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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 21. Mai 2021

Themen: Nahostkonflikt, Termine der Bundeskanzlerin (Sondertagung des Europäischen Rates in Brüssel, Kabinettssitzung, digitale Dialogreihe „Die Bundeskanzlerin im Gespräch“, digitale Eröffnungsfeier des ersten deutsch-norwegischen Interkonnektors NordLink, Austausch zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs und chefinnen der Bundesländer, Onlinedialog „Digitaler Wandel in der beruflichen Bildung“, Global Solutions Summit), Störfall im polnischen Kraftwerks Bełchatów, Gesundheitszustand des Bundesinnenministers, COVID-19-Pandemie, Wirecard, Nord Stream 2, Äußerungen von Hans-Georg Maaßen in der „Neuen Zürcher Zeitung“, Antisemitismus, Pläne zur Umstrukturierung von Airbus, Presseberichte über diskriminierendes Vorgehen der städtischen Bremer Baugesellschaft Brebau bei der Wohnungsvergabe, Situation in Marokko, Lieferkettengesetz

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Start
0:29 Statement zur Waffenruhe in Gaza/Israel

1:22 Waffenstillstand in Nahost/Gaza
– Bidens Rede zum Waffenstillstand
– Hans fragt zu Wiederaufbauhilfen für Gaza (ab 6:55)
– Rechtmäßigkeit der Luftangriffe auf Gaza (ab 11:53)
– Hans fragt zu UNRWA-Finanzierung durch USA (ab 13:06)
– Kontakt zum UNRWA-Direktor Mathias Schmale (ab 15:49)

16:50 Termine der Kanzlerin

27:40 Corona/Seehofers Corona-Infektion

42:25 Greta & FreePalestine

46:32 Rassismus-Skandal in Bremen
– kann der offene Rassismus dieses Unternehmen eigentlich sanktioniert werden?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 21. Mai 2021:

VORS. SZENT-IVÁNYI eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS SEIBERT (zum Nahostkonflikt): Meine Damen und Herren, einen schönen guten Tag! Ich möchte Ihnen für die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung sagen, dass wir die Waffenruhe, die heute Nacht in Kraft getreten ist, begrüßen. Das ist eine gute Nachricht. Jetzt muss es darum gehen, dass diese Waffenruhe auch respektiert wird, dass sie Bestand hat. Auch der Generalsekretär Guterres hat ja alle Seiten aufgerufen, sich an diese Vereinbarung zu halten. Wichtig ist jetzt auch, dass die humanitäre Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen nun rasch weitergehen kann. Schließlich sollte weiter an einem substanziellen politischen Dialog gearbeitet werden. Die Bundeskanzlerin hat sich dazu gestern ja auch im WDR-Europaforum geäußert. Denn nur eine politische Lösung in Form einer Zweistaatenlösung vermag die Ursachen der Auseinandersetzung zu beheben, und dieses Ziel sollten alle weiter im Auge behalten.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, der US-Präsident hat gestern eine Rede dazu gehalten und hat sein Mitgefühl allen Familien ausgesprochen, israelischen wie palästinensischen. Schließt sich die Bundesregierung dem an?

STS SEIBERT: Das hatten wir hier in der Vergangenheit ja auch schon getan. Ich hatte gesagt, dass es nicht Leben gibt, die mehr wert sind als andere Leben, und dass wir deswegen die Zahl der Toten auf beiden Seiten also natürlich auch die Zahl der palästinensischen Zivilisten, die getötet wurden bedauern und beklagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie sagten, Sie halten an einer Zweistaatenlösung fest. Wie soll das angesichts der Siedlungspolitik in der besetzten Westbank in irgendeiner Weise noch realistisch sein?

STS SEIBERT: Die Tatsache, dass das im Moment schwierig ist und dass wir eine gewaltsame Auseinandersetzung erst in dieser Nacht beendet haben, heißt ja nicht, dass man das Ziel nicht trotzdem weiter verfolgen muss. Denn die Überzeugung der Bundesregierung ist klar: Die tieferliegenden Ursachen dieses Konfliktes, der jetzt über lange Zeit nicht gelöst werden konnte, müssen angegangen werden. Unsere Überzeugung ist: Nachhaltiger Frieden, Stabilität und Sicherheit für Israelis wie Palästinenser wird aus einer Zweistaatenlösung, aus einer verhandelten Lösung, erwachsen.

FRAGE DR. RINKE: Können Sie nach den Gesprächen, die die Kanzlerin, aber auch der Außenminister sowohl mit Israelis als auch mit Palästinensern geführt haben, sagen, ob es irgendwelche Zusagen gab, zum Beispiel Zusagen an die israelische Regierung im Falle eines Waffenstillstands? Was hat die israelische Regierung dazu gebracht, jetzt auf diese Waffenruhe einzugehen?

STS SEIBERT: Herr Rinke, Sie werden verstehen, dass ich jetzt nicht für die israelische Regierung sprechen kann, und auch nicht über die Vereinbarungen, die zwischen Israel und der Hamas geschlossen wurden und die zu dieser Waffenruhe geführt haben. Über die Gespräche, die der Außenminister, der ja in Israel war, sowohl mit dem Premierminister in Israel als auch mit Herrn Abbas auf palästinensischer Seite geführt hat, kann Ihnen sicherlich die Kollegin aus dem Auswärtigen Amt berichten.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Bevor Frau Sasse antwortet, möchte ich noch einmal nachfragen: Es ging mir darum, was die Bundesregierung angeboten hat. Der US-Präsident zum Beispiel hat militärische Hilfe bei den Abwehrsystemen, die die Israelis gegen Raketenbeschuss aufgebaut haben, angeboten. Gab es auch von deutscher Seite eine irgendwie geartete Zusage an die Israelis?

SASSE: Vielleicht erst noch einmal zur grundsätzlichen Einordnung: Sie haben sicherlich die Äußerungen des Bundesaußenministers zur Kenntnis genommen, sowohl heute Morgen anlässlich des Ministertreffens des Europarates in Hamburg als auch gestern Abend und auch im Verlauf der gestrigen Reise des Außenministers. Er hat sich da sehr umfassend zu den Vermittlungsbemühungen, zu unseren Erwartungen und auch zur Tatsache der humanitären Hilfe, zu der Herr Seibert ja auch schon ausgeführt hat, geäußert.

Vielleicht kann ich an dieser Stelle nur noch einmal sagen, dass in den vergangenen Tagen und Wochen sehr viele sehr intensiv an einer Beruhigung der Lage gearbeitet haben: die USA, die Vereinten Nationen und ihr Sondergesandter, Staaten in der Region wie Ägypten, deren Rolle der Außenminister heute noch einmal ausdrücklich gewürdigt hat, und auch die Bundesregierung und die Europäische Union.

Über den Inhalt der Gespräche, die wir da geführt haben, kann ich Ihnen an dieser Stelle keine Auskunft geben, weil es natürlich wie immer vertrauliche Gespräche waren. Sie können sich aber sicher sein, dass wir auf beide Seiten eingewirkt haben und Kontakte in jeder Form genutzt haben.

FRAGE: Dass es einen Waffenstillstand gibt, ist sehr gut, aber die Blockade gegen Gaza besteht ja schon seit 15 Jahren. Gibt es diplomatische Bemühungen seitens der Bundesregierung, diese Blockade zu beenden?

SASSE: Das bezieht sich ja unter anderem auf die humanitäre Lage in Gaza, die weiterhin, wie wir alle wissen, sehr angespannt ist. Da haben wir in der vergangenen Woche bei allen Äußerungen auch der Außenminister selber sehr deutlich gemacht, dass wir uns weiterhin in umfassender Form für die Menschen in Gaza engagieren und dort eben in sehr beträchtlichem Umfang auch Hilfe leisten und das auch weiter tun werden.

FRAGE NEHLS: In Berichten über den Aufenthalt von Herrn Maas tauchen lediglich Bekräftigungen der israelischen Vergeltungsschläge auf, nicht aber Bekundungen der Anteilnahme am Tod von etwa 230 Palästinensern, etwa gegenüber Präsident Abbas. Ist das ein Versäumnis der Medien, oder hat Herr Maas nichts dergleichen gesagt?

SASSE: Da kann ich Sie nur noch einmal umfänglich auf alle Äußerungen des Außenministers von gestern verweisen.

FRAGE JESSEN: An Herrn Seibert oder auch Frau Sasse: Wird es Wiederaufbauhilfen seitens Deutschlands oder der EU für Gaza geben? Es gibt ja doch auch eine Menge an materieller Zerstörung.

SASSE: Ich glaube, es ist noch zu früh, um über derartige Themen zu sprechen. Wir haben deutlich gemacht und darum ging es erst einmal , dass wir diese Waffenruhe, die jetzt vereinbart wurde, sehr begrüßen. Jetzt gilt es, darauf aufzubauen und daran anzuknüpfen. Was dann an konkreten Schritten und Maßnahmen weiter vereinbart wird, wird man in den nächsten Tagen sehen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sie sind intern aber auf eine Debatte darüber vorbereitet oder bereiten eine solche Debatte vor?

SASSE: Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur noch einmal sagen das habe ich ja gerade schon ausgeführt , dass die Bundesregierung sehr umfangreiche Hilfe leistet im Moment humanitäre Hilfe. Wir sind der größte Geber für das Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser. Während sich andere aus der Finanzierung zurückgezogen haben, haben wir unsere Finanzierung ausgeweitet; das hat der Außenminister gestern auch noch einmal deutlich gemacht. Wir halten es auch in Zukunft für notwendig, die Menschen in Gaza und die Palästinenser insgesamt zu unterstützen, und wir werden auch daran festhalten. Wir hatten schon zu Beginn der Woche noch einmal deutlich gemacht, dass wir die Unterstützung der Bundesregierung für die Zivilbevölkerung weiter fortführen werden, und der Außenminister hatte dazu auch den konkreten Betrag von 40 Millionen Euro genannt.

FRAGE JUNG: Der Kollege hatte gerade ja schon die Militärblockade Gazas durch die Israelis angesprochen. Fordert die Bundesregierung denn die Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens?

STS SEIBERT: Ich habe dazu jetzt nichts zu sagen.

SASSE: Genau, wir haben zu dem Thema alles gesagt, was dazu zu sagen ist.

ZUSATZFRAGE JUNG: Nämlich?

SASSE: Ich verweise Sie an dieser Stelle nur noch auf unsere Ausführungen, die sehr umfassend waren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe nicht verstanden, ob Sie die Aufhebung der Militärblockade durch die Israelis wollen.

SASSE: Herr Jung, was wir konkret mit den Israelis besprechen, besprechen wir in vertraulichen Gesprächen; deswegen kann ich Ihnen aus diesen Gesprächen selber nichts zitieren. Zur Blockade und den humanitären Folgen dieser Blockade habe ich ausgeführt.

FRAGE DR. RINKE: Ich möchte es noch einmal mit der Frage nach militärischer Hilfe für Israel versuchen, weil das eben auch Teil des Angebots der Amerikaner an Israel war. Von deutschen Regierungsvertretern wird ja immer wieder betont, dass man Israel auch praktisch helfen müsse, wenn es gewünscht wird. Es gab U-Boot-Lieferungen, es gab andere Hilfen an Israel. Deswegen möchte ich doch noch einmal versuchen, eine Antwort von Ihnen, Herr Seibert, zu bekommen: Ist auch diese militärische Hilfe jetzt Teil der Gespräche mit den Israelis?

STS SEIBERT: Ich bleibe bei dem, was Frau Sasse gerade gesagt hat, nämlich dass die Gespräche vertraulich sind. Sie wissen, dass wir beispielsweise die Frage von Rüstungsexporten grundsätzlich im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation prüfen. Sie wissen genauso, dass die deutsche Bundesregierung und zwar nicht nur diese, sondern auch Vorgängerregierungen eine ganz klare besondere deutsche Verantwortung für Existenz und Sicherheit Israels ausgedrückt haben und dass sich diese Verantwortung, die wir da verspüren, auch immer wieder in militärischer Unterstützung oder Unterstützung des militärischen Sektors in Israel ausgedrückt hat.

FRAGE JORDANS: Frau Sasse, der Minister hat gestern auf eine Frage, ob die israelischen Gegenschläge in Gaza angemessen seien, geantwortet: Wir sehen „das, was Israel tut, als gedeckt vom Recht auf Selbstverteidigung.“ Welche Informationen hat Minister Maas denn von Israel zu den Militärschlägen gegen zivile Infrastruktur, also Schulen, Privatwohnungen und Medienhäuser, erhalten?

SASSE: Zunächst einmal: Sie haben die Äußerungen des Ministers gestern gesehen. Denen kann ich an dieser Stelle nichts hinzufügen.

Zum Recht auf Selbstverteidigung Israels haben wir an dieser Stelle in den vergangenen Pressekonferenzen sehr umfangreich ausgeführt auch Herr Seibert selber zu den Informationen , deswegen kann ich auch dazu heute leider nichts Weiteres beitragen.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Frau Sasse, Sie haben hier am Mittwoch gesagt:

„Selbstverständlich bemüht sich die Bundesregierung um Informationen in jeglicher Hinsicht, was die Lage in Nahost angeht. Das betrifft auch die Lage in Gaza und den Angriff auf das Medienhaus.“

Können Sie denn sagen, ob der Minister in Besitz der notwendigen Informationen war, bevor er sein Urteil zur Rechtmäßigkeit der Gegenschläge geäußert hat?

SASSE: Dazu kann ich Ihnen keine Angaben machen.

FRAGE JUNG: Hat die Kanzlerin Hinweise zu der Rechtmäßigkeit der Luftangriffe auf Gaza, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Die Kanzlerin hat sich gestern zum Selbstverteidigungsrecht Israels geäußert, und den Äußerungen beim WDR-Europaforum habe ich hier nichts hinzuzufügen.

FRAGE NEHLS: An das BMI: Die proisraelische Demonstration gestern war nicht begleitet von präventiven Zweifeln an der Einhaltung von Coronaregeln. Zwei eher propalästinensische Demonstrationen morgen sind wegen genau solcher Bedenken präventiv verboten worden. Wie erklärt sich das unterschiedliche Vorgehen?

ALTER: Ich kann dieses unterschiedliche Vorgehen nicht erklären oder kommentieren, weil das Entscheidungen der zuständigen Versammlungsbehörden sind. Das Versammlungsrecht liegt in der Kompetenz der Bundesländer, und wenn sich die Sachverhalte aus Sicht der Behörden unterschiedlich dargestellt haben, dann kann es auch unterschiedliche Entscheidungen geben. Ich bitte also, diese Frage an die jeweilige Versammlungsbehörde zu richten.

FRAGE JESSEN: Frau Sasse, Sie hatten eben kurz angemerkt, dass andere sich aus der humanitären Hilfe zurückgezogen haben. Das betrifft ja auch die UNWRA. Erwarten Sie, fordern Sie oder haben Sie Hinweise darauf, dass die USA wieder in die Finanzierung einsteigen werden? Unter der Trump-Administration waren ja alle Mittel gestrichen worden.

SASSE: Das ist eine Frage, Herr Jessen, über die ich an dieser Stelle nicht spekulieren kann und möchte. Das ist natürlich eine Entscheidung der amerikanischen Regierung selber, über die wir an dieser Stelle weder spekulieren können noch die wir in irgendeiner Form kommentieren würden. Zu unserer eigenen Haltung mit Blick auf UNWRA habe ich alles ausgeführt, was es im Moment auszuführen gibt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Deswegen ja die Frage es ist ja möglich, dass in einem solchen relativ engen Kontakt dann doch auch dieses Thema zum Beispiel zwischen Deutschland und Vertretern der US-Administration beredet wird. Sie lachen ich denke, es ist nicht fernliegend.

SASSE: Das ist eine Interpretation, die Sie jetzt hier vornehmen. Ich lache bzw. ich lächle deswegen, weil ich jetzt schon mehrmals deutlich gemacht habe, dass wir aus vertraulichen Gesprächen des Außenministers natürlich nicht berichten, und das gilt auch für Gespräche mit seinem Kollegen aus den USA, mit dem wir auch weiterhin auch das habe ich deutlich gemacht in einem sehr vertrauensvollen, engen Austausch stehen, ebenso wie mit den Partnern der Region.

FRAGE: Es gibt immer wieder Berichte, dass UN-Gelder in Gaza missbraucht werden, um den Tunnelbau der Hamas zu finanzieren. Welche Schritte kann die Bundesregierung unternehmen, um Missbrauch von Aufbauhilfe zu verhindern?

SASSE: Auch zu diesem Punkt haben wir uns in der Vergangenheit hier an dieser Stelle schon mehrfach geäußert. Wir kennen diese Vorwürfe und nehmen sie sehr ernst. Unseren Informationen nach beschäftigt UNRWA keine Hamas-Mitglieder und gleicht Mitarbeiterlisten in regelmäßigen Abständen mit Sanktionslisten ab. Zudem werden diese Mitarbeiterlisten beispielsweise jährlich den Aufnahmeländern und Israel bereitgestellt. Wenn sich in solchen Situationen Hinweise darauf ergeben, dass Hamas-Mitglieder bei UNWRA beschäftigt sind, werden sie entlassen. Im Übrigen gilt in Bewerbungsverfahren, dass UNWRA-Personal gründlich geprüft wird. Außerdem ist das Personal verpflichtet, Verstöße gegen das Neutralitätsgebot zu melden. Es gelten sehr, sehr strenge Disziplinarverfahren. Das geht bis hin zur Kündigung.

FRAGE JUNG: Der Direktor von UNWRA in Gaza, Matthias Schmale, ist ja ein Deutscher. Gab es von Regierungsseite in den letzten zwölf Tagen seit der Eskalation Kontakt mit ihm, Herr Seibert, Frau Sasse?

SASSE: Die Antwort darauf müsste ich Ihnen nachreichen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert?

STS SEIBERT: Darüber habe ich keine Informationen.

FRAGE NEHLS: Gibt es seitens des BMVg oder des AA Anhaltspunkte für den Einsatz gemeinsam entwickelter deutsch-israelischer Drohnen im Gazastreifen?

SASSE: Aktuell liegen mir hierzu keine Erkenntnisse vor. Falls wir dazu noch etwas zu berichten haben, würden wir das an dieser Stelle tun.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Noch die Frage an das BMVg: Erkenntnisse oder keine Erkenntnisse? Der Sprecher des BMVg sagt: Keine Erkenntnisse dazu.

Dann verlassen wir dieses Thema und kommen zu den öffentlichen Terminen der Kanzlerin. Herr Seibert!

STS SEIBERT: Gern. Es beginnt am Montag, den 24. Mai. Am Montag und am Dienstag wird die Bundeskanzlerin an einer Sondertagung des Europäischen Rates in Brüssel teilnehmen. Der Gipfel beginnt Montagabend um 19 Uhr damit, dass die Staats- und Regierungschefs wie üblich mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, David Sassoli, zusammentreffen. Im Anschluss findet ein Arbeitsessen des Europäischen Rates statt. Am Dienstag wird es zwei Arbeitssitzungen und ein Arbeitsessen geben.

Vom Präsidenten des Rates, Charles Michel, sind folgende Themen auf der Tagesordnung vorgesehen: der Klimawandel, die Beziehungen zu Russland, natürlich die Bekämpfung der Coronapandemie und voraussichtlich auch die Lage im Nahen Osten sowie die Beziehungen zu Großbritannien.

Am Mittwoch leitet die Kanzlerin wie gewohnt um 9.30 Uhr die Sitzung des Bundeskabinettes.

Ebenso am Mittwoch wird sie dann ihre digitale Bürgerdialogreihe fortsetzen. Sie wissen, dass es dazu seit November des vergangenen Jahres sieben verschiedene Termine mit den unterschiedlichsten Gesprächspartnern gab, mit Auszubildenden, Pflegebedürftigen und Pflegern, Polizisten und Polizistinnen, Studierenden, Eltern von Kindern im Kita- und Schulalter, Mitarbeitenden bei Hilfs- und Krisentelefonen sowie Kunst- und Kulturschaffenden. Dieses Mal wird die Bundeskanzlerin von 16 Uhr bis 17.30 Uhr mit ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern sprechen und versuchen, Einblick in ihre Arbeit gerade auch unter den Bedingungen der Pandemie zu bekommen. Wie immer wurden diese Dialogteilnehmerinnen nicht von uns, sondern von Kooperationspartnern ich erwähne Caritas, Diakonie, Tafeln usw. ausgesucht. Sie stehen stellvertretend für die 30 Millionen Menschen in Deutschland, die sich Tag für Tag für unsere Gesellschaft und Gemeinschaft engagieren und damit einen ganz wesentlichen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt leisten. Das Ganze wird wieder live im Stream auf bundesregierung.de zu verfolgen sein.

Am Donnerstag um 12.30 Uhr wird die digitale Eröffnungsfeier des ersten deutsch-norwegischen Interkonnektors NordLink mit der Bundeskanzlerin und auf norwegischer Seite der Ministerpräsidenten Erna Solberg stattfinden. NordLink ist eine Stromleitung, die die Stromnetze beider Länder verbindet und den Austausch von Strom ermöglicht. Es wird zunächst einmal Reden geben und dann die symbolische Inbetriebnahme dieses Interkonnektors. NordLink kann zur Versorgungssicherheit in beiden Ländern beitragen. Wenn hier in Deutschland eine Zeit geringerer Stromerzeugung ist, dann kann man zur Deckung der Stromnachfrage norwegischen Strom aus Wasserkraft beziehen. Umgekehrt verschafft NordLink Norwegen die Möglichkeit, bei hoher Nachfrage Strom aus Windkraft über den Interkonnektor aus Deutschland zu beziehen und damit Wasserkraft einzusparen. Es ist also ein wichtiger weiterer Baustein der Energiewende und trägt insgesamt zur Stabilisierung des Stromnetzes bei.

Ebenfalls am Donnerstag wird um 14 Uhr ein Austausch zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs und chefinnen der Bundesländer stattfinden. Das hatte Ihnen Frau Fietz in dieser Woche, denke ich, schon bestätigt. Es wird um verschiedene Facetten des weiteren Vorgehens beim Impfen gehen. Das Ganze findet per Videokonferenz statt.

Am Freitag lädt die Bundeskanzlerin zu einem Onlinedialog „Digitaler Wandel in der beruflichen Bildung“ von 10.30 Uhr bis 12 Uhr ein. Das ist Teil der Initiative Digitale Bildung. Sie wird gemeinsam mit der Bundesbildungsministerin daran teilnehmen. Es wird um gelungene Praxisbeispiele der Digitalisierung in der beruflichen Bildung gehen. Es soll sichtbar gemacht werden, wie innovative digitale Ausbildung in diesem Sektor aussehen kann, wie man gute Beispiele skalieren kann und wo die Herausforderungen liegen. Teilnehmen werden Praktikerinnen und Praktiker der Berufsausbildung, also Ausbilder und Ausbilderinnen, aus Betrieben unterschiedlicher Größe und aus unterschiedlichen Branchen. Außerdem wird ein Auszubildendenprojekt vorgestellt, das zeigt, wie Auszubildende mit guten Ideen Digitalisierungsprozesse im Betrieb vorantreiben können. Auch das können Sie live im Stream auf bundesregierung.de verfolgen.

Immer noch am Freitag wird die Bundeskanzlerin per Videoschaltung am Global Solutions Summit in Berlin teilnehmen. Er wird Donnerstag und Freitag stattfinden, aber sie wird am Freitag teilnehmen. Sie wird gemeinsam mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi um 13 Uhr den zweiten Gipfeltag mit einer „keynote“ eröffnen und anschließend an einem moderierten Gespräch teilnehmen.

Zur Einordnung: Dieser Global Solutions Summit hat 2017 zum ersten Mal stattgefunden, als Deutschland den G20-Vorsitz innehatte. Das war sozusagen der Gipfel des zivilgesellschaftlichen Thinktankprozesses. Seitdem hat er sich als eine jährliche Konferenz mit hochrangigen Rednern im G20-Kontext etabliert. Vertreter aus Thinktanks, Forschungsorganisationen, Regierungsführung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind dabei.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, wird auf dem EU-Gipfel die Frage, wieso es der EU nicht gelungen ist, eine einheitliche Haltung gegenüber Israel zu formulieren, Thema sein? Das ist ja an der Blockade Ungarns gescheitert.

Gestern haben eigentlich alle potenziellen Nachfolger der Kanzlerin gefordert, dass das Einstimmigkeitsprinzip bei solchen Abstimmungen in Zukunft aufgegeben werde. Unterstützt auch die Bundeskanzlerin diese Idee?

STS SEIBERT: Bisher ist die Situation im Nahen Osten noch nicht offiziell auf der Tagesordnung, aber ich habe gesagt, dass es möglich ist, dass sie auf die Tagesordnung kommt. Die Staats- und Regierungschefs können sich immer wieder kurzfristig mit aktuellen außenpolitischen Entwicklungen befassen.

Es hat eine bis auf einen Staat von allen Mitgliedsstaaten getragene Diskussion mit einer anschließenden persönlichen Erklärung durch Herrn Borrell gegeben, hinter der auch die Bundesregierung stand. Ich denke, der Außenminister hat sich dazu ausreichend geäußert. Deswegen kann ich dem heute nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Ich hatte auch nach dem Einstimmigkeitsprinzip gefragt, das die potenziellen Nachfolger der Kanzlerin aufgeben wollen.

STS SEIBERT: Über die potenziellen Nachfolger und das, was sie in der nächsten Legislaturperiode umsetzen wollen oder werden, kann ich hier natürlich nicht sprechen.

Wir haben immer wieder gesagt, dass es, wenn Europa seinen Rang in der Welt und sein Gewicht in der Welt auch wirksam werden lassen will, wichtig ist, dass es möglichst mit einer Stimme spricht. Das ist nun bei diesem Thema nicht ganz gelungen. Dennoch hat es eine sehr starke europäische Unterstützung für die Bemühungen um einen Waffenstillstand im Nahen Osten gegeben. Ich denke, auch das hat eine gewisse Wirkung nicht verfehlt.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Wird es vorher noch ein Briefing geben?

STS SEIBERT: Wir haben diesmal kein Briefing vorgesehen.

FRAGE BUSCHOW (zum Austausch zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs und chefinnen der Bundesländer): Wird es nach dem digitalen Austausch eine Pressekonferenz geben?

STS SEIBERT: Ja, davon gehe ich aus. Details werde ich Anfang der kommenden Woche nachreichen.

FRAGE DR. RINKE: Wird der Impfgipfel physisch oder per Videoschaltung stattfinden?

STS SEIBERT: Ich hatte es gesagt: per Videoschaltung wie die vergangenen zigmal. Ich rechne allerdings damit, dass die Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz wieder anwesend sein werden. Aber ich gebe Ihnen die Details gern Anfang nächster Woche bekannt.

FRAGE DR. DELFS: Aber Brüssel wird physisch sein, richtig?

STS SEIBERT: Ja.

FRAGE JORDANS: Anfang der Woche gab es wegen des Ausfalls eines großen Kohlekraftwerkes in Polen fast einen Kollaps des europäischen Stromnetzes. Gibt es von der Bundesregierung eine Einschätzung der Schwere dieses Vorfalls?

Gibt es eine Diskussion darüber, die Netzreserve zu erhöhen, solange große Kraftwerke wie Bełchatów noch am Netz sind? Vielleicht kann das BMWi etwas dazu sagen.

DR. GÜTTLER: Zu dem konkreten Vorfall kann ich Ihnen mitteilen, dass es sich nur um eine sehr kurze Delle gehandelt hat, die unmittelbar wieder ausgeglichen werden konnte. Insofern besteht kein Anlass, die grundsätzlichen Sicherheitsmechanismen für die Versorgungssicherheit zu verändern.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Aber es wurden ja mehr als zwei Drittel der Netzreserve verbraucht, um den Ausfall dieses einen Kraftwerks auszugleichen. Wäre noch ein anderes Kraftwerk vom Netz gegangen, dann wäre das Netz kollabiert, oder?

DR. GÜTTLER: Wie ich gerade gesagt habe, war die Versorgungssicherheit gewährleistet. Wenn Sie weitere Nachfragen haben, können wir gern noch bilateral in Austausch darüber treten, um das nachzureichen.

FRAGE JUNG: Herr Alter, ich weiß nicht, ob Sie selbst in Quarantäne waren, aber können Sie uns ein Update darüber geben, wie es dem Minister geht?

ALTER: Wir haben die ganzen vergangenen zwei Wochen nicht darüber spekuliert, wie der Gesundheitszustand ist. Dabei will ich es auch bewenden lassen. Der Bundesinnenminister ist seit der Diagnose seiner Infektion in häuslicher Isolation. Diese Isolation dauert noch an. Vielleicht können wir nächste Woche andere Nachrichten dazu vermelden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber warum wäre es Spekulation, wenn Sie uns sagen, wie es ihm geht? Das ist ja das Gegenteil von Spekulation.

ALTER: Erstens bin ich kein Arzt. Ich kann Ihnen sagen, dass ein Kontakt zum Bundesinnenminister besteht. Der Bundesinnenminister führt seine Amtsgeschäfte von zu Hause aus.

Zweitens können sich Krankheitsverläufe natürlich immer ändern. Deswegen ist es jedenfalls von dieser Stelle aus nicht angezeigt, tagesaktuell über den Gesundheitszustand zu sprechen, sondern wir werden diesen Zeitraum jetzt abwarten. Wenn der Minister wieder im Büro sein wird, dann werden wir darüber berichten können.

FRAGE ROSSBACH: Herr Seibert, die Kanzlerin hatte sich ja in den vergangenen Monaten auch immer wieder dafür ausgesprochen, dass für Schulen und Kitas und vor allem für Schulen „Als Letztes zu, als Erstes auf“ gelten müsse. Hat sie denn eine Meinung oder Haltung dazu, dass jetzt zum Beispiel Berlin beschlossen hat, dass es sich nicht mehr lohnt, die Schulen zu öffnen, und dabei auf den administrativen Aufwand verweist?

STS SEIBERT: Nein, ich kann jetzt hier für die Bundeskanzlerin die Maßnahmen einzelner Länder, die ja für das Schulwesen in ihren Bundesländern zuständig sind, nicht kommentieren.

FRAGE JESSEN: Niedersachsen hat angekündigt, bei einer Inzidenz von unter 35 die Maskenpflicht für Läden aufzuheben. Herr Seibert, können Sie uns sagen, was die Kanzlerin von dieser Perspektive hält? Ich glaube, die Herren Wieler und Spahn scheinen nicht so begeistert davon zu sein.

STS SEIBERT: Es gibt diesen Beschluss ja auch noch gar nicht; es gibt nur Vorberichte darüber. Deswegen möchte ich mich da mit einer Bewertung zurückhalten.

Ich kann ganz grundsätzlich für die Bundesregierung sagen, dass das Maskentragen genau wie auch das Abstandhalten nach unserer Überzeugung, solange wir in der pandemischen Lage leben, und das tun wir immer noch, die einfachsten und wirksamsten Mittel sind, um uns vor Ansteckungen zu schützen. Wir haben überall noch guten Grund, uns an diese Regeln zu halten und gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Inzidenzen wirklich wieder auf einen Niedrigstand sinken; ich sage einmal, auf den Niedrigstand des vergangenen Sommers. Damals lagen wir bei Inzidenzen von drei, vier oder fünf. Heute liegen wir bei knapp unter 70.

Es gibt erfreuliche Entwicklungen an allen Enden. Die Inzidenz sinkt. Die Impfkampagne hat großen Schwung entwickelt. Die Zahl der Intensivpatienten das ist ja ganz wichtig sinkt auch. Aber es gibt eben auch die Sorge über eine weitere und noch ansteckendere Variante des Virus. Die hat sich in Großbritannien bereits verbreitet. Sie ist zum Teil auch bei uns angekommen. Es gibt also Gründe genug, um dieses wirksame Mittel der Maske nicht zu früh aus der Hand zu geben.

Aber, wie gesagt, ich kenne nur Berichte über einen angeblich geplanten Beschluss, und ich denke, wir sollten abwarten, ob es in Hannover so kommen wird.

ZUSATZ JESSEN: Aber aus dem, was Sie sagen, scheint doch hervorzugehen, dass es der Kanzlerin lieber wäre, ein solcher Beschluss würde nicht gefasst werden.

STS SEIBERT: Ich habe hier die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin dargelegt, und ich nehme jetzt nicht zu noch gar nicht gefassten Beschlüsse in einzelnen Bundesländern Stellung. Wir wissen: Masken, Abstand und Hygiene sind sehr wirksam und zentrale Instrumente, um die Pandemie einzudämmen. Es sind im Übrigen auch noch Maßnahmen, die vergleichsweise einfach zu beachten und einzuhalten sind.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Nauber, können Sie ein kurzes Update geben, wie es momentan mit den Ct-Werten bei PCR-Tests steht? Gibt es da jetzt etwas Einheitliches? Macht das noch jedes Labor? Vielleicht können Sie einfach eine kurze Übersicht geben.

NAUBER: Ich glaube, wir hatten hier schon öfter gesagt, dass Sie sich dazu an die Fachgesellschaften wenden müssten. Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Aber die Bundesregierung muss das doch monitoren. Sie muss doch einen Überblick haben. In einer Pandemie ist das doch ein extrem wichtiger Faktor. Die CDC in Amerika hat das gerade geändert. Sie müssen das doch irgendwie kontrollieren! Wenn nicht, warum steht das bei Ihnen dann nicht im Fokus?

NAUBER: Ich glaube, wir haben hier schon mehrfach deutlich gemacht, dass die PCR-Tests der Goldstandard für das Erkennen einer Infektion sind. Das Durchführen dieser Tests durch die Labore in Deutschland hat eine sehr hohe Qualität. Das RKI informiert darüber auch regelmäßig. Aber, wie gesagt, wenden Sie sich bezüglich des Themas der Ct-Werte am besten direkt an die Labore bzw. an die wissenschaftlichen Fachgesellschaften.

ZURUF REITSCHUSTER: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

NAUBER: Ich habe jetzt dazu gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

FRAGE ECKSTEIN: Herr Seibert, ich frage noch einmal in Bezug auf Niedersachsen, aber auch auf andere Bundesländer nach. Es könnte der Eindruck entstehen, dass es jetzt, da die Notbremse in vielen Ländern ausläuft, eine Art Lockerungswettbewerb gibt. Es ist für Bürgerinnen und Bürger schwer nachzuvollziehen, in welchem Bundesland denn jetzt was gilt. Ist das eine Sorge, die Sie teilen?

STS SEIBERT: Ich sage noch einmal: Es wäre doch sinnvoll, abzuwarten, was für einen Beschluss Niedersachsen überhaupt fassen wird und ob es der Beschluss sein wird, von dem in einzelnen Vorberichten die Rede ist.

Die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung habe ich dargelegt. Wir sehen erfreuliche Entwicklungen und freuen uns darüber der Bundesgesundheitsminister und der Chef des RKI haben es hier ja heute Vormittag genau dargelegt , was gemeinsam gelungen ist, und zwar indem wir uns alle bestimmten Maßnahmen unterzogen haben. Gleichzeitig haben wir eben nicht wie im vergangenen Sommer eine Inzidenz von drei, vier oder fünf, sondern wir haben heute Morgen eine Inzidenz von 67,3, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe. Also ist klar, und ich habe das ja auch am Mittwoch gesagt: Wir müssen noch sehr viel weiter herunterkommen. Die Werte in einzelnen Bundesländern sind schon deutlich weiter gesunken, und wir müssen das überall versuchen; denn wir haben es auch immer noch mit Gefährdungen und Risiken zu tun. Ich habe die Mutante, die zunächst in Indien aufgetaucht ist, die jetzt aber bereits in Großbritannien eine gewisse Ausbreitung erfährt und die es vereinzelt auch in Deutschland gibt, erwähnt. Noch sind wir also in der Pandemie. Deswegen spricht vieles dafür, bei allen Öffnungen und Lockerungen, die jetzt möglich sind und über die wir uns freuen sollten, auch die Grundregeln, die man so als AHA+L-Regeln bezeichnet Abstand, Hygiene, Maske, Lüftung , weiter beizubehalten.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Nauber, Herr Wieler hat heute gesagt, die Pandemie habe die Welt noch im Griff. Nun ist das ja relativ. Es gibt Staaten in den USA, die keine Coronamaßnahmen mehr haben, kaum noch Coronamaßnahmen, und in denen die Maskenpflicht jetzt wie in Texas sogar verboten wurde. Die Schweiz hat die dritte Welle gebrochen, obwohl es dort Lockerungen gab. Immer wieder fragen Leser: Was läuft da anders? Was ist die Antwort der Bundesregierung? – Was soll ich diesen Lesern darauf antworten? – Sie lachen, Herr Seibert, aber das ist doch eine begründete Frage!

STS SEIBERT: Nein, ich lache nicht. Nur: „Was soll ich den Lesern antworten?“

ZUSATZ REITSCHUSTER: Ja, als Journalist!

STS SEIBERT: Genau, und dafür sind glücklicherweise ganz allein Sie selbst zuständig. Wir liefern hier, wie es auch heute Herr Wieler getan hat und wie es der Bundesgesundheitsminister getan hat, so viele Informationen, die Sie entgegennehmen können, und daraus müssen Sie dann für Ihre Leser schon das machen, was Sie daraus machen. Ich weiß ja auch, was Sie für Ihre Leser daraus machen; das entspricht ja ganz oft gar nicht dem, was wir hier so von uns geben.

Ja, es gibt Länder, die eine ganz tolle Entwicklung hingelegt haben und in denen die Inzidenz jetzt sehr weit gesunken ist. Ich nenne einmal das Beispiel Portugal, wo man von extrem hohen Inzidenzen zu sehr niedrigen Inzidenzen gekommen ist. Wie haben sie das geschafft? Mit unheimlich harten das kann man sich in jedem einzelnen Fall anschauen und strengen Maßnahmen, die über viele Wochen hinweg durchgehalten wurden. Deswegen haben sie jetzt auch die Früchte davon geerntet.

Es gibt Länder, die derzeit in einer entsetzlichen Situation sind, beispielsweise Indien. Es gibt Länder wie beispielsweise Argentinien, in denen jetzt gerade eine neue Welle aufflammt. Deswegen kann man nicht sagen, dass die Welt die Pandemie in irgendeiner Weise hinter sich gebracht hat. Wir sollten mit unseren Möglichkeiten alles tun, was wir tun können, um hinsichtlich der Inzidenzen deutlich weiter herunterzukommen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Erst einmal danke für die journalistischen Ratschläge, und danke, dass Sie meine Seite lesen. Aber, mit Verlaub, Herr Seibert, das stimmt doch nicht. Es sind doch nicht alle Länder nur mit harten Maßnahmen durchgekommen. In den USA gibt es Staaten wie South Dakota, die nie harte Maßnahmen hatten. Schweden hatte nie harte Maßnahmen. Wie erklärt sich die Bundesregierung das?

STS SEIBERT: Schauen Sie sich alle Indikatoren an, die es zum Beispiel in Schweden gibt. Schauen Sie sich die Zahl der Toten pro Einwohner usw. an. Dann werden Sie sehen, dass das Bild nicht so leicht ist, wie Sie es darstellen. Ich glaube, dass jetzt aber überhaupt nicht der Moment ist, hier Länder bezüglich ihrer Coronapolitik miteinander zu vergleichen.

FRAGE DR. SCHÄFERS: Der Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé will von den Aktionären des zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers rund 47 Millionen Euro an Dividenden zurückfordern. Wie ist es mit der Steuer, die Aktionäre darauf gezahlt haben? Wird die erstattet, oder sind die Zahlungen rechtskräftig und die Aktionäre haben dreifach Pech: Anteil wertlos, Dividenden nachträglich weg, und auch noch die Steuerlast bleibt?

DR. KUHN: Zu einzelnen Steuerfragen und zur Behandlung von Einzelfällen nehmen wir hier natürlich nicht Stellung. Dafür sind dann auch die Finanzämter vor Ort zuständig, die in den Ländern liegen. Daher kann ich dazu jetzt nichts weiter ausführen.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, zu der gestrigen Entscheidung oder diesem Bericht der US-Regierung zu Nord Stream 2 hat sich die Kanzlerin ja gestern schon beim WDR Europaforum geäußert. Sie hat das grundsätzlich begrüßt und gesagt, der US-Präsident habe sich ein bisschen in ihre Richtung bewegt. Gleichzeitig hatte sie angedeutet, dass möglicherweise noch über einen Deal gesprochen werde. Sie sagte am Ende dieses Austausches sinngemäß, man könne erst über einen Deal reden, wenn er denn abgeschlossen sei. Konkret gefragt: Wird es am Rande des G7-Gipfels ein Gespräch mit dem US-Präsidenten geben? Wird man dabei vielleicht auch noch einmal über Möglichkeiten dafür sprechen, dass Deutschland bei dem Thema ein bisschen auf den US-Präsidenten zugehen könnte?

STS SEIBERT: Bis zum G7-Gipfel in Großbritannien ist ja noch ein bisschen Zeit, und deswegen kann ich Ihnen heute noch keine Pläne für bilaterale Treffen am Rande des Gipfels nennen. Die Bundeskanzlerin freut sich wie alle anderen Teilnehmer darauf, bei dieser Gelegenheit den US-Präsidenten in diesem Format und in diesem Kreis begrüßen zu können.

Was sie gestern gesagt hat, ist: Wir können jetzt mit den USA auch noch weiter darüber sprechen, was wir gemeinsam im Verhältnis zu Russland tun können; das waren ihre Worte. Sie sprach auch von den notwendigen Gemeinsamkeiten im Verhältnis zu Russland. Darüber hinaus habe ich Ihnen hier jetzt nichts anzukündigen.

Aber dass das Verhältnis zu Russland schon Montag und Dienstag beim Europäischen Rat ein Thema sein wird und dass es auch immer im Gespräch zwischen den USA und Deutschland ein Thema ist, ist ja jetzt für Sie nicht überraschend.

FRAGE NEHLS: Gibt es wegen der beibehaltenen Sanktionen gegen russische Firmen eine neue Ausschreibung für den Endspurt von Nord Stream 2, oder wird die Restbaustelle eingefroren? Die Frage richtet sich an das Wirtschaftsministerium.

STS SEIBERT: Vielleicht darf man daran erinnern, dass nicht die Bundesregierung dort etwas baut.

DR. GÜTTLER: Da kann ich mich dem Regierungssprecher nur anschließen. Zu Nord Stream 2 hatten wir uns ja auch in den vergangenen Tagen und hatte sich das Auswärtige Amt in der Regierungspressekonferenz schon geäußert. Da gibt es keinen neuen Stand. Es handelt sich um ein unternehmerisches Projekt.

FRAGE SCHULER: Herr Seibert, der CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen hat in der „Neuen Zürcher Zeitung“ gesagt, es habe in Chemnitz keine Hetzjagden gegeben. Bleibt die Bundeskanzlerin bei der von Ihnen damals wiedergegebenen Einschätzung, dass es durchaus Hetzjagden gegeben hat?

Würde sich die Kanzlerin vor dem Hintergrund der antisemitischen Untertöne noch einmal mit Frau Thunberg treffen?

STS SEIBERT: Wir haben hier in der Bundespressekonferenz das Thema Chemnitz und das, was dort 2018 geschah, in großer Ausführlichkeit besprochen. Ich sehe keinen Grund, darauf heute noch einmal einzugehen und das zu wiederholen, was damals gesagt wurde, oder dem etwas Neues hinzuzufügen.

Im Übrigen hat die Bundeskanzlerin zum Thema Antisemitismus, wie er sich in den vergangenen Tagen auch am Rande von Demonstrationen oder aus Demonstrationen hier in Deutschland heraus gezeigt hat, sehr klar geäußert selber und über ihre Regierungssprecher. Über künftige Begegnungen und Termine der Bundeskanzlerin gebe ich dann Auskunft, wenn sie anstehen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, es wurde gerade suggeriert, dass Greta Thunberg, die lediglich „free Palestine“ gefordert hat, mit Antisemitismus in Verbindung gebracht wurde. Haben Sie dazu nichts zu sagen?

STS SEIBERT: Nein, ich habe dazu nichts zu sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Verbinden Sie „free Palestine“ mit Antisemitismus?

STS SEIBERT: Wir haben hier ausführlich darüber gesprochen, wie wir als Bundesregierung die eindeutig antisemitischen Äußerungen am Rande von Demonstrationen oder aus Demonstrationen der vergangenen Tage heraus bewerten. Wir haben immer gesagt, dass es in Deutschland ein Grundrecht ist, friedlich zu demonstrieren und politische Meinungen kundzutun, dass es dennoch da eine ganz klare Grenze zu ziehen gilt, wo es um die Verächtlichmachung der Anhänger einer bestimmten Religion nämlich der jüdischen Religion geht.

Weiter werde ich jetzt nicht jedes einzelne Zitat, das Sie mir vorhalten, bewerten.

ZUSATZ JUNG: Ich hatte konkret nicht nach Demonstrationen zu Palästina gefragt, sondern hatte gesagt, dass Greta Thunberg mit Antisemitismus in Verbindung gebracht wurde, weil sie „free Palestine“ fordert. Sie distanzieren sich nicht davon.

STS SEIBERT: Ich habe dem, was ich hier gesagt habe, jetzt nichts hinzuzufügen.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Seibert, gestatten Sie mir eine Verständnisfrage. Ich hoffe, Sie tadeln mich nicht dafür.

Ich war vor zwei Jahren noch nicht Mitglied der Bundespressekonferenz, habe es aber verfolgt. Habe ich es richtig in Erinnerung, dass man damals sagte „Es waren Hetzjagden“ und dass man das vor allem mit dem Video der Antifa Zeckenbiss begründete? Vielen Dank für die Aufklärung.

STS SEIBERT: Die wahre Aufklärung findet sich in den Protokollen der mehreren damaligen Pressekonferenzen, die wir hier abgehalten haben. Wir können sie Ihnen aber gerne noch einmal heraussuchen.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Das ist lieb. Vielen Dank.

STS SEIBERT: Das könnten Sie allerdings auch selbst, weil das ja alles öffentlich ist. Aber wir sind dabei auch hilfreich.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Das ist sehr liebenswürdig. Vielen Dank.

FRAGE ECKSTEIN: Eine Frage an Herrn Seibert und Frau Güttler zum Thema Airbus und Umstrukturierung. Es gibt große Sorgen, dass Jobs in Deutschland gegebenenfalls verlorengehen, insbesondere in Hamburg. Es gibt die Forderung der IG Metall, dass sich das Kanzleramt in das Thema einmischt und direkt mit Frankreich verhandelt. Planen Sie das oder finden solche Gespräche vielleicht schon statt?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, ob das Wirtschaftsministerium dazu Stellung nehmen will. Ich habe dazu hier heute keine Mitteilung zu machen. Eine Antwort müsste ich gegebenenfalls nachreichen, bin da aber skeptisch.

DR. GÜTTLER: Für uns gilt das Gleiche.

FRAGE JESSEN: Meine Frage richtet sich an Herrn Alter. Das BMI ist ja auch Wohnungsbauministerium und Ministerium für Integration. Sie haben mitbekommen, dass in Bremen bei der Brebau, dem zweitgrößten öffentlichen Wohnungsbauunternehmen, interne Codes und Listen geführt werden, die People of Color und Menschen anderer Kulturen geheim markieren und dafür sorgen, dass sie keinen Wohnraum bekommen. Wie ist aus Sicht des Ministeriums für Wohnen und für Integration so etwas zu bewerten?

ALTER: Eine solche Bewertung nehmen wir nicht als Bauministerium vor, sondern eine solche Bewertung ist schon als Verfassungsministerium vorzunehmen. Wir haben in unserer Verfassung in Artikel 3 Grundgesetz die Regelung, die alles, was in diesem Land passiert, in gewisser Form durchdringt. Das heißt also, eine Diskriminierung etwa auf der Basis von Herkunft oder äußeren Merkmalen ist nicht nur im behördlichen Alltag, sondern auch beim Schließen von privaten Verträgen absolut inakzeptabel.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Hat diese Einschätzung, die sehr deutlich ist, irgendwelche Konsequenzen für das Handeln von Ihrer Seite aus oder obliegt das jetzt alleine den politischen Institutionen im Land Bremen?

ALTER: Ich höre von dem Sachverhalt, den Sie schildern, jetzt das erste Mal. Ich muss mich erkundigen, ob das in unserem Haus bereits eine Rolle spielt.

Aber das, was ich eben gesagt habe, ist auch ohne Kenntnis des konkreten Sachverhalts die Grundlinie unseres Hauses.

KALL: Ich möchte mich jetzt gar nicht weiter zu dem konkreten Fall in Bremen äußern. Herr Alter hat alles dazu gesagt, wie das jedenfalls das, was berichtet wird aus unserer Sicht zu bewerten ist.

Ich möchte sagen, dass wir, weil es Diskriminierungen und gerade rassistische Diskriminierungen gibt, genau aufgrund solcher Fälle im Grundgesetz den Begriff „Rasse“, der als diskriminierend empfunden wird, weil es keine unterschiedlichen Menschenrassen gibt, durch den Begriff „Rassismus“ bzw. die Formulierung „aus rassistischen Gründen“ ersetzen wollen. Das war auch eine Empfehlung des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus, die wir gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium erarbeitet haben.

Noch etwas ganz Konkretes, weil wir für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zuständig sind, das ja gerade auch im Bereich der Wohnraummietverträge davor schützen soll, dass Menschen allein aus rassistischen, diskriminierenden Gründen eine Wohnung verweigert wird und sie einen Mietvertrag nicht bekommen: Wir wollen auch da mehr tun, indem wir die Fristen verlängern, innerhalb derer man sich gegen solche Diskriminierungen wehren kann. Man kann künftig ein halbes Jahr dagegen juristisch zu Felde ziehen und sich vor Gericht wehren. Auch das ist etwas, was wir noch in dieser Legislaturperiode umsetzen wollen und was der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ebenfalls in seinem Maßnahmenpaket beschlossen hat.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Da sich zwei Ressorts geäußert haben, dürften wir Sie bitten, wenn es nach Kenntnis des Sachverhalts konkret im Hinblick auf die Brebau eine offizielle Einschätzung möglicherweise auch eigene Handlungsempfehlungen oder Notwendigkeiten gibt, dass Sie uns das nachliefern?

ALTER: Ja.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Lernfrage, die vielleicht das BMJV beantworten kann. Welche Sanktionen muss ein Unternehmen fürchten, das offen eine rassistische Praxis betreibt? Wird das bestraft?

KALL: Wie Bußgelder in so einem Bereich sind oder sein können, kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht sagen. Das können wir gerne nachreichen. Aber entscheidend ist doch, dass sich jemand, dem ein Wohnraummietvertrag verweigert wird, dagegen wehren kann und er eben diesen Vertrag bekommen und sein Recht durchsetzen kann. Das ist Teil des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

ZUSATZFRAGE JUNG: Dass der Betroffene sich wehren kann, ist das eine. Aber dass ein Unternehmen an sich dafür bestraft wird, rassistische Praktiken

KALL: Wie gesagt, die Antwort auf die Frage, inwiefern solche Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bußgeldbewährt sind, reichen wir gerne nach. Das kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht sagen.

FRAGE REITSCHUSTER: Eine Verständnisfrage an Herrn Kall. Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gerade impliziert, dass der Begriff „Rasse“ rassistisch ist. Nun verwenden die USA auch auf Regierungsebene immer noch sehr stark den Begriff „Rasse“. Ist es aus Sicht der Bundesregierung rassistisch, wenn die Vereinigten Staaten den Begriff „Rasse“ verwenden?

Wo ist der Unterschied in der Auffassung zwischen Bundesregierung und amerikanischen offiziellen Behörden? Danke.

KALL: Nein, das bewerte ich nicht. Es gibt in Deutschland bis heute Gesetze auch das Grundgesetz , in denen dieser Begriff verwendet wird. Es gibt auch völkerrechtliche Abkommen, in denen dieser Begriff verwendet wird. Aber aus Sicht von ganz vielen migrantischen Organisationen und Organisationen von Betroffenen, die tagtäglich mit Rassismus zu tun haben und von rassistischen Diskriminierungen betroffen sind, ist dieser Begriff der „Rasse“ heute nicht mehr der richtige Begriff, weil es keine unterschiedlichen Rassen gibt, sondern es um Rassismus geht. So hieß auch der Kabinettsausschuss, der eben diesen bekämpfen wollte. Durch diesen Begriff wollen wir auch im Grundgesetz ganz klar zum Ausdruck bringen, dass jegliche Diskriminierungen aus rassistischen Gründen verboten sind.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Ich verstehe Sie richtig, dass Sie sich diese Ansicht nicht zu eigen machen und dass für die Bundesregierung der Begriff „Rasse“ nicht per se rassistisch ist?

KALL: Ich möchte hier allein für den deutschen Kontext und die deutsche Begrifflichkeit sprechen und keine weiteren Vergleiche vornehmen.

FRAGE ZULETA: Herr Seibert, können Sie eine Einschätzung der Bundesregierung zur Situation in Marokko geben?

STS SEIBERT: Die Frage spielt auf die Ereignisse in der spanischen Exklave Ceuta an, wo ja Tausende von Menschen aus Marokko zum Teil schwimmend angekommen sind. Wir haben diese Ereignisse der vergangenen Tage mit großer Besorgnis verfolgt und sind erleichtert, dass sich die Situation jetzt entspannt zu haben scheint. Marokko hat ja wohl die Kontrollen der Grenzen wieder aufgenommen und verhindert jetzt wieder irreguläre Ausreisen. Das begrüßen wir. Auch die eingeleiteten Maßnahmen der spanischen Regierung waren hilfreich, um diese schwierige Lage an der spanischen Grenze, die zugleich auch die Außengrenze der Europäischen Union ist, zu beruhigen.

Was dort in Ceuta geschehen ist, macht ein weiteres Mal deutlich, dass gemeinsame europäische Anstrengungen dringend nötig sind, um illegale und oft auch schleusergeförderte und schleusergetriebene Migration einzudämmen, die die Menschen großen Gefahren aussetzt und die im Grunde auf dem Rücken der Menschen stattfindet. Dazu gehört, dass wir mit Herkunfts- und Transitstaaten auch mit Marokko – zusammenarbeiten.

FRAGE JORDANS: Frau Sasse, die politischen Beziehungen zu Marokko sind derzeit etwas angespannt. Können Sie denn berichten, wie es im Moment in Bezug auf die Wiederherstellung dieser Beziehungen läuft?

SASSE: Was zum einen die Ausführungen von Herrn Seibert zur Lage in Ceuta angeht, kann ich mich für das Auswärtige Amt vollständig anschließen.

Was die Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko angeht, hat Herr Burger hier vor knapp einer oder anderthalb Wochen ausführlich ausgeführt. Ich kann Ihnen dazu heute keinen neuen Stand vermelden. Es bleibt bei dem, was Herr Burger in dieser Pressekonferenz zu dem Thema gesagt hatte.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Sehen Sie denn in dem, was in Ceuta passiert ist, irgendeinen Zusammenhang zwischen den Zerwürfnissen zwischen Marokko und bestimmten EU-Staaten, speziell Spanien?

SASSE: Das möchte ich in dieser Stelle nicht kommentieren.

FRAGE REITSCHUSTER: Meine Frage bezieht sich auf das Lieferkettengesetz. Sehe ich es richtig, dass dafür das Wirtschaftsministerium zuständig ist?

VORS. SZENT-IVÁNYI: Unter anderem.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Dann stelle ich erst einmal die Frage. Wie will die Bundesregierung durchsetzen, dass das Lieferkettengesetz in Sachen Lithium, Graphit und Zinn geprüft wird, die ja vor allem für Elektroautos zuständig sind? Kritiker sagen, das gehe über neun Stufen und es sei nicht sehr realistisch, das zu überprüfen.

CHAGHERI: Wir befinden uns mit dem Lieferkettengesetz im Moment im parlamentarischen Verfahren. Die Gespräche laufen aktuell. Das heißt, zu einzelnen Details können wir im Moment keine Stellung beziehen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Können Sie nachreichen, wie das Ministerium das sieht und welche Vorstellungen es hat?

CHAGHERI: Wir können schauen, ob wir etwas nachreichen können. Wenn das geht, machen wir das gerne.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Frau Sasse hat noch einen Nachtrag.

SASSE: Ich habe noch eine kleine Nachreichung für Herrn Jung zu der Frage, ob wir mit dem Leiter von UNRWA in Kontakt stehen: Wir stehen mit ihm in Kontakt. Ich kann das also bestätigen.

FRAGE JUNG: In welcher Weise denn?

SASSE: Wir stehen mit ihm über verschiedenste Kanäle in kontinuierlichem Kontakt, unter anderem über unser Verbindungsbüro in Ramallah.

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