er hat es bewusst so gesagt, wie er es gesagt hat, nämlich dass er den Beitrag gern um 0,3 Prozentpunkte wie im Koalitionsvertrag festgelegt absenken möchte und er darüber hinaus Potenzial sieht.
Allerdings möchte er damit bestimmte Punkte verbunden wissen, die ihm wichtig sind, zum Beispiel Hilfe in Sachen Qualifizierung. Gerade kleine und mittelgroße Unternehmen, die den digitalen Wandel mitgestalten müssen und die beschäftigten Arbeitskräfte auf diesen Wandel mitnehmen wollen, brauchen Unterstützung. Das ist das Eine.
Es gibt noch andere Punkte, die ihm wichtig sind. Da geht es um die Absicherung von kurzfristig Beschäftigten. Das ist ja eine Beschäftigungsform, die in den letzten Jahren auch bedingt durch den digitalen Wandel zugenommen hat. Diese Beschäftigten, die mit ihrer Beschäftigung keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld erwirtschaften, möchte er besser gestellt sehen. Je nachdem, ob und zu welchen Ergebnissen man bei diesen beiden Punkten kommt, wird sich dann auch entscheiden, ob und in welchem Ausmaß es Senkungspotenzial über die 0,3 Prozentpunkte hinaus gibt.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie uns etwas zum Zeitpunkt sagen, also wann das Ministerium plant, diese Einigung oder Senkung ins Kabinett zu bringen?
Zweitens. Wird das möglicherweise mit anderen Themen verknüpft, zum Beispiel mit der Rentenreform?
WESTHOFF: Ein Zeitfenster oder einen möglichen Zeitpunkt für die Kabinettbefassung kann ich jetzt hier heute schlecht nennen. Also es ist schon das Anliegen des Arbeitsministers, das möglichst zügig zu machen. Denn es ist ihm wichtig, dass es an der Stelle bald Klarheit gibt. Über Verknüpfungen mit ganz anderen Themen kann ich hier nicht berichten. Ich sage da nichts Neues: Es gehört irgendwie immer alles zusammen, und es hat alles miteinander zu tun. Ob jetzt an irgendeiner Stelle über beides gemeinsam in einem lockeren oder auch engeren Zusammenhang geredet wird, das kann sein. Aber ich kann nicht darüber berichten. Es gibt keine aktive Verknüpfung unsererseits, dieser beiden Themen jedenfalls.
FRAGE JUNG: Ich wollte zum Iran-Geschäft kommen. Frau Einhorn, Herr Seibert, die Telekom und die Deutsche Bahn ziehen sich jetzt auf Druck der USA aus den Iran-Geschäften zurück. Wie bewerten Sie diese Tatsache? Sieht die Bundesregierung ihre Bemühungen, genau so etwas zu vermeiden, als gescheitert an?
STS SEIBERT: Ich bewerte diese unternehmerischen Entscheidungen nicht. Unsere Haltung zum Nuklearabkommen mit Iran hat sich nicht verändert und auch nicht zu der Rolle der Wirtschaft.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich hatte etwas anderes gefragt, Herr Seibert. Die Bundesregierung hat sich ja bemüht, dass sich diese deutschen Unternehmen nicht aus dem Iran zurückziehen. Jetzt tun sie das doch. Sehen Sie ihre Strategie als gescheitert an? Wird es eine neue Strategie geben? Wie sieht sie aus?
STS SEIBERT: Ich kann nur auf meine Antwort verweisen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Das hat aber nichts mit den unternehmerischen Entscheidungen zu tun. Es geht um die Strategie der Bundesregierung.
STS SEIBERT: Sie wollten, dass ich unternehmerische Entscheidungen bewerte, was ich hier nicht tue.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ja, und jetzt habe ich nach der Strategie der Bundesregierung gefragt.
STS SEIBERT: Ich habe Ihnen gesagt, dass sie unverändert ist. Wir haben unverändert die Überzeugung: Wir halten dieses Abkommen für ein wichtiges Instrument, um eine nukleare Bewaffnung des Iran zu verhindern. Wir werden deswegen auch weiter für seine vollständige Umsetzung eintreten. Wir bedauern deswegen die Entscheidung der USA, sich aus dem Abkommen zurückzuziehen. Wie auch die anderen Signatarstaaten setzen wir alles daran, dass die mit dem Iran getroffenen Vereinbarungen vom Iran auch eingehalten werden. Nach EU-Recht wollen wir weiterhin legale Geschäftsbeziehungen mit dem Iran ermöglichen. Dazu sind wir im Austausch mit unseren Partnern in Europa und darüber hinaus.
EINHORN: Ich kann dem jetzt nicht viel hinzufügen. Wie gesagt: Es sind unternehmerische Entscheidungen, sich da eventuell zurückzuziehen. Das liegt ja auch bei den Unternehmen zu entscheiden, in welchen Ländern sie tätig sind, wann sie ihre Tätigkeit ändern oder auch beenden.
Wie Sie wissen, gilt seit dem 07.08. die aktualisierte Blocking-Verordnung der EU. Hiernach gibt es keine Meldepflichten oder Sonstiges für Unternehmen. Insofern ist das in Ordnung und entspricht weiterhin, wie gesagt, unserer Strategie. Wir halten die Kanäle da möglichst offen. Wir wollen, dass Unternehmen sich weiter im Iran engagieren können. Das gilt weiterhin.
FRAGE DR. RINKE: Auch eine Frage an Frau Einhorn und Herrn Seibert. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dem Rückzug deutscher Firmen aus dem Iran und dem möglichen Saudi-Arabien-Geschäft? Wir hatten das ja immer mit Blick auf den amerikanischen Markt diskutiert. Aber die saudische Regierung fordert ja ebenfalls den Rückzug aus Iran und ist mit deutschen Firmen in den letzten Monaten nicht sehr freundlich umgegangen. Also gibt es nach Ihrer Bewertung diesen Zusammenhang zwischen dem Iran-Geschäft und dem Saudi-Arabien-Geschäft?
EINHORN: Es steht mir nicht zu zu bewerten, warum Unternehmen bestimmte Entscheidungen treffen oder welche Motive sie dazu gebracht haben. Das müssten Sie bitte die Unternehmen selbst fragen.
FRAGE REIFENRATH: Ich habe noch einmal eine Nachfrage zu Sami A. an Frau Petermann. Sie haben ja gerade vorhin selbst gesagt: Das Innenministerium hat das Land NRW beraten. Nun hat Joachim Stamp gestern im Interview gesagt, dass er, als das Flugzeug mit Sami A. in der Luft war und schon tunesischen Luftraum erreicht hatte, noch einmal überlegt hätte, das Flugzeug zurückzuholen. Das Innenministerium hätte ihm später zu seiner Entscheidung gesagt, das das die Richtige gewesen sei. War das im Nachhinein ein Fehler? Hätte er das Flugzeug noch zurückholen können?
PETERMANN: Dazu kann ich nichts sagen.
ZUSATZFRAGE REIFENRATH: Ich habe noch eine Nachfrage an Herrn Breul. Besteht noch die Wiedereinreisesperre für Sami A.?
BREUL: Das wäre eine Frage, die Sie an das BMI richten müssten.
PETERMANN: Ob die Wiedereinreisesperre noch gilt, die Frage bitte ich an NRW zu stellen. Ich kenne dazu nur Informationen aus der Presse.
FRAGE BLANK: Im Zusammenhang mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und den Eckpunkten, die vorliegen, eine Frage an Frau Petermann oder an Herrn Westhoff: Gibt es Vorstellungen, wann man ins Kabinett kommen möchte? Es hieß ja, es sollte noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf vorliegen. Können Sie ein paar Details sagen, wie weit man da ist?
PETERMANN: Vielleicht beginne ich, weil das Fachkräftezuwanderungsgesetz in der Kompetenz des BMI steht und wir diesen Gesetzentwurf gestalten. Hierfür entwickeln wir allerdings zurzeit gemeinsam mit dem BMAS und dem BMWi ein Eckpunktepapier. Dieses Eckpunktepapier für den späteren Gesetzentwurf Fachkräftezuwanderungsgesetz befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Deswegen kann ich zu den Inhalten im Augenblick nicht detailliert Stellung nehmen.
ZUSATZFRAGE BLANK: Ich nehme an, Herr Westhoff, Sie würden das auch nicht weiter ergänzen?
WESTHOFF: Nein, in die fachlichen Details kann ich jetzt nicht weiter gehen. Ich kann nur sagen, dass es uns sehr recht ist, dass es so einen Ansatz jetzt gibt und der Weg in Richtung Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschritten worden ist. Wir wollen das möglichst zügig im Kabinett beschließen, wenn das Eckpunktepapier dann reif ist. Der Minister hat dazu auch einmal deutlich gemacht, dass es ihm recht wäre, wenn die Gesetzgebungsarbeiten noch in diesem Jahr weit voranschreiten würden.
ZUSATZFRAGE BLANK: Eine Nachfrage an den Regierungssprecher. Herr Seibert, was ist denn die Haltung der Bundeskanzlerin? Fände sie es gut, wenn im Zusammenhang mit der Fachkräfteeinwanderung auch der Spurwechsel zwischen Asylrecht und Einwanderungsrecht geregelt würde?
STS SEIBERT: Unser Zuwanderungsrecht sieht ja unterschiedliche Regelungen für Zuwanderung vor aus humanitären Gründen einerseits und Zuwanderung zu Arbeits- und Ausbildungszwecken andererseits. Bei dieser Trennung sollte es grundsätzlich auch bleiben. In den nächsten Jahren das haben die Koalitionspartner ja gemeinsam im Koalitionsvertrag festgestellt wird der Fachkräftebedarf steigen. Deswegen erarbeiten wir ein solches Regelwerk zur Erwerbsmigration, das sich dann am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientiert.
Zu der Frage, welche Änderungen sich aus diesem neuen Regelwerk im Zuwanderungsrecht im Einzelnen ergeben könnten, dazu werden dann Abstimmungen in der Bundesregierung stattfinden. Denen kann ich hier nicht vorgreifen.
PETERMANN: Vielleicht kann ich noch darauf hinweisen, dass es auch derzeit schon einige Möglichkeiten gibt. Ich hatte in der Regierungspressekonferenz am Mittwoch mitgeteilt das hatten wir hier schon besprochen , dass es den Fall der Ausbildungsduldung gibt. Es gibt darüber hinaus nach den Paragraphen 25a und 25b Aufenthaltsgesetz für gut integrierte Geduldete die Möglichkeit, nach dem Ablauf einer bestimmten Zeit, nämlich sechs oder acht Jahre und bei Deutschkenntnissen usw., hier auch erwerbstätig zu sein. Es gibt auch die Regelung für Heranwachsende nach einem Zeitraum von vier Jahren, wenn sie hier erfolgreich einen Schulabschluss abgeleistet haben.
FRAGE JESSEN: Hat der Bundesinnenminister eine Position für den sogenannten Spurwechsel auch bei abgelehnten Asylbewerbern? Das wird ja innerhalb der Bundesregierung kontrovers diskutiert.
PETERMANN: Wir sind für eine klare Trennung zwischen der humanitären Aufnahme auf der einen Seite und der Arbeitsmigration auf der anderen Seite. Wir wollen steuern, sowohl die humanitäre Aufnahme als auch über das Fachkräftezuwanderungsgesetz die Arbeitsmigration. Würde man diese beiden Bereiche miteinander verbinden, wäre eine Steuerung nicht mehr möglich.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Das heißt, Herr Seehofer lehnt die Position von Frau Widmann-Mauz ab, die so eine Möglichkeit vorsieht?
PETERMANN: Die Schlussfolgerungen müssen Sie ziehen. Sie haben mich nach der Position des Innenministeriums gefragt.
FRAGE KNUF: Eine Frage an das Auswärtige Amt, noch einmal zum Komplex Deutschland-Türkei. Herr Breul, können Sie uns über den Stand der Dinge im Fall Ilhami A. berichten? Das ist der deutsche Staatsbürger aus Hamburg kurdischer Herkunft, der seit Mittwoch in der Südosttürkei in Haft sitzt. Der Vorwurf lautet Terrorpropaganda für die PKK.
BREUL: Dazu kann ich eigentlich nur sagen, dass uns der Fall bekannt ist und wir die konsularische Betreuung einleiten werden. Sie haben es ja schon gesagt: Der Fall ist jetzt ein paar Tage alt. Die Festnahme war am 15. August, die Verhängung der U-Haft am 16. August. Weitere Angaben zu dem Fall können wir aus den bekannten Schutzgründen derzeit nicht machen.
FRAGE JUNG: Hat er schon konsularische Betreuung?
BREUL: Wie gesagt: Der Fall ist erst ein paar Tage alt. Wir sind dabei, die konsularische Betreuung sicherzustellen. Ein Haftbesuch oder dergleichen hat noch nicht stattgefunden.
FRAGE JUNG: Auch zur Türkei, aber ein anderes Thema. Der Einmarsch der Türkei in Afrin ist jetzt fast ein halbes Jahr her, Herr Breul. Sie haben uns hier versprochen, dass wir irgendwann eine völkerrechtliche Bewertung der Bundesregierung bekommen. Haben Sie sie dabei?
BREUL: Zu Afrin habe ich heute keinen neuen Stand.
ZUSATZFRAGE JUNG: Wann können wir damit rechnen?
BREUL: Auch zu den Zeitabläufen haben wir hier wiederholt gesprochen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
FRAGE BLANK: Wir sind ja noch innerhalb der Stunde. Deswegen möchte ich noch eine Nachfrage an Frau Petermann stellen im Zusammenhang mit dem Abkommen mit Griechenland. Geht es da auch kann man das vielleicht schon sagen um die 48-Stunden-Regelung, wie zum Beispiel im Zusammenhang mit Spanien? Gilt das beispielsweise für die Menschen, die in Griechenland schon einen Asylantrag gestellt haben?
PETERMANN: Darum geht es. Das kann ich hier ohne weiteres sagen. Denn das war ja der Auftrag aus der Koalition, dass immer begrenzt auf die Fälle an der deutsch-österreichischen Grenze eine Zurückweisung für die Asylsuchenden erfolgt, die schon in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt haben, die sogenannten EURODAC-Treffer der Kategorie 1. Es geht immer um den Zeitraum von 48 Stunden. Denn nur innerhalb dieses Zeitraums kann nach unserer Verfassung eine Zurückweisung erfolgen.
ZUSATZFRAGE BLANK: Weil wir immer noch im Zeitrahmen von 60 Minuten sind: Wann ist das Abkommen geschlossen worden? Gestern oder heute?
PETERMANN: Gestern Abend.