Artikel

Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 27. Juni 2022

Themen: Reise der Bundesentwicklungsministerin nach Georgien und Armenien, Medienberichte über eine geplante steuerfreie Einmalzahlung für Arbeitnehmer, konzertierte Aktion, mögliche Deckelung des Erdölpreises, mögliches Verbot der Schiffsversicherung für Transporte russischen Erdöls, G7-Infrastrukturinvestitionen, Fall Julian Assange, öffentliche Investitionen in fossile Energieproduktion, Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter an deutschen Flughäfen, geplantes Verbot des Verkaufs von Neuwagen mit Verbrennungsmotor, beim Versuch des Grenzübertritts in Melilla getötete Menschen, Liquiditätshilfe für Trading Hub Europe, Kosten für externe Beratung der Bundesregierung

Themen/Naive Fragen zu:
00:00 Beginn
00:17 Ankündigung BMZ
01:25 Einmalzahlung für Arbeitnehmer*innen
03:55 Ölpreisdeckel
06:35 G7-Infrakstruktur
13:53 Korruption in Südafrika
16:03 Tilo zu Assange, Biden & Scholz
17:07 Hans zu Investitionen in fossile Energie
20:44 Hans nochmal zu fossilen Investitionen
22:02 Tilo zu fossilen Investitionen
23:48 Ausländische Mitarbeiter an Flughäfen
28:54 EU-Verbrennerverbot
31:54 Hans zu Verbrennerverbot
33:40 Tilo zu Verbrennerverbot & Lindner
34:26 Melilla “Massaker”
36:13 Tilo zu Melilla
37:09 Hans zu Melilla
40:16 Nochmal Einmalzahlung
43:32 Gas
45:31 Tilo zu externe Beratung der Bundesregierung
47:35 Nachreichung G7-Infrastruktur

Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:
Konto: Jung & Naiv
IBAN: DE854 3060 967 104 779 2900
GLS Gemeinschaftsbank

PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv

Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 27. Juni 2022:

VORS. FELDHOFF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS BÜCHNER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

MAY: Guten Tag! Entwicklungsministerin Svenja Schulze reist morgen bis Freitag nach Georgien und Armenien. Im Fokus der Reise stehen die deutsche Unterstützung bei den Reformprozessen für eine EU-Annäherung, die Auswirkungen des Angriffskriegs auf die Ukraine auf diese beiden Staaten und die deutsche Unterstützung für mehr Energiesicherheit.

Am Mittwoch wird die Ministerin eine Kooperation zwischen Georgien, der EU und Deutschland zur energieeffizienten Sanierung öffentlicher Gebäude unterzeichnen. Außerdem wird sie mit der georgischen Regierung über die Unterstützung zur Annäherung an die EU und notwendige Reformen auf diesem Weg sprechen. Beispielsweise unterstützt das BMZ bei Reformen in der öffentlichen Verwaltung und auch bei der Medienfreiheit.

Am Donnerstagabend fährt sie weiter nach Armenien. Dort wird sie mit der armenischen Regierung sprechen und ihr anbieten, die Entwicklungszusammenarbeit zu einer bilateralen festen Partnerschaft aufzuwerten.

FRAGE KOCK: Es geht um die steuerfreie Einmalzahlung für Arbeitnehmer. Das wurde als Vorschlag des Bundeskanzleramtes so eigentlich auch bestätigt. Wie soll das konkret laufen? Um welche Beträge handelt es sich nach Vorstellung des Bundeskanzleramtes? Wie soll vor allen Dingen mit den Arbeitnehmern umgegangen werden, die nicht in tarifgebundenen Berufen tätig sind?

SRS BÜCHNER: Sie referieren einen Medienbericht, den wir weder bestätigt noch kommentiert haben. Deshalb kann ich das auch jetzt nicht tun. Ich möchte auch der konzertierten Aktion und den Beratungen bei der konzertierten Aktion nicht vorgreifen. Deshalb bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich hier nicht auf eine Diskussion über Details oder mögliche Vorschläge einlassen kann.

VORS. FELDHOFF: Ich darf die Frage von Herrn Hoenig zum gleichen Thema nachschieben: Was sagen Sie zu der Kritik von Gewerkschaften, im Kanzleramt würde man keine Tarifverhandlungen führen?

SRS BÜCHNER: Niemand hat jemals vorgeschlagen, im Kanzleramt Tarifverhandlungen zu führen. Aber auch da gilt grundsätzlich, dass ich jetzt nicht den Gesprächen am kommenden Montag vorgreifen will.

VORS. FELDHOFF: Ich habe noch mehrere Fragen, die in die gleiche Richtung gehen. Ich nehme an, dass Sie immer das Gleiche sagen würden, oder?

SRS BÜCHNER: Sie können sie natürlich trotzdem gern stellen. Ich fürchte aber, dass ich dabei bleiben muss, ja.

FRAGE GAVRILIS: Können Sie noch ein paar Details zum Ablauf des Tages nennen? Wer genau ist dazu geladen? Wie lange wird man sich treffen?

SRS BÜCHNER: Eingeladen sind Vertreter der Wirtschaft, Vertreter der Gewerkschaften, der Deutschen Bundesbank und natürlich der Bundesregierung. Eine Tagesordnung in dem Sinne liegt mir im Moment noch nicht vor. Das würden wir Ihnen wie immer am Freitag bekannt geben, wenn wir die Termine für die kommende Woche vorstellen.

VORS. FELDHOFF: Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die dazu online Fragen gestellt haben um Verzeihung. Ich würde sie jetzt nicht referieren, weil ich das Gefühl habe, dass Herr Büchner leider immer dasselbe sagen würde und wir damit nicht richtig weiterkommen.

FRAGE KOCK: Wie wirkte sich ein Ölpreisdeckel, wenn es denn dazu käme, auf Deutschland und konkret auf die hiesigen Verbraucher aus? Vielleicht kann auch das Bundeswirtschaftsministerium noch etwas dazu sagen.

SRS BÜCHNER: Wie der Konjunktiv Ihrer Frage schon nahelegt, ist das noch eine hypothetische Frage. Auf hypothetische Fragen geben wir ja keine dann hypothetischen Antworten. Deshalb würden wir auch an der Stelle gern abwarten, was tatsächlich beraten und beschlossen wird. Danach können wir uns dazu genauer einlassen.

ZUSATZFRAGE KOCK: Hat das Wirtschaftsministerium Ergänzungen?

UNGRAD: Ich kann nur sagen, dass wir durch das Ölembargo Russland Schaden zufügen wollen. Wenn aber gleichzeitig die Weltmarktpreise ansteigen und Russland sein Öl an andere Länder verkauft, dann nimmt es mehr Geld ein. Gerade deshalb ist es wichtig, in Gespräche zu gehen. Aber den Gesprächen kann und will auch ich nicht vorgreifen.

FRAGE KURMAYER: Herr Habeck hat vor einer oder zwei Stunden in Luxemburg gesagt, dass die Gespräche zum Thema eines Ölpreisdeckels in Elmau derzeit fortgesetzt würden. Können Sie das bestätigen? Das ist ein Zitat von Herrn Habeck.

Zweitens: Damals ist ein Eingriff bei den Versicherern für die Öltransporte am Widerstand Griechenlands gescheitert. Seitdem hat Deutschland seine Kooperation mit Griechenland fortgesetzt, Stichwort Ringtausch usw. Glauben Sie, dass Griechenland diesmal gegenüber einem derartigen Vorstoß auch mit US-Unterstützung offener ist?

SRS BÜCHNER: Ich bin jetzt in Berlin und nicht in Elmau. Deshalb kann ich Ihnen nicht sagen, was zur Stunde in Elmau genau passiert.

Zu der weiteren fachlichen Frage: Wollen Sie sich zu den Versicherungsfragen einlassen?

UNGRAD: Deutschland steht in engem und intensivem Austausch mit den internationalen Partnern, um die angesprochene Effektivität der russischen Ölsanktionen zu maximieren und gleichzeitig wirtschaftlichen Schaden abzumildern. Ein Schiffsversicherungsverbot ist bereits eine effektive Maßnahme, die im sechsten Sanktionspaket enthalten ist. An diesen Maßnahmen arbeiten wir weiter und stehen dazu in engem Kontakt mit unseren europäischen Partnern, weil klar ist, dass etwas erfolgen muss.

FRAGE KRÄMER (zu G7-Infrastrukturinvestitionen): Herr Büchner, das hat Herr Scholz gestern ja knallhart angekündigt. Da können Sie sich also eigentlich nicht wegducken. Das ist von ihm höchstpersönlich vorgestellt worden.

Welcher Teil der 600 Milliarden, die angekündigt wurden, entfällt auf Deutschland?

SRS BÜCHNER: Der Bundeskanzler hat gestern gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden und weiteren G7-Partnern in Elmau neue Zahlen zu einer gemeinsamen weltweiten Initiative für Infrastrukturinvestitionen der G7 angekündigt. Diese Initiative, für die der Startschuss letztes Jahr beim G7-Gipfel in Carbis Bay fiel und die unter deutschem G7-Vorsitz als Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen konkret ausgestaltet worden ist, baut auf starke regionale Initiativen wie die europäische Global-Gateway-Initiative und die Arbeit der G7-Partner auf. Dies vorweg zur Einordnung.

Ziel ist es, in enger Zusammenarbeit mit Partnern wie Entwicklungsbanken und dem Privatsektor einen kollektiven konstruktiven Beitrag zu leisten, um die weltweiten Investitionslücken vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern für nachhaltige Infrastruktur unter Beachtung hoher internationaler Nachhaltigkeits- und Transparenzstandards zu schließen.

Die G7-Partner haben gestern angekündigt, auf der Grundlage ihrer nationalen und regionalen Initiativen in den nächsten fünf Jahren gemeinsam bis zu 600 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Investitionen zu mobilisieren. Das bedeutet also, dass der Beitrag, den die Staaten leisten, durch erhebliche Investitionen, die aus dem privaten Sektor kommen sollen, gehebelt wird.

Seit 2021 sind bereits gute Fortschritte erzielt worden. Man habe, so der Bundeskanzler, über diese Investitionen in der Breite des Themas gesprochen, über Infrastruktur für Häfen, für Eisenbahnverbindungen, für Elektrizität und auch über Infrastrukturen für globale Gesundheit. In der COVID-19-Pandemie hätten wir gemerkt, dass solche Pandemien nur gemeinsam in der Welt bekämpft werden könnten. So habe Deutschland 530 Millionen Euro als Teil einer größeren Team-Europe-Initiative für globale Impfstoffproduktion zur Verfügung gestellt. Im Klimabereich habe man sogenannte Energiewendepartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern geschlossen, die erste im Herbst 2021 mit Südafrika. Neue werden aktuell mit Indonesien, Indien, Senegal und Vietnam verhandelt.

Der Bundeskanzler hat gestern beispielhaft die folgenden deutschen Unterstützungsbeiträge angekündigt: Deutschland bietet Südafrika einen KfW-Förderkredit über 300 Millionen Euro im Rahmen der Energiewendepartnerschaft Just Energy Transition Partnership, JETP, zur Finanzierung der Energiewende an. Das ist Teil des deutschen Beitrags von 700 Millionen Euro zur kollektiven G7-Unterstützung für das JETP mit Südafrika für die nächsten drei bis fünf Jahre. Außerdem wird Deutschland weitere 30 Millionen Euro für den Emerging Markets Climate Action Fund bereitstellen und damit private Investitionen für nachhaltige Infrastruktur mobilisieren. Dieser innovative Fund kann für jeden Euro bis zu 50 Euro an privaten Investitionen mobilisieren. Damit wird, denke ich, das Muster klar. Mit den 25 Millionen Euro, die Deutschland bereits vergangenes Jahr eingezahlt hat, können dann mit dem deutschen Beitrag von insgesamt 55 Millionen Euro bis zu 2,75 Milliarden Euro auf Projektebene mobilisiert werden.

Es wäre jetzt also unseriös, Ihnen auf Euro und Cent sagen zu wollen, wie hoch der deutsche Beitrag sein wird. Aber nach diesem Muster ist diese globale Infrastrukturinitiative angelegt. Öffentliche Gelder werden bereitgestellt und investiert, um dann massive Investitionen aus dem privaten Sektor zu hebeln und zu mobilisieren.

ZUSATZFRAGE KRÄMER: Heißt das, dass Sie noch nicht sagen können, welcher Anteil auf Deutschland entfällt, und dass Sie auch nicht sagen können, wie das Verhältnis privater Gelder zu öffentlichen Geldern sein wird?

SRS BÜCHNER: Ich kann Ihnen das im Moment nicht auf Heller und Pfennig ausrechnen. Das Ziel ist aber, dass wir insgesamt über die G7 600 Milliarden Dollar mobilisieren. Joe Biden hat, meine ich, angekündigt, dass allein in den USA 200 Milliarden Dollar dafür mobilisiert werden sollen.

VORS. FELDHOFF: Frau Löhr von der „FAZ“ fragt: Können Sie eine Größenordnung für das Verhältnis zwischen privatem und öffentlichen Geld nennen?

SRS BÜCHNER: Das kann ich nicht, weil das von vielen einzelnen Programmen abhängig ist, die ganz unterschiedlich ausgestaltet werden.

FRAGE KRÄMER: Welches Ministerium wird für die Umsetzung zuständig sein?

SRS BÜCHNER: Ich denke, das werden am Ende verschiedene Ministerien sein, weil die Programme teilweise das BMZ, das BMWK und auch andere Ministerien betreffen können, und zwar je nachdem, in welchem Bereich dort auch Infrastruktur gefördert und ermöglicht wird.

ZUSATZFRAGE KRÄMER: Hat das BMZ mehr Erkenntnisse zu der Aufteilung?

SRS BÜCHNER: Ich ahne, dass das noch nicht möglich sein wird. Sie können das BMZ gern dazu befragen; ich sage nur: Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir dieses große Projekt angehen. Ich glaube, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren sehr viel deutlicher sagen können werden, wie sich dieses Programm entwickelt und wie erfolgreich die Hebelwirkung genau sein wird. Es wäre jetzt unseriös, zum Beispiel zu sagen, dass es genau der gleiche Umrechnungsfaktor sein werde wie in dem erwähnten Programm, in dem aus 55 Millionen staatlicher Investition 2,75 Milliarden auf Projektebene werden können. Das wäre ja eine Größenordnung, die Sie nehmen könnten. Aber ob sich das über die ganze Breite des Programms in genau dieser Form realisieren lässt, lässt sich heute noch nicht mit Sicherheit sagen.

Aber ich wollte dem BMZ damit nicht die Möglichkeit nehmen, sich ebenfalls zu äußern.

MAY: Vielen Dank. Die Koordinierung der Initiative liegt federführend beim BMZ. Aber große Teile werden auch über das BMWK und andere Ressorts umgesetzt.

Zu der Hebelung kann ich im Moment tatsächlich noch nichts sagen. Das wird im Moment in Elmau verhandelt.

Ich möchte nur noch ergänzen, dass es neben der Finanzierung auch wichtig ist, dass wir die Programme begleiten, zum Beispiel für einen sozial gerechten Kohleausstieg, wenn wir das Beispiel Südafrikas wählen. Dabei geht es nicht nur darum, wie viel Geld wir zur Verfügung stellen, sondern auch darum, was wir dort tun. Ein konkretes Beispiel ist ein Kohlekraftwerk, das vom Netz genommen werden soll. Wir leisten Unterstützung dabei, wie die Kohlearbeiter sozial gerecht in ein anderes Arbeitsverhältnis kommen können und dort eine Umschulung erfolgen kann.

FRAGE KURMAYER: Ich will die JETP mit Südafrika aufgreifen. Nachdem beim Präsidenten gerade vier Millionen in bar gefunden wurden, würde mich interessieren, welche Antikorruptions- bzw. Transparenzmaßnahmen diese JETP beinhalten wird, um zu verhindern, dass in Südafrika, einem bekannt korrupten Staat, diese Gelder einfach versickern.

MAY: Das richtet sich wahrscheinlich auch an das BMZ. Hier sind auch Förderkredite betroffen, die nicht nur über das BMZ laufen. Aber die Mittel, die über die KfW laufen, werden immer über ein eigenes Monitoring seitens der KfW begleitet. Natürlich achten wir sehr stark auf Antikorruptionsmaßnahmen.

ZUSATZFRAGE KURMAYER: Wie oft kommt der Monitoringbericht der KfW heraus, jährlich, vierteljährlich?

MAY: In jedem Projektzyklus ist es ein ganz normaler Bestandteil, egal ob es sich um einen Förderkredit handelt oder um ein anderes Programm der KfW oder der GIZ. Selbstverständlich ist das begleitend mit dabei. Aber es gibt nicht den einen Monitoringbericht.

VORS. FELDHOFF: Frau Löhr fragt nach, gerichtet an den Regierungssprecher: Die anderen G7-Länder haben exakte Summen genannt, wie viel sie zu den 600 Milliarden Dollar beitragen wollen. Warum kann Deutschland das nicht?

SRS BÜCHNER: Ich habe mich dazu eben eingelassen. Mehr kann ich im jetzigen Stadium nicht sagen. Wenn wir dazu mehr sagen können, tue ich das sehr gern.

FRAGE JUNG: Ich habe dazu am Wochenende öffentlich nichts gehört. Herr Büchner, hat der Kanzler mit Herrn Biden über den Fall Assange gesprochen?

SRS BÜCHNER: Dazu ist mir nichts bekannt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum hat er darüber nicht gesprochen?

SRS BÜCHNER: Wenn ich sage, dass mir dazu nichts bekannt ist, kann ich nicht sagen, ob er darüber gesprochen hat oder nicht. Auch die bilateralen Gespräche sind vertrauliche Gespräche, aus denen wir, wie Sie wissen, nicht berichten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist dem Kanzler der Fall denn ein Anliegen?

SRS BÜCHNER: Das Spielchen können wir gern weiter fortsetzen. Aber ich werde jetzt nicht mehr sagen als, dass ich nicht weiß, ob der Kanzler darüber gesprochen hat oder nicht.

FRAGE JESSEN: Treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Berichte zu, denen zufolge Deutschland in der G7 darauf dränge, den zum Jahresende eigentlich beschlossenen Bann öffentlicher Investitionen in fossile Energieproduktion im Ausland zurückzudrehen, sodass öffentliche Investitionen zur Erkundung und Exploration fossiler Energieträger doch wieder möglich würden? Das wird von verschiedenen Medien berichtet.

SRS BÜCHNER: Vorweg: Die Bundesregierung steht wie im Koalitionsvertrag vereinbart unverändert zu den 1,5-Grad-Klimazielen des Klimaabkommens von Paris. Die Energiezusammenarbeit mit Senegal steht im Einklang mit den getroffenen Vereinbarungen.

Der Bundeskanzler hat gestern beim G7-Gipfel deutlich gemacht, dass auch die Arbeit zur Förderung der Infrastruktur von der derzeitigen geopolitischen Situation betroffen ist. Aus diesem Grund haben die G7-Staats- und Regierungschefs darüber gesprochen, wie die weltweiten Investitionen in klimaneutrale und kohlenstoffarme Energie einschließlich Gas uns als vorübergehende Reaktion auf Russlands Einsatz von Energie als Waffe helfen können. Auch bei den Energiemärkten geht es darum, wie die G7-Staaten miteinander ihre Aktivitäten koordinieren.

ZUSATZ JESSEN: Die Berichterstattung erwähnt explizit, dass Deutschland eine Entwicklung vorantreibe, den schon gefassten Beschluss, dass es keine öffentlichen Investitionen der G7-Staaten in die Ausbeutung fossiler Energieträger mehr geben solle, zurückzudrängen. Er geht weit über das hinaus, was Sie eben skizziert haben. Vielleicht können Sie die Antwort auf die Frage nachliefern, ob Deutschland diese Rolle tatsächlich spielt oder ob Deutschland der Meinung ist, dass der Beschluss des Auslaufens öffentlicher Förderung solcher Energiegewinnung zum Jahresende weiterhin Bestand hat.

SRS BÜCHNER: Ich kann dazu gern noch zitieren, was der Bundeskanzler dazu gesagt hat:

„Was die Frage der Energiezusammenarbeit“

mit Senegal

„betrifft, ist die ganz breit. Es geht um erneuerbare Energien. … Aber selbstverständlich geht es auch um die Zusammenarbeit bei der Nutzung der natürlichen Gasressourcen, die Senegal hat, bei der Nutzung der künftigen Möglichkeiten, die da entstehen, und auch bei den technischen Investitionen in die Kraftwerksinfrastruktur, die dazu notwendig sind. Das wird Thema unserer weiteren Gespräche sein, und wir wollen einander gute Partner sein. Das ist schon jetzt klar, und wir werden das dann in den fachlichen Gesprächen vertiefen.“

VORS. FELDHOFF: Eine Nachfrage von Herrn Jordans genau zu dem Thema: Der UNO-Generalsekretär, Herr Guterres, hat jegliche Investitionen in fossile Infrastruktur scharf kritisiert, als UNO-Generalsekretär wahrscheinlich weltweit. Weisen Sie diese Kritik zurück?

SRS BÜCHNER: Wir bleiben dabei, dass sich Deutschland dem 1,5-Grad-Klimaziel des Klimaabkommens von Paris verpflichtet fühlt. Wie wir immer gesagt haben, wird Gas, wenn überhaupt, jetzt noch einmal zeitlich befristet zur Überbrückung einer Notlage eingesetzt, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geschaffen wurde. Das ist sozusagen der Rahmen, in dem wir uns dabei bewegen.

FRAGE JESSEN: Es tut mir leid, Herr Büchner. Sie beantworten Fragen, die nicht gestellt worden sind. Deswegen frage ich jetzt einmal das Auswärtige Amt: Steht Deutschland zu dem beschlossenen „joint commitment“, dessen Inhalt ich ja zitiert hatte? Das ist ja eine andere Dimension als die Kooperation mit dem Senegal. Steht Deutschland also nach Auffassung des Auswärtigen Amtes zu diesem beschlossenen „joint commitment“, oder soll das revidiert werden?

BURGER: Ich kann Ihnen zu den Gesprächen, die beim G7-Gipfel geführt werden, hier keine Auskünfte geben. Das ist die Aufgabe von Herrn Büchner, und Herr Büchner hat das ja gerade auch alles dargestellt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Er hat eben auf die Frage ich kann es nur noch einmal sagen nicht geantwortet. Die internationale Presse berichtet, dass Deutschland dieses „joint commitment“ revidieren möchte, und nun hören wir von der Bundesregierung keine Aussage dazu. Ich frage also noch einmal: Stimmt das? Möchte Deutschland das „joint commitment“ revidieren, oder soll das „joint commitment“ in der bisher beschlossenen Form weiterhin Gültigkeit haben?

BURGER: Wie gesagt: Für das, was in Elmau besprochen wird, ist der Regierungssprecher der richtige Ansprechpartner, und der hat auf Ihre Frage ja auch eine ausführliche Antwort gegeben.

FRAGE JUNG: Herr Büchner, ich verstehe jetzt, dass die Bundesregierung zum Paris-Abkommen steht, aber nicht zu diesem „joint commitment“. Korrekt?

SRS BÜCHNER: Wenn Sie das so verstehen Ich kann dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzufügen, nämlich dass wir zu dem Klimaabkommen stehen und dass wir zugleich darüber sprechen müssen, wie wir Gas als Überbrückungstechnologie nutzen.

BURGER: Ich möchte vielleicht einfach, damit das nicht sozusagen in einer völlig falschen Richtung verstanden wird, noch einmal sagen: Es ist ja klar, dass wir in den nächsten Jahren in Deutschland weniger Gas verbrauchen werden, nicht mehr. Wir müssen das nur aus anderen Quellen beziehen. Deswegen ändert sich auch an der Stoßrichtung unserer internationalen Verpflichtungen nichts. Wie Herr Büchner es dargestellt hat, halten wir natürlich an unseren Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen vollumfänglich fest.

ZUSATZ JUNG: Aber das ist ja die Reling von Ihnen. Wir reden ja nicht über das Pariser Abkommen es ist ja keine Frage, dass Sie daran festhalten , sondern es geht um dieses „joint commitment“, und Sie vermeiden tunlichst zu sagen, dass Sie noch dazu stehen, sondern, wie die Berichterstattung laut Herrn Jessen ja besagt, wollen das zurückdrehen. Das passt doch zu dem, was Sie hier sagen, weil Sie nicht dazu stehen!

SRS BÜCHNER: Was wir vermeiden, Herr Jung, ist, hier Presseberichte über Gespräche zu kommentieren, die noch laufen und die wir von hier aus nicht einschätzen können. Deshalb müssen wir an dieser Stelle jetzt einfach noch einmal abwarten, was sozusagen beim G7-Gipfel besprochen und beschlossen wird.

FRAGE HUBER: Mir geht es um die Frage der vorübergehenden Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter an Flughäfen. Das ist sicherlich eine Frage an das Arbeitsministerium und das Innenministerium. Zum einen gab es gestern einen Medienbericht. Die Frage wäre: Wie weit ist diese Idee schon gediehen, das heißt, wie schnell soll das jetzt kommen und in welchen Bereichen sollen die eingesetzt werden, wenn es denn klappt?

Die andere Frage betrifft die Sicherheit. Es gibt ja am Flughafen auch eine spezielle Situation. Was sind dafür überhaupt die Voraussetzungen? Wie kurzfristig könnte man ausländische Mitarbeiter jetzt überhaupt einsetzen und diese Sicherheitsüberprüfung durchführen?

EHRENTRAUT: Danke für die Frage! – Der Minister hat ja am Wochenende deutlich gemacht, dass die Bundesregierung plant, aufgrund der ungewöhnlichen Situation an den Flughäfen die Einreise von dringend benötigtem Personal aus dem Ausland für eine vorübergehende Tätigkeit in Deutschland zu ermöglichen. Er hat darauf hingewiesen, dass diese Beschäftigten natürlich nach Tariflohn bezahlt werden müssten und dass für die befristete Zeit von den Unternehmen auch anständige Unterkünfte bereitgestellt werden müssten. Zu allen weiteren Details kann ich noch nichts sagen. Hierzu dauern die Gespräche an. Daher bleiben die Details abzuwarten.

KALL: Ich kann für das BMI gar nicht sehr viel ergänzen. Auch die Bundesinnenministerin hat am Wochenende angekündigt, dass wir ermöglichen werden, dass die Unternehmen, also die Flughafengesellschaften bzw. die Airlines kurzfristig Hilfskräfte aus dem Ausland an den Flughäfen einsetzen können, zum Beispiel bei der Gepäcksabfertigung. Bei den Sicherheitskontrollen kommt das wegen der dort nötigen Ausbildung und den dort geltenden Sicherheitsstandards nicht in Betracht, sondern bei einfacheren Tätigkeiten wie eben der Gepäcksabfertigung. Die Innenministerin hat auch klargemacht, dass es bei der Sicherheit keinerlei Abstriche geben können. Also auch der, der in der Gepäcksabfertigung arbeitet, arbeitet ja in Sicherheitsbereichen am Flughafen. Deshalb gibt es auch da eine Sicherheitsüberprüfung und eine sogenannte Zuverlässigkeitsüberprüfung der Arbeitskräfte, die dort eingesetzt werden. Das würde dann eben exakt genauso auch für diejenigen Arbeitskräfte gelten, die aus dem Ausland für eine gewisse Zeit an den Flughäfen eingesetzt werden. Auch die müssten also diese Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. Landesbehörden nehmen diese Überprüfung vor, und in der Regel dauert das etwa zwei Wochen.

VORS. FELDHOFF: Darf ich noch eine weitere Frage von Herrn Strauß zum gleichen Punkt stellen? Vielleicht können Sie das schon sagen. Mit welchen Zahlen rechnen Sie? Gibt es schon erste Anwerbeversuche?

EHRENTRAUT: Nein, Zahlen kann ich noch nicht nennen. Die Details bleiben abzuwarten.

KALL: Dazu müssen wir vielleicht von hier aus auch sagen, dass das Verkehrsministerium mit der Branche, also mit den Unternehmen, natürlich in Kontakt steht, um genau diese Fragen zu klären, und jetzt leider nicht hier sein kann. Deswegen würden wir für mehr Details vielleicht auch an die dortigen Kolleginnen und Kollegen verweisen.

ZUSATZFRAGE HUBER: Auf was für einen Zeitrahmen hoffen Sie oder mit was für einem rechnen Sie? Es müsste ja jetzt relativ schnell gehen.

KALL: Für das Innenministerium kann ich sagen: Klar, wir wollen das sehr schnell ermöglichen, damit die Unternehmen diese massive Personalnot an den Flughäfen, die sie nach der Coronazeit haben, schnell ausgleichen können, damit das auch noch in diesem Sommer den Reiseverkehr entlastet. Das ist eine von mehreren Maßnahmen. Die Bundesinnenministerin hat auch darauf hingewiesen, was die Airlines an weiteren Maßnahmen treffen könnten. Die könnten zum Beispiel „fast lanes“ für alle Reisenden öffnen und die Exklusivbehandlung weniger Passagiere beenden. Sie könnten Flugpläne entzerren und Belastungsspitzen vermeiden. Es gibt also auch weitere Maßnahmen, die die Wirtschaft, die ja auch die Verantwortung für den eigenen Personalnotstand trägt, treffen kann.

ZUSATZFRAGE HUBER: Ich habe noch eine Verständnisfrage, wenn das in Ordnung ist. Es hieß einmal, dass es so ein EU-Sicherheitszertifikat gibt. Das ist jetzt eher eine Informationsfrage. Ist das denn etwas, mit dem die dann auch bei den Sicherheitskontrollen arbeiten könnten? Wissen Sie das? Wie ist das mit der Zertifizierung? Ist das einfach die Sicherheitsprüfung für die Gepäcksabfertigung? Das habe ich noch nicht so ganz genau verstanden.

KALL: Es gibt Standards, die, meine ich, im Luftsicherheitsgesetz geregelt sind. Darin steht genau, welche Überprüfungen Menschen, die in den Sicherheitsbereichen am Flughafen arbeiten, durchlaufen müssen. Diese Standards gelten für alle gleichermaßen. Inwiefern das sozusagen auch EU-rechtlich vorbestimmt ist, kann ich Ihnen jetzt sozusagen aus dem Kopf nicht sagen. Aber im deutschen Luftsicherheitsgesetz sind diese Standards geregelt, und die gelten für alle gleichermaßen.

FRAGE: Morgen wird es ja auch um das Verbrennerverbot gehen. Können Sie sagen, wie Frau Lemke dabei abstimmen wird?

SCHULTE: Vielen Dank für die Frage. – Sie haben recht: Morgen wird es um das sogenannte Verbrenner-Aus gehen, Stichwort Flottengrenzwerte. Der Umweltrat wird morgen beraten. Entsprechend können wir uns heute noch nicht zum Ergebnis der Beratung äußern. Dafür bitte ich um Verständnis.

ZUSATZ: Das wird ja nun schon länger diskutiert. Jetzt ist es einen Tag vor der Abstimmung. Ihnen ist schon bewusst, dass, wenn Deutschland sich enthält, das dann mutmaßlich kippen würde!

SCHULTE: Ich muss mich noch einmal wiederholen: Wir können uns schwerlich zu Abstimmungsverhalten äußern, das morgen stattfinden wird. Ich kann mich auch nicht zu dem Abstimmungsverhalten von anderen Ländern äußern. Ich kann nur sagen, dass wir als Bundesregierung in den vergangenen Monaten eine abgestimmte Linie zu den Flottengrenzwerten vertreten haben, die den Kommissionsvorschlag unterstützt. Wir haben diese Linie auch mehrmals gegenüber Brüssel kommuniziert. Aktuell laufen in der Bundesregierung weitere Gespräche über ein Gesamtpaket und über eine Einigung, und diesen Gesprächen kann ich leider nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE: An Herrn Büchner darf ich noch eine Nachfrage stellen, weil ja die Rede davon ist, dass das jetzt innerhalb der Bundesregierung abgestimmt wird. Jetzt ist nun offensichtlich, dass es da Meinungsverschiedenheiten gibt. Wie sollen die denn jetzt noch innerhalb des letzten Tages beigelegt werden? Im Grunde genommen liegt man ja konträr auseinander.

SRS BÜCHNER: Ich bin zuversichtlich, dass das, auch wenn wenig Zeit ist, zu einem guten Ergebnis kommen wird.

FRAGE: Ich würde das Finanzministerium, das das ja bisher blockiert, gerne dazu befragen. Frau Kalwey, Herr Lindner hatte ja zuletzt immer gesagt, dass er in der vorläufigen Form dagegen sei. Er hat aber letzte Woche auch gesagt, dass es eine Kompromissmöglichkeit gebe, wenn die Technologieoffenheit gewährleistet sei und wenn es eine Möglichkeit für synthetische Kraftstoffe gebe. Sind die Bedenken, die Herr Lindner hatte, in der laufenden Verhandlung jetzt ausgeräumt worden?

DR. KALWEY: Sie haben selbst auf die Äußerung des Ministers verwiesen. Das würde ich jetzt auch nicht weiter ergänzen. Die Kollegen haben es bereits gesagt: Es laufen regierungsinterne Absprachen oder Gespräche darüber, und das sollte dann auch regierungsintern weiterlaufen.

ZUSATZFRAGE: Die laufen bis wann?

DR. KALWEY: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Die Gespräche laufen; das haben die beiden Kollegen ja gerade schon gesagt.

FRAGE JESSEN: Herr Schulte, Sie sagten, bisher habe Deutschland den Kommissionsvorschlag unterstützt. Bedeutet das, dass auch in den jetzt laufenden Gesprächen Ihr Haus bzw. Ihre Ministerin an diesem Vorschlag festhält?

Herr Büchner, unterstützt der Kanzler die bisherige Position der von ihm geführten Regierung?

SCHULTE: Danke, Herr Jessen! – Ich kann Ihnen dazu sagen, dass sich meine Ministerin Ende vergangener Woche dazu geäußert hat. Ich lese das kurz vor. Steffi Lemke sagte wörtlich:

„Ich bleibe dabei, dass ich optimistisch bin, dass wir eine gute Regelung finden und bei der bisher beschlossenen Linie der Unterstützung des ‚Fit-for-55‘-Pakets bleiben werden.“

SRS BÜCHNER: Für den Bundeskanzler oder die Bundesregierung kann ich gerne sagen: Die Bundesregierung unterstützt das „Fit-for-55“-Paket der EU-Kommission. Sie unterstützt auch den Vorschlag, die CO2-Emissionsnormen für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zu überarbeiten. Am morgigen Dienstag, den 28. Juni, wird die Abstimmung im EU-Umweltrat dazu stattfinden; das haben wir gerade schon gehört. Für die weiteren Verhandlungen und die Umsetzung des Programms im Einzelnen stimmt sich die Bundesregierung intern ab. Die Ressorts befinden sich dazu in intensiven Gesprächen. Die Verhandlungen laufen gerade auf politischer Ebene, und dem Ergebnis kann ich nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Aber habe ich das Zitat so richtig verstanden, dass die Bundesregierung und der Kanzler vorweg das „Fit-for-55“-Paket unterstützen, also die bisherige Linie?

SRS BÜCHNER: Die Bundesregierung unterstützt das „Fit-for-55“-Paket der EU-Kommission, und wir sind sicher oder sehr zuversichtlich, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen werden, und zwar rechtzeitig.

FRAGE JUNG: Frau Kalwey, im Koalitionsvertrag steht, dass Deutschland spätestens 2045 klimaneutral sein will. Das unterstützt ja offenbar auch Ihr Minister. Gleichzeitig ist er gegen das Verbrennerverbot. Wie will der Minister dann alternativ bis 2045 alle Verbrenner von der Straße bekommen?

DR. KALWEY: Der Minister hat sich, wie gesagt, dazu geäußert, und ich habe dem jetzt nichts mehr hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das hat er bisher nicht beantwortet. Was ist denn darauf die Antwort?

DR. KALWEY: Dazu laufen, wie gesagt, jetzt gerade die Gespräche, und ich habe dem von dieser Stelle aus jetzt nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Kann es sein, dass er die Verbrenner gar nicht von der Straße bekommen will?

DR. KALWEY: Ich habe alles dazu gesagt.

FRAGE GAVRILIS: Ich habe eine Frage zu Melilla. Spaniens Ministerpräsident Sánchez findet kein Wort des Bedauerns angesichts mittlerweile, glaube ich, 37 toter Migranten. Stattdessen lobt er die Sicherheitskräfte und spricht von einer außergewöhnlichen Arbeit. Findet denn die Bundesregierung Worte des Bedauerns darüber, was in Melilla passiert ist?

SRS BÜCHNER: Vorweg: Was wir nicht tun, ist, dass wir hier jetzt einzelne Äußerungen anderer Staats- und Regierungschefs kommentieren. Aber es ist völlig klar, wie die Bundesregierung diese Sache sieht. Es ist schockierend, dass bei dem Versuch des Grenzübertritts zahlreiche Menschen ums Leben gekommen sind. Mehr als 300 sollen verletzt worden sein. Wir bedauern den Tod dieser Menschen zutiefst. Spanien hat angekündigt, die genauen Umstände des Geschehens aufzuklären, und das begrüßt die Bundesregierung.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Jetzt gibt es auch Vorwürfe gegen marokkanische Sicherheitskräfte. Es kursieren Videos die kennen Sie vielleicht auch , in denen Sicherheitskräfte auf Menschen schlagen, die sich zum Teil nicht mehr regen. Was richten Sie denn diesbezüglich auch an die marokkanische Regierung? Wird es Gespräche geben?

SRS BÜCHNER: Dazu habe ich im Moment keine Informationen. Aber Sie können sicher sein, dass wir grundsätzlich auf die Einhaltung von Menschenrechten und auch auf einen menschlichen Umgang mit Flüchtenden in aller Welt dringen.

VORS. FELDHOFF: Ergänzung vonseiten des AA?

BURGER: Ich habe den nicht sehr viel hinzuzufügen. Es ist ja klar, wenn es jetzt darum geht, aufzuklären, wie das passieren konnte, dass es natürlich auch darum gehen muss, zu verhindern, dass sich so etwas Schreckliches noch einmal wiederholen kann. Das ist natürlich auch die Erwartung und die Hoffnung, die wir an die beteiligten Staaten haben.

FRAGE JUNG: Wie sind die Menschen denn aus Sicht der Bundesregierung ums Leben gekommen?

SRS BÜCHNER: Ich habe alles gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das hörte sich so an, als ob die dort gestorben sind und dass es jetzt keinen Einfluss der Sicherheitskräfte

SRS BÜCHNER: Wir haben die Medienberichte und die Fernsehbilder dazu alle gesehen. Das sind fürchterliche Eindrücke. Ich habe hier gesagt: Wir bedauern den Tod dieser Menschen zutiefst. Aber ich gehe hier jetzt nicht in eine Einzelanalyse. Diese ganzen Umstände des Geschehens werden jetzt aufgeklärt, und das ist wichtig.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie verurteilen nicht die Aussagen des spanischen Ministerpräsidenten, der mit keinem Wort auf die Toten eingegangen ist und stattdessen die wahrscheinlich für diese Toten Verantwortlichen gelobt hat?

SRS BÜCHNER: Wie ich gerade schon gesagt habe, kommentiere ich hier nicht die Äußerungen anderer Staats- und Regierungschefs.

ZUSATZ JUNG: Das Auswärtige Amt möchte dazu auch nichts sagen.

BURGER: Ich kommentiere diese Äußerung auch nicht.

FRAGE JESSEN: Die spanische Außengrenze ist ja in diesem Fall auch EU-Außengrenze. Daher habe ich die Frage an das BMI: Teilen Sie die Auffassung, dass es sich bei dem Versuch des Grenzübertritts durch Flüchtlinge um, wie der spanische Ministerpräsident sagte, einen gewaltsamen Angriff auf die territoriale Integrität Spaniens und damit letztlich auch der EU handelte? Das ist ein Wording, das wir ansonsten zurecht in Bezug auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hören. Kann man das tatsächlich in dieser Weise aus Sicht der Bundesregierung gleichsetzen?

KALL: Der stellvertretende Regierungssprecher und der Sprecher des AA haben ja schon gesagt: Wir kommentieren die Aussagen des spanischen Ministerpräsidenten nicht. Das ist von dieser Bank aus nicht unsere Aufgabe.

Auch die Bundesinnenministerin ist über das erschüttert, was da geschehen ist. Das macht uns sehr betroffen. Auch wir erwarten, dass das in den zuständigen Gremien und auch in EU-Gremien aufgeklärt wird, dass die Fragen, die Sie hier völlig zurecht stellen, Gegenstand einer solchen Aufklärung sind, und dass Menschenrechte und rechtsstaatliche und asylrechtliche Standards an den EU-Außengrenzen eingehalten werden. Das ist das, worauf wir als Bundesregierung dringen.

Gleichzeitig versuchen wir, legale migrationsfähige Fluchtwege in die Europäische Union zu schaffen. Dabei ist im Innenrat am 10. Juni unter französischer Präsidentschaft ein großer Sprung nach vorne gelungen. 17 EU-Mitgliedstaaten machen jetzt in diesem Solidaritätsmechanismus mit, um die Mittelmeerstaaten zu entlasten und Menschen innerhalb der EU besser zu verteilen, und schaffen eben legale Wege. Das sind alles wichtige Schritte, und das ist das, was wir sozusagen zum Handeln und der Haltung der Bundesregierung sagen können.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Handelt es sich nach Ihren bisherigen Erkenntnissen um einen gewaltsamen Angriff gegen die territoriale Integrität eines EU-Mitgliedstaates und damit auch der EU?

KALL: Nochmals: Wir machen uns hier nicht bestimmte Statements zu eigen. Wir dringen darauf, dass das aufgeklärt wird und dass Menschenrechte an den EU-Außengrenzen eingehalten werden.

FRAGE GAVRILIS: Ich muss trotzdem nachfragen, weil Sie die ganze Zeit auf die Äußerungen von Herrn Sánchez eingehen und so versuchen, sich ein bisschen herauszureden. Noch einmal: War das ein gewaltsamer Angriff von Migranten? Das können Sie als Bundesregierung ja unabhängig von einer Äußerung eines Ministerpräsidenten eines Landes bewerten.

KALL: Wir haben hier einen wirklich schrecklichen Vorfall, bei dem viele Menschen gestorben und viele verletzt worden sind. Migrantinnen und Migranten, aber auch sehr viele Sicherheitskräfte sind verletzt worden. Es gilt, alle Umstände dieses Vorfalls aufzuklären. Diese können wir mangels eigener Erkenntnisse von hier aus jetzt nicht näher bewerten.

FRAGE VON BULLION: Ich wollte mich bei Herrn Büchner erkundigen: Wie konkret sind die Überlegungen des Bundeskanzlers, eine steuerfreie Einmalzahlung einzuführen, um die Lohnpreisspirale zu stoppen? Inwieweit ist das innerhalb der Bundesregierung abgestimmt?

Frage an das BMF: Was hält Herr Lindner von einer solchen Einmalzahlung?

SRS BÜCHNER: Das Thema hatten wir schon.

ZUSATZFRAGE VON BULLION: Da war ich noch nicht da. Dann bitte ich noch einmal um Beantwortung.

SRS BÜCHNER: Dann kann ich noch einmal sagen, dass ich den Beratungen der konzertierten Aktion hier nicht vorgreifen kann.

DR. KALWEY: Vielen Dank für Ihre Frage. – Ich kann eigentlich auch nur das unterstreichen, was Herr Büchner bereits gesagt hat, dass es nämlich diese konzertierte Aktion geben wird, bei der diese unterschiedlichen Themen besprochen werden sollen. Eigentlich kann ich Sie zusätzlich nur auf das verweisen, was der Minister bereits am Wochenende gesagt hat und man am Ende gespannt ist, wie die Gespräche laufen.

ZUSATZFRAGE VON BULLION: Der Minister hat immer wieder betont, dass er solche Einmalaktionen oder das Gießkannenprinzip, wie das gerne genannt wird, nicht gutheißt. Können Sie das vielleicht ein bisschen konkretisieren? Ist das im Vorfeld überhaupt besprochen worden, oder war das eher ein spontaner Vorschlag?

DR. KALWEY: Wie gesagt, zu dem Vorschlag hat Herr Büchner etwas gesagt. Dazu, wie Gespräche laufen und wie Dinge zustande kommen, hat er sich auch bereits geäußert.

Ganz grundsätzlich hat sich der Minister, wie gesagt, am Wochenende dazu geäußert. Er hat auf den steuerfreien Coronabonus rekurriert und hat gesagt, dass dies kein Vorbild sein kann, das unverändert übernommen wird. Das ist am Ende das, was er dazu gesagt hat. Wie bereits ausgeführt, muss man jetzt einfach abwarten, wie die Gespräche dann laufen.

FRAGE GEYER: Nur noch einmal zur Klärung, wie die Ausgangslage vor dem Treffen ist: Bei der dpa hieß es, aus Regierungskreisen sei bestätigt worden, dass der Bundeskanzler sich diese Einmalzahlung vorstellen könne. Herr Büchner, können Sie das bestätigen, oder würden Sie das dementieren?

SRS BÜCHNER: Das kann ich nicht bestätigen.

ZUSATZFRAGE GEYER: Sondern dementieren?

SRS BÜCHNER: Ich kann diese Berichte vom Wochenende – ich glaube, „BILD am Sonntag“ hatte darüber berichtet weder bestätigen noch kommentieren.

ZUSATZFRAGE GEYER: Ich frage, weil dpa meldet, es sei aus Regierungskreisen bestätigt.

SRS BÜCHNER: Dazu kann ich nichts sagen. Das ist mir so nicht bekannt.

FRAGE KURMAYER: Ich möchte noch schnell den Themenkomplex Gas aufmachen. Ich habe eine Lernfrage, die die letzte Woche betrifft. Die Ausgestaltung der Liquiditätshilfe von 15 Millionen für THE erschließt sich mir nicht ganz. Bedeutet das aufgrund der Übernahme des Liquiditätsrisikos durch den Staat Werden die Gewinne, die THE daraus entstehen, an den Staat abgeführt?

UNGRAD: Meinen Sie die Unterstützung für Trading Hub Europa (THE), um laut der Ministerverordnung Gasspeicher in Rehden und andere zu füllen? Meinen Sie das?

ZUSATZ KURMAYER: Genau.

UNGRAD: Ihre Frage ist, ob die Gewinne dann wieder zurückgehen, wenn das verkauft wird?

ZUSATZFRAGE KURMAYER: Ob die 15 Millionen zurückgezahlt werden oder ob dieses Darlehen ausreichend bezinst ist bzw. ob Übergewinne, die aus dem Wiederverkauf entstehen, an den Staat abgeführt werden müssen.

UNGRAD: Fakt ist, dass es nur eine Liquiditätshilfe ist. Es ist kein Geld, das wir direkt THE geben. Das ist eine Liquiditätshilfe, damit sie Kredite aufnehmen können, um die Gasspeicher zu befüllen. Wir kaufen ja kein Gas für die Gasspeicher ein. Insofern ist die Aufnahme der Kredite Sache von THE. Sie verkaufen natürlich das Gas wieder, wenn es gebraucht wird. Wir stellen nur eine Möglichkeit, dass Kredite überhaupt aufgenommen werden können. Insofern ist das meines Wissens nicht vorgesehen. Ich werde mich aber gerne erkundigen.

ZUSATZFRAGE KURMAYER: Die Liquiditätshilfe ist dann de facto pro bono?

UNGRAD: Meines Wissens ist das so. Ich werde mich aber gerne erkundigen.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage an das BMI zum Thema externe Beratungen. Es gab letzte Woche eine Berichterstattung, wie viel Geld die neue Bundesregierung für externe Beratung ausgibt. Das BMI ist dabei an vorderster Stelle, nämlich 80 Verträge im Wert von 237 Millionen Euro. Finden Sie das denn selbst ganz schön viel? Ist Ziel Ihres Ministeriums, das bis zum Ende der Legislaturperiode abzubauen? Warum stellen Sie die Leute nicht einfach selbst ein?

KALL: Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Die ist, dass das Beschaffungsamt zum Geschäftsbereich des BMI gehört und damit Beraterverträge für die gesamte Bundesregierung über das Beschaffungsamt abgeschlossen werden und insofern in dieser Übersicht von Kosten für Beratungsunternehmen beim BMI auftauchen. Es sind aber mitnichten Beratungsverträge, die alle für das BMI laufen, sondern für die gesamte Bundesregierung. Das ist die Erklärung. Das betrifft weit mehr als 200 Millionen Euro von diesen 240 Millionen Euro, die Sie gerade zitiert haben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es an sich das Ziel der Bundesregierung, diese externen Beratungen zurückzuschrauben? Es gibt ja Teile der heutigen Bundesregierung, die die alte Bundesregierung genau dafür kritisiert hat. Man könnte das Wissen ja auch einstellen.

KALL: Es kann sicherlich nur jedes Ressort für sich sprechen, in welchen Bereichen es Beratungsunternehmen einsetzt. Im Bereich des BMI ist das vor allen Dingen im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung der Fall, wo wir natürlich auf externes Know-how vor allen Dingen im Digitalbereich angewiesen sind und mit vielen externen Dienstleistern zusammenarbeiten, um diesen Staat weiter zu digitalisieren und zu modernisieren. Das ist der Bereich, in dem im BMI Beraterhonorare anfallen. Wie gesagt, der allergrößte Teil läuft über das Beschaffungsamt. Er betrifft die gesamte Bundesregierung, taucht aber bei uns auf.

VORS. FELDHOFF: Herr Büchner hat eine Nachlieferung zum Thema Infrastruktur.

SRS BÜCHNER: Ich wollte etwas zur Infrastrukturinitiative sagen. Es gibt eine Agenturmeldung, in der steht, dass wir dazu Zahlen nicht beziffern können. Das ist so nicht richtig. Ich habe Ihnen mehrere Zahlen vorgetragen.

Richtig ist, dass wir das exakte Verhältnis von öffentlichem Geld bzw. der eingesetzten Summe und der daraus entstehenden Hebelwirkung nicht beziffern können und heute möglicherweise auch keine gesamte Summe nennen können. Ich habe Ihnen ja mehrere Zahlen genannt. Das ist einmal der KfW-Förderkredit über 300 Millionen Euro im Rahmen von JETP. Das ist Teil der 700 Millionen Euro zur kollektiven G7-Unterstützung. Weitere 30 Millionen Euro werden für den Emerging Markets Climate Action Fund zur Verfügung gestellt, die sich auf 50 Millionen Euro addieren und bis zu 2,57 Milliarden Euro auf Projektebene hebeln können. Plus die Global Gateway Initiative, die das Ziel hat, bis zu 300 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen für globale Infrastruktur und Konnektivität zu mobilisieren.

Ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir Zahlen nennen können. Das Verhältnis, nach dem Sie gefragt haben, lässt sich

ZURUF KRÄMER: Die Gesamtzahl!

SRS BÜCHNER: Eine Gesamtzahl lässt sich natürlich durch das Wesen dieser Initiative, wie sie angelegt ist, heute nicht seriös beziffern.

ZUSATZFRAGE KRÄMER: Das stimmt gar nicht! Die USA können das; Japan kann das; Frau von der Leyen hat für Europa auch den Teil genannt, nämlich 300 Milliarden Euro. Jetzt müsste Deutschland sagen: xx ist der Anteil von den 300 Milliarden Euro für uns.

SRS BÜCHNER: Ich kann das sagen, was ich Ihnen dazu gesagt habe. Wir können einzelne Dinge beziffern. Ich glaube, das ist seriös und richtig so. Wir werden im Laufe der Zeit dazu detaillierter werden können.

ZUSATZFRAGE KRÄMER: Sie haben gesagt: Es gibt keine Gesamtzahl. Dann können Sie eigentlich auch nicht sagen: Wir haben Zahlen genannt.

SRS BÜCHNER: Man kann jetzt aber auch nicht sagen, wir hätten keine Zahlen genannt. Wir haben eine Menge Zahlen genannt, nur keine Gesamtzahl. Das stimmt.

Zur Podcastversion

Podcast mit Interviewfolgen

Podcast mit Aufzeichnungen der BPK

Diskutiere und Kommentiere im Forum!
Werdet Unterstützer unserer Arbeit & verewigt euch im Abspann!
Wer mindestens 20€ gibt, wird im darauffolgenden Monat am Ende jeder Folge als Produzent gelistet.
Jung & Naiv
IBAN: DE85 4306 0967 1047 7929 00
BIC: GENODEM1GLS
BANK: GLS Gemeinschaftsbank