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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 04. Oktober 2021

Themen: Veröffentlichung der „Pandora Papers“, COVID-19-Pandemie, Veranstaltungsreihe zur Bilanzierung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr, Parlamentswahl in Katar, Nuklearverhandlungen mit Iran, EU-Westbalkan-Gipfel, Wiederaufnahme der Kommunikation zwischen Nord- und Südkorea, Beschwerden gegen Facebook in den USA, Sperrung von Youtube-Kanälen, Start der Studie „Rassismus als Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Kontext ausgewählter gesellschaftlich-institutioneller Bereiche“, Termine der Bundeskanzlerin, Taiwan-Konflikt, temporäre Unterbringung afghanischer Flüchtlinge auf deutschen US-Stützpunkten

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:47 Pandora Leaks
4:33 Begrüßt die Bundesregierung diese Leaks? Ihre Allierten sind involviert
6:23 Begrüßen Sie die Transparenz durch diese Leaks?
6:38 Internationaler Weg sinnvoll angesichts der Involvierten?
11:48 Geldwäscheparadies D: Sind diese Praktiken hierzulande legal?
12:25 Thema Corona-Politik
19:40 Ethikrat & Impfpflicht
22:52 Thema: Afghanistan-Aufarbeitung
26:09 Wird man den afghanischen Opfern des Krieges gedenken?
31:32 Thema Facebook Hass vs Profit
34:03 „Zensur“ auf Youtube
35:09 Ist eine Sperrung eines Youtube-Kanals Zensur?
37:05 Rassismus-Studie
38:49 Warum eine Dauer von drei Jahren?
43:04 Afghanen in Ramstein (mit deutscher Aufenthaltsgenehmigung)

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 04. Oktober 2021:

VORS. BUSCHOW eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe eine Frage, die sich an das Bundesfinanzministerium richtet. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob Sie Informationen darüber haben, ob es in Sachen „Pandora Papers“ Bezüge nach Deutschland gibt und was Sie zu der Forderung von Grünen und Linken sagen, stärker gegen Steueroasen vorzugehen.

WOGATZKI: Zu Ihrer ersten Frage: Soweit wir die Nachrichtenlage verfolgen, sind die Journalistinnen und Journalisten, die sich an diesem Rechercheverbund beteiligen, noch dabei, weitere Daten zu offenbaren, sodass es insoweit keine abschließende Bewertung unsererseits geben kann. Erste Vermutungen legen nahe, dass der Deutschlandbezug erst einmal nicht so groß ist. Das ist aber, wie gesagt, eine vorläufige Einschätzung.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die neuesten Enthüllungen zu den legalen und illegalen Praktiken in Bezug auf Briefkastenfirmen machen deutlich, dass wir mit der Umsetzung der BEPS-Standards und unseren Fortschritten bei den Transparenzerfordernissen zur Geldwäschebekämpfung auf einem guten und richtigen Weg sind und dass wir hierbei weiter voranschreiten müssen.

Was die illegalen Verschleierungstaktiken angeht, kann ich gerne auf das Transparenzregister verweisen. Wie Sie wissen, gibt es zur effektiven Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung das Transparenzregister, das es ermöglichen soll, gerade bei komplexen Firmenkonstrukten den wirtschaftlich Berechtigten, der hinter diesen Konstrukten steht, zu ermitteln. Wir haben in dieser Legislaturperiode ein Gesetz auf den Weg gebracht, das in diesem Jahr schon in Kraft getreten ist und eine europäische Vernetzung dieser Transparenzregister ermöglichen soll. Unter der deutschen FATF-Präsidentschaft gibt es eine deutsche Initiative, mit der eine Vernetzung dieser Transparenzerfordernisse weltweit auf den Weg gebracht werden soll. Das ist sicherlich ein wichtiger Aspekt.

Ein wichtiger Aspekt, der auch konsequent weiter vorangetrieben werden muss, ist der Ansatz einer effektiven Mindestbesteuerung. Auch dieser würde den Anreiz für Briefkastenfirmen erheblich mindern, denn durch die globale Mindestbesteuerung ist sichergestellt, dass die Unternehmen sich weltweit an einer fairen Besteuerung beteiligen.

Ich möchte Sie zudem auf eine Initiative der EU-Kommission hinweisen, die im Moment läuft, mit der die Erweiterung der sogenannten Anti-Steuervermeidungsrichtlinie oder, wie wir sie nennen, ATAD-Richtlinie III vorangetrieben werden soll. Es geht um einheitliche und europäische Maßnahmen zur gezielten Bekämpfung von Verschleierung und Strukturen über Briefkastengesellschaften. Der Richtlinienvorschlag soll dieses Jahr noch kommen und wird von Deutschland unterstützt.

Ich sehe jetzt davon ab, Sie noch einmal auf die ganzen Gesetzesvorhaben, die wir in dieser Legislaturperiode zur Bekämpfung von Steueroasen auf den Weg gebracht haben, hinzuweisen. Um zwei zu nennen: Ganz grundsätzlich gibt es das Steueroasen-Abwehrgesetz. Es gibt aber auch die Initiative zur Meldepflicht von Steuervermeidungspraktiken mit Auslandbezug.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Eine Nachfrage zu Ihrer Bemerkung am Anfang, dass der Deutschlandbezug nicht so groß ist: Können Sie ein bisschen genauer sagen, was Sie diesbezüglich für Informationen haben?

Haben Sie auch selber Einsicht in diese Papiere?

WOGATZKI: Wir haben selber keine Einsicht in die Papiere. Wir sind, auch was die Strafverfolgung dieser Praktiken angeht, auf die Journalisten angewiesen. Ich kann nur ganz vorsichtig das sagen, was ich gesagt habe, und nichts weiter zur unseren Erkenntnissen ergänzen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, begrüßt die Bundesregierung solche Veröffentlichungen der jetzigen „Pandora Papers“? Es sind einige Namen dabei, die Vertraute oder Alliierte der Bundesregierung sind, so zum Beispiel Herr Babis, der tschechische Ministerpräsident, der ukrainische Präsident Selensky, der jordanische König Abdullah und der zypriotische Präsident. Sind Sie froh, dass jetzt öffentlich wird, was sie nebenbei so machen?

Frau Wogatzki, sind diese transnationalen oder europäischen Lösungen, die Sie anstreben, angesichts der Involvierung dieser europäischen Regierungschefs überhaupt sinnvoll? Die werden natürlich aus Eigeninteresse alles dafür tun, dass das, was Sie da wollen, nicht passieren wird.

STS SEIBERT: Wir verfolgen diese Berichterstattung natürlich sehr aufmerksam. Es ist als Sprecher der Bundesregierung nicht an mir, jetzt zu einzelnen Fällen und Verdachtskonstellationen Stellung zu nehmen. Dem wird sicherlich nachgegangen werden.

Für uns ist das ein weiterer Ansporn, das zu tun, was sich diese Bundesregierung wie auch frühere Bundesregierungen ohnehin als Ziel gesetzt hat, nämlich Steuervermeidung, Steuerbetrug und Intransparenz anzugehen. Es gibt konkrete Maßnahmen, die die Kollegin aus dem Bundesfinanzministerium genannt hat: das Transparenzregister, das Steueroasen-Abwehrgesetz. In diese Richtung wollen wir weitermachen, und zwar national, aber vor allem eben auch mit den internationalen Partnern. Denn Steueroasen wird man nicht national austrocknen können, sondern das wird nur in einem gemeinsamen Vorgehen der Staatengemeinschaft möglich sein. Das war und ist eine zentrale Aufgabe unserer Politik.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich fragte ja, ob Sie diese Transparenz durch diese Leaks begrüßen.

STS SEIBERT: Wir verfolgen die Berichterstattung sehr aufmerksam.

WOGATZKI: Ich habe dem nichts weiter hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber Sie haben doch gerade auf die Frage von Herrn Rinke ausgeführt, dass Sie Sachen Planen und das auf europäischer Ebene und internationaler Ebene lösen können. Jetzt sind auf internationaler Ebene viele Leute involviert, die das verhindern werden. Wie wollen Sie das durchsetzen?

WOGATZKI: Ich habe vor allem die internationale Mindestbesteuerung erwähnt. Da sind wir auf einem sehr guten Weg. International ist sehr viel zu bewerkstelligen, was, wie Herr Seibert schon gesagt hat, national nicht gelöst werden kann, weil Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Gewinnvermeidung international stattfinden.

FRAGE VIEWEGER: Herr Seibert, Frau Wogatzki, die Enthüllungen oder wie man es nennen soll zeigen, dass die Steuerhinterziehung nach wie vor weltweit ein großes Problem ist. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe, dass es bei all den Themen, die Sie angesprochen haben, so schwierig ist, gegen Steueroasen und Steuerhinterziehung weltweit vorzugehen? Was macht es so schwer? Offensichtlich sind die bisherigen Anstrengungen ein bisschen ein zahnloser Tiger.

WOGATZKI: Sie sprechen es an: „International“ ist das Stichwort. International muss natürlich ein Konsens gefunden werden. Dabei sind wir gerade bei der globalen Mindestbesteuerung sehr weit vorangeschritten. Das ist ein sehr wichtiger Baustein zur Austrocknung von Steueroasen.

Die andere Initiative zu den Transparenzregistern ist noch nicht so weit vorangeschritten. Diese ist auf europäischer Ebene weit vorangeschritten. Es ist für uns jetzt ein wichtiges Anliegen, es international zu einem Standard werden zu lassen, dass es diese Transparenzregister gibt, die vernetzt sind, und man weltweit Einsicht in diese Register nehmen kann, um um das etwas untechnisch auszudrücken komplexe Firmenstrukturen zu durchleuchten.

ZUSATZFRAGE VIEWEGER: Kann man nüchtern sagen, dass manches einfach nicht zu ändern ist, weil Steueroasen einfach ein Interesse daran haben, Geld an sich zu ziehen und selbst die Gemeinschaft nicht viel dagegen machen kann? Meine Frage war ja, warum es so schwierig ist.

WOGATZKI: Das Ziel, Steueroasen auszutrocknen, ist ein schwieriges, weil es natürlich diese Interessen gibt. Aber die globale Mindestbesteuerung setzt, wie gesagt, genau an diesem Punkt an, dass es nicht mehr attraktiv ist, als Steueroase zu agieren bzw. als international agierendes Unternehmen in Steueroasen tätig zu werden.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, Herr Jung hat eben auf die internationalen Partner hingewiesen, die enge Partner der Bundesregierung sind. Er hat unter anderem auf den jordanischen König hingewiesen. Wenn sich herausstellen sollte, dass auch er Steueroasen in größerem Umfang nutzt, um Vermögen zu verstecken oder zu parken, hat das dann Auswirkungen auf die deutsche Entwicklungshilfe, die ja gerade, was Jordanien angeht, substanziell sehr hoch ist?

STS SEIBERT: Ich möchte, ausgehend von einzelnen genannten Fällen in diesem riesigen Datenkonvolut, jetzt hier grundsätzlich nicht konjunktivische Fragen wenn sich bewahrheitet oder wenn sich herausstellt, dass … beantworten.

Das, was in diesen Papieren enthalten ist und was jetzt der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben wird, wird sicherlich in vielen Ländern zu Nachfragen, zu Nachforschungen, zu Untersuchungen Anlass geben. Konkrete Vorwürfe müssen ja auch untersucht werden. Ich kann jetzt an diesem Tag für die Bundesregierung ganz sicherlich nicht zu einzelnen Fällen Stellung nehmen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Wenn sich herausstellen sollte, dass es berechtigte Vorwürfe von engen Partnern Deutschlands gibt, wird es dann auch eine Änderung der deutschen Politik gegenüber diesen Partnern nach sich ziehen?

STS SEIBERT: Ich habe am heutigen Tag, am Morgen nach der Veröffentlichung dieser Datenmassen oder eines kleinen Teils dieser Datenmassen, noch nicht mehr dazu zu sagen.

Wir ich glaube, das ist auch durch die Äußerungen der Kollegin vom BMF sehr klar geworden nehmen den Vorwurf von Steuervermeidung, Steuerbetrug, Intransparenz und Geldwäsche sehr ernst. Das ist etwas, gegen das wir mit verschiedenen Mitteln vorzugehen versuchen, wo übrigens in den letzten Jahren wirkliche Fortschritte erreicht worden sind.

Dass diese Fortschritte nicht sofort dazu führen das ist die Frage des Kollegen da hinten , dass es keine Steuerhinterziehungen oder keine Steuervermeidung durch Umgehung auf irgendwelchen Inseln mehr gibt, das ist auch klar. Solche Prozesse greifen nicht sofort. Aber sie sind in Marsch gesetzt worden, und sie werden ihre Wirkung haben.

FRAGE JUNG: Frau Wogatzki, wir haben ja auch schon bei der FIU-Razzia gelernt, dass Deutschland nun Geldwäscheparadies ist. Sind diese Konstellationen, zum Beispiel der Kauf von Immobilien durch viele Briefkastenfirmen, in Deutschland immer noch legal und möglich? Habe ich das richtig verstanden?

WOGATZKI: Soweit ich das der Berichterstattung entnehmen konnte, geht es um legale sowie illegale Praktiken. Das muss man jetzt erst einmal sehen.

FRAGE GAVRILIS: Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass mehrere Bundesländer die Maskenpflicht an Schulen wieder zurücknehmen?

DEFFNER: Das Thema haben wir schon seit einiger Zeit. Klar ist, das ist letztlich Ländersache. Die Länder müssen vor Ort eine Abwägung treffen und eine Risikoeinschätzung vornehmen. Klar ist auf der anderen Seite auch, dass wir immer gesagt haben: Masken schützen, damit wir gut und sicher durch Herbst und Winter kommen. Alles Weitere liegt in der Hand der Länder.

FRAGE HOENIG: Herr Deffner, kann man das so verstehen, dass Sie dafür plädieren würden, die Maskenpflicht an Schulen beizubehalten? So würde ich das jetzt verstehen. Ist das richtig?

DEFFNER: Wir haben ja in der Pandemiebekämpfung immer gesagt: Wir müssen eine Risikoabwägung machen, die letztlich auch die Besonderheiten vor Ort berücksichtigt. Da gibt es natürlich Unterschiede in den Ländern. Das können die Länder natürlich sehr viel besser einschätzen, als dies der Bund sozusagen mit der großen Schere obendrüber für alle könnte.

ZUSATZFRAGE HOENIG: Herr Seibert, wie sieht die Kanzlerin das?

STS SEIBERT: Wir haben dasselbe Thema in der vergangenen Woche hier diskutiert. Ich kann es nur wiederholen.

Genau wie der Kollege aus dem Gesundheitsministerium sagt: Es ist eine Abwägung. Natürlich brauchen wir weiterhin, gerade wenn wir jetzt in den Herbst und Winter gehen, Hygiene- und Schutzkonzepte an den Schulen. Masken können tatsächlich ein Teil eines solchen Schutzkonzeptes sein. Das ist eine Abwägung. Es gibt noch keinen Impfstoff für Kinder unter zwölf Jahren.

Gleichzeitig das ist klar kann es für jüngere Kinder im Schulunterricht eine Erleichterung sein, wenn auf das Tragen von Masken verzichtet werden muss. Aber es kann sicherlich noch nicht auf Schutz- und Hygienekonzepte verzichtet werden.

Wie gesagt: Es ist dann die Entscheidung einer Landesregierung, wie sie das aufgrund der regionalen Lage und von Analysen, die sie entsprechend vornimmt, umsetzt.

FRAGE DR. RINKE: Herr Deffner, eine kurze Nachfrage dazu: Masken sind ein Schutzmittel, Tests ein anderes. Die Bildungsministerin hat sich ja dafür ausgesprochen, wenn man die Maskenpflicht fallen lässt, dann die Anzahl der Testungen zu erhöhen. Ist das eine Position, die auch Ihr Gesundheitsminister teilt?

DEFFNER: Das ist, wie gesagt, letztlich auch Bestandteil der Schutz- und Hygienemaßnahmen, die die Länder vor Ort zu entscheiden haben. Richtig ist natürlich, dass häufiges Testen auch zu einer größeren Sicherheit führt.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Es ging ja um die Meinung. Ihnen ist das also als Gesundheitsministerium egal? Oder würden Sie sagen, die Länder wären gut beraten, wenn sie das machen würden?

DEFFNER: Die Länder sind grundsätzlich gut beraten, gute Hygienekonzepte in ihren Schulen zu haben. Wie diese im Einzelnen auszusehen haben, ist letztlich Sache der Länder.

FRAGE REITSCHUSTER: Das RKI hat falsche Zahlen zur Berechnung der Impfeffektivität verwendet und musste diese jetzt korrigieren. Herr Seibert, muss das nicht Anlass für eine Entschuldigung sein und dafür, in Zukunft kleinlauter mit Erfolgsmeldungen umzugehen?

STS SEIBERT: Wir beteuern hier nichts, sondern wir geben die Fakten wieder, so wie sie das RKI veröffentlicht hat. Wenn sich Zahlen ändern ich bin darüber jetzt nicht im Klaren , dann gibt es neue Erkenntnisse. Dann wird man auf Ihre Fragen hin genau diese Zahlen transparent veröffentlichen und nicht irgendetwas beteuern.

DEFFNER: Ich kann das gern ergänzen. Herr Reitschuster bezieht sich offensichtlich auf den neuesten Wochenbericht des RKI, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Richtig ist: Das RKI hat eine methodische Umstellung vorgenommen. Bis zum 22. September wurden Patienten mit einer Coronainfektion, die ins Krankenhaus aufgenommen wurden, von denen man den Impfstatus nicht sicher kannte, als ungeimpft registriert. Wir haben seit dem Sommer die Meldepflicht der Krankenhäuser, dass sie angeben müssen, ob jemand geimpft oder ungeimpft ist. Das RKI hat bis zum 22. September diese Personen, von denen man es nicht hundertprozentig sagen konnte, als Ungeimpfte in die Registrierung genommen.

Jetzt werden nur noch die Fälle ausgewiesen, von denen man den Impfstatus tatsächlich einwandfrei kennt. Dadurch steigt natürlich der relative Anteil der hospitalisierten Fälle, die trotz Impfung ins Krankenhaus mussten. Das ist aber letztlich ein rein statistischer Effekt. Das ändert nichts an der grundsätzlichen Aussage, dass Impfen wirkt und schwere Coronaerkrankungen verhindert.

Vielleicht an der Stelle: Wenn Herr Reitschuster aus dem Wochenbericht zitiert, dann möchte ich es auch tun. Das RKI schreibt dort unter anderem:

„Der bei weitem größte Teil der seit der 5. Kalenderwoche übermittelten COVID-19-Fälle war nicht geimpft. Durch einen Vergleich des Anteils vollständig Geimpfter unter COVID-19-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Bevölkerung ist es möglich, die Wirksamkeit der Impfung grob abzuschätzen (sog. Screening-Methode nach Farrington …). Die nach dieser Methode geschätzte Impfeffektivität liegt für den Gesamtbeobachtungszeitraum … für die Altersgruppe“

der 18- bis 59-Jährigen

„bei ca. 84 % und für die Altersgruppe“

der über 60-Jährigen

„bei ca. 82 %.“

ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt also, Berichte von den Kollegen, dass es falsche Zahlen zur Impfeffektivität gibt, sind dann falsch? Da habe ich Sie richtig verstanden?

DEFFNER: Zumindest hat er dann unvollständig im Wochenbericht recherchiert.

VORS. BUSCHOW: Damit, denke ich, ist auch die Nachfrage von Herrn Reitschuster, in der es um die Transparenz der Zahlen und um die Schätzungen geht, beantwortet. Sonst würde ich ihn bitten, das bilateral zu klären.

FRAGE JUNG: Ich weiß jetzt nicht, wer den Ethikrat beauftragt. Aber die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat heute gefordert, dass die Bundesregierung den Ethikrat beauftragt, eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen zu bewerten. Wie steht die Bundesregierung dazu?

STS SEIBERT: Im Zusammenhang mit dem Ethikrat? Ich weiß nicht, ob Sie etwas dazu sagen können.

DEFFNER: Ich denke, diese Forderung kam wohl zeitgleich während der Pressekonferenz. Deshalb kann ich das jetzt noch nicht ganz genau einschätzen.

Grundsätzlich gilt wir haben das auch mehrfach gesagt , dass es eine Impfpflicht nicht geben wird, aber für bestimmte Berufsgruppen eine Impfung natürlich sehr wohl sehr sinnvoll wäre.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wer beauftragt den Ethikrat rein förmlich, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Ehrlich gesagt, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, wie das Verfahren ist. Das werden wir nachreichen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass der Ethikrat auch von sich aus Stellungnahmen abgibt, ohne dazu konkret beauftragt zu sein. Aber das weiß ich jetzt wirklich nicht und werde es nachreichen.

FRAGE HOENIG: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat der Bundesregierung auch den Vorwurf gemacht, Arbeitgeber und Beschäftigte in der Frage, was Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen und eine mögliche Ausweitung betrifft, alleinzulassen. Was entgegnen Sie auf diesen Vorwurf eines sehr wichtigen Players in der Coronakrise?

DEFFNER: Ich denke mitnichten, dass man Arbeitgeber in der Pandemie alleingelassen hätte. Es gab all die Monate wirklich gute und konstruktive Gespräche mit allen Beteiligten. Von daher kann ich diese Kritik in der Form nicht nachvollziehen. Wenn es Gesprächsbedarf geben sollte, auch seitens der DKG, dann kann man das natürlich gern entgegennehmen.

VORS. BUSCHOW: Solange wir umsetzen, können wir noch die Antwort zum Ethikrat nachreichen.

STS SEIBERT: Das geht doch schnell. Man schaut einfach einmal auf der Seite des Deutschen Ethikrates nach. Dort heißt es:

„Der Deutsche Ethikrat legt die Themen für seine inhaltliche Arbeit selbst fest, er kann aber auch von der Bundesregierung oder dem Deutschen Bundestag beauftragt werden, ein bestimmtes Thema zu bearbeiten. Bislang hat der Deutsche Ethikrat … dreimal von der Bundesregierung einen Auftrag erhalten, eine Stellungnahme zu erarbeiten.“

Es gibt also verschiedene Wege.

FRAGE DÖRNER (zur ersten Veranstaltung unter Federführung des Bundesverteidigungsministeriums zur Bilanzierung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr): Die Verteidigungspolitiker mehrerer Fraktionen kritisieren den Zeitpunkt der Debatte am Mittwoch und wollen nicht daran teilnehmen. Kann das Verteidigungsministerium die Kritik nachvollziehen?

FRAGE HELLER: Halten Sie nach dieser Kritik an der Veranstaltung zur Aufarbeitung des Afghanistaneinsatzes am Mittwoch fest?

HELMBOLD: Vielen Dank für die Frage. Mit dem Ende der militärischen Evakuierungsoperation am 27. August ist der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr endgültig beendet. Die Bilanzierung ist für uns eine sehr wichtige Aufgabe. Wir wollen mit der Bilanzdebatte, die am Mittwoch, den 6. Oktober, beginnen soll, einen ersten Beitrag leisten. Dies soll der Startschuss sein. Der Vorgang insgesamt wird mit Sicherheit einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber für uns ist es wichtig, zu beginnen.

Auch noch erwähnen will ich, dass auch die NATO derzeit ihren Bilanzierungsprozess zu 20 Jahren des Afghanistaneinsatzes beginnt. Die NATO will ihre Bilanzierung bis zum Dezember abschließen. BMVg und Bundeswehr wollen auch innerhalb der NATO ihren Beitrag dazu leisten. Der NATO-Generalsekretär hat angekündigt, dass er Mittwoch einen Input geben will.

Außerdem will ich noch erwähnen, dass der Termin am 6. Oktober auch vor dem Hintergrund gewählt wurde, dass die öffentliche Würdigung des Afghanistaneinsatzes mit einem Appell am 13. Oktober stattfinden soll. Wir meinen, dass wir das den Soldatinnen und Soldaten schuldig sind, zum einen die Würdigung, aber zum anderen auch die Bewertung durch die höchsten Vorgesetzten, dass die höchsten Vorgesetzten der Soldatinnen und Soldaten auch das Signal deutlich machen, dass sie sich der Aufgabenstellung und der Bewertung annehmen.

Wir müssen insgesamt in einer kritischen Bilanz offen darüber reden, was gut war, was nicht gut war und was wir gelernt haben. Das sind die Hauptbeweggründe, warum wir weiterhin davon ausgehen und weiterhin planen, am Mittwoch, den 6. Oktober, diese Bilanzdebatte zu beginnen.

FRAGE DUDIN: Die Bundeswehr ist ja eine Parlamentsarmee. Kritisieren Sie also die Absage aus dem Parlament?

HELMBOLD: Wir haben die Absage mit Hinweis auf Terminschwierigkeiten zur Kenntnis genommen. Eines der vier Panels, die wir vorgesehen haben, war auch mit Beteiligung der Abgeordneten des Bundestages geplant. Wir wollen weiterhin eine offene und breite Diskussion. Die Berichte und Dokumentationen zur Auftaktveranstaltung werden den Parlamentariern auf jeden Fall vollständig zur Verfügung gestellt. Unser Auftrag ist es, der Politik eine fundierte Beratung anzubieten.

ZUSATZFRAGE DUDIN: Kritisieren Sie das also nicht?

HELMBOLD: Ich habe es ja gesagt. Wir nehmen das zur Kenntnis und bieten die Ergebnisse unserer Panels und der Veranstaltung den Parlamentariern vollständig an und stellen das zur Verfügung.

FRAGE VOLLRADT: Welche Mitglieder des Bundestags werden am Mittwoch an dem geplanten Panel mit Bundestagsabgeordneten denn noch teilnehmen?

HELMBOLD: Ich habe dazu im Moment keine detaillierte Aufschlüsselung. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE JUNG: Sie nannten auch die Würdigung des Afghanistaneinsatzes bzw. der deutschen Soldaten und Soldatinnen. Wird denn auch der afghanischen Opfer gedacht, die in den letzten 20 Jahren durch die westlichen Kräfte, durch deutsche Soldaten in Afghanistan ums Leben gekommen sind?

HELMBOLD: Wir würdigen und denken insgesamt an den Afghanistaneinsatz. Der Ansatz auch für den Appell ist sehr umfassend angelegt. Er beginnt mit Kranzniederlegungen am Bendlerblock, geht weiter im Bundestag und setzt sich hinterher mit dem Großen Zapfenstreich fort. Uns ist es ganz wichtig, dass wir den Afghanistaneinsatz hier als Ganzes beleuchten und dabei insbesondere natürlich auch der vielen Opfer der Taliban und der vielen zivilen Opfer gedenken, die in Afghanistan ums Leben gekommen sind. Wir denken auch an den hohen Blutzoll, den die afghanischen Streitkräfte in den letzten Jahren geleistet haben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Opfer der Taliban und zivile Opfer. Ich habe nach den Opfern unserer Armee gefragt. Werden Sie auch an diese denken?

HELMBOLD: Der Einsatz wird, wie ich es gesagt habe, als Ganzes betrachtet und auch als Ganzes beleuchtet. Das ist für uns immer ein ganzheitlicher Ansatz.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, in Katar fanden am Wochenende die ersten parlamentarischen Wahlen statt, die sogenannten Schurawahlen. Gibt es dazu schon eine Stellungnahme Ihres Ministeriums?

BURGER: Mir liegt dazu noch keine Berichterstattung vor. Ich werde die Antwort gern nachreichen.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Zum Stichwort „Nuklearverhandlungen mit dem Iran“: Der Iran fordert von den USA eine Teilrückgabe der gesperrten Konten. Die Rede ist von knapp 10 Milliarden Dollar. Wie steht die Bundesregierung dazu?

BURGER: Wir haben diese Medienberichterstattung zur Kenntnis genommen. Falls hier in Rede steht, dass neue Bedingungen zur Wiederaufnahme der Verhandlungen von iranischer Seite formuliert werden, dann weisen wir das zurück. Die Verhandlungen zwischen den JCPOA-Partnern über eine vollständige Rückkehr aller Parteien müssen auf Basis des bis zum 20. Juni Erreichten fortgeführt werden.

Wir fordern Iran auf, die Gespräche so schnell wie möglich wiederaufzunehmen und haben dies der iranischen Regierung in den vergangenen Wochen über verschiedene Kanäle direkt kommuniziert, beispielsweise beim Treffen von Außenminister Maas mit seinem iranischen Amtskollegen am Rande der UN-Generalversammlung in New York. Der Außenminister hat unter anderem betont, dass wir jetzt schnell ein konkretes Datum für die Rückkehr zu den Verhandlungen in Wien brauchen. Er hat gesagt, ein positiver Abschluss dieser Verhandlungen in Wien sei die Voraussetzung dafür, dass sich in der Region und im Verhältnis zu Europa und den USA Dinge verbessern könnten. Iran hält diesen Schlüssel selbst in der Hand.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Nun hat der Iran ja gesagt, dass das keine Bedingung sei, sondern ein Zeichen des guten Willens. Unterstützt die Bundesregierung solch eine Aktion?

BURGER: Der Rahmen für die Fortsetzung der Verhandlungen ist aus unserer Sicht, wie gesagt, das, was in den Verhandlungen bisher, nämlich bis zum 20. Juni, bereits besprochen wurde.

FRAGE FIJAVŽ: Bundeskanzlerin Merkel wird morgen nach Slowenien reisen. Warum wird sie nicht, wie offenbar von der slowenischen Regierung gewünscht, ein bilaterales Abschiedsgespräch mit dem slowenischen Premierminister führen?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen sagen, dass die Bundeskanzlerin zum EU-Westbalkan-Gipfel anreisen wird. Am Vorabend wird es ein Arbeitsabendessen der verschiedenen Mitglieder des Europäischen Rates geben, also aller 27. Das ist der Anlass dieses Besuchs, der ja auch nicht übermäßig lange dauert. Ich kann Ihnen dazu darüber hinaus nichts sagen. Aber sie wird den slowenischen Premierminister, der ja dann dort als Gastgeber auch eine herausgehobene Rolle spielen wird, natürlich auch treffen.

FRAGE TIMOFEEVA: Wie bewertet das Auswärtige Amt, dass Nord- und Südkorea am Montag ihre Kommunikation wieder aufgenommen haben?

BURGER: Auch hierzu muss ich die Antwort nachreichen. Ich habe bisher auch nur Informationen aus Medienberichten darüber vorliegen.

FRAGE DR. RINKE: Eine ehemalige Mitarbeiterin von Facebook hat gesagt, dass das Unternehmen mehrfach Gewinnüberlegungen über den Kampf gegen Hassrede und Falschinformationen gestellt hat. Deswegen gibt es Beschwerden bei der US-Aufsichtsbehörde. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob die Bundesregierung hier aktiv werden will, ein Gespräch mit Facebook einfordert oder schon mögliche Konsequenzen zieht.

DR. KRÜGER: Vielen Dank, Herr Rinke, für diese Frage. – Ich kann das jetzt von hier aus nicht pauschal einordnen und kann Sie im Moment nur darauf hinweisen, dass es für die Bundesregierung auch sehr wichtig ist, dass Hasskriminalität im Internet bekämpft werden muss, dass Straftaten nicht im Netz begangen werden und dass strafbare Posts eben gelöscht werden müssen. Dazu gibt es in Deutschland das Instrument des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, das eben vorsieht, dass strafbare Posts innerhalb einer vorgegebenen Frist gelöscht werden müssen. Die Diensteanbieter wie eben auch Facebook sind verpflichtet, beispielsweise halbjährliche Transparenzberichte abzugeben, Meldewege einzuführen und diese Posts eben innerhalb der vorgegebenen Frist zu löschen.

Das alles wird von dem Bundesamt für Justiz im Einzelfall darauf angeschaut, ob es eben Verstöße gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gibt. Diese Untersuchungen gibt es ja auch. Wie Sie wissen, sind auch in Deutschland schon Bußgelder gegen Facebook wegen bestimmter Verstöße gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verhängt worden. Das BfJ, das Bundesamt für Justiz, ist, wie gesagt, die Verwaltungsbehörde, die das im Einzelfall untersucht. Das ist das, was ich Ihnen im Moment dazu sagen kann.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Es hat ja vorher durchaus die aktive Aufforderung nach Gesprächen mit Facebook gegeben. Plant das Justizministerium, das jetzt auch zu tun, also proaktiv an Facebook heranzutreten und Aufklärung zu fordern?

DR. KRÜGER: Es finden ja regelmäßig Gespräche mit Facebook statt; das trifft zu. Das kann ich hier auch bestätigen. Darüber hinaus kann ich diesbezüglich im Moment nichts berichten. Ich erkundige mich aber gerne und würde das gegebenenfalls nachreichen.

VORS. BUSCHOW: Dann nehme ich noch eine Frage von Boris Reitschuster. Darin geht es um Youtube. Das ist aber wahrscheinlich gerade der einzige inhaltliche Zusammenhang. Die Frage geht an Herrn Seibert. Er schreibt, Youtube zensiere weiter, und es könnten selbst Berichte von der Bundespressekonferenz dort nicht mehr gezeigt werden. Youtube habe wiederholt nachträglich zugeben müssen, dass Zensur illegal war. Die Bundesregierung sagt, sie kämpft im Inland wie im Ausland für die Pressefreiheit. Warum schweigt sie dann zu solcher Zensur? – Das ist die Frage.

STS SEIBERT: Er stellt diese Frage jetzt bei jeder Regierungspressekonferenz, und ich glaube, sie geht immer noch darauf zurück, dass Youtube ja Maßnahmen gegen Kanäle von RT Deutsch ergriffen hat. Zu diesen Maßnahmen habe ich hier etwas gesagt. Einen neuen Stand gibt es nicht. Deswegen sehe ich auch keinen Grund, diese Frage jetzt in irgendeiner Weise anders zu beantworten.

FRAGE JUNG: Es geht, glaube ich, auch um den Kanal des Kollegen, der jetzt auch wieder gesperrt ist. Herr Seibert, ist denn eine Sperrung eines Kanals auf Youtube Zensur?

STS SEIBERT: Also, gehen wir es noch einmal durch: Die gleiche Frage kam im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen Russia Today Deutsch und einen damit verwandten Kanal auf. Es gibt Regeln, die diese Betreiber, in diesem Fall Youtube, sich setzen. Es gab aus Sicht von Youtube einen Verstoß gegen diese Regeln und dann einen erneuten Verstoß. Deswegen ist dann entsprechend diesen Regeln gehandelt worden.

Wir nehmen zu Sperrungen einzelner Plattformeninhalte keine Stellung. Es ist natürlich das Recht von Onlineplattformen, ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen, sofern sie rechtmäßig und transparent sind, auch durchzusetzen. Natürlich muss das dann immer im Rahmen einer Einzelfallbewertung und anhand ganz klarer Kriterien erfolgen. Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann. Noch einmal, nur falls es der Wiederholung bedarf: Das war eine Maßnahme von Youtube, die mit der Bundesregierung nichts zu tun hatte.

ZUSATZFRAGE JUNG: Hier schwirrt ja das Wort Zensur im Raum. Zensur ist ja eigentlich klar geregelt. Wenn Youtube einen Kanal sperrt, ist das dann aus Sicht der Bundesregierung Zensur?

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen beschrieben, was es aus unserer Sicht ist, und mehr kann ich dazu jetzt an dieser Stelle nicht sagen. Sie wissen, dass in Deutschland so sieht und schreibt es auch schon unser Grundgesetz vor Zensur nicht stattfindet.

FRAGE GAVRILIS: Was für Erkenntnisse erhofft sich die Bundesregierung von der nun in Auftrag gegebenen Rassismusstudie? Nach welchen Kriterien ist der Auftrag an das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt vergeben worden?

DR. LAMMERT: Vielen Dank für die Frage. – In der Tat darüber haben wir letzte Woche auch in einer Pressemitteilung berichtet ist die empirische Studie „Rassismus als Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Kontext ausgewählter gesellschaftlich-institutioneller Bereiche“ jetzt gestartet. Damit wird ein bedeutendes Forschungsprojekt des im Mai 2021 von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmenkatalogs des Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus umgesetzt. Die Studie ist auf drei Jahre angelegt und wird vom Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt durchgeführt. Das BMI unterstützt die Studie mit sechs Millionen Euro. Das wichtigste Thema der Studie ist, dass mit ihr geklärt werden soll, inwieweit Rassismus in staatlichen Institutionen auftritt, in welchen Erscheinungsformen er wahrgenommen wird und welche Motive und welche spezifischen Gründe ihm zugrunde liegen.

Es handelt sich um eine unabhängige Studie. Die Auswahl dieser Forscher das ist die zweite Frage gewesen ist eine, die mit dem Renommee dieser Forscher zu tun hat, die auch schon bereits für andere Ressorts gearbeitet haben. Ich sagte, glaube ich, schon, dass die Studie auf drei Jahre angelegt ist, und sie wird nun erst einmal starten.

FRAGE JUNG: Warum drei Jahre?

DR. LAMMERT: Es ist natürlich üblich, dass eine Studie eine gewisse Zeit der Arbeit benötigt. Ich kann auch noch einmal sagen, in welchen Phasen diese Arbeit durchgeführt werden wird. Es wird also im ersten Schritt quantitative und qualitative Datenerhebung betrieben. Dann müssen auch die Kontexte analysiert werden, in denen diese Institutionen agieren. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse dann verglichen und auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaft, der Gesellschaft sowie den untersuchten Institutionen kritisch reflektiert. Dann werden in einem dritten Schritt Handlungsempfehlungen entworfen. Natürlich dauert das auch seine Zeit.

ZUSATZFRAGE JUNG: Koordinatoren sind ja ein Religionssoziologe und ein Kulturhistoriker. Warum gibt es denn zum Beispiel dort keinen Rassismusexperten oder Rechtsextremismusexperten?

DR. LAMMERT: Zu den einzelnen Teilnehmern, die an der Studie dann tatsächlich auch arbeiten, müsste ich Sie auf die Koordinatoren verweisen. Es ist aber klar, dass die Koordinatoren nicht die ganze Arbeit alleine machen, sondern dass da eine ganze Reihe von Experten mitarbeiten werden.

FRAGE PAPPAS: An Herrn Seibert: Laut türkischen Medien wird der türkische Präsident Erdoğan in den kommenden Tagen die scheidende Bundeskanzlerin Merkel zu einem Abschiedsbesuch empfangen. Hat die Bundeskanzlerin eine Einladung vom türkischen Präsidenten bekommen, und plant sie diese Reise in die Türkei?

STS SEIBERT: Wir halten es wie immer, dass Termine, Reisen, öffentliche Auftritte der Bundeskanzlerin am Freitag der Vorwoche bekanntgegeben werden.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, es gab ja neue Spannungen zwischen China und Taiwan, und in diesem Zusammenhang hat die USA auch eine sehr scharfe Kritik geäußert. Dabei geht es um Dutzende von chinesischen Kampfflugzeugen, die in den letzten Wochen den Luftraum von Taiwan verletzt haben. Gibt es dazu eine Stellungnahme aus Ihrem Hause?

BURGER: Aktivitäten in der Straße von Taiwan mit dem Potenzial, die Stabilität in der Region negativ zu beeinflussen, beobachtet Deutschland mit Sorge, und Deutschland fordert alle Seiten dazu auf, nichts zu tun, was zu einer Destabilisierung führen könnte. Die Bundesrepublik Deutschland erkennt im Rahmen ihrer Ein-China-Politik die Volksrepublik China als einzigen souveränen Staat in China an. Eine Veränderung des Status quo kann aus unserer Sicht nur auf friedlichem Weg und in beiderseitigem Einvernehmen geschehen. Die Bundesregierung sieht deshalb die wachsenden Spannungen in der Straße von Taiwan mit großer Sorge. Keine der beteiligten Seiten kann ein Interesse an einem bewaffneten Konflikt haben.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Gab es in diesem Zusammenhang irgendwelche Gespräche mit China?

BURGER: Wir stehen mit der chinesischen Führung in einem laufenden Austausch. Zu konkreten Gesprächen seit dem Wochenende kann ich Ihnen hier und heute keine Auskunft geben.

FRAGE DR. RINKE: Herr Burger, um das völkerrechtlich zu verstehen: Wenn Sie sagen, dass Deutschland die Volksrepublik China als einzigen souveränen chinesischen Staat anerkannt, kann Taiwan dann eigentlich aus Sicht des Außenministeriums einen eigenen Luftraum bzw. in dem Fall eher eine Luftüberwachungszone definieren?

BURGER: Ich habe ja gesagt: Aus unserer Sicht ist wichtig, dass keine der beteiligten Seiten ein Interesse an einem bewaffneten Konflikt haben kann und dass jegliche Veränderung am Status quo nur auf friedlichem Weg und in beiderseitigem Einvernehmen geschehen kann.

Zu der Frage betreffend die völkerrechtliche Einordnung von Luftidentifikationszonen und ähnlichem müsste ich Ihnen eine Antwort nachreichen, wenn ich das habe.

FRAGE JUNG: Nachreichung ist ein gutes Stichwort: Wir warten jetzt schon zwei Wochen auf die Antwort, ob es noch Afghanen und Afghaninnen in Ramstein gibt, die eine Aufnahmezusage für Deutschland haben. Ich weiß, dass Frau Adebahr diesbezüglich zuletzt am Mittwoch eine Nachreichung versprochen hatte. Haben Sie die?

BURGER: Ich entschuldige mich und nehme diese Nachreichung hiermit vor: Uns sind derartige Fälle, dass sich in Ramstein noch Personen aufhielten, die von Deutschland eine Aufnahmezusage hätten, nicht bekannt. Ich weiß nicht, ob das BMI anderslautende Informationen hat, aber das ist unser Kenntnisstand.

DR. LAMMERT: Das gilt auch für das BMI.

ZUSATZFRAGE JUNG: Befinden sich denn weiterhin ca. 9000 Personen aus Afghanistan in Ramstein? Das hatten Sie letzte Woche bekanntgegeben.

DR. LAMMERT: Das gibt mir Gelegenheit, die neuen Zahlen hier anzukündigen: In der Tat befinden sich nach unseren letzten Zahlen zurzeit 9139 Personen in den US-Stützpunkten in Deutschland, also Ramstein und Kaiserslautern.

 

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